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Full text: Gemeinsam stark sein (Rights reserved) Issue2020 (Rights reserved)

Gemeinsam stark sein Projekte des bundesweiten Wettbewerbs 2020 Motto: Täglich gut versorgt! Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums: Hier investiert Europa in die ländlichen Gebiete. 58 Nordfriesland genießen: Eine Plattform für regionale Anbieter LEADER-Region AktivRegion Nordfriesland Nord 36 MarktTreff Beidenfleth LEADER-Region AktivRegion Steinburg 34 MOIN Eschede! ILE-Region Lachte-Lutter-Oker 30 Lieferservice per Lastenrad LEADER-Region Steinfurter Land 46 E-Carsharing: Erneuerbare Elektromobilität für alle LEADER-Region Kulturlandschaft Ahaus-Heek-Legden 42 Direktvermarkter in und um die Region nette innerste ILE-Region nette innerste 12 Unser Dorf fährt elektrisch LEADER-Regionen Harzweserland, Osterode am Harz, Göttinger Land 52 Errichtung und Betrieb eines Dorfladens mit Café LEADER-Region Burgwald – Ederbergland 56 24 Aufbau einer Generationengenossenschaft LEADER-Region Eifel Regio.Dorf.Laden – Dorfladen-Erzeuger-Netzwerk LEADER-Region SPESSARTregional 16 Smart Village Remmesweiler LEADER-Region KulturLandschaftsInitiative St. Wendeler Land 20 Quirnbach inTakt LEADER-Region Westrich-Glantal 6 Intelligente Marktplätze LEADER-Region Neckartal-Odenwald aktiv 28 2 GEMEINSAM STARK SEIN Marktscheune Meckesheim LEADER-Region Kraichgau 2. Platz Inhalt 18 Wiederbelebung der Dorfmitte Bernitt LEADER-Region Güstrower Landkreis 50 Markthalle Dannenberg LEADER-Region Elbtalaue 26 Lebenszentrum Reichenberg LEADER-Region Märkische Seen 40 Ausflugsziel Marienhof an der Teufelsmauer LEADER-Region Nordharz 10 Kramer und Konsorten LEADER-Region Dübener Heide 44 Der Allmende Taucha e. V. LEADER-Region Delitzscher Land 14 RegioBrunch im Muldenland LEADER-Region Leipziger Muldenland 54 regional.einfach phänomenal LEADER-Regionen Klosterbezirk Altzella, Land des Roten Porphyr, SachsenKreuz+, Silbernes Erzgebirge, Flöha- und Zschopautal, Lommatzscher Pflege 38 Thüringenregal LEADER-Region Gotha – Ilm-Kreis – Erfurt 1. Platz 48 Dorfladen mit Mehrgenerationenwerkstatt Aidhausen ILE-Region Gemeinde-Allianz Hofheimer Land 32 Mobiler Dorfladen in der Steinwald-Allianz ILE-Region Steinwald-Allianz 22 Die HofladenBOX LEADER-Region Landkreis Fürth 3. Platz 8 Traditionelle Brotkultur im Allgäu LEADER-Region Regionalentwicklung Oberallgäu 3 Impressum Herausgeber Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Deutsche Vernetzungsstelle Ländliche Räume (DVS) Deichmanns Aue 29 53179 Bonn Telefon: 0228 6845-3974 dvs@ble.de www.netzwerk-laendlicher-raum.de PDF-Datei und kostenlose Bestellung der Publikation unter: www.ble-medienservice.de/landwirtschaft/ laendliche-raeume Redaktion Isabella Mahler und Sophia Neuhoff (DVS) Redaktionelle Unterstützung: neues Handeln AG Gestaltung Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung Referat 411 – Medienkonzeption und -gestaltung Titelbild Getty Images / Biserka Stojanovic Druck Kunst- und Werbedruck GmbH & Co KG Auflage 2 000 Stand November 2020 Die Publikation wird durch den Bund und die Europäische Union im Rahmen des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) gefördert. Zuständige Verwaltungsbehörde: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) 4 GEMEINSAM STARK SEIN Glossar zur Erklärung ­wesentlicher Begriffe LEADER: LEADER ist die Abkürzung des französischen Begriffs „Liaison Entre Actions de Développement de l‘Économie Rurale“ (dt. „Verbindung von Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft“). Der Regionalentwicklungsansatz wird in Deutschland derzeit in 321 Regionen angewendet und von der EU mitfinanziert. LEADER-Regionen haben ein Budget, aus dem sie Projekte fördern können, die im Einklang mit den Zielen ihrer Lokalen Entwicklungsstrategien stehen. LAG: Die Lokale Aktionsgruppe (LAG) ist der Zusammenschluss von Menschen unterschiedlicher Funktionen und beruflicher Hintergründe, der in einer LEADER-Region gemeinsam an Entwicklungsprozessen arbeitet. GAK: Aus Mitteln der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes” (GAK) werden Maßnahmen zur Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume gefördert. ILE-Region: Mit der GAK-Förderung „Integrierte Ländliche Entwicklung“ (ILE) unterstützen einige Bundesländer Regionen, die unter aktiver Beteiligung der lokalen Bevölkerung Entwicklungskonzepte erstellt haben und diese mit einem Regionalmanagement umsetzen. Die Zielsetzung ähnelt derjenigen aus LEADER, ILE-Regionen haben jedoch in der Regel kein eigenes Budget für Projekte. BULE: Das Bundesprogramm Ländliche Entwicklung unterstützt Projekte, die ländliche Räume stärken. Es wird überwiegend vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) finanziert. GRW: Die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) ist ein Förderinstrument von Bund und Ländern für eine ausgewogene regionale Entwicklung in Deutschland. Liebe Leserinnen und Leser, als wir in der Deutschen Vernetzungsstelle Ländliche Räume im Frühjahr 2020 das Thema für die siebte Auflage des Wettbewerbs „Gemeinsam stark sein“ der LEADER- und ILE-Regionen festlegten, breitete sich das Coronavirus gerade aus; Diskussionen über Lebensmittelknappheit und ein Ansturm auf die Supermärkte folgten. Das Motto „Täglich gut versorgt!“ schien uns wie ein beruhigendes Mantra: Denn in vielen ländlichen Räumen stellen Menschen seit Langem mit Engagement, Mut und Leidenschaft Projekte auf die Beine, die die Dörfer mit frischen und regionalen Produkten sowie Dienstleistungen aller Art versorgen. Genau das zeigen die 27 Wettbewerbsbeiträge, die die Bundesländer für den Wettbewerb nominiert haben. Viele Ideen haben sich im Pandemie-Jahr bewährt: Vielerorts boomen Dorfläden, die Nachfrage nach regionalen Produkten ist gestiegen, digitale Bestell-Plattformen sowie Lieferdienste haben an Beliebtheit gewonnen; das Essen ist auf dem Land nicht knapp geworden. Die teilnehmenden LEADER- und ILE-Regionen haben in den vergangenen Jahren mit zukunftsweisenden Ideen ihren Beitrag geleistet, um die Versorgung ländlicher Regionen zu sichern. Einige Projekte im Wettbewerb führen aber auch vor Augen, was derzeit auf der Strecke bleibt und wir schmerzlich vermissen: Gemeinschaftserlebnisse wie ein Essen mit Freunden und Nachbarn, ein Spielenachmittag, der Besuch im Dorfcafé oder von Kulturveranstaltungen. Der Grundstein für solche Erlebnisse wurde mit einigen der eingereichten Projekte gelegt, sodass sie hoffentlich bald wieder das Zusammenleben in den Dörfern und Regionen bereichern. Die drei Siegerprojekte wurden von der Öffentlichkeit ausgewählt: Im Herbst 2020 waren alle Interessierten dazu aufgerufen, unter den 27 Projekt-Beiträgen online ihre Favoriten auszuwählen. Rund 5 300 Menschen haben sich beteiligt, ein großer Erfolg! Die meisten Stimmen erhielt der „Dorfladen mit Mehrgenerationenwerkstatt Aidhausen“. In der Ortschaft ist ein neues Gebäude zum sozialen Dorfmittelpunkt mit Angeboten wie Bücherei, Volkshochschule und Metzgerei geworden (siehe S. 48-49). Eingereicht wurde das Projekt von der ILE-Region Gemeinde-Allianz Hofheimer Land in Bayern. Platz zwei ging an die Marktscheune Meckesheim, ein Projekt der LEADER-Region Kraichgau in Baden-Württemberg. Die Marktscheune ist ein Treffpunkt mit Café, Dorfladen und für Events (siehe S. 28-29). Auf Platz drei landete das Projekt „Erhalt der traditionellen Brotkultur im Allgäu“ der bayerischen LEADER-Region Regionalentwicklung Oberallgäu. Ein Zusammenschluss aus Bäckern setzt sich dafür ein, das regionale Backhandwerk zu bewahren (siehe S. 8-9). Mit der vorliegenden Broschüre möchten wir Ihnen alle Projekte vorstellen, die am Wettbewerb „Gemeinsam stark sein“ 2020 teilgenommen haben. Sie sind Ausdruck des Engagements und der Arbeit, die in den ILE- und LEADER-Regionen in Deutschland geleistet wird, – damit ländliche Regionen auch in Zukunft gut versorgt bleiben. Viel Spaß und Inspiration beim Lesen wünscht im Namen des DVS-Teams 5 Vom Rhein-Neckar-Kreis in die ganze Bundesrepublik: Die Marktfee-App vermittelt Kunden deutschlandweit regionale Vermarkter. Mitglied im Netzwerk der Marktfee-App, früher Emmas App: der Mühlenbäcker in Zuzenhausen. Was braucht smartes Einkaufen? Das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis will die Grundversorgung der Region langfristig sichern. Was mit einer Bedarfsanalyse begann, entwickelte sich zu einer bundesweit nutzbaren digitalen Plattform. Wie lassen sich bestehende regionale Einkaufsmöglichkeiten langfristig erhalten und mit digitalen Möglichkeiten verknüpfen? Das wollte das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis wissen – und startete mit der LEADER-Region „Neckartal-Odenwald aktiv“ das Projekt „Intelligente Marktplätze“. Um einen Überblick über die bisherige Versorgung zu erhalten und zu erfahren, was für die Menschen vor Ort wichtig ist, führten die Projektpartner eine qualifizierte Bedarfsanalyse durch. Doch was als solche begann, entfaltete schnell eine enorme Hebelwirkung: Aus dem kleinen regionalen Projekt entstand eine bundesweit nutzbare App, die Menschen im ländlichen Raum bei der täglichen Versorgung unterstützt. 6 GEMEINSAM STARK SEIN Was für die Menschen vor Ort wichtig ist Seinen Anfang nahm alles in den Modellgemeinden Spechbach und Schönbrunn. Sie verfügen über unterschiedliche Rahmenbedingungen: Spechbach hat eine kompakte Struktur ohne Ortsteile, Schönbrunn mit fünf Ortsteilen hingegen eine große räumliche Ausdehnung. In Bürgerforen und Workshops band das Projektteam die Bevölkerung sowie Vertreter von Lebensmittelhandel, Drogerien oder Banken ein. Dabei entstanden erste Vorstellungen, wie ein „Intelligenter Marktplatz“ aussehen könnte. Die Ergebnisse sollen auf andere Kommunen übertragbar sein. Eine erste Erkenntnis: Um eine möglichst hohe Kundenfrequenz zu erreichen, sollen etwa der Lebens- mitteleinkauf mit dem Friseur- oder Bankbesuch an einem Anlaufpunkt möglich sein. Zudem ist die Vernetzung der regionalen Anbieter unterschiedlicher Waren und Dienstleistungen geplant, um vorrangig das regionale Gewerbe zu stärken. Gleichzeitig soll der Intelligente Marktplatz die Identifikation der Bevölkerung mit ihrem Ort fördern. Deshalb legt das Projektteam besonderen Wert auf die soziale Komponente – und will durch den Marktplatz einen sozialen Treffpunkt für die Bevölkerung schaffen. Eine App bringt zusammen Schnell stieß das Vorhaben neue Ideen an: So tat sich der Rhein-Neckar-Kreis mit dem Verband Region Rhein-Neckar, dem Start-up Ciconia Software und mit der Universität Mannheim zusammen. Im vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekt „CrowdMyRegion“ arbeiteten diese an einer Plattform für regionale Lebensmittel mit nachhaltiger Lieferlogistik. Das Ergebnis ist die inzwischen bundesweit bekannte „Marktfee.app“ – früher noch „Emmas.app“. In den Modellkommunen Spechbach und Schönbrunn wurde die App getestet und schließlich im September 2019 öffentlich vorgestellt. Und so funktioniert es: Über die App bauen Direktvermarkter wie Bäcker und Metzger, aber auch Hofläden, Feinkostläden und kleine Lebensmittelhändler mit ihren Kunden ein regionales Bestell- und Liefernetzwerk auf. Kunden können die Waren online bestellen, bezahlen und zu ausgewählten Zeiten im Laden abholen. Zusätzlich können die Waren vom Anbieter an eine örtliche Abholstation wie eine Metzgerei oder Marktscheune geliefert werden. Die Lieferungen werden nachhaltig, indem sie über Fahrten erfolgen, die sowieso getätigt werden würden – im Projekt „Sowieso-Fahrten“ genannt. Dadurch soll das Mobilitätsaufkommen gesenkt werden. Die Abholstationen und „Sowieso-Fahrten“ gibt es bislang lediglich in Spechbach und Schönbrunn, nutzbar ist die App aber bundesweit. Derzeit läuft ein Pilottest, ob und inwiefern Haustür-Lieferungen realisierbar sind. Im gesamten Rhein-NeckarKreis finden außerdem Marketingaktionen statt, um den Nutzerkreis der Marktfee-App zu vergrößern. So wollen die Projektpartner mehr Anbieter gewinnen – damit aus der Idee ein nachhaltiges Konzept wird, von dem alle profitieren. Info kar-Kre is Projektname Intelligente Marktplätze – Bedarfsanalyse zum Aufbau einer intelligenten (digitalen und stationären) Nah- und Grundversorgung der Zukunft m t Rhe in-Nec Bundesland Baden-Württemberg Website www.marktfee.app r e ; L an Sof t wa Ciconia Projektträger Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis Fo to s : Kosten rd. 50 460 Euro, davon gefördert: rd. 25 440 Euro (LEADER) dr a t s a LEADER-Region Neckartal-Odenwald aktiv 7 3. Platz Gemeinsam gute Brote backen Im Allgäu setzen sich Bäcker gemeinsam dafür ein, das traditionelle Backhandwerk zu bewahren. Damit stärken sie ihre Region gleich mehrfach: Sie sichern Arbeitsplätze, die Nahversorgung und Treffpunkte für die Menschen vor Ort. Backen ist Kunst – zumindest, wenn man auf traditionelles Handwerk setzt. Das ist heutzutage aber alles andere als selbstverständlich: Um mit dem günstigen Angebot der Supermärkte und Discounter mitzuhalten, sind immer mehr Bäcker gezwungen, Fertigbackware anzubieten. Die Folge: ein austauschbares Sortiment, das kaum mehr unterscheidbar ist. Hinzu kommt ein Mangel an ausgebildetem Fachpersonal, immer mehr Betriebe schließen deshalb. Hier setzt der „Allgäuer Bäcker e.V.“ an. Gemeinsam soll die regionale Brotkultur – die zum immateriellen UNESCO-Kulturerbe gehört – erhalten werden. 8 GEMEINSAM STARK SEIN Die Dorfgemeinschaft im Blick Das Bäckerhandwerk ist eines der ältesten Gewerke überhaupt und in ihm spiegeln sich die Lebensweise und Gebräuche in Dörfern wie in kaum einem anderen. Gleichzeitig sind Bäckereien wichtige, generationenübergreifende Treffpunkte, sichern die Nahversorgung und regionale Arbeitsplätze. Deshalb wollen die „Allgäuer Bäcker“ ihr Handwerk zukunftsfähig gestalten und so das Zusammenleben in den Dörfern fördern. Die Idee zum Projekt kommt von zwei Bäckern aus der Region: 2016 initiierten Erwin Weber aus Frauenzell und Karlheinz Härle aus Blaichach die Gründung des Vereins. Bis heute haben sich ihnen 22 Allgäuer Bäcker mit 24 Betrieben angeschlossen. In einem intensiven Entwicklungsprozess arbeiteten die Bäckerinnung Allgäu und die Allgäu GmbH einen Katalog an Kriterien aus, der die „Allgäuer Bäcker“ 22 Bäcker haben sich zu den „Allgäuer Bäckern“ zusammengeschlossen, um ihr Handwerk zukunftsfähig zu machen. Region und Nachwuchs fördern Bei ihrer Projektarbeit richten die Bäcker den Blick auf den gesamten regionalen Wirtschaftskreislauf: Sie arbeiten eng mit Partnern wie der Weissachmühle in Oberstaufen oder der Vogtmühle in Illertissen zusammen. Mit intensiver Nachwuchsarbeit und einer einheitlichen Ausbildungsvergütung wollen sie außerdem die bestehenden Betriebe erhalten. Ihren Auszubildenden zahlen sie 15 bis 20 Prozent mehr als in der Sparte üblich. Ausgelernten Beschäftigten ermöglichen sie regelmäßig Weiterbildungen. Zusätzlich fördern die „Allgäuer Bäcker“ die Integration von Asylsuchenden, indem sie für diese Ausbildungs- und Arbeitsplätze bereitstellen. Ein Vereinskoordinator steuert die vielfältigen Aktivitäten. Er trägt die Gemeinschaftsinitiative an weitere Bäckermeister heran und unterstützt sie bei der Umsetzung des verpflichtenden Kriterienkataloges. Gleichzeitig ist er verantwortlich für die Nachwuchswerbung, steht also in Kontakt mit Schulen oder der Agentur für Arbeit und vertritt den Verein bei Lehrstellenbörsen oder Berufsfindungstagen. Um weitere Mitstreiter zu gewinnen, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und den Kontakt Info Projektname Erhalt der traditionellen Brotkultur im Allgäu Bundesland Bayern LEADER-Region Regionalentwicklung Oberallgäu Kosten 131 400 Euro, davon gefördert: 60 000 Euro (LEADER) Projektträger Der Allgäuer Bäcker e.V. Website www.derallgaeuerbaecker.de Fotos: Allgäu GmbH zu Markenpartnern macht. Gleichzeitig dient der Katalog als Leitfaden, mit dem das Backhandwerk im Allgäu in eine sichere und nachhaltige Zukunft geführt werden soll. Das Projekt wurde von der Lokalen Aktionsgruppe Regionalentwicklung Oberallgäu finanziell unterstützt. zur Politik zu halten, betreiben die Vereinsmitglieder viel Öffentlichkeitsarbeit – mit Plakataktionen, Zeitungsanzeigen, Pressemitteilungen und einer Website. Jeder Mitgliedsbetrieb erhält außerdem ein Starterpaket mit Flyern, Plakaten, Brötchentüten und Aufklebern, um sich an seinen Verkaufsstellen als „Allgäuer Bäcker“ auszuzeichnen. So erschließen die „Allgäuer Bäcker“ Schritt für Schritt die regionalen Wertschöpfungsketten – und sichern attraktive Dorfstrukturen für alle Altersgruppen. 9 Kulinarische Plattform für die Dübener Heide Über den Online-Marktplatz „Kramer und Konsorten“ öffnen sich regionalen Direktvermarktern aus der Dübener Heide neue Vermarktungswege. Der Vorteil für die Menschen: sie können sich Produkte aus ihrer Region einfach nach Hause bestellen. Ob Kräutertee aus Muldestausee oder ErdbeerAufstrich mit „Chilli-Likör“ aus Nordsachsen: Auf dem Online-Marktplatz „Kramer und Konsorten“ finden Menschen aus der Dübener Heide viele Produkte aus ihrer Region. Um ihnen Zeit zu schenken und lange Wege zu ersparen, entwickelte Warenregale machen in Tourismus-Informationen und Läden auf das Angebot von Kramer und Konsorten aufmerksam. Gemeinsam die Region stärken Der Weg von der Idee zur Umsetzung war kurz: Gemeinsam mit dem Netzwerk Stadt-Land, einer Förderung durch das Land Sachsen-Anhalt, und dem Regionalmanagement setzte Stadtler Service das Projekt um. Bei der Namensgebung für das Projekt bedienten sich die Partner an tradierten Handels- GEMEINSAM STARK SEIN Der Online-Marktplatz versammelt nun die Angebote verschiedener Anbieter unter einem Dach. Er stärkt damit die regionalen Direktvermarkter und Manufakturen – und wirkt positiv auf die Wertschöpfungsketten der gesamten Dübener Heide und der angrenzenden Räume. Die Menschen vor Ort können auf dem Online-Marktplatz aus vielen regionalen Produkten auswählen, sie in einen Warenkorb legen Theresia Stadtler-Philipp betreibt einen Online-Marktplatz. Theresia Stadtler-Philipp, Inhaberin des Unternehmens Stadtler Service, gemeinsam mit dem Regionalmanagement Dübener Heide und 13 Erzeugern und Verarbeitern aus dem Regionalmarken-Netzwerk „Bestes aus der Dübener Heide“ die Idee zur Plattform. 10 begriffen: Kramer ist ein altes norddeutsches Wort für Händler, Konsorten sind selbstständige Unternehmer. und gesammelt bestellen. Das Team von Kramer und Konsorten verpackt und verschickt die Waren aus einem eigenen Lager. Das entlastet die Erzeuger, spart Zeit und Portokosten. Innovationen fördern Die einzelnen Erzeuger aber auf einer Plattform zusammenzubringen, war gar nicht so leicht. Eine beachtliche Zahl möglicher Anbieter schreckte zunächst zurück, ihre Produkte online zu vertreiben und die neue Vermarktungsform in ihr Betriebskonzept zu integrieren. Sie fürchteten, den Anforderungen und Erwartungen der Kundschaft – etwa bezüglich des Lieferumfangs – nicht gerecht werden Die Produkte stammen überwiegend aus dem Netzwerk „Bestes aus der Dübener Heide“ und dem Verbund „Regionalmarke Mittelelbe“. Das Team von Kramer und Konsorten verpackt und verschickt die Waren aus einem eigenen Lager. zu können. In persönlichen Gesprächen mit Theresia Stadtler-Philipp konnten die vielen, teils auch skeptischen Fragen aber gut aufgelöst werden. Anhalt-Bitterfeld, Wittenberg oder der Stadt DessauRoßlau kommt. „Engagement“ zeigt, dass der Hersteller nachhaltig wirtschaftet, „Innovation“ weist auf Produkte mit neuen Ideen und Rezepturen hin. Seit Mai 2020 bieten kleine Manufakturen und landwirtschaftliche Betriebe aus dem Netzwerk „Bestes aus der Dübener Heide“ und dem Verbund „Regionalmarke Mittelelbe“ ihre Waren bei „Kramer und Konsorten“ an. Auch Erzeuger, die keinem Verbund angehören, können ihre Produkte hier verkaufen. Über eine Kennzeichnung mit Symbolen wird für den Kunden Transparenz geschaffen: „Regional“ bedeutet, dass über 48 Prozent der Inhaltsstoffe im Produkt regionaler Herkunft sind, „Macher“ heißt, dass der Anbieter aus den Landkreisen Nordsachsen, Um auf den Online-Marktplatz aufmerksam zu machen, platzierte Stadtler Service Warenregale mit Produkten der neuen Online-Plattform in verschiedenen Tourismus-Informationen und Ladengeschäften. Zudem starteten die Projektpartner den Wettbewerb „Augenlust und Gaumenschmaus“, der für mehr regionale Produktvielfalt sorgen will. Dabei treten Tandems aus Landwirtschaft und Veredlung, Veredlung und Küche oder Design und Lebensmitteltechnik gegeneinander an. Das fördert die kulinarischen Innovationen vor Ort – und damit die gesamte Region. Info Projektname Kramer und Konsorten – Ein Online-Marktplatz für Kleinunternehmer in der Regionalentwicklung Bundesland Sachsen-Anhalt Website www.kramer-und-konsorten.de rafie/n l Fo to g Projektträger Stadler Service Elbet a Kosten 29 740 Euro, davon gefördert: 29 740 Euro (Netzwerk Stadt-Land/ELER) euland + LEADER-Region Dübener Heide 11 Team des Vereins Mobiles Dorf e. V., der das Elektroauto von Eisdorf betreibt Mit neuem Antrieb in die Zukunft Drei Regionen in Niedersachsen förderten in einer Wettbewerbsreihe die E-Mobilität – und stärken dank gemeinschaftlicher Fahrzeugnutzung und Fahrdiensten das Gemeinschaftsgefühl in ihren Dörfern. Den Klimaschutz voranzubringen hat in den LEADER-Regionen Harzweserland, Osterode am Harz und Göttinger Land beinahe schon Tradition. Eine Projektgruppe aus Regionalmanagements, den Landkreisen Göttingen und Northeim, der Klimaschutzagentur und Energieversorgern entwickelte dazu vor rund zehn Jahren eine Wettbewerbsreihe. Nach „Unser Dorf spart Strom“ (2012) und „Unser Dorf nutzt die Sonne“ (2014) folgte 2017 „Unser Dorf fährt elektrisch“. Im Mittelpunkt der dritten Ausgabe: neue klimafreundliche Mobilitätsoptionen für den ländlichen Raum. Acht Dörfer, acht Gewinner Von 25 interessierten Dörfern reichten acht ein fertiges Konzept ein. Ihre Berechnungen und Bedarfsabfragen ergaben, dass der Betrieb von E-Carsharing im eigenen Ort für sie wirtschaftlich wäre. Weil mit dem Projektbudget insgesamt neun Konzepte hätten realisiert werden können, bekamen alle acht Dörfer 12 GEMEINSAM STARK SEIN den Zuschlag – und damit eine Ladeinfrastruktur im Wert von bis zu 12 000 Euro. Je LEADER-Region wurde außerdem das beste Konzept mit zusätzlichen 7 500 Euro zur Finanzierung eines Elektroautos gefördert. Wichtig waren dabei vor allem folgende Punkte: War die Finanzplanung vollständig und plausibel? Wie ist die Nutzung gestaltet? Inwiefern wurde die Bevölkerung beteiligt? Und sind weitergehende Angebote wie etwa ein Fahrdienst enthalten? Mehrwert für die Region Das 425-Seelen-Dorf Schlarpe zum Beispiel erfüllte diese Kriterien. Hier beteiligte sich der ganze Ort: Ein Dorfbewohner programmierte eine Buchungsplattform, andere halfen durch ihre beruflichen Hintergründe bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung und lokale Unternehmen unterstützten bei der Planung und Durchführung. Der Strom für das E-Auto kommt von einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Dorfgemeinschaftshauses. In Schlarpe gibt es auch einen Fahrdienst: Mehr als zehn Ehrenamtliche konnten bisher alle Anfragen bedienen – und ermöglichen zum Beispiel Einkaufsfahrten. In Klein Schneen gründete sich zur Umsetzung ein Verein. Und über eine Whatsapp-Gruppe können E-Car- Auszeichnung der Dörfer, die einen Zuschuss für die Finanzierung eines Elektroautos erhielten. Ladestation vor dem Dorfgemeinschaftshaus in Schlarpe sharing-Nutzer hier ihre Fahrten teilen und Mitfahrende werben. Auch im Ort Eisdorf kümmerte sich ein Verein um die Umsetzung. Hier wurden gleich zwei Ladesäulen aufgestellt, um die Distanzen zum nächsten geteilten Auto möglichst kurz zu halten. „Die Unterstützung der Gemeinde war ein Erfolgsfaktor. Nur durch ihre Initiative, ein Grundstück aus Privatbesitz zu kaufen, konnte der Standort für die zweite Ladeinfrastruktur realisiert werden“, berichtet ein Mitglied des Vereins Mobiles Eisdorf e.V. Auch in Eisdorf gibt es einen Fahrdienst. Probefahrt für das Elektroauto von Heckenbeck Im Mai 2020 endete das Förderprojekt. Die Umsetzung geht weiter. „Ein Blick in die teilnehmenden Dörfer zeigt, wie vielfältig E-Carsharing-Konzepte sein können“, sagt Julian David, Regionalmanager der LEADER-Region Harzweserland. „Jeder Projektname Ort kann passgenau für sich ermitteln, was Unser Dorf fährt elektrisch gewünscht und gebraucht wird. Das Expertenwissen vor Ort ist ein großer Schatz für die Bundesland Dörfer. Daher überlassen wir es den Dörfern, Niedersachsen tragfähige Konzepte zu entwickeln.“ Unterstützt wurden diese dabei von einer ProjektLEADER-Regionen managerin – vorab durch InformationsveranHarzweserland, Osterode am Harz, Göttinger Land staltungen und Experten-Workshops, später durch enge fachliche Beratung während der Kosten Umsetzung. Zusätzlich konnten und kön157 500 Euro, davon gefördert: 126 000 Euro (LEADER) nen sich die Menschen auch weiterhin bei und 31 500 Euro (Landkreise Northeim und Göttingen) offenen Treffen austauschen und vernetzen. So baut das Projekt „Unser Dorf fährt Projektträger elektrisch“ Vorbehalte gegenüber neuen Landkreis Göttingen Antriebsformen ab, sichert die Mobilität auf dem Land – und stärkt durch die geWebsite meinschaftliche Nutzung eines Autos und www.harzweserland.de/index.php/ die Bereitstellung von Fahrdiensten den unser-dorf-faehrt-elektrisch Zusammenhalt im Dorf. rose e.V . Für ein starkes Gemeinschaftsgefühl Fo to s : Ralf Kö nig ; Die trich K üh n e ; G emeins chaf tli che s S chlarp e e. V.; H e c ke n Info 13 Zum Frühstück ein Stückchen Zuhause Die Köstlichkeiten ihrer Region lernen die Gäste einer ganz besonderen Brunch-Reihe kennen. Diese erweitert ihren Horizont nicht nur kulinarisch, sondern auch kulturell. Ob neue Genüsse in alten Mauern, wild auf Wild im Landgasthof oder zum Frühstück aufs Schloss: Der RegioBrunch im Muldenland zeigt die Vielfalt regionaler Produkte in der LEADER-Region Leipziger Muldenland – und das an ganz besonderen Orten. Für die Veranstaltungsreihe servieren örtliche Gastronomen Produkte aus der Region. Das bringt Vielfalt in die Küchen und macht das Frühstücken gehen für Gäste zum echten Erlebnis. Jeder Brunch serviert auch ein kulturelles Highlight: So bot etwa ein Ranger Gästen eine geologisch-naturkundliche Führung durch den vulkanisch geprägten Geopark Porphyrland. Für andere Brunch-Besucher gab es im Anschluss eine Schlossführung oder sogar einen Auftritt Martin Luthers in der Ruine des Zisterzienserklosters Marienthron – einst bewohnt von seiner Ehefrau Katharina von Bora. Dem Trend gefolgt Dem allgemeinen Trend der letzten Jahre folgend, war auch in der LEADER-Region Leipziger Muldenland eine große Nachfrage nach regionalen Erzeugnissen zu spüren. So entstand bei der LAG Leipziger Muldenland e. V. die Idee, diese Produkte stärker mit der Gastronomie zu vernetzen. Zu Gastronomen und Erzeugern aus der Region hatte der Verein bereits gute Kontakte, die durch die Zusammenarbeit für die Internationale Grüne Woche und für die „Regionale Geschenkbox“ entstanden waren. Letztere bietet die Möglichkeit, den Liebsten eine ganze Box voll Köstlichkeiten aus der eigenen Region zu schenken. Schnell gelang es der LAG, Partner für das Projekt zu gewinnen: Schon seit 2013 finden jährlich bis zu vier RegioBrunch-Veranstaltungen an wechselnden Orten der LEADER-Region statt. Daraus hat sich ein Netzwerk an Gastronomen entwickelt, das über die Jahre weitergewachsen ist. Immer wieder spricht der Verein neue Gastronomen an, um sie für das In der Region Leipziger Muldenland finden jährlich bis zu vier RegioBrunch-Veranstaltungen an wechselnden Orten statt. 14 GEMEINSAM STARK SEIN Das Buffet beim RegioBrunch besteht aus Speisen aus der Region. Konzept zu begeistern. Produzenten erhalten durch die RegioBrunch-Veranstaltungen eine ganz besondere Bühne. Gäste lernen die Produkte nicht nur durch Schildchen neben den Speisen auf dem Buffet kennen, sondern erfahren im Anschluss meist mehr darüber, etwa in ausgelegten Flyern oder bei Produktproben. Das bedeutet für regionale Produzenten neue Kunden und für Gastronomen zufriedene Gäste. Jeder Brunch serviert auch ein kulturelles Highlight: beispielsweise eine Führung durch die Gemäuer von Kloster Nimbschen. Jeder Brunch ist anders Der RegioBrunch fördert regionale Wertschöpfungsketten. Das zeigte auch eine Auswertung der eingebundenen regionalen Produzenten, von denen viele wiederkehrende Partner sind. Ihr zufolge wurde in den letzten Jahren eine breite Produktpalette erfolgreich eingebunden: darunter Molkereierzeugnisse, Obst, Saft, Fruchtaufstrich, Wild, Fisch, Fleisch, Wurst, Eier, Back- und Teigwaren sowie Gemüse. So entdecken Gäste immer wieder neue regionale Köstlichkeiten, Gastronomen entwickeln ein Bewusstsein für kurze Lieferketten und lokale Unternehmen erhalten wichtigen Rückhalt aus der eigenen Region. Info Projektname RegioBrunch im Muldenland Bundesland Sachsen LEADER-Region Leipziger Muldenland Kosten keine Projektträger Lokale Aktionsgruppe Leipziger Muldenland e. V. Website www.leipzigermuldenland.de Fotos: Matthias Wagner; Martin Rust; M. Roßberger Wie sie den RegioBrunch gestalten, steht den Gastronomen frei. Bei Thema, Termin und Ort geben sie den Ton an. Passende Ergänzungen wie eine thematische Gästeführung erarbeiten sie gemeinsam mit der LAG Leipziger Muldenland, die die Partner auch bei der Kommunikation über Flyer und Online-Marketing unterstützt. Qualität, Regionalität und Zufriedenheit sind drei wichtige Säulen des RegioBrunch. Regelmäßige Befragungen unter den Teilnehmenden sowie Gespräche mit den Gastronomen sichern eine stetige Qualitätskontrolle und Weiterentwicklung. 15 Ein smartes Dorf Remmesweiler verbindet die digital gesteuerte Nahversorgung mit analogen Angeboten für die Dorfgemeinschaft. In Remmesweiler sichern eine digitale Plattform und Dorfcoaches die Nahversorgung. Bestellt werden kann aber auch ganz analog im Dorfgemeinschaftshaus – nachbarschaftlicher Austausch inklusive. Seit Anfang 2018 hat das saarländische 900-Seelen-Dorf Remmesweiler keine Einkaufsmöglichkeiten und damit auch keine Treffpunkte mehr. Deshalb schlossen sich Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Ehrenamt in einem Zukunftsprojekt zusammen: das „Smart Village Remmesweiler“. Mit einer Online-Plattform für Lebensmittel und Artikel des täglichen Bedarfs wollen sie eine zukunftsorientierte Daseinsvorsorge für ländliche Räume aufbauen. Dabei werden lokale Händler und Erzeuger sowie extra ausgebildete Dorfcoaches einbezogen. Gleichzeitig soll das Modellprojekt Kommunikationsstrukturen und Begegnungsorte wiederbeleben – und das Dorfgemeinschaftshaus zum zentralen sozialen Treffpunkt machen. Die Idee entwickelten die drei Partner des Regionalentwicklungsnetzwerkes: die Wirtschaftsförderung St. Wendeler Land mbH, der Landkreis St. Wendel und die LAG KulturLandschaftsInitiative St. Wendeler Land e. V. 16 GEMEINSAM STARK SEIN Beim Frühstücken einkaufen Im Mai 2018 startete das Projekt im Rahmen des Modellvorhabens „Land(auf)Schwung“, finanziert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Dabei wurde eine Online-Plattform aufgebaut und die Händler, Testkunden, Dorfcoaches sowie der Logistiker akquiriert, geschult und eingearbeitet. In der zweiten, LEADER-geförderten Projektphase richtete das Projektteam ein containerbasiertes Verteilzentrum ein: Um die Kühlkette nicht zu unterbrechen, wird die Ware in Kühlcontainern in transportierbare Kühlkisten umgepackt. Erst dann macht sie sich auf den Weg zur zentralen Abholstation im Dorfgemeinschaftshaus. Einkaufen können die Dorfbewohner entweder mit einem eigenen Zugang über die Online-Plattform „Keep Fresh“ – über 11 000 Artikel finden sie hier. Oder sie bestellen die Waren während des Dorffrühstücks: Jeden Donnerstag treffen sich viele Einwohner im Dorfgemeinschaftshaus zum geselligen Beisammensein und geben dabei ganz nebenbei ihre Bestellung auf. Bei Bedarf werden sie dabei von zwei ehrenamtlichen Dorfcoaches unterstützt. Viele Senioren ohne Internetzugang nutzen dieses Angebot. Aktuell befindet sich das Projekt in der dritten und letzten Phase: Die Förderung der digitalen Nahversorgungs-Plattform mit GAK-Mitteln wird bis Sommer 2021 andauern. Im Idealfall trägt sich die Plattform dann selbst, eventuell müssen Kunden für die Auslieferung einen kleinen Betrag zahlen. Gemeinsam konnten die Projektpartner in Remmesweiler so eine neue Form der ländlichen Nahversorgung realisieren. Sie zeigen, dass Konzepte zur Digitalisierung das soziale Miteinander im Dorf sogar fördern können. Fünf benachbarte Dörfer haben sich mittlerweile dem Konzept angeschlossen. Zurzeit stellen der Globus-Markt St. Wendel, mehrere Bäckereien, Bioläden, eine Drogerie und diverse Hofläden ihr Angebot auf der Plattform bereit. Der Hofladen Wendelinushof etwa bietet frische Produkte aus eigener Herstellung: Fleisch- und Wurstwaren, Produkte aus der Gärtnerei sowie Eier und Nudeln. Bei einem anderen beteiligten Biohändler können die Kunden große und kleine Überraschungskisten mit saisonalem Obst und Gemüse wählen. Die Waren werden von der landkreiseigenen Logistik mit einem Fahrzeug bei den regionalen Händlern abgeholt, im Verteilzentrum verpackt und einmal wöchentlich ins Dorfgemeinschaftshaus gebracht. Die zentrale Anlieferstelle erspart die kostenintensive Lieferung auf den letzten Metern. Und sie sichert die Kommunikation im Dorf: Im Dorfgemeinschaftshaus nehmen die Dorfcoaches die Bestellungen entgegen und übergeben die Waren an die Menschen. Den weniger mobilen Senioren bringen die Dorfcoaches die Einkäufe sogar bis nach Hause. Bezahlt wird entweder per Lastschrift direkt beim Kauf auf der Online-Plattform oder bar beim Dorfcoach. Info Projektname Smart Village Remmesweiler Bundesland Saarland LEADER-Region KulturLandschaftsInitiative St. Wendeler Land Kosten rd. 82 000 Euro (Projektphase 2), davon gefördert: rd. 66 000 Euro (LEADER) Projektträger LAG KulturLandschaftsInitiative St. Wendeler Land e. V. Website www.smartvillage-wnd.de Fotos: Wirtschaftsförderungsgesellschaft St. Wendeler Land GmbH Das soziale Miteinander fördern 17 Café, Bücherbörse, Schreibwaren, Lebens­ mittel und Drogerieartikel – der Bernitter Dorfladen versorgt die Einwohner und ist Veranstaltungsort. Ein neues Herzstück Eine Bürgergenossenschaft belebt in der Gemeinde Bernitt den Dorfmittelpunkt wieder. Das Erfolgs­ rezept: alle vor Ort in die Gestaltung einbinden. In einem Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern kann die ländliche Nahversorgung zu einer großen Herausforderung werden – so auch in der Großgemeinde Bernitt im Landkreis Rostock. Dass die nächste Einkaufsmöglichkeit zwölf Kilometer vom Hauptort entfernt liegt, damit wollten sich die Menschen vor Ort nicht abfinden. Also sorgten sie für ein neues Dorfzentrum, in dem sie Lebensmittel einkaufen, die Post erledigen und bei einer Tasse Kaffee und einem Stück Kuchen Neues erfahren können. Von Haus zu Haus Die Idee wurde 2014 geboren, schnell gründete sich eine Bürgergenossenschaft. 2015 stellte sie in enger 18 GEMEINSAM STARK SEIN Zusammenarbeit mit der Gemeinde einen Antrag auf LEADER-Förderung, um den Bernitter Dorfmittelpunkt wiederzubeleben. Inzwischen zählt die Genossenschaft 38 Mitglieder mit einer aktiven Gruppe von acht bis zehn Personen. Was sich die Menschen in Bernitt vom neuen Dorfmittelpunkt wünschten, sollte eine Umfrage klären: Dafür gingen die Mitglieder der Genossenschaft von Haus zu Haus und verteilten Fragebögen. Der Rücklauf umfasste mehr als 50 Haushalte – die in den Antwortbögen genannten Ideen und Wünsche flossen direkt in die Ausgestaltung des Vorhabens ein. Im Mittelpunkt stand schließlich das Angebot an Waren des täglichen Bedarfs, ein Post-, Kopier- und Faxservice, ein öffentlicher Internetzugang sowie ein Café- und Imbissangebot. Insbesondere für ältere Einwohner war außerdem eine gut erreichbare, zentrale Lage wichtig. Diese bot das Gemeindezentrum, das schließlich in Teilen zum neuen Dorfmittelpunkt umgebaut wurde. Mit den LEADER-Fördermitteln An den Wünschen der Bürgerinnen und Bürger ausgerichtet: der Dorfladen in Bernitt. Ohne Ehrenamt undenkbar Heute bietet er viele regionale Produkte: Senf aus der Senfmühle Schlemmin, Backwaren aus Güstrow oder Bio-Eier und Bruderhahnprodukte aus Selow. Ergänzt wird das Angebot durch Großhandelsware. Zusätzlich gibt es Frühstück, Mittagessen sowie Kaffee und Kuchen. Zudem versorgt das Dorfladenteam die örtliche Kita mit Zutaten für Frühstück und Vesper, für die Schule im Ort bereitet es einen Frühstücksimbiss vor. Fünf Angestellte der Genossenschaft kümmern sich um den Verkauf und die Dienstleistungen, den Mittagstisch im Laden und die Kuchenzubereitung für das Café. Ohne zusätzliche ehrenamtliche Helfer würde das Projekt jedoch nicht funktionieren: Sie erledigen die Buchhaltung und Lieferdienste, pflegen die Pflanzen vor dem Laden und helfen bei Putzaktionen. Auch recherchieren sie zur Weiterentwicklung des Ladens, zu Förderungen oder zu neuen Lieferanten. Beteiligung ist das A und O Der Laden etablierte sich schnell auch als Begegnungsort: Die integrierte Sitzecke mit Bücherbörse wird zum Beisammensein, für diverse Workshops wie das jährliche Osterbasteln, den Regionalmarkt oder den Burger-Abend genutzt. Auch Feriengäste finden ihren Weg hierher. Ein Spruch, den die Mitarbeiter des Dorfladens immer wieder zu hören bekommen: „Bei euch findet man ja alles, was man zum Leben braucht!“ An der Fassade des Ladens befindet sich seit einiger Zeit außerdem eine Ladestation für E-Fahrzeuge. Für die Betreiber des Dorfladens ist auch weiterhin die Bürgerbeteiligung besonders wichtig. Die Bernitter sollen ihre Wünsche zu Sortiment, Veranstaltungen oder Gestaltung des Dorfladens äußern können. So werden auch zu neuen Projekten wie dem aktuell geplanten Online-Shop wieder Umfragen durchgeführt. Er soll als Lieferdienst mit einem Radius von etwa 20 Kilometern umgesetzt werden. Die Waren können auf Bestellung auch abgeholt werden, was vor allem den Berufstätigen zugutekommen soll. Info Projektname Wiederbelebung der Dorfmitte Bernitt Bundesland Mecklenburg-Vorpommern LEADER-Region Güstrower Landkreis Kosten 101 000 Euro, davon gefördert: 49 500 Euro (LEADER) und 51 500 Euro (Landesmittel, Wettbewerb Neue Dorfmitte) Projektträger Gemeinde Bernitt (über Amt Bützow-Land) Website www.bernitterdorfladen.de Fotos: LAG Güstrower Landkreis; Bernitter Dorfladen e.G. wurden die Planungskosten, sämtliche Bauarbeiten, die Elektrogeräte wie Küchengroßgeräte, Telefon, PC und Kopierer, die Küche mit Einrichtung sowie die Möblierung finanziert. Im Dezember 2016 schließlich eröffnete der Bernitter Dorfladen. Das Team des Dorfladens 19 Die Helfer von „Quirnbach inTakt“ unterstützen ältere oder pflegebedürftige Menschen im Haushalt. Gemeinsam alt werden In einer kleinen Gemeinde erhalten alte Menschen unkompliziert Unterstützung im Alltag – und viele Gelegenheiten, unter Leute zu kommen. Fast ein Viertel der rund 500 Einwohnerinnen und Einwohner der Gemeinde Quirnbach ist über 65 Jahre alt. Auch auf dem Land geht der demografische Wandel mit sozialer Vereinsamung, Leerständen sowie fehlenden Pflege- und Betreuungseinrichtungen einher. Die Kommunen sind gefordert, praktikable Konzepte zu entwickeln, um diese Herausforderungen zu meistern. So möchten etwa die meisten Menschen in ihrer gewohnten Umgebung alt werden. Doch die Finanzierung der häuslichen Pflege stellt viele Betroffene und Angehörige vor Probleme. So lange wie möglich zu Hause Hier setzt das LEADER-geförderte Projekt „Quirnbach inTakt“ an. Sein Ziel ist es, Senioren dabei zu unterstützen, so lange wie möglich zu Hause leben 20 GEMEINSAM STARK SEIN zu können. Nicht einfach für die finanzschwache Kommune. Da kam die zweite Stufe des Pflegestärkungsgesetzes gerade recht. Sie bot der Gemeinde eine Möglichkeit, Alltagsbetreuung durch Einnahmen der Pflegekassen zu finanzieren. Da die Koordination eines solchen Angebots nicht ehrenamtlich möglich war, kam die LEADER-Förderung ins Spiel. Und nachdem 2017 das letzte Einzelhandelsgeschäft geschlossen wurde, stand die Projektidee fest: Ein Markttag sollte das Betreuungsangebot ergänzen. Für das Projekt wurden im Bürgerhaus der Ortsgemeinde ein Projektbüro eingerichtet und zwei examinierte Krankenschwestern mit Erfahrung im ambulanten Pflegebereich als qualifizierte Mitarbeiterinnen eingestellt. Sie ermitteln den Unterstützungsbedarf und initiieren Hilfen. Die „Helfer“ im Projekt „Quirnbach inTakt“ sind Frauen und Männer aus der Region, die Erfahrung im Umgang mit Pflegebedürftigen oder eine entsprechende Ausbildung oder Zusatzqualifizierung absolviert haben. Am wöchentlichen Markttag bieten heimische Erzeuger und Gewerbetreibende ihre Waren an. Zeitgleich gibt es im Bürgerhaus ein geselliges Beisammensein: etwa bei Darbietungen des Kinderchors. Begleiter im Alltag Die Beteiligten unterstützen ältere oder pflegebedürftige Menschen im Haushalt. Sie helfen beim Einkaufen, Putzen, Kochen oder Planen des Tagesablaufs. Außerdem unternehmen sie mit den älteren Menschen Spaziergänge, leisten ihnen Gesellschaft und begleiten sie zu Ärzten, Behörden oder Veranstaltungen. In der wöchentlichen Gruppenbetreuung werden unter professioneller Anleitung gemeinsame Aktivitäten wie Singen oder Gedächtnistraining durchgeführt. Und auch die Integration bringt das Projekt voran: Einige der Helfer kamen 2015 als Geflüchtete nach Quirnbach und sind nun gut ins Gemeindeleben eingebunden. Zeitgleich zum Markt findet im Bürgerhaus ein generationsübergreifendes Zusammensein bei Kaffee und Kuchen statt. Bereichert werden die Treffen durch Kurzvorträge zu Themen wie Pflegeversicherung oder Patientenverfügung und Projektname Quirnbach inTakt Bundesland Rheinland-Pfalz LEADER-Region Westrich-Glantal Kosten rd. 143 000 Euro, davon gefördert: rd. 65 600 Euro (LEADER) und 41 700 Euro (Land) Projektträger Ortsgemeinde Quirnbach Website www.quirnbach-pfalz.de/quirnbach-intakt/allgemein Fotos: Stefanie Körbel Gemeinsam mit der Ortsbürgermeisterin organisieren die Projektkoordinatorinnen auch den Markttag um das Bürgerhaus. Jeden Donnerstag kann hier von 14 bis 16 Uhr eingekauft werden: Ein Bäcker, ein Metzger, ein Obst- und Gemüsehändler, mehrere Selbstvermarkter und diverse andere heimische Gewerbetreibende bieten ihre Waren an. Rund 150 Personen kommen regelmäßig – darunter viele, die zuvor wenig am gesellschaftlichen Leben beteiligt waren. Auch viele Besucher aus der näheren Umgebung schauen vorbei. Die Ortsbürgermeisterin betont: „Das ist kein Seniorennachmittag – es kommt das ganze Dorf und sogar Leute aus den umliegenden Ortschaften.“ Die Projektidee trägt sich weiter: In einem Nachbarort gibt es seit Februar 2020 einen Markt nach Quirnbacher Vorbild. Info durch kulturelle Darbietungen, etwa vom örtlichen Kinderchor. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass das Projekt nach dem Ende der Förderperiode im Frühjahr 2021 weiterlaufen und sich selbst durch Einnahmen der Pflegekassen beziehungsweise Privatzahlungen der Kunden tragen kann. 21 Regionales in der Box Im Umkreis hergestellte Lebensmittel einkaufen, ohne dafür viele Händler anzufahren: das ermöglicht im Landkreis Fürth die HofladenBOX. Von der innovativen digitalen Vermarktungsstrategie profitieren die Erzeuger und die Menschen vor Ort gleichermaßen. Sich nur mit regionalen Lebensmitteln einzudecken, ist mitunter schwer: Kleine Hofläden, Metzgereien, Bäckereien oder Supermärkte sind meist weit verstreut und manchmal auch schwierig zu finden. Sie alle abzufahren, kostet viel Zeit. Zwei Unternehmerinnen aus Fürth haben das Problem erkannt und daraus eine Geschäftsidee entwickelt. Mitte 2017 gründeten Birgit Wegner und Mareike Schalk die HofladenBOX – und liefern mit Unterstützung von einer festangestellten Halbtageskraft, zwei Midi- und rund 30 Mini-Jobbern seit April 2018 frische Waren aus. Vielfalt entdecken, ohne viel zu fahren Die HofladenBOX bietet mehr als 1 000 regionale Produkte an. Im Hauptquartier in Stein bei Fürth verpackt das Team der HofladenBOX pro Woche 200 bis 600 Bestellungen. Seither können die Menschen dort ohne Zwischenhandel direkt bei verschiedenen regionalen An- bietern einkaufen. Ob die Unternehmerinnen mit Direktvermarktern und Landwirten zusammenarbeiten, entscheiden sie vor allem nach einem Kriterium: Regionalität. Bio ist erwünscht, aber kein Muss. Außerdem schauen sich Wegner und Schalk jeden Hof inklusive der Tierhaltung persönlich an und entscheiden dann, ob es zur Zusammenarbeit kommt. Rund 60 Betriebe machen inzwischen mit, mehr als 1 000 Produkte für den täglichen Bedarf sind so auf dem Online-Marktplatz zu finden: Backwaren, Obst und Gemüse, Milchprodukte und Käse, Wurst, Fleisch und Fisch, aber auch Öle, Aufstriche, Müsli, Kaffee oder Wein. Die Betriebe stellen die Produkte selbst online und legen auch die Preise fest. Um den Rest kümmert sich das Team um Wegner und Schalk: Es übernimmt die Kaufabwicklung und liefert zweimal wöchentlich aus – entweder an eine von 40 Abholstationen im Landkreis Fürth und in den Städten Schwabach, Nürnberg, Fürth sowie Erlangen, oder gegen Aufpreis auch nach Hause. Die effiziente und flexible Routenplanung bleibt dabei eine Herausforderung. Erfolgreiche Gründerinnen: Birgit Wegner und Mareike Schalk 22 GEMEINSAM STARK SEIN Kundinnen und Kunden wiederum können die Produkte der verschiedenen Direktvermarkter einfach online auswählen, bestellen und bezahlen. 2 700 Menschen haben sich bereits registriert, zwischen 200 und 600 Bestellungen gehen pro Woche beim HofladenBOX-Team ein. Das Hauptquartier: eine ehemalige Scheune in Stein bei Fürth. Hier liefern Landwirte und Betriebe in Fahrgemeinschaften die Waren an, die danach in Boxen wandern und an ihr Ziel gebracht werden. Das reduziert die Zahl überregionaler Lebensmitteltransporte, mehrfache Einkaufsfahrten zu den einzelnen Hofläden – und damit den CO2-Ausstoß. Die Boxen und Umverpackungen wie Flaschen, Obstbehälter oder Gläser können zurückgegeben werden und werden, wo möglich, wiederverwendet. Kleine Betriebe erobern den Online-Marktplatz Der Vorteil für die teilnehmenden Betriebe liegt auf der Hand: Sie erschließen einen So bietet das Team der HofladenBOX Verbrauchern und Vermarktern neue Möglichkeiten, fördert das gesellschaftliche Bewusstsein für Lebensmittel aus der Region – und treibt die Entwicklung innovativer, digitaler Lösungen für den ländlichen Raum und die Landwirtschaft voran. Fotos: Thomas Scheerer, Christine Lenzner; Birgit Wegner neuen Vertriebsweg für ihre Waren, müssen sich dabei nicht um die Kaufabwicklung kümmern und können sich voll auf ihren Betrieb konzentrieren. Der Zugang zum Online-Marktplatz ist für sie kostenfrei – inklusive der technischen Unterstützung. Verkaufen sie etwas, erhält die HofladenBOX eine Provision vom Verkaufspreis. Diese Provision und die Lieferkosten sind die Einnahmequellen der Unternehmerinnen. Info Projektname Die HofladenBOX – ein Online-Markplatz für regionale Lebensmittel Bundesland Bayern LEADER-Region Landkreis Fürth Kosten 90 000 Euro, davon gefördert: 23 600 Euro (LEADER) Projektträger HofladenBOX GmbH & Co. KG Website www.hofladenbox.de 23 Durch eine attraktive Platzierung von regionalen Produkten im Raum greifen Kundinnen und Kunden eher zu. Verstärkung für Tante Emma Ein Netzwerk bringt die Dorfläden der Region miteinander ins Gespräch und berät sie zu Angebot, Werbung und Kundenbetreuung. Das zeigt: Gemeinsam können Kleine Großes bewegen. Mehr als 100 Orts- und Stadtteile prägen die LEADER-Region SPESSARTregional, viele davon sind kleine Dörfer. Die Versorgung für den täglichen Bedarf ist mit etwa 15 Dorfläden noch gut. Doch viele von ihnen sind durch demografischen Wandel und schwindende Kaufkraft in ihrer Existenz gefährdet. Auch die Nachfolge ist nicht überall geregelt. Hinzu kommt, dass viele Menschen in der Region beruflich in größere Städte pendeln und dort auch gleich ihre Einkäufe erledigen. Schnell wurde klar: Damit die Dorfläden in der Region überleben, gilt es, die Nachfrage vor Ort gezielt zu steigern. Eine enge Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Dorfläden und den Erzeugern ist dafür essenziell. Mit dem Ziel, diese auszubauen, startete 2016 das Modellvorhaben „Regio.Dorf.Laden: Gut & Regional versorgt!“. Die Regio.Marketing GmbH und SPESSARTregional bauten gemeinsam ein Netzwerk zwischen Erzeugern, Verarbeitern und Dorfläden auf. Nach einer ersten Infoveranstaltung besuchte das Team gemeinsam mit einem Dorfladen-Berater jeden 24 GEMEINSAM STARK SEIN der 15 Dorfläden. Dabei wurden nicht nur erste Tipps gegeben, sondern auch sechs Pilotläden ausgewählt. Als Kooperationspartner stand die IHK Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern dem Team zur Seite. Gut platziert und klar beworben Auf Grundlage einer Analyse der Läden und der möglichen Angebote entwickelte eine Arbeitsgruppe gemeinsam mit dem Berater neue Konzepte zu Kommunikation und Sortiment. Im ersten Schritt entschieden die sechs Pilotläden mit professioneller Hilfe, welche regionalen Produkte ihr Sortiment am besten erweitern könnten: von frischen Milchprodukten über Öle bis zu Waren einer Bäckerei, die regionales Getreide verarbeitet. Hilfe erhielten die Inhaber auch dabei, die Waren gut im Raum zu platzieren. Durch gezielte Bewerbung und Bezeichnung wissen Kunden auf den ersten Blick, dass sie hier zu einem Produkt aus der Region greifen. Zudem wurden die Inhaber in Warenkunde, Kundenansprache und Thekengestaltung geschult. So lernten sie etwa, wie sie ihr Angebot an belegten Brötchen für Frühaufsteher verbessern und richtig kalkulieren. Auch eine Schulung für den Verkauf von Käse fand auf Wunsch der Ladeninhaber statt. Treffen der Bundesland Hessen LEADER-Region SPESSARTregional Projektträger SPESSARTregional e.V. und Regio.Marketing GmbH in Kooperation mit IHK Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern Die Vernetzung der Akteure stellt den größten Wert des Projektes dar. Denn nicht nur Läden und Erzeuger arbeiten zusammen, Website sondern auch die LAG, die IHK, die Komwww.spessartregional.de munen, das Amt für den Ländlichen Raum und der Tourismus. Es ziehen alle an einem Strang – und das ist wichtig: „Wir brauchen Ein Dorfladenberater die tollen Produkte von Erzeugern aus besuchte in der LEADERder Region, um zu bestehen“, sagt etwa Region SPESSARTregional Simone Bienossek, Ladeninhaberin aus 15 Dorfläden und gab Wächtersbach, „Hier im Laden bekomTipps. men die Kunden Beratung zu jedem einzelnen Produkt, sie dürfen probieren und vertrauen uns, dass die Ware ordentlich produziert wird. Gerade in Zeiten, wo die Verunsicherung groß ist, merken wir, dass gezielt Kundschaft zu uns kommt. Wir leben Regionalität und kennen unsere Erzeuger, das merkt man uns an.“ n al e . V . Kosten 137 000 Euro (zwei Teilprojekte), davon gefördert: 99 556 Euro (BULE) und 10 812 Euro (LEADER) RTregio Dorfläden und Erzeuger sind mit dem eingeschlagenen Weg sehr zufrieden. Allerdings machten die Erzeuger deutlich, dass sich die Lieferung zu kleiner Mengen wirtschaftlich nicht mehr darstellen lässt. Hier sucht das Netzwerk gemeinsam nach Lösungen, etwa indem Transportwege gebündelt werden. Um die erfolgreichen Ansätze ausbauen zu können, legten SPESSARTregional und die IHK 2018 mit einem auf zwei Jahre angelegten LEADER-Projekt zur Erweiterung des Netzwerkes nach. Projektname Regio.Dorf.Laden – Dorfladen-Erzeuger Netzwerk S PE S S A Probleme gemeinsam angehen Info Fo to s : Dorfläden und Erzeuger wurden für den intensiven Austausch genutzt: etwa über die Anlieferung von Milchprodukten oder die Chancen eines gemeinsamen Produkts des Monats. Gezielte Kennzeichnung führt den Kunden zu Produkten aus der Region. 25 Alte Schule, neue Mitte Mehr als zehn Jahre kämpften die Initiatoren des Projekts „Lebenszentrum Thomas Müntzer“ für ihre Idee und mussten viel Kritik einstecken. Heute profitiert die ganze Region davon, dass sie sich nicht entmutigen ließen: ob beim Zahnarztbesuch oder beim Feierabendbier. Seit Jahren stand im Ortsteil Reichenberg der Verbandsgemeinde Märkische Höhe eine große Zentralschule leer. Gleichzeitig wurden in der Region Räume gesucht, etwa für Jugendangebote oder therapeutische Dienste. Auch an Nahversorgung und Treffpunkten für die Dorfgemeinschaft fehlte es. 14 Bürgerinnen und Bürger setzen sich zum Ziel, hier zwei 2011 bis Januar 2013 über eine durch LEADER geförderte Projektstudie die strukturellen Bedarfe der umliegenden Ortschaften nochmal genau untersucht. Klares Ergebnis: Ein multifunktionales ländliches Zentrum ist wirtschaftlich sinnvoll. Dieses nahm im nächsten Schritt Gestalt an. Der Verein als Projektträger erwarb die Immobilie von der Kommune zum symbolischen Wert, um mit Zusage einer weiteren LEADER-Förderung die Eigenmittel über einen Kredit aufzunehmen. Mit dem ersten Bauabschnitt im April 2017 konnte die Grundsanierung der alten Schule beginnen: Im Erdgeschoss erfolgte der Neubau einer Kindertagesstätte. Die 31 Kinder der vorhandenen Dorf-Kita fanden hier neue freundli- Früher Schule, heute Treffpunkt für 17 Ortschaften: das Lebenszentrum in Reichenberg. und mehr Fliegen mit einer Klappe zu schlagen – und das 2 400 Quadratmeter große Schulgebäude mit neuem Leben zu füllen. Nach einer kurzen Ideensammlung gründete sich der Verein zur Förderung des Thomas Müntzer Gesundheitszentrum e.V., der heute 90 Mitglieder zählt. Sein Vorhaben wurde anfangs durchaus kritisch gesehen: In der Kommune wie in den amtlichen Verwaltungen musste der Verein viel Überzeugungsarbeit leisten. Auf diesem langen Weg hat die Lokale Aktionsgruppe Märkische Seen die Initiatoren eng begleitet und unterstützt. Was braucht die Region? Um genauer auszuloten, welche Bedürfnisse das Projekt vor Ort lösen könnte, wurden von Oktober 26 GEMEINSAM STARK SEIN che Räumlichkeiten zum Toben, Lernen und Rasten. Künftig sollen sogar noch mehr Kinder hier zusammenkommen: Die inklusive Gruppe wird auf 55 erweitert und bietet demnächst auch Plätze für Kinder mit Behinderung. Nebenan entstand eine Seniorentagesstätte mit 16 Plätzen, die bereits voll ausgelastet ist. Die Frischküche des Zentrums versorgt Senioren, Dorfbevölkerung und die benachbarte Kindertagesstätte mit frischen Gerichten aus regionalen Produkten. Mit Unterstützung der Regionalwert AG Berlin-Brandenburg eröffnete kürzlich der langersehnte Regionalund Dorfladen als kleines Herzstück des Lebenszentrums: Hier gibt es zum Beispiel Kaffee aus einer nahegelegenen Rösterei, Schafs- und Ziegenkäse, Wildfrischprodukte – und die Gelegenheit, gemeinsam ein paar gemütliche Stunden bei Kuchen oder Feierabendbier zu verbringen. 31 Kinder besuchen die Kita im Lebenszentrum. Bald kommen weitere hinzu. Mit Zahnarzt, Allgemeinmediziner und Ergotherapeut bietet das Lebenszentrum eine gute gesundheitliche Versorgung. Info Projektname Lebenszentrum Reichenberg – mittendrin.miteinander. Bundesland Brandenburg LEADER-Region Märkische Seen Auch die ärztliche Versorgung ist durch das Zentrum deutlich besser Website geworden: Eine Praxis für Allgemeinwww.maerkischemitte.de medizin und im Obergeschoss eine ergotherapeutische Praxis sowie eine zahnärztliche Praxis sind bereits besetzt und gut besucht. Im Obergeschoss sollen zudem noch fünf barrierefreie Wohnungen entstehen. Viele Interessenten haben sich schon gemeldet. t Firlus Projektträger Lebenszentrum Thomas Müntzer DRK Kreisverband MOHS e. V. Helmu Praxen und Wohnraum Kosten rd. 2,9 Mio. Euro, davon gefördert: rd. 735 000 Euro (LEADER) Fo to s : Das Herzstück des Hauses ist der Dorfladen. Nach zehn Jahren ist das Lebenszentrum zum festen Treffpunkt in der Region geworden: Es versorgt die umliegenden 17 Ortschaften auf kurzen Wegen in allen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens. Zudem finden hier viele Veranstaltungen wie Klavierkonzerte, Lesungen und auch ein sehr beliebter Weihnachtsmarkt statt. Und das ist noch längst nicht alles: Denn im Begegnungsraum des Zentrums werden bereits neue Pläne geschmiedet. So sollen die umfangreichen Außenanlagen und die dazugehörige Turnhalle perspektivisch in das Gesamtkonzept einbezogen werden. Ermöglicht das Leben im Dorf – auch im hohen Alter: die Seniorentagesstätte. 27 2. Platz Schöne Scheune Christina Müller ist Ideengeberin und Leiterin der Marktscheune. Ein klassischer Dorfladen war für eine Unternehmerin aus dem Kraichgau nicht genug: Mit viel Herz schuf sie einen Ort, an dem das ganze Dorf zusammenkommen kann – für viel mehr als nur zum Einkaufen. Seit Generationen führt die Familie von Christina Müller einen landwirtschaftlichen Betrieb, auch ein Dorfladen gehört dazu. Als sie sich entschloss, diesen weiterzuentwickeln, schwebte ihr mehr vor als die bekannte Kombination aus Laden und Café. Die Einrichtung, die sie plante, sollte ein Dorftreff der außergewöhnlichen Art werden. Im Ortskern der 5 200-Einwohner-Gemeinde Meckesheim sollte eine multifunktionale Begegnungsstätte entstehen. Möglich machte dies unter anderem die LEADER-Förderung und die gute Begleitung durch das Regionalmanagement der Lokalen Aktionsgruppe Kraichgau. Ein Kuhstall mit Fahrstuhl 2014 kam Christina Müller auf die Idee, für ihr Vorhaben eine alte leerstehende Scheune umzubauen. Nach der Bewilligung der Mittel im Dezember 2016, nahm die Idee Gestalt an. Die Scheune, die früher auch als Kuhstall diente, wurde komplett entkernt und Zwischenböden eingezogen. Ein Fahrstuhl macht das Gebäude barrierefrei zugänglich. Im Herbst 2017 schließlich eröffnete Müller den Laden und nahm einen Probebetrieb auf, die offizielle Einweihung fand im März 2018 statt. Die Marktscheune hat sich seitdem als Treffpunkt für alle Bürgerinnen und Bürger etabliert. Das unverbindliche Gespräch älterer Menschen, ohne den Druck, etwas konsumieren zu müssen, ist der Betreiberin ein besonderes Anliegen. Mit ihrer außergewöhnlichen Architektur und einem liebevoll gestalteten Café trägt die Dorfscheune zudem zur Attraktivität des Ortskerns bei. Neben Eiern vom eigenen Hof gibt es im Bauernladen der Marktscheune Produkte von Umfangreiche Sanierungs- und Umbauarbeiten waren nötig, bis die Scheune in neuem Glanz erstrahlte. Das Café der Marktscheune ist inzwischen ein beliebter Dorftreffpunkt. 28 GEMEINSAM STARK SEIN Im Laden finden Kunden Produkte von Bauern aus dem Kraichgau. Eine Bühne für Koch-Events: die Küche. von Anfang an dabei und trägt zur Weiterentwicklung bei. Als Ort für Ausstellungen und Vorträge bereichert die Marktscheune zudem das Kulturangebot von Meckesheim. Hier wurden etwa ein Film über die Gemeinde und Werke von Künstlern aus der Region gezeigt. Die Räumlichkeiten stehen auch für Familienfeiern oder andere Feste zur Vermietung. Der Erfolg der Marktscheune zeigt sich auch an den dadurch geschaffenen Stellen: Ursprünglich waren zwei neue Arbeitsplätze geplant, mittlerweile kann Christina Müller auf einen Pool von zehn Angestellten in Teilzeit zurückgreifen. Das barrierefrei zugängliche Obergeschoss der Scheune. Bundesland Baden-Württemberg LEADER-Region Kraichgau r Kosten rd. 330 900 Euro, davon gefördert: 72 000 Euro (LEADER) und 48 000 Euro (Landesmittel) Projektträgerin Christina Müller Website www.marktscheune-meckse.de a Mülle Direkt neben der Marktscheune liegt ein Seniorenheim. Die alten Leute genießen es, sich in der Marktscheune zu treffen, auch weil sie wissen, dass sie immer herzlich willkommen sind und andere Leute aus dem Ort treffen. Das Frühstücksangebot ist meist auf Wochen ausgebucht. Für Bauern der Region bietet die Scheune eine neue Absatzmöglichkeit. Auch im Team der Marktfee-App (siehe Projekt der LAG „Neckartal-Odenwald aktiv“, Seite 6-7) ist Christina Müller Projektname Marktscheune Meckesheim Chris tin Auch Ältere fühlen sich wohl Info Fo to s : mehr als 30 Landwirten und Handwerkern aus dem Kraichgau zu kaufen. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf saisonale Produkte gelegt. KochEvents bringen vier- bis sechsmal im Jahr „vergessene“ Produkte wie Pastinake, Butter- oder Steckrübe wieder in das Bewusstsein der Menschen – und werden gerne auch von Firmen als Teambuilding-Maßnahme gebucht. 29 Mit dem Rad ausgeliefert In Burgsteinfurt bringt ein Lastenrad frische Marktware zu den Menschen nach Hause – und stärkt so auch den lokalen Einzelhandel. Zweimal pro Woche rauscht ein Lastenfahrrad durch das nordrhein-westfälische Burgsteinfurt und bringt frische Waren vom Wochenmarkt direkt zu den Menschen nach Hause – bequem, regional und CO2-neutral. Die Idee zum klimafreundlichen Geschäftsmodell kommt von Dieter Kater von der Kaffeerösterei Kater. Wie andere lokale Einzelhändler kennt auch er die Probleme vieler ländlicher Kommunen: Abwanderung, Kaufkraftverluste und ein verändertes Konsumverhalten. Diesen Entwicklungen wollte er mit Unterstützung der LEADER-Region Steinfurter Land etwas entgegensetzen. Dabei besann er sich auf die Stärken des lokalen Einzelhandels: Flexibilität, Geschwindigkeit, Vertrauen, Regionalität und der direkte Kundenaustausch. Der Lieferservice per Las- tenrad besteht seit Mai 2017 und erfüllt all das. Insbesondere Personen mit eingeschränkter Mobilität profitieren davon. Obendrauf leistet der Lieferant noch einen wichtigen Beitrag gegen die zunehmende Vereinsamung seiner häufig älteren Kundschaft. Zehn Stunden in die Pedale treten Der Bringdienst ist kostenlos und wird an den Markttagen angeboten. Immer dienstags und freitags verkaufen Lebensmittelhändler, ein Blumenhändler und hin und wieder auch ein Kunsthandwerker auf dem Marktplatz ihre Waren. Für sie ist der Lieferservice eine Rückkehr zu den Wurzeln, als die Waren noch mit dem Rad oder Handkarren ausgeliefert wurden. Bestellt wird per Mail oder auch ganz einfach telefonisch. Eine aktuelle Liste der Händler und ihrer Waren findet sich in der App der Stadt Burgsteinfurt. Zweimal pro Woche bringt das Lastenrad Bestellungen vom Wochenmarkt zu den Menschen nach Hause. 30 GEMEINSAM STARK SEIN Rund zehn Stunden pro Woche ist der Fahrer mit Lieferungen in Burgsteinfurt unterwegs. Der Ideengeber Dieter Kater (4. v.l.) mit den teilnehmenden Händlern und Marktbeschickern. Info e.V. Projektname Lieferservice per Lastenrad infur te r L an d Bundesland Nordrhein-Westfalen Für insgesamt rund zehn Stunden in der Woche ist der Fahrer für Lieferungen unterwegs. Damit er dabei gut vorankommt, hat das Rad einen elektrischen Antrieb. Der Strom kommt von der Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Kaffeerösterei. Beim Lastenrad selbst handelt es sich um eine Einzelanfertigung eines lokalen Radhändlers mit einer übergroßen Transportbox, auf der die teilnehmenden Händler werben können. Projekt trägt sich selbst Dank seines Erfolgs strahlt das Projekt auch über die städtischen Grenzen hinaus. So war die LAG Steinfurt mit dem Rad schon auf dem Markt der Regionen in Münster und bei einer gemeinsamen Website https://die-steinfurter.de/LieferserviceLastenrad mb H ; L K a ter G Projektträger Kaffee Kater GmbH Kaf fee Die meisten der Besteller sind Stammkunden und ordern stets dieselben Artikel – vor allem Gemüse und Kaffee. Zu ihnen gehört auch die Lokale Aktionsgruppe (LAG) Steinfurt selbst. Fo to s : Kosten rd. 15 300 Euro, davon gefördert: rd. 9 900 Euro (LEADER) AG St e LEADER-Region Steinfurter Land LEADER-Veranstaltung des Steinfurter und Tecklenburger Lands unterwegs. Seit Abschluss der Förderung im Mai 2019 trägt sich das Projekt über einen Lieferbeitrag der Händlerschaft selbst – 15 Händler beteiligen sich bis heute. Einige andere sind nach Ende der Förderzeit abgesprungen, da sie sich nicht an den Lohnkosten für den Fahrer beteiligen konnten oder wollten. Trotzdem ist das Rad weiterhin gut ausgelastet. Für die Grundlast sorgte anfangs übrigens ein lokaler Getränkehändler. Er bekam so viele Anfragen, dass er sich schließlich ein eigenes Lastenrad angeschafft hat. 31 Der mobile Dorfladen fährt 33 Ortsteile an. Einkaufen im rollenden Supermarkt Ein mobiler Dorfladen versorgt im bayerischen Landkreis Tirschenreuth auch die kleinsten Dörfer mit Lebensmitteln. Möglich macht das die langjährige und gut funktionierende interkommunale Zusammenarbeit. Seit 2005 hat Tirschenreuth mehr als 28 Prozent seiner Lebensmittelgeschäfte verloren. Hinzu kommt: Der Landkreis im Nordosten Bayerns wird älter und bevölkerungsärmer. In den 17 Gemeinden des Kommunalen Zweckverbands Steinwald-Allianz leben in vielen Ortsteilen weniger als 50 Menschen. In den meisten gibt es keine Nahversorgung mehr. Die Herausforderungen der demografischen Entwicklung sind somit spürbar – und werden im Landkreis interkommunal angepackt: Gemeinsam entwickelten die Kommunen der ILE-Region Steinwald-Allianz im Jahr 2015 die Idee für einen mobilen Bauernmarkt. Damit wollen sie die Lebensqualität durch mehr Nahversorgung steigern, die regionale Kreislaufwirtschaft stärken und digitale Services erproben. Bahn frei für den fahrenden Laden Das Grundkonzept: ein Verkaufsfahrzeug, das mit dem kompletten Sortiment eines Dorfladens die 32 GEMEINSAM STARK SEIN kleinsten, unversorgten Orte anfährt und auf seiner Tour auch Produkte regionaler Erzeuger aufnimmt. Damit bewarb sich der Zweckverband 2016 beim Wettbewerb „Digitales Dorf“ der Bayerischen Staatsregierung – mit Erfolg. Er gründete daraufhin die Steinwald Dorfladen GmbH mit dem ILE-Management als Geschäftsführung und setzt das Projekt gemeinsam mit Wissenschaftlern der Fraunhofer-Gesellschaft um. Dazu kam motorisierte Unterstützung: Die Firma MAN bot einen umgebauten LKW zum Leasing an. Das Fahrzeug wurde für die Einhaltung der Kühlketten und die Anbindung an einen Online-Shop auch digital ausgestattet: Ein Router im Lastwagen sendet alle fünf Minuten Daten an einen Server der Geschäftsstelle. Damit kann künftig der an ein Warenwirtschaftssystem angeschlossene Online-Shop betrieben werden. Weiterhin verbauten die Wissenschaftler der Fraunhofer-Gesellschaft Messgeräte, mit denen die Kühl- und Energietechnik fernüberwacht werden können. Seit August 2018 fährt der mobile Dorfladen mit rund 400 Artikeln auf 17 Quadratmetern Verkaufsfläche 33 Ortschaften an. An sechs Tagen in der Woche finden die Menschen hier alles für den täglichen Bedarf: Obst und Gemüse, Backwaren, Fleisch von der regionalen Erzeugergemeinschaft, Mehl von zwei Ge- Das Team des Mobilen Dorfladens wirbt mit Flyern für die rund 400 Artikel auf 17 Quadratmetern Verkaufsfläche. Zum einjährigen Jubiläum kam eine Fair-Trade-Ecke hinzu. Seit Beginn der Corona-Krise nutzen immer mehr Dorfbewohner das Angebot des Mobilen Dorfladens. treidemühlen, Öle und Gewürze, aber auch Drogeriebedarf, Haushaltswaren, Tierfutter und ein kleines Getränkesortiment. Zusätzlich werden Bargeldabhebung und eine Lotto-Annahmestelle geboten. Kundinnen und Kunden können die Waren im Wagen kaufen und bald auch vorab im Online-Shop bestellen, bezahlen und dann fertig zusammengepackt am LKW abholen. Unter den neuen Voraussetzungen bewährt Projektname Mobiler Dorfladen in der Steinwald-Allianz Bundesland Bayern Projektträger Kommunaler Zweckverband Steinwald-Allianz Website www.steinwald-dorfladen.de ar tin S ianz ; M ald-All Kosten rd. 570 000 Euro, davon gefördert: 400 000 Euro (Digitales Dorf/Bayerische Staatsregierung) chmid ILE-Region Steinwald-Allianz Steinw Künftig möchte die Steinwald-Allianz das Modell des mobilen Dorfladens erweitern. An den Halteorten soll bald auch eine Haustürlieferung mit Abstellort möglich sein, um mehr Kunden zu erreichen und Umsätze zu steigern. Seit Dezember 2019 fährt der LKW außerdem zwei Seniorenheime an. Dort wird er zum zusätzlichen sozialen Treffpunkt und bietet die Möglichkeit, sich selbstbestimmt die eine oder andere Kleinigkeit zu gönnen. Info Fo to s : Viele der angebotenen Waren kommen aus der näheren Umgebung. Knapp 30 regionale Landwirte und Verarbeiter sind als Partner gelistet. Die Vorteile dieser regionalen Zusammenarbeit wurden vor allem deutlich, seit sich das Coronavirus verbreitet hat: Kurze Wege wirken Lieferengpässen entgegen, die regionalen Wertschöpfungsketten reduzieren die Krisenanfälligkeit einer Region. Doch es ist nicht einfach, diese regionalen Erzeugnisse rechtssicher im Online-Shop darzustellen: Für alle Lebensmittel etwa braucht es Nährwertangaben – eine große Herausforderung für die kleinen Handwerksbetriebe. 33 Die radelnden Reporter von Klein Skandinavien Um seiner Gemeinde wieder mehr Selbstbewusstsein zu verschaffen, produziert ein kleines Redaktionsteam eine wöchentliche Nachrichtenshow: mit Smartphone, Charme und Schokolade. Die Gemeinde Eschede im Naturpark Südheide steckt seit Jahrzehnten in einer Strukturkrise. Sie liegt in der schon immer dünn besiedelten Heideregion, die nicht nur optisch an Skandinavien erinnert und eher geringe Wirtschaftskraft aufweist. Viele der 5 800 Bewohner sehen sich im regionalen Kontext als Verlierer, besonders nach der Schließung der Oberschule und ständigen Medienberichten über einen „braunen Fleck“: Auf einem Resthof an der Peripherie der Gemeinde befindet sich ein NPDZentrum. Vor diesem Hintergrund entstand 2016 die überparteiliche Bürger- und Wählerinitiative BÜFE (Bürger für Eschede). Eines ihrer Kernziele ist es, das angeknackste Selbstbewusstsein der Kommune zu stärken und offensiv mit strukturellen Schwächen umzugehen. Zudem engagieren sich Vertreter der Initiative auch in den Gremien der ILE-Region und tauschen sich regelmäßig mit dem Regionalmanagement aus. Gemeinsam stellen die 65 Unterstützerinnen und Unterstützer ein ganzes Bündel an Veranstaltungen auf die Beine. Diese sollen den Menschen der Region Mut machen und mehr Zusammenhalt schaffen – vom Hoftheater über Open-Air-Kino, Events in leerstehenden Läden bis hin zum Dorf-Talk. Letzteres sind lockere Interview-Runden mit Menschen, die viel erlebt und viel zu erzählen haben. So berichtete etwa ein junger Start-up-Gründer von seinen Begegnungen mit Angela Merkel und Bill Gates. Digitale News statt fehlender Infos Eine zentrale Schwachstelle vieler ländlicher Kommunen: die wachsenden Informations- und Kommunikationsdefizite im dörflichen Alltag. Den lokalen Printmedien laufen Leser und Abonnenten weg. Junge Leute holen sich kostenlose Infos aus den sozialen Medien. Mit „Moin ESCHEDE! – Die Wochenschau aus Klein Skandinavien“ nahm sich das BÜFE-Team ehrenamtlich dem Thema an und Die Video-Show „Moin ESCHEDE!“ berichtet wöchentlich über Ereignisse und Menschen in Eschede. 34 GEMEINSAM STARK SEIN Im Einsatz mit Handy-Kamera und Mikrofon: Die Reporter begleiten einen Flashmob der örtlichen Geschäftsleute. Ein Merci für gute Geister Wenige Wochen vor Ausbruch der Pandemie setzte die Neujahrs-Ausgabe 2020 der Wochenschau Maßstäbe mit einer „Merci“-Aktion für die lokalen Helden des Alltags: In Arztpraxen, Geschäften oder Handwerksbetrieben tauchte die Redaktion spontan auf, um den guten Geistern der Region mit Schokoriegeln Danke zu sagen. Gerade unter den Restriktionen der Corona-Zeiten konnte sich die Wochenschau bewähren – als lokales, nicht-kommerzielles Leitmedium mit kurzem Draht zu Rathaus, öffentlichen Institutionen, den Geschäftsleuten und örtlichen Akteuren. Technisch beschränkt sich das mobile ProduktionsEquipment auf wenige Alltagsdinge: zwei Smartphones mit guten Kameras, leichte Stative, ein Ansteckmikrofon mit Windschutz und das simple Die drei ehrenamtlichen Reporter kennen Land und Leute in Eschede. Video-Schnittprogramm Adobe Rush. Gearbeitet wird unterwegs auf dem Tablet oder im Home­ office. Demnächst besteht aber die Chance, das Studio eines frisch angesiedelten Musikproduzenten temporär mitzubenutzen. Zu komplexeren lokalen Themen ist zusätzlich ein Podcast in Planung. Info Projektname Moin ESCHEDE! – Die Wochenschau aus Klein Skandinavien Bundesland Niedersachsen ILE-Region Lachte-Lutter-Oker Kosten keine Projektträger Bürgerinitiative „Bürger für Eschede“ (BÜFE) Website www.buefe.com Fotos: BÜFE Eschede startete einen Video-Nachrichtenkanal. Das digitale Experiment wurde schnell populär – mit 1 200 bis 1 800 regelmäßigen Usern bei Facebook, YouTube und auf der Website. In den Video-Beiträgen – meist eine Collage aus Bildern, gefilmten Sequenzen und Infografiken – spiegelt sich das dörfliche Leben facettenreich und oft genug auch augenzwinkernd. Die im Kern dreiköpfige Redaktion lebt von Zuträgern aus den Vereinen und allen gesellschaftlichen Schichten. Die drei sind oft als radelnde Reporter unterwegs und kennen Land und Leute. Vieles passiert auf Zuruf: Wenn der örtliche Sportverein inmitten der Corona-Pandemie einen 90. Geburtstag mittels Autokonvoi feiert, ist schnell jemand vor Ort, um die bewegenden Bilder einzufangen. 35 Enthusiasmus für Regionalität Der MarktTreff im Dorf Beidenfleth setzt auf Regionalität, digitale Kommunikation und bürgerschaftliches Engagement. Ein Erfolgsrezept. Einkaufen, Klönen, Dienstleistungen und ehrenamtliches Engagement: Das alles bieten die MarktTreffs in Schleswig-Holstein. Im 850-Seelen-Dorf Beidenfleth, das nördlich von Hamburg in der ländlich geprägten Wilstermarsch liegt, gibt es einen solchen Dorfladen seit 2006. Nach der Schließung des örtlichen Lebensmittelladens setzte die Gemeinde ihn damals mit einer LEADER-Förderung um. 2017 gewann sie mit Andreas Eckelmann einen Supermarktleiter aus dem eigenen Dorf, der buchstäblich neuen Wind in den Laden brachte: Er setzt auf Regionalität, digitale Kommunikation und bürgerschaftliches Engagement. Eine Extrawurst fürs Dorf Vor allem werden Lebensmittel vermarktet, die oft in der direkten Nachbarschaft in kleineren Familienbetrieben und teilweise auf den Höfen selbst produziert werden. Über 20 lokale Produzenten aus einem Umkreis von knapp zehn Kilometern versor- gen das Dorf mit mehr als 200 Artikeln. Darunter Brot und Brötchen von der Dorfbäckerei, Gemüse und Fisch aus Glückstadt, Schweinefleisch von Landschlachtereien, Rindfleisch von Dorfrindern, Obst von regionalen Bauern und Eier vom Elbdeich sowie unzählige Eissorten vom regionalen Milchbetrieb. Einige Produkte werden sogar ausschließlich für den MarktTreff produziert: Ein benachbarter Dorfschlachter erfand extra die Wurst „Beidenflether“. Neben Lebensmitteln bietet der MarktTreff auch ein Frühstückangebot, Getränke auf Kommission, Lotto, einen Paket-Shop und Briefmarken. Mit dem Supermarkt in Wilster gibt es eine Belieferungskooperation. 2008 wurde der MarktTreff mithilfe von GAK-Mitteln um eine Physiotherapie-Praxis sowie eine Sozialstation erweitert, die zusammen den GesundheitsTreff ergeben. Im Oktober 2019 schaffte Eckelmann außerdem einen Defibrillator für die Dorfgemeinschaft an. Für weitere Treffpunkte wurden ein kleiner Wintergarten mit Cafeteria gebaut und ein Mehrzweckraum renoviert, in dem sich regelmäßig Handarbeitsgruppen treffen. Die Veröffentlichung der wöchentlichen WerbeBlättchen für den MarktTreff erfolgt – ebenso wie Auf die Helfer vom MarktTreff ist Verlass: In der Corona-Krise beliefern sie Senioren mit Lebensmitteln aus dem Laden. 36 GEMEINSAM STARK SEIN 22 Bäcker haben sich zu den „Allgäuer Bäckern“ zusammengeschlossen, um ihr Handwerk zukunftsfähig zu gestalten. Der MarktTreff wurde mittlerweile mit einer Physiotherapie-Praxis, Sozialstation, Cafeteria und einem Mehrzweckraum erweitert – und ist zum zentralen Treffpunkt im Dorf geworden. Ehrenamtliche packen an So kann der Ort optimal versorgt werden. Die regionalen Spezialitäten sichern die Rentabilität, erhöhen die regionale Wertschöpfung und geben dem Markt ein Alleinstellungsmerkmal. Ein zehnköpfiger ehrenamtlicher Helferkreis sowie die Online-Kommunikation sorgen dafür, dass der MarktTreff in aller Munde bleibt. Die Helfer packen aber auch an anderer Stelle an: So bringen sie auf der Rückfahrt von ihrer Arbeit die regionalen Produkte für den MarktTreff direkt von den Produzenten mit. In der aktuellen Corona-Situation versorgen sie zudem gezielt Senioren. Finanziell steht der MarktTreff inzwischen auf eigenen Beinen. Entschei- dend für die positive Entwicklung war, dass Ehrenamtliche das Konzept gemeinsam mit dem Betreiber gestalteten und die Gemeinde das Projekt unbürokratisch unterstütze. Und mit Andreas Eckelmann hat das Dorf einen Enthusiasten für Regionalität und Dorfgemeinschaft gefunden: „Mir wurde recht schnell klar, dass neben einem Ideen-Austausch vor allem ‚machen‘ nötig ist – und ‚gemacht‘ habe ich immer schon gerne!“ Info Projektname MarktTreff Beidenfleth – Grundversorgung und Ortstreff mit Herz und Handy Bundesland Schleswig-Holstein LEADER-Region AktivRegion Steinburg Kosten 400 000 Euro, davon gefördert: 173 350 Euro (LEADER) und 9 252 Euro (GAK) Projektträger Gemeinde Beidenfleth Website www.markttreff-sh.de/de/markttreff-beidenfleth Fotos: Ingwer Seelhoff, ews group GmbH; Lena Eckelmann; Sabine Kolz die Bestellung von Waren – über WhatsApp oder Facebook. Dies spart Kosten und erreicht auch die Menschen auf den weit verstreuten Höfen in der Wilstermarsch. Der digitale Flyer weist neben aktuellen Angeboten auch auf die Müllabfuhr, anstehende Veranstaltungen, Fährzeiten, Flohmarkt, Blutspenden, Bürgermeistersprechstunden oder Gottesdienste hin. Für Bestellungen können Kunden ihren Einkaufszettel einfach über WhatsApp oder Facebook auf das MarktTreff-Handy senden. Das MarktTreff-Team verpackt den Einkauf, stellt ihn zur Abholung im Markt bereit – und liefert auf Wunsch sogar bis vor die Haustür. 37 Damit mehr Thüringen im Regal steht Die volle Auswahl an Produkten aus ihrem Bundesland finden Thüringer nun in ausgewiesenen Regalen im Einzelhandel. Das schafft mehr Bewusstsein für regionale Produkte – und neue Chancen für kleine Unternehmen vor Ort. Wer im Thüringer Lebensmitteleinzelhandel Produkte aus Thüringen sucht, wird nur selten fündig – und das obwohl immer mehr Kunden regional einkaufen wollen und auch der Handel die Nachfrage erkannt hat. Um zu erreichen, dass mehr Erzeugnisse aus Thüringen auch in Thüringen gekauft werden können, entwickelten Akteure aus Handel und Erzeugung – darunter der wirtschaftliche Verein Thüringer Ökoflur Naturfrucht w.V. – die Idee des Thüringenregals: eine physische Verkaufsplattform, in der nur Thüringer Qualitätsprodukte stehen, und die sowohl in kleine Läden wie Bäcker oder Fleischer als auch in die Konzepte der größeren Lebensmitteleinzelhändler wie etwa REWE integriert werden kann. An dem Projekt sind neben zwei großen Supermarktketten auch regionale Betriebe und Handelsunternehmen, Verbände und viele andere Engagierte beteiligt. Gemeinsam auf der Suche nach Antworten Um die Idee zu realisieren, wurde mittels LEADER zunächst eine Machbarkeitsstudie erstellt. Diese lief von Oktober 2018 bis September 2019 und sollte 38 GEMEINSAM STARK SEIN klären, wie Produkte aus Thüringen leichter in den Handel gelangen können. In diesem Zusammenhang mussten Fragen geklärt werden, beispielsweise: Wie können Lieferketten aufgebaut und Fahrtwege optimiert werden? Wer kann die Lieferung koordinieren oder wie lassen sich Produkte einheitlich vermarkten? Um Antworten zu finden, wurden Workshops und Expertengespräche im ganzen Bundesland durchgeführt. Eine Vielzahl an Akteuren nahm teil: Neben Erzeugern und Vertretern des Handels waren darunter auch Interessierte aus Bevölkerung, Politik, Verwaltung, Verbänden, Logistik sowie aus der Werbung. Vor zwei großen Herausforderungen standen die Initiatoren und ihre Partner bei der Umsetzung: Sie mussten eine tragfähige Logistik aufbauen und die Qualitätskriterien für regionale oder handwerkliche Produkte wahren. Ein Erfolg war es daher, die FRIEKO Feinkost Großhandel GmbH als Logistikpartner zu gewinnen. Der Zentrallogistiker übernimmt den Produktan- und -verkauf, die Kommissionierung, Distribution, Rechnungslegung und Fahrtleistung. In einem Nachfolgeprojekt entstand zudem eine Open-Source-Softwarearchitektur für die kleinteilige Streckenlogistik. Vor Ort gestaltet und gezimmert 2020 startete ein erster Versuch in einem GLOBUSMarkt in Erfurt, seit 2021 steht das Thüringenregal flächendeckend in den Läden: Mehrere Märkte der Ketten REWE und GLOBUS, Hof- und Bioläden sowie zahlreiche Bäcker und Fleischer werden beliefert. Damit Kunden die Regale überall schnell wiedererkennen, haben sich die Partner auf einen gemeinsamen Markenauftritt geeinigt. Dazu gehören auch eigens gebaute Regale, gestaltet vom Thüringer Atelier Papenfuß und hergestellt durch die Lebenshilfe Rudolstadt. Eine Vermarktungsgesellschaft Seit 2021 finden die Thüringer Qualitäts­ produkte aus ihrem Bundesland im einheitlich gestalteten Thüringen-Regal – sowohl in kleinen Läden als auch in großen Supermarktketten. deckt das Handelsgeschehen ab und ein Regionalbündnis e.V. agiert als Lizenzgeber und Qualitätswächter. Durch die Entwicklung des Thüringenregals ist ein starkes Netzwerk aus regionalen Akteuren entstanden. Erfolgsfaktor sind dabei vor allem kleine und flexible Unternehmen aus Thüringen, die – vernetzt über eine digitale Plattform – die Logistik zusammen mit den großen Partnern stemmen. Ferner stärkt das Projekt auch kleinere Läden wie Bäckereien und hilft ihnen, ihren Kunden mehr Abwechslung zu bieten. Schlussendlich sind es auch die Thüringer selbst, die durch einen einfachen Griff ins Regal neue Produkte aus ihrem Land kennen und schätzen lernen. Info Projektname Thüringenregal – Regionale Produkte im Einzelhandel Bundesland Thüringen LEADER-Region RAG Gotha-Ilm-Kreis-Erfurt Kosten 64 600 Euro, davon gefördert: rd. 42 000 Euro (LEADER) Projektträger Thüringer Ökoflur Naturfrucht w.V. Website www.thueringenregional.de Fotos: Thüringer Tourismus GmbH, Anja Krause 39 Ohne Hürden ins Grüne Über eine Fußgängerbrücke kommen Bewohner und Besucher eines inklusiven Bauernhofs einfacher zueinander. Das stärkt die Inklusion in der Region und schafft neue Erlebnisse auf beiden Flussseiten. Der Marienhof ist der Öko-Bauernhof der Evangelischen Stiftung Neinstedt. Er liegt am Ortsrand des inklusiven Dorfes Neinstedt und bietet auch einen Wohnbereich für Menschen mit Behinderung. Sie arbeiten zum Teil als Beschäftigte der Werkstatt für Eine neue barrierefreie Fußgängerbrücke hat den Marienhof im Harz als inklusiven, generationenübergreifenden Treffpunkt gestärkt. Menschen mit Behinderung. In der direkten Nachbarschaft des Bauernhofs, am anderen Ufer der Bode, beginnt das Naturschutz- und Wandergebiet Teufelsmauer. Dieses konnten die Bewohner des Orts nur über eine viel befahrene, schmale Brücke erreichen. Der kaum ausgebildete Fußweg mit hoher Bordsteinkante bedeutete eine zusätzliche Hürde, gerade für Menschen mit Behinderung – und machte den Weg in das Naturgebiet nicht nur beschwerlich, sondern auch gefährlich. Bei einem Brainstorming entwickelte das MarienhofTeam die Idee, eine neue barrierefreie Fußgänger- 40 GEMEINSAM STARK SEIN brücke zu bauen: mit sehr großer Spannbreite und nur wenig Steigung. Sie wurde zu einem der Hauptziele, um den Hof strategisch weiterzuentwickeln. Er sollte als inklusiver, generationsübergreifender Treffpunkt gestärkt werden. Auch Touristen sollten stärker an die Inklusion sowie an nachhaltige, ökologische Land- und Viehwirtschaft herangeführt werden. Zudem war es dem Team ein Anliegen, im Marienhof Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung zu schaffen und nachhaltig zu sichern. Neue Wege, auch für Wanderer Die Projektumsetzung erfolgte von August 2017 bis Oktober 2018. In Zusammenarbeit mit einem Brückenbauunternehmen aus der Region wurde das Bauwerk geplant und gebaut. Neben dem anspruchsvollen Prüf- und Bewilligungsprozess führte auch die angespannte wirtschaftliche Situation eines Unternehmens zwischenzeitlich zu Herausforderungen. Doch die Mühe hat sich gelohnt: Neben dem Naturschutzgebiet ist nun auch der Marienhof selbst besser erreichbar, etwa für Wandertouristen. Ihnen bieten der neue, größere Hofladen und ein Hofcafé mit eigener Bäckerei viele leckere Stärkungen für Was in der Bäckerei und Landwirtschaft ­ roduziert wird, steht später im Hofladen oder p Café zum Verkauf. Menschen mit und ohne Behinderung arbeiten auf dem Marienhof in der Landwirtschaft, Gärtnerei, Landschaftspflege, im Hofladen oder der Bäckerei. den nächsten Aufstieg: vom erfrischenden Glas Apfelsaft bis zu vielen handwerklich hergestellten Backwaren. Für Besucher wie Bewohner entstand so ein Treff- und Begegnungsort, der auch Berührungsängste abbaut. Zusätzlich wurde die Nahversorgung in der ländlichen Harzregion verbessert. Die neue Fußgängerbrücke trug dazu bei, Gemeinschaftsgefühl und Inklusion im Dorf und in der Region zu stärken. Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen sind im Marienhof tätig, gestalten das Leben am Hof mit und können diesen auch in ihrer Freizeit besuchen. Dieser Erfolg inspirierte Folgeprojekte wie eine Imkerei, eine mobile Mosterei und den Anbau von Gemüse für den Hofladen sowie für andere kleine Geschäfte in der Region. Viel Raum zum Spielen Die Marienbrücke verbindet den Hof mit dem Naturschutzgebiet Teufelsmauer und öffnet ihn dadurch für Wandertouristen. Neben vielen Leckereien gibt es auf dem Hof immer etwas zu erleben: Am Holzbackofen auf der Außenterrasse können Interessierte den Profibäckern bei der Arbeit zuschauen. Auch das Streichelgehege mit Eseln und Ziegen ist bei Projektname kleinen und großen Besuchern beAusflugsziel Marienhof an der Teufelsmauer – liebt. Mit dem ersten Abschnitt der Fußgängerbrücke über die Bode inklusiven, generationsübergreifenden Naturerlebnisspiellandschaft Bundesland Engelsmühle entstehen derzeit Sachsen-Anhalt Stationen, die mit Tante-Emma-Laden oder Tierklinik in Miniaturform LEADER-Region die Fantasie beflügeln. Auch das Nordharz nächste Vorhaben hat das Team bereits angestoßen: Durch einen Kosten Ausbau des Dachgeschosses soll rd. 728 300 Euro, davon gefördert: 350 000 Euro (LEADER) über dem Hofladen ein Raum der Begegnung entstehen. Dank Projektträger eines Aufzugs ist auch dieser Evangelische Stiftung Neinstedt allen zugänglich – und wird so zu einem weiteren inklusiven Treffpunkt. Info Fotos: hertel design; Evangelische Stiftung Neinstedt / Werkstatt für Menschen mit Behinderung; Andreas Kilkis, Gerd Wahl, Matthias Weisheit 41 Gemeinsam bekannter werden In Niedersachsen will ein Netzwerk die Direktvermarkter stärken. Gemeinsam schaffen sich die beteiligten Betriebe eine größere Bühne und verkaufen auch schon mal die Produkte des jeweils anderen. Honig aus Dinklar, Milch aus Ilde, Eier aus Upstedt und Schinken aus Mahlum – alles vor Ort produziert und von den Höfen aus an die Kunden verkauft: Seit Jahren schon gibt es viele Direktvermarkter im Kreis Hildesheim. Über ihre Dörfer hinaus sind sie aber oft wenig bekannt. Das „Netzwerk Hofladen“ möchte das ändern, indem es regionale Produzenten aus Bad Salzdetfurth, Bockenem, Holle und Schellerten zusammenbringt. Die Idee dazu entstand im August 2016 in der Lenkungsgruppe der ILE-Region nette innerste. Schnell bildete sich eine Projektgruppe aus Vertretern der Mitgliedsgemeinden sowie ehrenamtlich Engagierten. Das Regionalmanagement der ILE-Region führt die Projektgruppe an, betreut das Netzwerk und ist für die Administration der digitalen Übersichtskarte verantwortlich. Alle auf einer Karte Doch wie groß wäre überhaupt das Interesse daran, sich gemeinsam mit anderen Direktvermarktern zu präsentieren? Um das herauszufinden, lud das Projektteam 2017 nach intensiver Recherche und Kontaktarbeit regionale Betriebe und weitere Vermarkter zu einem ersten Netzwerktreffen ein. 20 Direktvermarkter landwirtschaftlicher Erzeugnisse waren sofort dabei. Ihre Produktpalette reicht vom Ziegenund Schafskäse über Fleisch- und Wurstspezialitäten, Nudeln, Eier, Joghurt, Gemüse und Fisch bis hin zu Bier und Spirituosen. 2018 folgte ein zweites Treffen. Bald waren auch Betreiber von Hofcafés beteiligt, später kamen Imker und Wochenmärkte dazu. Aktuell zählt das Netzwerk 27 Beteiligte. Sie alle sind auf einer interaktiven Karte auf der Website der Region nette innerste zu finden – mit Informationen zu Betrieb, Standort, Produkten und Kontakt. Perspektivisch sollen die Anbieter auch in einer neuen Regions-App auf- Ob Hofcafé oder Brauerei: Alle teilnehmenden Betriebe sind sowohl digital in einer Übersichtskarte als auch in einem Flyer vermerkt. 42 GEMEINSAM STARK SEIN 27 Anbieter zählt das DirektvermarkterNetzwerk im Kreis Hildesheim – darunter auch Hofbackstuben und -läden. Mehr Aufmerksamkeit durch Kooperationen gelistet werden, die derzeit entwickelt wird und das touristische sowie gastronomische Angebot der Region abbilden soll. Zusätzlich wirbt das Netzwerk mit einem achtseitigen Flyer für die beteiligten Betriebe. Die Erstauflage finanzierten die Mitgliedsgemeinden der ILE-Region. Inzwischen liegt der Flyer in zweiter Auflage in den teilnehmenden Hofläden und -cafés sowie in den Rathäusern und TouristenInformationen aus. Die Kombination aus Flyern und digitaler Übersicht erreicht sowohl Naherholungssuchende als auch die regionale Bevölkerung. Das Angebot ist inzwischen so beliebt, dass einige Betriebe bereits ihre Kapazitätsgrenzen erreichen: Von der erhöhten Nachfrage ihres Angebots – gerade nach Veröffentlichung des Flyers – waren sie positiv überrascht. Sie meldeten jedoch auch zurück, dass es für sie personell und zeitlich nur schwer möglich sei, ihr Angebot in der Menge aufzustocken. Es galt, die Menschen dafür zu sensibilisieren, dass das regionale Warenangebot begrenzt ist, ohne sie als Neukunden direkt wieder zu verlieren. Das „Netzwerk Hofladen“ führt die Beteiligten auch mit weiteren regionalen Initiativen, Projekten und Angeboten zusammen. So ergab sich eine Kooperation mit dem ADFC Hildesheim, der bei geführten Fahrradtouren Stopps auf den Höfen der Region einplant – mitsamt einer Hofführung sowie Kaffee und Kuchen im Hofcafé. Eine dieser Touren gab es bereits, eine zweite wurde wegen Corona abgesagt. Darüber hinaus ergab sich, dass die Produzenten auch Waren anderer in ihr Sortiment aufnehmen. Die Manufaktur Schünemann etwa bietet auf Wochenmärkten neben den eigenen Eiern und Honig auch Waren anderer Betriebe an: Donnerstags steht sie mit dem Wagen auf den Märkten in Bad Salzdetfurth Projektname und Lampspringe. Hier Direktvermarkter in und um die Region kauft Betreiber Stefan nette innerste Schünemann abends nach Möglichkeit Bundesland die übriggebliebeNiedersachsen ne Ware anderer Marktbeschicker ILE-Region auf und verkauft nette innerste sie am Freitag auf dem Markt Kosten in Nette weiter. 1 669 Euro, keine Förderung So erweitert er sein Sortiment – Projektträger und bietet den ILE-Region nette innerste Kollegen eine zusätzliche Website Plattform. https://nette-innerste.de/projekte/hofladen Info Fotos: Anke Bodenburg; B. Ziemann, Stadt Bad Salzdetfurth; Hofbackstube Kammann/Gabriele Kammann; Heinder Naturtrüb GbR 43 Zusammen mit einer Animationsgrafikerin hat der Verein ein Erklärvideo für die belebte Verteilstation erstellt. Gut vernetzt, gut versorgt Der Verein Allmende Taucha will mithilfe Solidarischer Landwirtschaft nachbarschaftlichen Austausch ermöglichen. Dafür verwandeln die Mitglieder Verteilstationen in lebendige Begegnungsorte. In der Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) tun sich Landwirte und Verbraucher zusammen: Die Verbraucher zahlen einen festen Beitrag und erhalten im Gegenzug Anteile der landwirtschaftlichen Ernte. In Verteilstationen können sie sich ihren Anteil nach dem Vertrauensprinzip abholen. In vielen Städten sind diese Verteilstationen schon zu Orten des nachbarschaftlichen Austauschs und der Begegnung geworden. Doch ist so etwas auch im ländlichen Raum möglich? Gerade hier wird die Nahversorgung häufig zum Problem – und mit Geschäftsschließungen gehen auch soziale Treffpunkte verloren. Das LEADER-geförderte Projekt des „Allmende Taucha e. V.“ setzt genau hier an – und will belebte Verteilstationen im Raum der Kleinstadt Taucha und dem Delitzscher Land etablieren. 44 GEMEINSAM STARK SEIN Gemeinsame Aktivitäten schaffen In der Gegend nordöstlich von Leipzig existieren auf kleinstem Raum fünf verschiedene Solawis, die kooperativ und dennoch eigenständig wirtschaften. Hier entwickelten sich selbstorganisierte Verbrauchergemeinschaften, die sich im Frühjahr 2019 im Verein Allmende Taucha zusammengeschlossen haben. Die Mitglieder wollen in den Verteilstationen Orte der Begegnung, Diskussion, Information und Nachbarschaft schaffen: mit regelmäßigen Veranstaltungen wie gemeinsamen Kochabenden, Workshops und Vernetzungstreffen, oder mit Flohmärkten und Ausflügen zu den Erzeugern. Seit der Gründung des Vereins ist viel passiert: Das Team baute eine Website, entwickelte ein Corporate Design und ein Konzept für die Öffentlichkeitsarbeit. Es organisierte Informationsveranstaltungen und rief einen Blog mit Wissenswertem zum Thema gesunder, lokaler Ernährung ins Leben. Hier stellen sich auch die direktvermarktenden und weiterverarbeitenden Betriebe aus der Region vor. Zusammen mit einer Animationsgrafikerin erstellten die Mitglieder außerdem ein Erklärvideo für die belebte Verteilstation; weitere Videos mit Luftaufnahmen von Betrieben und Interviews sollen folgen. Auch Informationsbroschüren sind in Arbeit. Die Verteilstationen sollen von mehreren Solawis und anderen direktvermarktenden und weiterverarbeitenden Betrieben beliefert werden. Letztendlich kommt es aber darauf an, wie viele Abnehmer sich finden, da sich für die Erzeuger die Anfahrt natürlich lohnen muss. Der Verein übernimmt nämlich weder die Lieferung noch die Öffentlichkeitsarbeit für die Direktvermarkter. Mit einer umfassenden Bedarfsanalyse möchten die Vereinsmitglieder deshalb im nächsten Schritt herausfinden, was die Menschen vor Ort sich wünschen: Welche lokalen Produkte sind interessant? Wie weit fahren sie normalerweise zum Einkaufsort? Und welche Öffnungszeiten könnten passen? Damit soll dann bald die erste belebte Verteilstation eröffnen – und Verbraucher wie Erzeuger zusammenbringen. Info Projektname Der Allmende Taucha e. V. zur Vernetzung von Direktvermarktern und insbesondere Solawis mit Konsumenten Bundesland Sachsen LEADER-Region Delitzscher Land Kosten rd. 273 760 Euro, davon gefördert: rd. 219 000 Euro (LEADER) Projektträger Allmende Taucha e. V. Website www.allmendeverein.de Fotos: Allmende Taucha e. V. Die Menschen mit ins Boot holen Das Team des Allmende Taucha e. V. Mitglieder einer Solawi beim Ernten von Salat. Später wird die Ernte zur Verteilstation gebracht. Gemüseabholung in einer Leipziger Verteilstation. Der Allmende Taucha e. V. setzt sich dafür ein, dass auch ländliche Verteilstationen zu belebten Treffpunkten werden. 45 Nachhaltig mobil bleiben Das Auto mit anderen teilen? Was derzeit auf dem Land noch oft ein Tabu ist, muss nicht immer eines bleiben. Das beweist ein Pilotprojekt zum E-Carsharing in der LEADER-Region Kulturlandschaft Ahaus-Heek-Legden. Ohne Auto kommt man in kleinen Dörfern und Gemeinden häufig nicht weit: Die Wege zum Einkaufen und zu ärztlichen Praxen, Schule, Arbeit, Sport- oder Freizeitangeboten sind mitunter lang, das Angebot an öffentlichem Personennahverkehr oder Bürgerbussen dürftig. Es ist daher nicht ungewöhnlich, dass es in vielen Haushalten genauso viele Autos wie Haushaltsmitglieder gibt. Dem will die Lokale Aktionsgruppe (LAG) Kulturlandschaft Ahaus-Heek-Legden (AHL) etwas entgegensetzen. Gemeinsam mit Partnern der regionalen Wirtschaftsförderung und den Ahauser Stadtwerken startete sie Anfang 2019 das Projekt „E-Carsharing AHL: Erneuerbare Elektromobilität für alle im ländlichen Raum“. Die Ziele: Für die Vorteile von Carsharing sensibilisieren, die Zahl der Zweit- oder Drittwagen reduzieren und Elektromobilität als praktische alternative Antriebstechnik in der Region vorantreiben. Denn nach wie vor unterliegen Elektroautos gängigen Vorurteilen. Und ein Auto mit vielen anderen Menschen zu teilen, ist bislang ebenfalls oft noch undenkbar. Pilotprojekt mit eigener App Um mit diesem Tabu zu brechen, arbeitet die LAG mit einem regionalen Autovermieter zusammen. Als Partner leaste dieser sieben E-Fahrzeuge und stellt sie dem Projekt zur Verfügung. Die Kosten werden über die Leihgebühren gedeckt, die für die jeweilige Nutzung anfallen. An sieben Standorten, verteilt auf alle drei Kommunen, stehen die Autos für alle Interessierten bereit. Das Mieten läuft über eine App, die mithilfe von Fördermitteln eigens für das Projekt entwickelt wurde. Vor allem in der Startphase hatte man dabei allerdings mit einigen technischen Problemen zu kämpfen. Heute läuft die App rund. Interessierte erstellen über sie ein Nutzungskonto, reservieren das ge- Sieben Elektroautos in drei Kommunen stehen inzwischen zur Miete zur Verfügung – bald sollen es noch mehr werden. 46 GEMEINSAM STARK SEIN Über eine App können die Nutzer das gewünschte Auto reservieren und entriegeln. Der Strom für die Elektroautos wird in einer regionalen Windenergieanlage erzeugt. Info Projektname E-Carsharing AHL: Erneuerbare Elektro­ mobilität für alle im ländlichen Raum Bundesland Nordrhein-Westfalen Website http://ecar-ahl.de Zum Umdenken bewegt Das Projekt kommt bei den Nutzerinnen und Nutzern in der Region gut an – das zeigt eine kürzlich durchgeführte Befragung. Etwa die Hälfte der Registrierten hatte sich an der Umfrage beteiligt. Für viele von ihnen kommt ein Elektroauto als nächstes eigenes Fahrzeug in Betracht. Einige von ihnen können sich inzwischen sogar vorstellen, ihren Zweitwagen abzuschaffen. ieterin te S chw ven t ; U Projektträger Lokale Aktionsgruppe Kulturlandschaft Ahaus-Heek-Legden planin Kosten rd. 76 800 Euro, davon gefördert: rd. 49 900 Euro (LEADER) Fo to s : wünschte Fahrzeug und entriegeln es mit ihrem Smartphone. Die Zahl der regelmäßigen Nutzerinnen und Nutzer steigt stetig – rund 260 sind es bisher. Bei Fragen können sie sich an die Projektkoordinatorin wenden. Seit 2019 betreut sie die Registrierten und kümmert sich um die technische wie logistische Abwicklung des E-Carsharing. Ihre Stelle wird ebenfalls über Fördermittel finanziert und ist bei der LAG als Arbeitgeber angedockt. g LEADER-Region Kulturlandschaft Ahaus-Heek-Legden Die Projektbeteiligten ziehen also eine positive Halbzeitbilanz und wollen im zweiten Projektjahr noch mehr E-Fahrzeuge anbieten. Außerdem soll es weitere Standorte für die Gemeinschaftsautos in den Dörfern geben. Der Strom für die Autos kommt übrigens direkt aus der Region: Die Stadtwerke speisen dazu den Strom ein, den die regionale Windenergiegenossenschaft erzeugt. Diese wurde 2016 ebenfalls über LEADER realisiert. 47 1. Platz Alle unter einem Dach 2008 schloss das letzte Lebensmittelgeschäft in Aidhausen. Seit Langem stand auch das ehemals größte Gasthaus im Ort leer. Grund genug für die Menschen in der Gemeinde, aktiv zu werden – und mit Dorfladen und Mehrgenerationenwerkstatt neue Treffpunkte zu schaffen. Nudeln vom Naturlandhof aus der Region kaufen, frühstücken oder mit den Kleinen zum Spielenachmittag: Im Dorfladen und in der Mehrgenerationenwerkstatt Aidhausen ist vieles möglich. Die Kombination aus Lebensmittelgeschäft, diversen Dienstleistungen und sozialem Treffpunkt kommt in der Gemeinde gut an. Der Dorfladen bietet eine breite Auswahl regionaler Produkte – und Der Dorfladen kooperiert mit zwei Bäckereien und einer Metzgerei. kooperiert dafür mit zwei regionalen Bäckereien, einer Metzgerei und weiteren Lieferanten aus dem Umland. Im selben Gebäude sind zudem ein Café, ein Lieferservice, eine Reinigungsannahme, Die Probleme selbst angepackt ein Paketshop und eine Bücherei mit Onlineausleihe untergebracht. Auch Ausstellungen, Vorträge und Die Idee entwickelten die Bürgerinnen und Bürger VHS-Kurse, Spielenachmittage und wöchentliche selbst: Denn neben der Nahversorgung fehlte es Seniorenessen stärken das Gemeinschaftsgefühl im ihnen auch an Begegnungsorten. Schon 2005 gab Ort. Zwanzig Ehrenamtliche stemmen das vielseitige es erste Arbeitskreise. Durch Workshops, Umfragen Angebot. und Informationsabende konkretisierte sich das Vorhaben. Nach einer Machbarkeitsstudie, einer schriftlichen Bürgerbefragung und mehreren Informationsveranstaltungen mit Interessierten aus der Gemeinde erfolgte 2009 die Entscheidung, das Projekt umzusetzen. In der Gründungsversammlung erklärten sich rund 50 Prozent der Aidhäuser Haushalte bereit, sich zu beteiligen: beim Dachdecken, Streichen oder finanziell. Nach einem Planungswettbewerb folgten rasch der Bau und die Ausstattung der Räumlichkeiten: Das alte Gasthaus in der Ortsmitte wurde abgerissen und ein neues Gebäude entstand. Im Erdgeschoss erstreckt sich der Dorfladen über 120 Quadratmeter, im Obergeschoss ist fast genau so viel Platz für die Mehrgenerationenwerkstatt (MGW). Mit einem großen Fest wurde im Juni 2011 beides eröffnet. Ein neuer Treffpunkt Seitdem ist in der Gemeinde ein neuer Lebensmittelpunkt entstanden. Sieben Frauen erhielten Ein Gebäude, zwei Nutzungen: das „Dorflädle“ im Erdund die Mehrgenerationenwerkstatt im Obergeschoss 48 GEMEINSAM STARK SEIN Treffpunkt für Jung und Alt: das Café im „Dorflädle“ als Kanal der Öffentlichkeitsarbeit. Zuletzt beispielsweise, um Saatgut zu verteilen oder neue Fördermittel für Privatpersonen bekannt zu machen. Längst hat sich gezeigt, dass die Menschen in Aidhausen den richtigen Riecher hatten: Dorfladen und Mehrgenerationenwerkstatt sind essenziell für die Daseinsvorsorge in der Gemeinde und für den gesamten westlichen Teil der ILE Hofheimer Land. Zudem war das Projekt Vorbild für weitere Dorfläden und Gemeinschaftshäuser in der Region. Bis heute sind mehr als die Hälfte der Haushalte Teilhaber des Dorfladens. Diese Beteiligung, ob finanziell oder durch persönliches Engagement, ist ganz klar der Schlüssel zum Erfolg dieses Projekts. Jeden Donnerstag in der Mehrgenerationenwerkstatt: gemeinsames Mittagessen für Senioren einen neuen Arbeitsplatz, zwei davon in Vollzeit. Sie führen mit einem ehrenamtlichen Beirat den Dorfladen. Gerade auch die vielen sozialen Angebote führen Menschen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Herkunft zusammen. Zudem war die MGW auch Koordinationspunkt für ein gemeinsames Konzept für Geflüchtete, das mit Unterstützung der Koordinationsstelle Neubürger gemeinsam von Bürgermeister, Gemeinderäten, Ehrenamtlichen und Geflüchteten umgesetzt wurde. Projektpartner waren unter anderem das Amt für Ländliche Entwicklung Unterfranken und die LEADER-Region Hassberge. Auch mit dem ILE-Management besteht eine enge Zusammenarbeit, beispielsweise wenn Exkursionsgruppen das Hofheimer Land besuchen. Ihnen dient der Dorfladen als Versorgungsstätte, Seminarraum – oder schlicht als Best-Practice-Beispiel. Darüber hinaus nutzt das ILE-Management den Dorfladen Info Projektname Dorfladen mit Mehrgenerationenwerkstatt Aidhausen Bundesland Bayern ILE-Region Gemeinde-Allianz Hofheimer Land Kosten rd. 400 000 Euro, davon gefördert: 136 500 Euro (Dorfentwicklungs­­programm) und 36 000 Euro (LEADER) Projektträger Gemeinde Aidhausen Website www. aidhausen.de/DE/Dorfladen-Aidhausen.html Fotos: Gemeinde Aidhausen; Gemeinde-Allianz Hofheimer Land 49 Alle Fäden in der Hand Unterschiedliche Produkte und Erzeugnisse aus der Region stehen in einer Markthalle in Dannenberg zum Verkauf. Um Angebot und Netzwerk auszubauen, wurde eine neue Stelle geschaffen. Zwischendrin ein Stück selbstgebackenen Kuchen genießen, auf einer Sitzbank der örtlichen Holzwerkstatt – umgeben von Bildern einer Künstlerin aus der Region: So macht Einkaufen Spaß. Mit dem Ziel, einen Ort für gut erreichbare Versorgung mit Marktcharakter zu schaffen, wurde 2013 die Regionale Markthalle in Dannenberg (Elbe) gegründet. Die Ladengemeinschaft regionaler Hersteller trieb anfangs federführend der Marketingverein ALMA „Alle machen Marketing“ e. V. voran. Seit Sommer 2018 betreibt die Landwirt-Familie Pröhl aus Deutsch Evern die Markthalle und beliefert sie mit Gemüse aus eigenem Anbau, Obst, Eingewecktem, einem saisonalen Mittagstisch und vielem mehr. Ein breites Netzwerk von anderen Herstellern aus dem Wendland und der Umgebung erweitert das Sortiment mit Brot- und Backwaren, Wurst und Fleisch, Honig, Tee, Gewürzen, Getränken, Produkten von Schaf und Alpaka sowie Kunsthandwerk. Bei der Sortimentsgestaltung legen die Betreiber Wert auf liebevoll und ehrlich hergestellte Erzeugnisse aus der Region sowie kleine Herstellerstrukturen. Etwa 20 Aussteller bieten in der Markthalle ihre Produkte aus dem Wendland an. Anlaufstelle für bestehende und neue Partner Um das Angebot der Markthalle bekannter zu machen und ihr Netzwerk zu erweitern, wurde im März 2018 eine auf zwei Jahre befristete LEADER-Projektstelle geschaffen. Fortan ist Projektmanagerin Anne Meyer Ansprechpartnerin für Hersteller, Kunden und Partner, zum Beispiel aus Tourismus und Gastronomie. Sie spricht potenzielle neue Aussteller für die Markthalle an, stellt das Konzept auf Netzwerkveranstaltungen vor und entwickelt neue Partnerschaften. So entstand – auch bedingt durch Corona – ein kostenloser Lieferdienst in und um Dannenberg, um Kunden mit frischen Lebensmitteln zu versorgen. Diese werden telefonisch bestellt und mit einem E-Bike oder einem MiniE-Auto vor die Haustür geliefert. Die Nachfrage nach regionalen Lebensmitteln ist groß. Künftig sollen die Lagerkapazitäten der Markthalle erweitert werden. 50 GEMEINSAM STARK SEIN Kaffee und Kuchen, Verkostungen und Veranstaltungen schaffen in der Markthalle ein besonderes Einkaufserlebnis. Dass die Nachfrage nach regionalen Produkten steigt, zeigt sich auch in Dannenberg. Um sie zu bedienen, ist geplant, die Lagerkapazitäten der Markthalle zukünftig mit einem Kühlhaus auszubauen. In Kooperation mit der benachbarten Gemeinde Jameln ist zudem geplant, dort zwei Lebensmittelautomaten aufzustellen und mit dem MarkthallenSortiment zu bestücken. Per 24/7-Direktvermarktung wird so Einheimischen und Touristen ein ländliches, ursprüngliches Einkaufserlebnis geboten, ohne dass Extrafahrten in die nächste Stadt nötig sind. Ein kostenloser Lieferdienst bringt Bestellungen an die Haustür. Auch die gezielte Vermarktung über Logo, Flyer, Website und Öffentlichkeitsarbeit verantwortet die Projektmanagerin. Ein Pop-up-Store in Hamburg-Altona machte zum Beispiel auch Großstädter auf die Markthalle aufmerksam. Für die etwa 20 Aussteller wird es daher noch attraktiver, eine Verkaufsfläche in der Halle zu betreiben. In manchen Fällen ersetzt diese sogar den eigenen Hofladen. Bei Verkostungen und Veranstaltungen wie dem Ostermarkt, dem Kartoffelsonntag oder der Langen Nacht der schönen Künste haben sie zudem Gelegenheit, entspannt mit Kunden ins Gespräch zu kommen. Wichtig ist, dass alle Aussteller mitmachen und erkennen, wie wertvoll ein eigener Werbeauftritt ist. Dafür braucht es viel Fingerspitzengefühl und Motivation. Info Projektname LEADER-Projektstelle: Vermarktung von regionalen Produkten und Aufbau eines Netzwerkes Bundesland Niedersachsen LEADER-Region Elbtalaue Kosten 114 220 Euro, davon gefördert: 60 190 Euro (LEADER) Projektträger Samtgemeinde Elbtalaue Website www.markthalle-dan.de Fotos: Rainer Erhard; Anne Meyer Regionale Produkte zum Erlebnis machen 51 Je mehr, desto besser Der neue Dorfladen in Schönstadt hat nicht nur ein Erfolgsgeheimnis, sondern viele: Aus dem ganzen Ort beteiligen sich Menschen mit unterschiedlichen Kompetenzen, um das Projekt voranzutreiben. Schon die Teilnahme am Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ im Jahr 2009 hat viele Aktive im Bioenergiedorf Schönstadt inspiriert, noch mehr für ihren Ort auf die Beine zu stellen. Ihr Wunsch: Ein geschäftiger Dorfmittelpunkt soll entstehen, der Schönstädter und Dorfnachbarn zum Einkaufen und Verweilen einlädt. Der alte Dorfladen musste bereits im Juni 2018 schließen. beispielsweise um das Thema regionale Lebensmittel zu besuchen. Bei der Planung und Beantragung der Fördermittel erhielt das Team Unterstützung durch die LEADERRegion Burgwald-Ederbergland, in deren Vorstand auch ein Mitglied der Arbeitsgruppe sitzt. Mit viel Begeisterung und wertvollem Einblick in die Förderlandschaft brachte sich das Regionalmanagement ein. Schließlich war es ein neues GAK-Förderangebot, das die Voraussetzungen schuf, das Vorhaben der Schönstädter umzusetzen. Sorgfältig und mit Bürgerbeteiligung geplant: der neue Dorfladen 52 Das ganze Dorf vor Ort Von 15 auf 252 Als passender Standort für einen Dorfladen war schnell eine Fläche gegenüber dem bestehenden Bürgerhaus identifiziert, in dem die Ortsvorsteherin ihre Sprechstunde hält und auch Sport- und Musikvereine ihre Treffen veranstalten. Ein Arbeitskreis aus mehr als 15 Bürgerinnen und Bürgern bereitete die Gründung einer Genossenschaft und ein Konzept vor: In den Regalen des Dorfladens soll sich ein Vollsortiment auch mit regionalen Produkten wie Backwaren, Wurst, Eiern und Honig finden. Der Laden soll den Menschen vor Ort noch mehr bieten: Künftig haben sie hier die Möglichkeit, Bargeld abzuheben, einen Lieferservice zu nutzen oder Veranstaltungen Der ursprünglich kleine Arbeitskreis wuchs rasch und im November 2018 wurden alle Schönstädter Bürger zu einer Info-Veranstaltung eingeladen. 2019 ging dann alles ganz schnell: Bereits im Februar wurde die Genossenschaft „Dorfladen Schönstadt“ mit knapp 130 Gründungsmitgliedern ins Leben gerufen. Im Juni 2020 konnte die errechnete notwendige Untergrenze von 300 Genossenschaftsanteilen bei aktuell 252 Genossen überschritten und das Baugrundstück gegenüber dem Bürgerhaus erworben werden. Im September 2019 wurde nach Eingang des Förderbescheids der Architekt beauftragt, die Eröffnung soll Ende Januar 2021 stattfinden. GEMEINSAM STARK SEIN Spatenstich für den Dorfladen Schönstadt Die Genossenschaft feiert mit den Bürgerinnen und Bürgern Fortschritte beim Dorfladen-Bau. Info elhelm Projektname Errichtung und Betrieb eines Dorfladens mit Café sen; Ja nek Ad Bundesland Hessen B er t ho St e f an Das Projekt hat viele aus Dorf und Region zusammengebracht: Mit unterschiedlichen Projektträger beruflichen Hintergründen und KompetenDorfladen Schönstadt eG zen bringen sich im Arbeitskreis Menschen ein, die oftmals noch nicht im Dorf Website engagiert waren – jetzt aber umso mehr https://dorfladen-schoenstadt.de Herzblut reinstecken. Ihnen allen ist es ein Anliegen, neue Angebote im Dorf zu etablieren. In Kleingruppen widmen sie sich Themen wie Sortimentsentwicklung, Innengestaltung, Personalmanagement und dem Cafébetrieb. Antworten auf Fragen zum Bau, wie Energieversorgung und Klimatisierung, werden aufwändig erarbeitet. Ro v e r ; Kosten rd. 1,2 Mio Euro, davon gefördert: rd. 500 000 Euro (GAK 9.0) Fo to s : Besprechung des Arbeitskreises „Dorfladen“ ld Jans LEADER-Region Burgwald-Ederbergland Bewohner aus Nachbardörfern haben ebenso Genossenschaftsanteile erworben wie interessierte Unterstützer aus anderen Regionen Deutschlands. So brachten die Etappenfeste, bei denen die Genossenschaft etwa den Grundstückskauf oder die Übergabe des Förderbescheids feierte, Menschen über die Ortsgrenzen hinweg zusammen. In Schönstadt selbst sind 220 von 380 Haushalten finanziell am Dorfladen beteiligt. Sie haben deshalb großes Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des Projekts – und die Chance, mit ihrem Einkaufsverhalten selbst zu steuern, was im Dorfladen angeboten wird. Hier soll der Dorfladen entstehen: Besichtigung der Baustelle. 53 Die besten Seiten der Region Mit einem Einkaufsführer macht ein Landkreis auf regionale Produkte und Gastronomie aufmerksam. Er ist nur einer von vielen Wegen, neue Kunden zu gewinnen – und über den Tellerrand des Lebensmittelsektors zu schauen. Seit 2008 arbeitet der Landkreis Mittelsachsen mit sechs LEADER-Regionen zusammen. Gemeinsam suchten sie nach Lösungen, regionale Produkte im Lebensmittel- und im Non-FoodBereich stärker in die Öffentlichkeit zu rücken – und stellten schnell fest, dass eine attraktive Grundlage vorhanden ist. Die Managements aus dem Klosterbezirk Altzella, dem Land des Roten Porphyr, SachsenKreuz+, dem Silbernen Erzgebirge, Flöha- und Zschopautal und der Lommatzscher Pflege machten sich ans Werk und recherchierten zunächst Direktvermarkter, später andere regionale Erzeuger. So entstand ein Netzwerk zwischen Landkreis, Unternehmen und LEADER-Regionen, das neben dem Informationsaustausch tragfähig für weitere Projekte ist. Die Koordination übernimmt der Landkreis, bei den gemeinsamen Maßnahmen packen alle mit an: Sie verteilen Printprodukte, machen Werbung für gemeinsame Veranstaltungen und virtuelle Plattformen. Auch die regelmäßigen Netzwerktreffen sind rege besucht. 50 Erzeuger aus dem Food-, 100 aus dem Non-Food-Bereich und 30 Gaststätten beteiligen sich aktuell. Geschichten, Rezepte und viel zu entdecken Die Ergebnisse können sich sehen lassen: Besonders beliebt ist der Einkaufsführer, der neben Geschichten über die Region und einem Anbieterkatalog aus Direktvermarktern und Gaststätten auch modern gestaltete Rezepte mit regionalen Produkten enthält. Die Gestaltung setzt auf kunstvolle Schriften, genannt Handlettering, und führt diesen Trend mit der steigenden Nachfrage nach regionalen Lebensmitteln zusammen. Aktuell erscheint die vierte Auflage des Einkaufsführers, die vorherigen sind vergriffen. Nach dem Einkaufsführer entstand ein Branchenkatalog mit regionalen Produkten. In insgesamt 54 GEMEINSAM STARK SEIN Bereits in der vierten Auflage: Der Einkaufsführer mit Geschichten über die Region, Rezepten und Infos zu Direktvermarktern und Gaststätten. acht Kategorien zeigt dieser Katalog, wie vielseitig das Angebot in Mittelsachsen ist: Verteilt über die sechs LEADER-Regionen werden einige interessante Produkte hergestellt. Darunter etwa innovative Nackenkissen für Autofahrer, kunstvoll gefertigte Gartenbänke oder Spielzeug für die Kleinsten. Zum Anfassen und digital In manchen Fällen kennen Interessierte das Produkt, wissen aber nicht, dass es im Landkreis erzeugt wird. Daher entwickelte das Netzwerk aus dem Branchenkatalog auch eine Ausstellung: „Fahrrad, Filzschuh, Feuerwerk: Lieblingsstücke“ vereint Alltagskunst mit Industriekultur in Mittelsachsen. Zu den mehr als 600 Einzelstücken zählen etwa Kissen, die mit denkmalgeschützten Lochkarten-Webstühlen hergestellt wurden. Über 200 000 Besucherinnen und Besucher hat die Ausstellung bereits angezogen, auf Schloss Rochsburg, zur KONVENT´A in Löbau, zur Landesgartenschau und im Museum in Mittweida. Und dann kam Corona. Statt reger Besucherzahlen gab es plötzlich leere Museumsräume. Doch das Team fackelte nicht lange und führte die Produktschau stattdessen digital weiter: Dafür Die Ausstellung: „Fahrrad, Filzschuh, Feuerwerk: Lieblingsstücke“ vereint Alltagskunst mit Industriekultur in Mittelsachsen. Mehr als 600 Einzelstücke gehören zur Wanderausstellung. wurden Videos produziert und eine virtuelle Plattform für Direktvermarkter, regionale Produzenten und Gastronomen geschaffen. Durch die Zusammenarbeit der LEADERRegionen mit dem Landkreis und den Unternehmen entwickelten sich neue Lieferbeziehungen und Produkte. So entstand etwa die erste Handtasche aus Holz und eine Peeling-Seife mit Kaffee aus der regionalen Kaffeerösterei. Die regionalen Lebensmittelerzeuger und der Non-FoodBereich arbeiten vor allem bei Catering oder Messe-Auftritten zusammen. Kunstvolle Schriften machen den Einkaufsführer attraktiv. edia gr o up Info r. Stern ko p f m Projektname regional.einfach phänomenal rami; D Bundesland Sachsen Website www.wirtschaft-in-mittelsachsen.de/unternehmen/netzwerke.html RT Bian R AFIK .A FOTO.G Projektträger Landkreis Mittelsachsen Fo to s : Kosten rd. 100 000 Euro, davon gefördert: rd. 50 000 Euro (GRW) k a B eh LEADER-Regionen Klosterbezirk Altzella, Land des Roten Porphyr, SachsenKreuz+, Silbernes Erzgebirge, Flöha- und Zschopautal, Lommatzscher Pflege 55 Hilfe kennt kein Alter Über eine Genossenschaft greifen sich die Generationen in der Eifel gegenseitig unter die Arme. Eine vielfältige Gruppe steht zur Verfügung, wenn jemand in der Region Hilfe braucht. Denn für manche Probleme braucht es eine junge Autofahrerin – für andere eher einen Leih-Opa. Die Eifel soll zur Generationenregion werden – so das Ziel der „GenoEifel eG“ aus Kall. Sie ist ein Zusammenschluss von engagierten Menschen allen Alters, die sich gegenseitig bei alltäglichen Herausforderungen unterstützen. Ursprünglich wollten die Initiatoren eine Seniorengenossenschaft gründen. Doch bereits bei Projektbeantragung meldete die junge Generation Bedarf an: Auch für ihre Herausforderung im Leben – Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen – brauche es neue Lösungen. Aus der Senioren- wurde eine Generationengenossenschaft. Leih-Omas und -Opas betreuen Kinder in Kita-Randzeiten, Jugendliche bringen sich als Babysitter ein. Für ältere Menschen gibt es Mitfahrgelegenheiten und Einkaufsdienste, Hilfe im Haushalt oder auch mal eine gewechselte Glühbirne. Erfahrungen von anderswo mitgedacht 2014 machten sich die Ideengeber und Initiatoren der GenoEifel eG, Malte Duisberg von der Stiftung Evangelisches Alten- und Pflegeheim Gemünd und Wolfgang Merten von der VR-Bank Nordeifel eG, auf den Weg: Sie besuchten Bürger- und Seniorengenossenschaften in Süddeutschland und brachten deren Erfahrungswissen mit in die Eifel. 2016 wurden die eingetragene gemeinnützige Genossenschaft gegründet und die Projektmittel bewilligt. LEADERMittel werden hauptsächlich für das Personal verwendet. Auch die Kosten für Informationsveranstaltungen, Flyer, Pressearbeit und die Website können dadurch gedeckt werden. Ob im Garten, beim Bügeln, bei hausmeisterlichen Tätigkeiten oder beim Einkauf – in der Generationengenossenschaft „GenoEifel“ finden Menschen niedrigschwellig Unterstützung. 56 GEMEINSAM STARK SEIN Jeder Bürger der Region kann Mitglied werden: ob aktiv als Helfender oder um Hilfe in Anspruch zu nehmen. Wer mitmachen will, erwirbt nach einem persönlichen Gespräch vorab einmalig für 50 Euro einen Geschäftsanteil und wird für 40 Euro Jahresbeitrag Mitglied. Im Kaller Vermittlungsbüro helfen Corinne Rasky und Johanna Mertens weiter: „Sobald sich ein Mitglied mit Hilfebedarf meldet, suchen wir passende Helfer, die wir alle persönlich kennen.“ Neue Perspektiven bei einer Tasse Kaffee Bücher erweitert, an dem sich viele Bibliotheken aus der Region beteiligen. Mehr als 1 200 Helferstunden waren es im vergangenen Jahr – Tendenz steigend. Aktuell zählt die Genossenschaft rund 400 Mitglieder, relativ gleichmäßig auf Helfer, Hilfesuchende und Förderer verteilt. Nach Ablauf der LEADER-Förderung im Jahr 2022 rechnet der Projektträger mit 1 000 Mitgliedern, sodass sich das Projekt aus eigener Kraft nachhaltig tragen kann. Durch die Vermittlung begegnen sich Menschen, die zwar nah beieinander wohnen, sich jedoch oft kaum kennen. So ist es meist die Tasse Kaffee nach dem Einsatz, die die Menschen zusammenbringt. „Über die Genossenschaft lerne ich neue Leute und andere Perspektiven kennen“, sagt etwa ein 75-jähriges Mitglied aus Hellenthal. Für eine 94-jährige Bewohnerin von Schleiden hat sich die MitgliedProjektname schaft gelohnt: „Ich wurde zum Abfahrtsort Aufbau einer Generationengenossenschaft meiner Busreise gefahren. Meine Familie hatte keine Zeit.“ Eine Helferstunde hat ihren Wert – Bundesland für beide Seiten. Sie kostet daher neun Euro: Nordrhein-Westfalen sechs Euro gehen an den Helfenden, drei Euro finanzieren die Vermittlungsarbeit. Wer LEADER-Region hilft, ist über die Genossenschaft unfallEifel und haftpflichtversichert. Schmit Fo to s : Co pp/Age rinne Ra sk y/ G n t ur P r ofiPres enoEifel eG; T homa s s Auch Unternehmen können das Projekt durch eine Mitgliedschaft unterstützen. Zudem sind vielfältige Kooperationen in der gesamten LEADER-Region Eifel entstanden. Einrichtungen wie etwa Altenheime vernetzen Personen, die Hilfe brauchen, direkt mit der Genossenschaft. Kürzlich wurde das Angebot um einen Bring- und Holdienst für z/ Info Kosten rd. 238 300 Euro, davon gefördert: rd. 154 900 Euro (LEADER) Projektträger GenoEifel eG – die Generationengenossenschaft Website www.genoeifel.de 57 Nordfrieslands Regionalität genießen In Nordfriesland werden viele Käse-Spezialitäten produziert. Über einen digitalen Marktplatz soll ihre Bekanntheit bei den Kunden gesteigert werden. Ein virtueller Marktplatz soll die vielen nordfriesischen Köstlichkeiten sichtbar machen – für Touristen und Einheimische. Besonders kleinere Betriebe und Produzenten profitieren von diesem Angebot. Vernetzung, Zusammenarbeit und gemeinschaftliche Ziele für eine Steigerung der regionalen Wertschöpfung: So lautet die Motivation hinter dem Projekt „Nordfriesland genießen“, das regionale Anbieter auf einer gemeinsamen Plattform zusammenführen will. Seit 2009 trifft sich der „Arbeitskreis Tourismus“ der Nordfriesland-Tourismus GmbH und AktivRegion Nordfriesland Nord mindestens viermal jährlich. Die Beteiligten tauschen sich über aktuelle Entwicklungen aus und beschäftigen sich mit Trends im Tourismus, um daraus Projekte für die Region abzuleiten. Unter den Mitgliedern finden sich neben den betreuenden Institutionen auch Vertreter der Tourismusvereine, des Stadt- und Gemeindemarketings, der PR, der Verwaltung sowie Akteure aus Kultur und Natur. 58 GEMEINSAM STARK SEIN Ein besonderes Potenzial für die Wertschöpfung bergen die vielen typisch nordfriesischen Spezialitäten wie Salzwiesenlamm oder Friesentorte, aber auch unverarbeitete regionale Lebensmittel. Im Jahr 2019 entstand daher innerhalb des Arbeitskreises die Projektgruppe „Regionale Produkte“. Sie nahm sich vor, nordfriesische Lebensmittel sowohl für Einheimische als auch für Touristen sichtbarer zu machen. Große Chance für kleine Betriebe Eine digitale Vermarktungsplattform soll Anbietern regionaler Spezialitäten eine Bühne bieten. Denn gerade kleinere Produzenten haben oft keinen eigenen Internetauftritt. Über die Plattform können sie für Produkte und Dienstleistungen einen neuen Vermarktungsweg erschließen. Anbieter, die ihre Produkte im Netz zum Verkauf anbieten, können auf ihren Online-Shop verlinken. Besucher der Website Märkte, Verkostungen, Hoffeste und -­ läden – alles, was mit regionalen Produkten in Zusammenhang steht, wird über die Plattform beworben. Kleine Produzenten haben oft keinen eigenen Internet-Auftritt. Über eine Online-Plattform können sie für Produkte und Dienstleistungen einen neuen Vermarktungsweg erschließen. können gezielt nach bestimmten Produkten suchen; die Ergebnisse sind mit einem Kartenausschnitt zur Lage der Anbieter inklusive Kontaktdaten verbunden. „Ein Online-Portal, auf dem viele Direktvermarkter der Region wie auf einem virtuellen Marktplatz stehen und ihre Produkte vermarkten können, ist ein Gewinn für die Region“, so Kristina Johannsen, Landwirtin aus Sprakebüll. Veranstaltungen, die mit regionalen Produkten in Zusammenhang stehen, werden ebenfalls über die Plattform beworben. Darunter sind etwa Märkte, Erntedank- und Hoffeste oder eine Salzwiesenführung mit Verkostung. Die Gemeindemanagerin aus Leck Sabine Schwarz dazu: „Direktvermarktung und hofeigene Verarbeitung sind wichtige Alternativen für viele Landwirte, um ihre Existenz zu sichern. Ein Portal mit Angeboten aus unserer Region ist für mich eine logische Weiterführung, um die Vielfalt für den Verbraucher transparent zu machen.“ Zunächst sammelte die Projektgruppe Daten von regionalen Anbietern. Im nächsten Schritt sprechen die Initiatoren die so recherchierten Anbieter einzeln an – erste positive Rückmeldungen gibt es bereits. Es wurde ein Erfassungsbogen erstellt, der allgemeine Angaben wie Betriebsnamen, Kontaktdaten und Angebot enthält. Außerdem fragte die Projektgruppe ab, ob es sich um einen zertifizierten Betrieb handelt, ob bereits Mitgliedschaften in (über-)regionalen Netzwerken bestehen, ob die Produkte saisonal oder ganzjährig verfügbar sind und welcher Vertriebsweg der Wichtigste ist. Der Start der Website ist für Anfang 2021 geplant. Sowohl der digitale Auftritt der Plattform als auch gedruckte Informations- und Werbeflyer werden über die im Arbeitskreis vertretenen Institutionen und deren Kanäle beworben. Projektname Nordfriesland genießen: Eine Plattform für regionale Anbieter und kulinarische Entdeckungen Bundesland Schleswig-Holstein LEADER-Region AktivRegion Nordfriesland Nord Kosten rd. 4 000 Euro, keine Förderung Projektträger Nordfriesland-Tourismus GmbH Website www.nordfrieslandgeniessen.de Fotos: Sabine Schwarz; Silvia Schwarz Wer bietet was? Info 59
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