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bin ich Abends um Peun zu Bett gegangen und Morgens
um Fünf aufgestanden, um von meinem Balcon herab mich
an dem Vesuv, dem Meer, der Küste von Sorrent in der
Morgenbeleuchtung zu erquicken; dann habe ich große, sehr
einsame Spaziergänge zu Fuß gemacht, mir meine eigenen
Lieblingspunkte selbst herausgesucht, wobei ich dann die Freude
hatte, daß mein schönster Punkt ein den Neapolitanern fast
ganz unbekannter war. Bei diesen Spaziergängen suchte ich
mir irgend ein Haus auf der Höhe aus, auf das ich mich
hinarbeitete, oder ging nur nach der Idee, ließ mich von der
Nacht mit dem Mondschein überraschen, machte dann mit
Vignerolen Bekanntschaft, um mich wieder zurück zu finden,
so daß ich endlich ganz müde gegen Neun durch die Villa
Reale nach Hause kam. Wie dann im Mondschein von der
Villa aus sich das Meer mit dem reizenden Capri macht,
wie da die blühenden Akazien fast betäubend duften, wie
sonderbar sich die Fruchtbäume ausnehmen, die ganz mit rosa
Blüthen überschüttet sind und wie rosa belaubte Bäume aus—
sehen: — das ist schon wieder unbeschreiblich. Und weil ich
denn eben meist nur in und mit der Natur gelebt habe, so
kann ich weniger schreiben, als sonst; vielleicht kommen wir
mündlich einmal darauf zurück; dann werden die Bilderchen
in unserm Wohnzimmer Stoff und Anknüpfungspunkte zu
Erzählungen geben. Nur noch das Eine, daß ich mit Dir,
liebe Fanny, übereinstimme, indem Du einmal vor langen
Jahren sagtest, Dein Liebling sei die Insel Nisida; vielleicht
hast Du es schon vergessen, ich aber nicht. — Sie liegt vor
Einem, als sei sie nur zum Lustort erschaffen. Wenn man
aus dem Gehölz von Bagnuolo kommt, erschrickt man fast,
weil sie so nah und groß und grün aus dem Meere aufsteigt,
während die andern Inseln, Procida, Ischia und Capri, in
weiter Ferne ungewiß mit ihren blauen Schatten dastehen.
Zugleich hat sich Brutus nach Caesar's Ermordung auf der
Insel versteckt, und Cicero hat ihn dort besucht; damals lag
das Meer ebenso dazwischen, und die Felsen hingen auch so
gebogen in's Meer, und es wuchs Grün darauf, wie jetzt.
Das sind die Alterthümer, die mir gefallen und was zu
denken geben, mehr als ein paar Brocken Mauerwerk! —
Solch einen gründlichen Aberglauben, solche Betrügungssucht,