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ein andermal aach der Gallerie Borghese oder nach dem Capitol
oder nach St. Peter oder dem Vatikan. Das macht mir
jeden Tag unvergeßlich, und indem ich mir Zeit nehme, habe
ich jeden Eindruck fester und stärker. Beim Arbeiten des
Morgens möchte ich gern nicht aufhören und fortschreiben,
sage mir aber: du mußt doch auch den Vatikan sehen; wenn
ich nun da bin, so möchte ich wieder nicht gern fortgehen,
und so macht mir jede meiner Beschäftigungen die reinste
Freude, und ein Genuß löst den andern ab. Wenn mir
Venedig mit seiner Vergangenheit wie ein Leichenstein vor—
gekommen ist, wo mich die verfallenden modernen Paläste
und die fortdauernde Erinnerung an ehemalige Herrlichkeit
halb verstimmt und traurig gemacht haben, so erscheint mir
Roms Vergangenheit wie die Geschichte; ihre Denkmäler er—
heben, machen ernst und heiter, und es ist ein frohes Gefühl,
daß Menschen etwas hinstellen können, an dem man sich nach
1000 Jahren noch erquickt und stärkt. Wenn ich mir nun
solch ein Bild, und zwar an jedem Tage ein neues, eingeprägt
habe, so ist es meist Dämmerung, und der Tag zu Ende.
Dann suche ich die Bekannten und Freunde auf; wir theilen
uns mit, was jeder gethan, d. h. hier genossen hat, und
sind vergnügt mit einander. Die Abende war ich meist mit
Bendemanns und Hübners, wo die deutschen Künstler sich
versammeln; auch zu Schadows gehe ich zuweilen. — Eine
kostbare Bekanntschaft ist für mich der Abbate Santini, der
eine der vollständigsten Bibliotheken für alte italienische Musik
hat und mir gern Alles leiht und giebt, da er die Gefällig—
keit selbst ist. Abends läßt er sich aber von Ahlborn oder
mir nach Hause begleiten, weil es einen Abbate in üble Nach—
rede bringt, wenn er Abends allein auf der Straße gesehen
wird; daß nun Kerls, wie Ahlborn und ich, einem sechzig—
jährigen Geistlichen zur Dueñna dienen müssen, ist piquant
genug. Die Herzogin —*** hatte mir eine Liste von alter
Musik gegeben, deren Copien sie womöglich zu haben wünschte.
Sämmtliche Musik besitzt Santini, und ich bin ihm sehr
dankbar, daß er mir die Copien verschafft; denn ich sehe sie
nun zugleich durch und lerne sie kennen. Ich bitte Euch,
mir für ihn als Zeichen meiner Dankbarkeit die sechs Cantaten
von Seb. Bach, die Marx bei Simrock herausgegeben hat