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endlich beim Nonnenkloster vorbei, sangen ihnen ein Ständ⸗
chen und gelangten nach St. Gallen. — Da war es denn
überstanden, und gestern fuhr ich von dort hierher, fand
Abends eine wundervolle Orgel, wo ich „Schmücke dich, o
liebe Seele“ spielen konnte nach Herzenslust. Heute geht es
auf Memmingen, morgen auf Augsburg, übermorgen so Gott
will nach München, und so bin ich in der Schweiz gewesen.
Es hat Euch vielleicht gelangweilt, wenn ich Euch alle unbe—
deutenden Kleinigkeiten schrieb; — aber die Zeit ist so böse;
da brauchen wir es nicht zu sein, und wenn ich Euch mein
Tagebuch schicke, so war es blos, um Euch zu sagen, wie
ich überall, wo es mir wohl ist, wo ich Freude habe, Euer
gedenken muß und bei Euch bin. — Der schmutzige, nasse
Fußreisende nimmt Abschied und will als Städter mit Visiten—
karten, reiner Wäsche und einem Frack wieder schreiben.
Lebt wohl.
Felix.
An seine Familie.
München, den 6 October 1831.
Münchener Bürgerbrief.
Das ist ein prächtiges Gefühl, wenn man des Morgens
aufwacht und ein großes Stück Allegro zu instrumentiren hat
mit mannigfaltigen Hobobden und Trompeten, und draußen
dazu das heiterste Wetter, das einen frischen weiten Spazier⸗
gang Nachmittags verspricht. So habe ich es nun eine volle
Woche lang gehabt; der freundliche Eindruck, den mir München
das erste Mal machte, ist diesmal noch sehr erhöht. Ich
wüßte kaum einen andern Ort, wo mir so behaglich und
bürgerlich zu Muthe wäre, wie hier. Vornehmlich ist es
aber gar zu angenehm, unter lauter heitern Gesichtern zu
leben, selbst eins mit zu machen und alle Menschen auf der
Straße zu kennen. Nun habe ich mein Concert vor mir,