bank sitzen müssen. Die Anklagebehörde unterstellte weiterhin, dass
die Broschüre „Gretchen und Helene“ direkt zur Begehung all-
gemeiner und individueller Gewalttaten aufforderte und ebenso
dauernd die Most’sche „Freiheit“. Der Staatsanwalt und seine
Mitarbeiter hatten, wenn sie diese Unterstellung machten,
weder diese Broschüre noch die „Freiheit“ je gelesen oder
wenn schon, sie nicht verstanden. Sie hatten nicht ausgelegt
was in jenen Schriften stand, sondern sie hatten unterlegt.
Die Broschüre „Gretchen und Helene“ erklärt wohl die Taten
der Terroristen, aber sie fordert in keinem Worte dazu auf.
Im Zwiegespräch suchte eine Anarchistin ihre Freundin von
der Richtigkeit der anarchistischen Idee zu überzeugen. Die
ganze Anlage der Schrift ist nicht dazu geeignet, zur Auf-
forderung zu Gewalttaten. Aehnlich steht es mit der „Frei-
heit“. Aber selbst wenn es der Fall wäre, wo ist der Beweis
dafür, dass Koschemann mit dem Inhalt der „Freiheit“ sich
vollkommen im Einverständnis befunden hätte. Tausende
haben diese Zeitung gelesen und deshalb sollen sie alle Pro-
pagandisten der Tat sein?
Alles zusammengenommen, ergibt dieses Beweismaterial
absolut keine Gewissheit, dass Koschemann ı'ropagandist der
Tat war und es bricht, da das andere Material sich auf diese
unbewiesene Voraussetzung stützt, schon dadurch die ganze
Anklage zusammen.
Koschemann soll die Tat wirklich begangen haben.
Wie beweist dies die Anklageschrift? Lassen wir das an uns
vorübergleiten.
„Koschemann hatte den Bibliothekdiener Brede gefragt,
wann die Bureaustunden des Oberst Krause seien und wann
sich die höheren Beamten auf dem Polizei-Präsidium einfänden.
Brede, der bei der Königlichen Bibliothek die Beamten zwischen
10 und 11 Uhr kommen sieht, erwiderte: „Die höheren Be-
amten werden wohl zwischen 10 und 11 Uhr erscheinen“.
Koschemann sagte darauf: „So, so, ich dachte, sie würden
schon früher dort sein.“ Im Mai 1895 hat Koschemann sich
von Brede eine alte Weckeruhr leihen wollen. Brede hatte
keine. In der zweiten Hälfte des Mai 15%5 hat sich Kosche-
mann von dem Händler Gürtler auf 14 Tage eine Weckeruhr
geliehen. Am 2. Pfingstfeiertage, den 3. Juni 1895, hat sich
Koschemann für 4,50 Pfg. bei dem Uhrmacher Hübscher in
Königswusterhausen eine solche Junghaus Weckeruhr gekault,
wie sie in der Attentatskiste Verwendung gefunden hat.
Er trug diese in einem kleinen Paket und erwiderte auf
die Frage nach dessen Inhalt: „Ich habe mir eine Weckeruhr
gekauft, um nicht die Zeit zu verschlafen. Ich wohne jetzt
in Rixdorf und arbeite in der. Ackerstrasse“, Das Paket trus