denn er brauchte jemand! Das Feld bestellt sich nicht von
selbst; man ist froh, wenn kräftige Arme da mit zufassen
wollen!
Kräftig war der neue Knecht und verstand seine
Kräfte zu brauchen. Niemand durfte ihn wecken in der
Frühe; wenn Kalies auf den Hof kam, dann waren die
Pferde schon gefüttert. Und wenn die Magd, die die zwölf
Stück Rindvieh zu besorgen hatte, die melken, streuen und
füttern mußte im Kuhstall, wenn die mit ihrem Teil
nicht so rasch fertig wurde — der Heinrich half ihr! Er
war der erste und der letzte beim Schaffen, sein Meister,
wie der märkische Bauer sich gern nennen hört, der konnte
den allezeit Arbeitsamen und Zuverlässigen nicht genug
loben. Ja, er legte ihm aus eigenem Vntriebe eine halbe
Mark am Lohn zu auf die Woche. „Denn er arbeitet
doch, er verdient's wirklich!“ sagte Georg Kalies zu seinem
Bruder August, einem von den furfen, die auf dem
Stammhof geboren waren, den jcht der Steuererheber
innehatte, und der in sieben Generationen die Kalies hat
geboren werden und sterben sehen — den letzten — ah!
ein Jammer ist's, daß gesunde, schaffensfrohe, wertvolle
Menschen so hundsföttisch enden müssen!
Die Kunst, ein Gesicht zu beurteilen, den menschlichen
Charakter aus den Linien des Angesichts, aus Blick und
Geste zu lesen, ist auch unter den Gebildeten wenig ver—
breitet. Wie sollte man sie groß unter den Landleuten
finden, deren Gedankenbahn schwerfälliger und seltener
fährt. Und doch muß es dem und jenem nicht geheuer vor—
gekommen sein mit dem Knecht Heinrich, der fort und fort
seine Papiere herbeizuscheffen versprach und sie doch nie
heranbekam. Man r t Georg Kalies davon:
„.. . son Kierl.. wo kecne Pappieren nicht het! Wat
hest du denn an den? ... “ weet gor nich, wie du den all
so lange behollen deihst!“ Der Steuererheber schüttelte
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