VERPFANDUNGEN VON DORFERN: VERSCHLECHTERTE LAGE DEP DORPFBEWVOMHNER 67
sißz der Markgrafen verblieben waren. Diese waren, wie bereits an—
gedeutet, in Geldverlegenheit geraten, und da die damalige Kirche das
Verleihen von Geld gegen Zins als Wucher verdammte und verbot,
so halfen sich die Markgrafen in der Weise, daß sie die Einkünfte aus
ihren Dörfern auf Wiederverkauf veräußerten und sich im allgemeinen
das Zehnfache der Jahresgefälle in einer Summe zahlen ließen. Wurde
diese Summe nach Ablauf der gesetzten Frist nicht wieder zurückgezahlt,
was häufig geschah, so wurden die Pfandinhaber die neuen oder
After-Lehnsherren und Besitzer der obersten Gerichtsbarkeit über das
Dorf, (das heißt: ihnen gehörten die Gefälle aus dem obersten Gericht).
Ferner war nach dem Landbuch Karls IV. von 1375 jeder Besitzer
des obersten Gerichts zugleich Inhaber des Patronats über die Dorf—⸗
kirche, ganz gleich, ob er im Dorf sonst noch begütert war oder nicht.*)
Mit diesen Verpfändungen von Dorf- und Gerichtsgefällen trat
aber auch in der Lage der Dorfbewohner eine erhebliche Verschlechte—
rung ein. So lange der Lehnschulze das „Dorf⸗“ oder „unterste“
Gericht unmittelbar im Namen des Landesherrn ausübte und als
landesherrlicher Beamter nur unter dem Vogt, Advocatus, stand,
hatte seine Dorfschaft an ihm Halt und Schutz. Sobald jedoch mit
dem verpfändeten Dorf auch die oberste Gerichtsbarkeit über dasselbe
an den neuen Lehnsherrn übergegangen war, kam auch der Schulze
in Lehnsabhängigkeit von dem neuen Dorfbesitzer. Ihm hatte er das
Lehnpferd zu stellen, anstatt dessen sich der Pfandherr eine jährliche
Geldentschädigung zahlen ließ. Ihm wurde beim Erbfall im Schulzen⸗
amt eine Gebühr, die sogenannte „Lehnware“**), entrichtet. Vergl. II.
U. 22.) Da das Schulzenamt sich nur auf die männliche Linie ver—
erbte, weil es kein Lehn „zur gesamten Hand“ war, so fiel es, falls
erbberechtigte Söhne fehlten, dem Dorfherrn anheim. Er konnte das
Amt nach Belieben verkaufen oder vergeben, es um die Kruggerechtig—
keit kürzen, es einem von ihm gänzlich abhängigen Seßschulzen über—⸗
tragen oder es auch selbst übernehmen, was bei der hohen Bedeutung
WNach Riedel, M. Br. II. 505.
25) Ein Geldgeschenk an den Lehngeber, um sich das Lehn zu „wahren“,
also sich dasselbe zu sichern.