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aber nicht wohl. Die Folqge des Miserere von Allegri ist
eine einfache Accordfolge, cin die entweder Tradition, oder,
was mir wahrscheinlicher ist, ein geschickter maestro, Ver—
zierungen für einige schöne Stimmen und namentlich für einen
sehr hohen Sopran, den er hatte, gegründet hat. Diese Ver—
zierungen kehren bei denselben Accorden in gleicher Weise wieder,
und da sie gut ausgedacht und sehr schön für die Stimme
gelegt sind, so freut man sich immer, sie wieder zu hören.
Das Unbegreifliche, Überirdische habe ich nicht finden können;
es ist mir auch ganz genug, wenn es begreiflich und irdisch
schön ist. Dich, liebste Fanny, verweise ich wieder auf Zelter's
Brief. Sie sangen den ersten Ton des Miserere von Baini.
— Donnerstag früh um Neun fing die Function wieder an
und dauerte bis Eins. Es war große Messe, nachher Pro—
cession. Der Papst gab den Segen aus der Loggia des
Quirinals und wusch dann dreizehn Priestern, welche die Pilger
vorstellen sollten und in weißen Kleidern mit weißen Mützen
in einer Reihe saßen, die Füße, worauf sie gespeisst wurden.
Das Gedränge von Engländerinnen war ungeheuer; — mir
mißfiel das Ganze. Nachmittags fingen die Psalmen wieder
an, und es dauerte diesmal bis halb Acht. Einige Stücke
des Miserere waren von Baini, die meisten von Allegri. Es
war schon ganz dunkel in der Capelle, als das Miserere an⸗
fing; ich kletterte auf eine große Leiter, die zufällig dastand,
und hatte nun die ganze Capelle voll Menschen und den
knieenden Papst mit seinen Cardinälen und die Musik unter
mir. Das machte sich prächtig. Am Freitag Vormittag war
die Capelle von allem Schmuck entblößt, — Papst und Car—⸗
dinäle in Trauer. Es wird die Leidensgeschichte nach dem
Evangelisten Johannes von Vittoria componirt gesungen.
Dann kommen die Improperien von Palestrina, während deren
der Papst und alle Anderen mit abgezogenen Schuhen zum
Kreuz gehen und es anbeten. — Abends war das Miserere
von vane welches sie am besten sangen. Sonnabend früh
im Lateran wurden Heiden, Juden und Muhamedaner, alle
von einem kleinen Kinde repräsentirt, welches quäkte, im
Baptisterium des Lateran getauft, und dann jungen Priestern
die erste Weihe gegeben. Sonntag hielt der Papst selbst die
Messe im Quirinal ab, gab dann die Benediction an's Volk,