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Sechster Abschnitt. Der Feldzug gegen Frankreich 1870/71. Die Mobilmachung und der Eisenbahn-Transport

Full text: Geschichte des Königlich Preussischen Kaiser Franz Garde-Grenadier-Regiments Nr. 2 / Puttkamer, Erich von (Public Domain)

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Sechster Abschnitt. 
Der Angriff reussierte, und die Franzosen mußten sich aus dieser 
flankierenden Stellung zurückziehen. Die furchtbare Position des Feindes 
hatte die erste Lücke erhalten. Es war dies die Stelle, wo die Division 
Cissey vom IV. französischen Korps dem Korps Canrobert die Hand 
gereicht. Ihre Verbindung war dadurch gelöst. Unsere Lage aber war 
wesentlich gebessert. 
Die Artillerie hatte ihr Feuer auf St. Privat kräftig fortgesetzt und 
konnte jetzt zum Teil auch näher heranfahren. Endlich loderten die 
Flammen im Dorfe auf. 
— 
Französische Kavallerie formierte sich hinter St. Privat zur Attaque. 
„Sollen wir Carré formieren?“ „Ich habe keine Patronen mehr!“ 
„Was sollen wir machen?“ — solche und ähnliche Fragen wurden an die 
Offiziere gerichtet, welche die Leute ermahnten, ruhig liegen zu bleiben 
und, wer noch eine Patrone habe, diese bis zum letzten Augenblicke auf— 
zuheben. 
An einzelnen Punkten, wo Offiziere nicht mehr vorhanden waren, 
verführte die Gewohnheit des Exerzierplatzes die Leute, Knäule zu bilden. 
Dieselben hatten vom Feuer des Feindes besonders zu leiden und wurden 
durch dasselbe förmlich zerrissen. 
Die Sorge vor der Kavallerie war umütz. Nachdem die Kavallerie— 
Division du Barail kurze Zeit unser Feuer ausgehalten hatte, schwenkte 
sie Kehrt und verschwand. Aber noch über eine halbe Stunde mußten die 
durch unerhörte Verluste zusammengeschmolzenen Abteilungen, denen zwei 
französische Korps dicht gegenüber standen, aushalten, ehe ihnen Hülfe kam. 
Der seit einiger Zeit in der Richtung von Roncourt stärker werdende 
Kampf zeigte, daß die Unterstützung, welche wir von den sächsischen Bundes⸗ 
brüdern erwarteten, nahe sei. Es war dies aber auch eine Mahnung, 
ihnen weder die Arbeit, noch die Ehre allein zu überlassen. 
Zudem war die Erschöpfung überwunden und das ruhige Verharren 
im Kugelregen auf die Dauer nicht auszuhalten. 
Ohne einen Befehl abzuwarten, nur von dem gemeinsamen Drange 
nach vorwärts getrieben, setzte sich die Schützenlinie in Bewegung. Der 
erste Impuls ging von unserem rechten Flügel aus, dem sich die ganze 
Linie unserer Brigade und der J. Division anschloß. Hauptmann von 
Bardeleben rief seinen Leuten zu, sie sollten jetzt thun, was sie auf 
dem Marsche immer gesungen, indem er an den Refrain des Liedes er⸗ 
innerte: „Haut sie auf den Chassepot, auf den Chassepot mit Hurrah!“ 
Die Halbbataillone des zweiten Treffens folgten den Schützen des 
2. Bataillons unmittelbar. Zum Teil hatten sie schon vorher die Schützen⸗ 
linie verstärkt.
	        
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