zu denken schien. Und — wer kennt das Menschenherz aus —
als die Nachricht — kurz vor ihrem Tode — kam, daß ihr grau—
samer Peiniger und Lebensverderber Thomas gefallen sei —
da freute sie sich ehrlich auf ihren baldigen Tod, weil sie dann
wieder mit ihm vereinigt wäre!! Denn sie hatte ihn trotz alle—
dem lieb. Die beschränkte D. hielt sich im Grunde für un—
schuldig, glaubte aber auch nicht recht an eine Begnadigung. Die
Wartezeit war lang und peinlich, alle Beteiligten litten dar—
unter und wurden nervös, zumal als verlautete, die Hinrichtung
solle auf dem Hofe des Frauenhauses stattfinden. Glücklicher⸗
weise ließ man diesen Plan fallen und nahm wie üblich Plötzen⸗
see. Endlich kam der erwartete Brief — niemand konnte es
fassen. Die X. bestätigt, die D. zum lebenslänglichen
Zuchthaus begnadigt! Seit einem Menschenalter war keine
weibliche Hinrichtung in Berlin gewesen, man hatte sich wohl
gegraut, nun zwei Frauen auf einmal hinrichten zu lassen. Bei
der Eröffnung fiel die X. in eine zwanzig Minuten währende
Ohnmacht, ein Arzt brachte sie wieder zum Bewußtsein, und nun
blieb sie gefaßt bis zuletzt. Die Ereignisse der Nacht vor dem
Tode übergehe ich, zumal ich nicht zugegen war. Sie veran⸗
laßte den begleitenden Geistlichen, noch ihrem Bruder zu
schreiben und ihn vor einem schlechten Lebenswandel zu warnen.
Die D. wollte es anfangs nicht glauben, daß sie begnadigt
sei; dann aber fing sie an, sich sehr zu freuen, sie wurde bald dem
Zuchthaus zugeführt.
Muhme und Neffe als Mörderpaar.
In Süddeutschland lebte ein Priester, mit tüchtigen Geistes—
gaben gesegnet, aber sittlich wenig für seinen Stand geeignet.
Er mußte den Stand eines katholischen Geistlichen aufgeben,
bestand die nötigen Prüfungen und wurde Gymnasialoberlehrer.
Als solcher ging er für einige Jahre als Hauslehrer nach England
und wurde schließlich an einem Berliner Gymnasium angestellt.
Nun verheiratete er sich mit der Tochter eines Gemeindeschul⸗
lehrers, und dieser Ehe entsprossen ein Knabe und ein Mädchen.
Aber die Ehe war unglücklich; denn in dem Manne lebte ein un—
gebändigter sinnlicher Trieb; wie seine Frau sagte: „Die im