greifen zu können. Unter Ernemmung zum Generalleutnant erhielt er im 2. Armeekorps
des Generals von Kleist die 12. Brigade. Zu dieser gehörte auch das 2. Schlesische
Infanterie-Regiment Nr. 11, an dessen Spitze der Prinz in der Schlacht bei Kulm in
Böhmen am 30. August 1813, nachdem er selbst dem Fahnenträger des 2. Bataillons
die Fahne aus der Hand genommen hatte, mit den Worten: „Wer ein preußisches Herz
hat, folge mir“, in mutvollem Bajonettangriff die schon siegreich vordringenden Feinde
auseinander sprengte. Diesen Augenblick stellt das Denkmal im Park von Bellevue
dar, von dem später die Rede sein wird. Wenige Wochen nach der Schlacht bei Kulm
war des Prinzen Brigade an der Schlacht bei Leipzig beteiligt und griff sowohl am 16.
wie am 18. wirksam in den Kampf ein. Sie erlitt einen Verlust von 50 Offizieren
und 2870 Mann. Am 18. eroberte er bei Probstheida 15 feindliche Geschütze. Um
diese Tat anzuerkennen, schenkte ihm der König gleich auf dem Schlachtfelde eines da—
von, den 8.Pfünder „Le Droöͤle“. Vom Felde aus befahl der Prinz die Aufstellung
des Geschützes vor dem Schlosse Bellevue auf einem steinernen Unterbau und ließ es
mit einer seine Bedeutung erläuternden Inschrift versehen. Beim Beginn des letzten
großen Freiheitskampfes im Jahre 1815 wurde ihm unter dem Oberkommando Blüchers
der Oberbefehl über die gesamte mobile Artillerie anvertraut. An ihrer Spitze sollte
er die Belagerung der Festungen von Nordfrankreich leiten. Innerhalb von drei Mo—
naten eroberte er neun feste Plätze. In den Friedensjahren von 1816 bis zu seinem
Tode — er starb auf einer Dienstreise in Bromberg am 19. Juli 1843 — widmete er
sich mit unermüdlichen Eifer und anerkanntem Erfolge der Vervollkommnung seiner
Sonderwaffe, der Artillerie. Schon 1816 wurde unter seiner Leitung die Artillerie—
und Ingenieurschule ins Leben gerufen.
Wir sind mit der kurzen Schilderung der letzten Lebensjahre des Prinzen Ferdinand
und dem Lebensabriß seines Sohnes der allgemeinen Schilderung vorausgeeilt. Aber
es liegt in der Absicht dieses Buches, nicht nur von den Baulichkeiten und ihrem
Werden und Vergehen und Wiedererstehen zu sprechen, sondern auch von den Menschen,
die sie gebaut und belebt haben, die dort aus- und eingingen, die ihnen Seele gaben und
Eigenart. „Die Geschichte eines Gebäudes, wenn man sie getreulich erzählt,“ sagt
Julius Rodenberg, „ist interessant, wie die Geschichte eines Menschenlebens, auch wenn
ihm und manchmal weil ihm das Außerordentliche fehlt.“ Wenn wir aber die Steine
reden lassen, von dem, was sie geschaut haben im Wandel der Zeiten, dann steigert sich
unsere Teilnahme. Die Vorgeschichte und Geschichte einer Baulichkeit zu verweben mit
dem Schicksal der Menschen, die darin ihr Wesen trieben und oft auch ihr Unwesen,
erst das macht die Aufgabe, wie wir sie uns gestellt, zu einer lohnenden. Sie befriedigend
zu lösen, wird nicht immer gelingen. Wo sich aber die Möglichkeit dazu bietet, soll die
Lösung versucht werden.
Nach dem Tode seiner Mutter, im Jahre 1816, übernahm Prinz August Schloß
Bellevue. Bemerkenswert ist seine Verfügung, daß in allen Anordnungen für die Be—
amten, den Kastellan und Hofgärtner die vielen französischen Ausdrücke, deren man
sich bisher bedient hatte, vermieden werden sollten. Der Gärtner erhielt Anweisung, bei
Pflanzennamen nach Möglichkeit die deutschen Bezeichnungen zu wählen und bei der An—
legung neuer Kulturen in erster Linie einheimische Blumen, Sträucher und Obstsorten an—