Zille und seine Modelle.
Bezeichnend für den Menschen und für den Künstler ist
seine Stellung zu seinen Modellen. Künstler, die wie Zille das
Volk schildern wollen, müssen ganz in der Seele des Volkes
aufgehen, dürfen seine Eigentümlichkeiten nicht von außen
wie eine ethnographische Merkwürdigkeit betrachten. Son-
dern sie müssen mit dem Volke empfinden, müssen alles
mit ihm miterleben, müssen mit ihm leiden und jammern,
mit ihm aufbegehren und drohen, sich mit ihm freuen und
mit ihm lachen.
Das hai Zille denn auch Zeit seines Lebens getan.
Er ist jahrzehntelang „ein Knecht c°3 Kapitals‘ gewesen,
hat sich immer als Preletarier ...ılı. Aus dieser seelischen
Einstellung zur Umwelt „7 n1€e he---sxewachsen. Vielleicht
war es für ihn eine innere Begrenzihcı.. Er hatte in gewissem
Sinne keine Entwicklung. Aber um so “ruchtbarer machte ihn
das auf seinem eigensten Gebiet, auf dem Gebiet dessen,
was wir unter „llekunst verstehen.
Seine Gestu!‘-- seine proletarischen Männer und Frauen,
seine kessen wid £2ine rhachitischen Zillekinder leben aus
dem Innern heraus. Sie sind nicht nur abgezeichnet. Sie
sind im wahrsten Sinne des Wortes in tiefster Seele er-
lebt. Sie haben in jedem Strich alles das, was ein überarbei-
teter Mann, eine abgehetzte, verhärmte Frau, ein verschnapstes
Wesen, ein verkümmertes Unglückskind empfinden und er-
leben.
Dies haben sicher alle seine vielen Modelle aus dem Volke
empfunden, die ihm freiwillig oder unfreiwillig Modell ge-
standen haben. Er stand sich immer gut mit ihnen. Und
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