neten. Der Saal, sehr geschickt in der Höhe ven—
tiliert, duftete auf einmal wie ein Waigarten.
Dann ließ sich der Doktor nieder. Kein Mensch
bekümmerte sich um ihn, nur die kleine WMatthé
von der Kunstschule und ein Kollege von ihr
saßen bei ihm, mit denen lachte er; man hörte
seine tiefe Stimme manchmal über den übrigen.
Dagny wollte natürlich zuerst tanzen. Ihre
Elfengestalt war eigentlich nur denkbar in solcher
Gelöstheit von allem Gebundenen, aller Schwere.
Zwei aus der Runde spielten, einer die Bala—
leika, der andere die Flöte — eine unmögliche
Musik, doch wie mit feurigen Ruten die Seelen
peitschend. Eine Russin sang dazu, klagend, hilfe—
heischend. Und Dagny tanzte. Der Dichter wen⸗
dete kein Auge von ihr... Was tanzte sie eigent⸗
lich? Wer schrieb ihr das?... Eine rasende
Eifersucht faßte nach ihm mit ihren vergifteten
Krallen.
Jetzt schwieg die Balaleika, dann auch die
Flöte. Zwei Spanier ließen, der eine Kastag—
netten, der andere seine schlanken, nervigen
Hände klappen und riefen taktmäßig: „Hollé!
Hollé!“
Da sah Hippolyt die sonnenheiße Placa major
in St. Esteban vor sich. Ein paar Akazien gaben
vor den unansehnlichen Häusern wenig Schatten.
Die Sonnenscheibe stand tief und golden über dem
Abend. Auf der Placa war das ganze Städtchen
versammelt. Und auf einmal tönte von irgendwo
eine Melodie, die wie süßer Peitschenschlag wirkte.
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