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dings berichtet, daß bei den neu eingeführten
Pferderennen auf den dürftigen Tribünen
auf dem Zempelhofer Felde eine Anzahl
feingefleidete Damen zu feben maren. Das
Yublikum beftand jedoch faflt nur aug Bumm-:
lern. Sonft aber mieden die ariftokratifchen
Damen jedes Zufjammentreffen mit dem
„Bolfe“, Sie fuchten zum CSpazierengehen
die Ctunden aus, in denen die Bürgerlichen
feine Zeit hatten. Und felbft beim Schlitt-
(huhlaufen hinter den Zelten, mo oft der
ganze Hof zu finden war, veranügten fich
die verfchicdenen Sefellichaftsfchichten zu
verfchiedenen TZageszeiten. Die Damen
durften noch nicht mit CSchlittfjchuhen aufs
Eis. Sie fonnten fich mobhl auf Vikffchlitten
jchieben lafjen (SS, 55) oder konnten zufjehen. Weiter ging die winterliche
Sportbetätigung der Damen noch nicht, die doch fchon reiten durften.
Eine Verfhmelzung der verfchiedenen Volfsichichten gab es auch im
Vormärz nicht. Die feine SGefclljchaft beehrte wohl die Volfsfeite, den
Schlßenplaß in der Linienftraße und den Siralauer Sifchzug — aber nur
von weitem, von den Balkonen des CSchlıkenhaufes oder von Treptom aus,
durch die ganze Breite der Spree vom Fceftplaß getrennt. Mitunter befuchte
auch der Hof das VBolfsfeft, aber nur zu Schiff und ohne auszufteigen. In
den vierziger Jahren verkehrte die feinere SGefellichaft, der UWdel, die Finanz
und die diftinguierten Fremden im Krollichen
Sommergarten, mo auch Feuermerfe und aller:
let raufhende Fefte ftattfanden. Die Ba:
ronin Millınar, die Frau des belgifchen Ge:
jandten, mar von all den Veranügungen, von
den Ausflügen und den Schönheiten Berlins
ganz entzüct. Cie mohnte im Haufe des
geadelten Finanzierg Benede von SGrödigberg
Unter den Linden, fand es reizend, daß die
Häufer fo geräumig maren, daß mehrere Par:
teien in ihnen mohnten und daß Berlin {o viele
[Oöne Yusflüge bot. Sie {hmärmte von der
Umgebung. Wie eifrig die Damen damals fich
an den fpärlichen Reizen der Nachbarfchaft
Berling erfreuten, acht aus den Zeilen der
Marie BGeiltinaer.