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Full text: Urban food production (Rights reserved)

ZK/U – Zentrum für Kunst und Urbanistik ZK/U Untersuchungsausschuss #04: Städtische Essensherstellung ZK/U Fact-Finding Committee #04: Urban Food Production 2018 JAN FEB MAR APR MAY JUN JUL AUG SEP OCT NOV DEC 2019 JAN FEB MAR APR MAY URBAN FOOD SIMONE HÄCKEL LENA FRITSCH THOMAS LEHNEN SUSANNE SCHRÖDER LARISSA KRAUSE MICHEL KLAUS SPERBER SIMONE SCHRÖDER #01 #02 JUL AUG SEP OCT LEITUNG ____________________________ UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS JUN #03 #04 NOV DEC Untersuchungsausschuss #04 (UA #04): Städtische Essensherstellung Leitung: Stadtfrauenküche (SFK) Erstellt im Rahmen der Untersuchungsausschüsse am ZK/U – Zentrum für Kunst und Urbanistik, Berlin Untersuchungszeitraum 1. Mai – 31. August 2019 URBAN FOOD PRODUCTION This zine is partly translated into English. The content is available through the QR code. VORWORT Die Untersuchungsausschüsse des ZK/U haben es sich zur Aufgabe gemacht Themen zu erforschen, die relevant sind für Berlins Stadtgesellschaft, aber in der politischen Debatte und Praxis zu wenig Beachtung finden. Essen ist Grundbedürfnis und wird seit Jahren politisch von verschiedensten Akteuren der Zivilgesellschaft beackert – von großen Bündnissen wie „Wir haben es satt“, neueren Organisationen wie dem Ernährungsrat Berlin oder selbstorganisierten Gruppen wie den regionalen SoLaWis. Das ZK/U hat seit seiner Gründung 2012 das gemeinsame Essen als Vermittlungs- und Begegnungskonzept in sein Programm integriert. Essen kreiert nicht nur einen sozialen Raum, sondern ist in der internationalen Gemeinschaft des ZK/U und der Stadt auch immer ein Werkzeug für interkulturellen Austausch. Intern werden bei unseren Monday Dinners in der Künstlerresidenz mit dem kleinen Budget von 50 € Gerichte aus einfachen Zutaten gekocht; die diversen kulturellen Hintergründe unserer Resident*innen werden beim gemeinsamen Kochen neu gemischt. Öffentliche Formate wie das wöchentliche Speisekino und der monatlich stattfindende Gütermarkt bringen verschiedenste Menschen an langen Tafeln zum gemeinsamen Essen zusammen. Über diese Formate hinaus hat das ZK/U politische Aktionen wie die Schnippeldisko unterstützt, bei der Freiwillige die Zutaten für eine Suppe mit 9.000 Portionen zerkleinern. landwirtschaftliche Themen den Gesprächsstand der vielfältigen ernährungspolitischen Akteure in Berlin analysiert und die Ernährungsstrategie des Berliner Senats kritisch beleuchtet. Der UA #04 schaffte binnen kürzester Zeit, das Thema Ernährungswende in unserem Kiez, aber auch in Berlins Mitte zu einem Teil der stadtpolitischen Debatte zu machen. Grund dafür ist auch die Vertrautheit mit dem Ort, den Menschen und den Abläufen des ZK/U, die den UA #04 auszeichnet; dies hat es ihnen ermöglicht, schnell ein lokales Netzwerk aus Initiativen wie den Moabees, den Baufachfrauen, dem nachbarschaftlichen Schulgarten und dem Bürger*innengarten in ihre Arbeit hier einzubinden. Mit dem Bau einer Terrasse auf einem Container vor dem ZK/U haben sie zudem einen neuen Begegnungsort geschaffen – einen Ort, an dem Diskussionsrunden während des Gütermarkts stattfanden, Bienen auf Wildblumen treffen und eine Seilbahn das selbst angebaute Essen nun direkt auf den Mittagstisch des ZK/U befördert. Unweit vom ZK/U engagiert sich die vom UA #04 eingeladene Künstlerin Silke Riechert gemeinsam mit der Garten- und Landschaftsplanerin Laura Tenenboim im „Planungsverfahren Nahraum Bremer Straße“ für einen Wandel hin zu Beteiligungsgärten und nachbarschaftlichem Essensanbau in Moabit. Mit der Veranstaltung „Lebensmittelpunkt am Alex? Ernährungswende von unten!“ am 17. August 2019 hat der UA #04 auf die Möglichkeit hingewiesen, das Thema „Gutes Essen für alle“ von Beginn an in die Planung des neuen Kiezes rund um das Haus der Statistik einzubeziehen. Im Rahmen der Pioniernutzung „Ernährungshof Essen und Begegnung“, die der UA #04 am Haus der Statistik initiiert hat, sollen Synergien und Kreislaufsysteme geschaffen werden, die direkt auf die Herausforderungen der Klimakrise und Resscourcenknappheit eingehen, um den Zugang zu gutem Essen für alle zu sichern. Mit dem von der Stadtfrauenküche geleiteten Untersuchungsausschuss #04, Urban Food Production, wurde nun der Blick in Richtung Produktion und Verteilung erweitert. Die Stadtfrauenküche, bestehend aus Simone Häckel, Simone Schröder und Susanne Schröder, begleitet das ZK/U nicht nur kochend bei vielen Formaten – zwei Partnerinnen der männlichen Direktoren des ZK/U sind Teil dieses Projekts und auch schon länger parallel als Zentrum für Kunst, Feministik und Urbanistik (ZK/FU) aktiv. Bezeichnenderweise haben sie beim Thema Ernährung Karin Ehrle-Horst, die Partnerin des dritten Direktors, an Bord geholt, um gemeinsam die tiefer liegenden Strukturen der Versorgung zu untersuchen. Für dieses Heft hat sie mit ihren Erfahrungen in Netzwerken rund um Die Ernährungswende von unten hat längst begonnen – doch nur mit einem stadtweiten und spartenübergeifenden Umdenken können wir dafür sorgen, dass die Versorgung mit gutem Essen für alle Stadtbewohner*innen in die Planungsprozesse der Stadtentwicklung eingebunden wird. Lotta Schäfer und Philip Horst ZK/U – Zentrum für Kunst und Urbanistik 2 FOREWORD lyzed the state of the discussions of the diverse stakeholders of food policy in Berlin, and has critically examined the food strategy of the Berlin government. Within a very short time, the Fact-Finding Committee #04 managed to make the topic of change in the food system part of this city's political — not just in our neighborhood, but also in Berlin’s center. One reason for this is the familiarity with the place, the people, and the processes at ZK/U which characterize the Fact-Finding Committee #04; this enabled its members to integrate a local network of initiatives like Moabees, Baufachfrauen, the neighborhood school garden, and the citizen’s garden into their work here quite quickly. With the construction of a terrace on top of a container, they also created a new meeting space—a place where panel discussions took place during Gütermarkt, where bees encounter wild flowers, and a ropeway transports the homegrown food directly to the lunch table of the ZK/U. Not far from ZK/U, at the invitation of the Fact-Finding Committee #04, the artist Silke Riechert, together with the garden and landscape planner Laura Tenenboim works for a change toward community gardens and communal food-growing in Moabit, as part of the “Planungsverfahren Nahraum Bremer Straße” (Planning Process Area Bremer Straße). In the event “Lebensmittelpunkt am Alex? Ernährungswende von unten!” on August 17, 2019, the Fact-Finding Committee #04 pointed out the possibility of integrating the topic of “good food for everybody” into the planning process of the new neighborhood around Haus der Statistik from the very beginning. As part of the pioneer project “Ernährungshof Essen und Begegnung” that the Fact-Finding Committee #04 initiated at Haus der Statistik, synergy and circulation systems were created that directly address the challenges of climate crisis and resource scarcity in order to ensure access to good food for everybody. The Fact-Finding Committees of of the Center for Art and Urbanistics set itself the task of researching topics that are relevant for Berlin’s urban society but don’t get enough attention in the political debate and practice. Food is a basic need, and for years has been addressed by a wide range of actors of civil society—from large alliances like “Wir haben es satt” (We are fed up) to newer organizations like the Food Council Berlin, or self-organized groups like the regional CSAs (community-supported agriculture). Since its establishment in 2012, ZK/U has integrated shared meals as a concept for communication and getting together. Food does not just create social space, but within the international community of the ZK/U and the city it has always also been a tool for intercultural exchange. During our Monday Dinners in the artists’ residence, meals are cooked with simple ingredients (and a small budget of 50 €), and the diverse cultural backgrounds of our residents are remixed when we all cook together. Public formats like the weekly Speisekino (food & footage) and monthly Gütermarkt (commodities market) bring together a wide range of people at long tables for shared meals. In addition to these formats, ZK/U has supported political actions such as the Schnippeldisko, where volunteers cut up the ingredients for a soup with 9,000 servings. With the Fact-Finding Committee #04 Urban Food Production, directed by Stadtfrauenküche, we now broadened our view to include production and distribution. Stadtfrauenküche, consisting of Simone Häckel, Simone Schröder and Susanne Schröder, does not just cook for ZK/U at many events and formats—two partners of the male directors of ZK/U are part of this project, and they have also been active as Center for Art, Feministics und Urbanistics (ZK/FU). Tellingly, for the topic of food, they brought on board Karin Ehrle-Horst, the third director’s partner, in order to jointly research the deeper structures of supply and provision. For this issue, with her experience in networks around agricultural topics, she ana- The change in food systems from below has started long ago—but only with a city-wide and interdisciplinary rethinking we can ensure that the supply of good food for everybody in the city is integrated into the planning processes of urban development. Lotta Schäfer and Philip Horst ZK/U – Center for Art and Urbanistics 3 Öffentliche Veranstaltungen des UA #04 im ZK/U 18. August 2019 | 11:00 –17:00 Silke Riechert & Laura Tenenboim Die Bohne. Offene Werkstatt ZK/U Unit 1 2. Juni 2019 | 14:00 –17:00 Zero Waste DIY Workshop I Wir nähen ein Furoshiki Tuch (mit Leonie Weber) Eröffnung der ZK/FU Dachterrasse mit Stammtisch 22. August 2019 Openhaus + Präsentation in Unit 1 Wildpflanzenmenü in Kooperation mit dem Speisekino 7. Juli 2019 | 14:00 –17:00 Zero Waste DIY Workshop II Wir nähen einen Gemüsebeutel (mit Leonie Weber) & Wildpflanzen Textil-Siebdruck Inhaltsverzeichnis I Intro von Stadtfrauenküche 6 II Karin Ehrle-Horst: Ernährungswende in Berlin! 8 III Silke Riechert & Laura Tenenboim: Grüne Karta / Moabit 19 IV Essbare Kreisläufe für das ZK/U Geländeplan Parzelle im Bürgergarten Milpa – Die Drei Schwestern ZK/FU – Zentrum für Kunst, Feministik und Urbanistik Food Funicular – eine Seilbahn mit frischem Gemüse 24 V Wildpflanzen 33 VI Nicht ohne Tattoo in die Küche 39 1. September 2019 | 14:00 –17:00 Zero Waste DIY Workshop III Wir nähen eine Butterbrottasche (mit Leonie Weber) 17. August 2019 | 14:00 –17:00 Lebensmittelpunkt am Alex? Ernährungswende von unten! Ort: Haus der Statistik, Musterhaus (Autoscooter), Parkplatz Berolinastraße 22, Berlin-Mitte 4 5 INTRO Liebe Akteur*innen und Mitmenschen, liebe Zivilgesellschaft, liebe Lidl-, denn's-, Hamberger-, HelloFresh-, Edeka- und LPG-Kund*innen, liebe Fördermittelantragsteller*innen, liebe Zeitgeistrechercheure, liebe Kinder und Jugendliche, liebe Erzeuger, einfache Angestellte, verbeamtete Lehrer*innen, Bekenntnisliteraten, Postenköche, Bundesjugendspielversager, Influencer, Speiseisanhänger, Clean Eaters, Raucherinnen, Tiefbeetfreunde, Kümmerer, Netzwerker, Polyamorist*innen, Städtetouristen, Narrativisten im Affiliate Marketing, liebe aggressive Mütter. Es ist Sommer 2019. Peaches’ erste institutionelle Einzelausstellung eröffnet, Ursula von der Leyen wird EU-Kommissionspräsidentin, Angela Merkels Beine zittern. In Brandenburg stehen die Stockrosen in hoher, bunter Pracht. Mit halb geneigtem Blick überreichen wir den Output unseres Stipendiums Untersuchungsausschuss #04: Urban Food Production im Zentrum für Kunst und Urbanistik Berlin. Wer hätte das geahnt. Damals war es ein gehässiges Schimpfwort unterforderter Mittelschicht-Teenager einer westdeutschen Stadt. Es gab diesen Laden, mitten in der Innenstadt, eine Mischung aus Primark und Action. Er hieß Urban. „Ist das von Urban?“, tuschelten die Esprit-, Marc O'Polo-, Benetton-Trägerinnen mit abfälligem Blick, und in der ungegerbten Lederschultasche wartete Die Wolke von Gudrun Pausewang. Jetzt allerdings, Jahre später, hat das Wort Hochkonjunktur. So schön kosmopolitisch, gute Klangqualität, annähernde Kongruenz von Form und der im jeweiligen Subjekt entstehenden inhaltlichen Idee. Viele Möglichkeiten der Projektion. Urban Outfitters, Urban Design, Center for Art and Urbanistics. Ob es je etwas Post-Urbanes geben wird? ZK/O - Zentrum für Kunst und Orbinistik? Und dazu das Thema Food, noch so ein triefender Brocken. Food – korrekt und inkorrekt – ist total in. Dafür interessieren wir von der Stadtfrauenküche uns. In jeder Lifestyle-Zeitschrift gibt es Ratschläge zu nachhaltigem und zu Zero-Waste-Konsum. Jedes Kindergartenkind weiss, dass eine Avocado viel Wasser verbraucht und viel Weg zurücklegt. den Machern des ZK/U verbunden, die die Entstehung des Hauses begleitet haben und besonders in der hauseigenen Küche eine Spielwiese für sich entdecken konnten. Die sich fragen, was gute Care-Kreisläufe sind, im großen Betrieb und in der modernen Kleinfamilie. Die sich fragen, wie das zusammengehen kann – die große Kraft, die es kostet, einfache und gute Lebensmittel herzustellen, so viel Zeit, die zugleich Erfüllung und Sinnhaftigkeit bereitet – und der ökonomische Druck, unter dem man steht. Wir haben uns zu diesem Untersuchungsausschuss selbst eingeladen und danken Lotta Schäfer vom ZK/U für ihren Enthusiasmus und ihre Kompetenz. Wir wissen manchmal (nicht) genau, was wir tun. Wir haben immer zu wenig Zeit und nie genug Geld. Wir finden es großartig, uns in diesem Kulturbetrieb zu Expertinnen selbst zu ermächtigen, Behauptungen aufzustellen, andere Frauen mit an Bord zu holen, Impulse zu geben. Motto vielleicht: Essbare Kreisläufe? Es gibt ja gerade einen ziemlichen Kreislauf-Druck: Sackgassen und Widersprüche müssen endlich überwunden werden, wegen des Klimas. Und stellen sich doch immer wieder ein, nirgendwo ein Schleier der Ahnungslosigkeit, hinter dem man sich verstecken könnte. Hier ein kurzer Einblick in die Themen des Heftes: Ernährungswende. Die größte Avantgarde seit den Präraffaeliten. Hier kommt alles zusammen: Klima, gute Arbeit, Wertschätzung, Gemeinschaft, Zukunft. Es gibt in Berlin und den umliegenden Bundesländern eine unglaubliche Dichte an Kompetenz in Sachen industriefreier Landwirtschaft und kreativer politischer Arbeit. Ein paar Begriffe werden vorgestellt. Die Initiative thf.vision hat das Konzept für einen Ernährungshof in den ehemaligen Offizierskantinen des Flughafen Tempelhof entwickelt. Auch im einstigen Haus der Statistik am Alexanderplatz in Mitte, das zu einem neuen Kiez umgebaut wird, könnte ein LebensMittelPunkt entstehen. Die Akteurinnen Silke Riechert und Laura Tenenboim fordern die Grüne Karta Moabit, in der Parkanlagen in Stadtacker verwandelt werden. Hinzu kommen noch unsere eigenen Experimente mit Wildpflanzen, nicht-subkutaner Tinte, einer Essens-Seilbahn auf einer Container-Dachterrasse und der Ackerbaumethode Drei Schwestern vor Ort im ZK/U. Ein buntes Potpourri aus privater und politischer, zivilgesellschaftlicher und professioneller Perspektive. Unsere Schülerzeitung zum Thema Urban Food Production ist kein Atlas und auch kein Bericht. Wir starten bei uns: ein paar Cis-Frauen im besten Alter, im weitesten Sinn beruflich im Kulturbereich angesiedelt, familiär mit 6 7 I INTRO I KARIN EHRLE-HORST II Ernährungswende in Berlin! In Berlin sind Lebensmittel so gut wie immer und überall verfügbar – und das völlig selbstverständlich. Die Auswahl ist riesig: Wir können wählen zwischen unverpackt und Discounter, zwischen kambodschanisch und Zero Waste, wir holen uns Essen to go oder nutzen einen der zahlreichen Lieferdienste. Keine Stadt zählt so viele Foodtrucks wie Berlin, und auch hier ist die Auswahl nahezu unbegrenzt: Burger, Käsespätzle, Falafel, Dumplings... Diese Liste lässt sich beliebig lange fortsetzen. Immer neue Food-Start-ups entstehen, ein Ernährungstrend jagt den anderen. Berliner*innen fotografieren ihr Essen millionenfach und posten es in den sozialen Medien, die Food-Blog-Szene wächst, die Zahl der Food-Apps und Food-Markets auch – kurz: Der Food-Markt boomt. Essen ist Trend. Dass Essen für unser Leben von existentieller Bedeutung ist, wird durch diesen Trend jedoch verschleiert. Viele Berliner*innen wissen nicht, woher ihre Lebensmittel stammen und wie viel Zeit und Arbeit in ihnen steckt. Da ein Zehntel der Bewohner*innen dieser Stadt auf Sozialleistungen angewiesen ist und sich die Wohnraumsituation bei steigenden Mieten immer weiter zuspitzt, entwickeln sich die Ausgaben für die beiden Grundbedürfnisse Wohnen und Essen zunehmend zu konkurrierenden Posten. Und auch die Struktur des Berliner Senats macht deutlich, dass Nahrungsmittel ein Randthema sind: Während dem Grundbedürfnis Wohnen schon im Namen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen zentraler Stellenwert eingeräumt wird, ist das Thema Ernährung und Lebensmittel lediglich ein Teilbereich der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung. Insgesamt mangelt es in Berlin nach wie vor an einer wirklichen Auseinandersetzung mit dem Thema Ernährung – ob es nun um die persönlichen Essgewohnheiten oder den bewussten Umgang mit Lebensmit- teln geht. Nach Angaben des Robert KochInstituts sind in Deutschland zwei Drittel der Männer übergewichtig, die Hälfte der Frauen auch – in Berlin dürften sich die Zahlen ähnlich gestalten. Die meisten Menschen essen zu viel, zu fett und zu zuckerhaltig, was gesundheitliche Folgen nach sich zieht. Zudem werden in Berlin unzählige Tonnen an Lebensmitteln weggeworfen: Bei uns zuhause, weil wir keine Lust mehr darauf haben, im Supermarkt, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist, und auch bei den landwirtschaftlichen Betrieben, weil das Produkt nicht den Wünschen des Handels oder der Konsument*innen entspricht. Wir können nur so gut produzieren wie die Erzeuger sind. Außer wir schmeißen überall Currypulver drüber. Deutschlandweit haben die Bäuer*innen mit dem Grundsatz „Wachse oder weiche“ zu kämpfen; insbesondere kleine und mittlere Betriebe schwinden rasant. Seit den 1960er Jahren ist ihre Zahl um 80 % geschrumpft, jährlich kommen weitere 5.000 Bauernhöfe hinzu. Die Berliner Supermärkte werben indes mit wöchentlichen Super-Schnäppchen: Beim Kauf von zwei Gläsern Marmelade gibt es den Buttertoast gleich gratis dazu – „GUT & GÜNSTIG“, so der Slogan. Günstig ist die Ware aber nur im Laden – die wirklichen Kosten sind versteckt, denn nichts verschlingt so viele Steuern wie die industrielle Landwirtschaft, mit denen viele Lebensmittel für wenig Geld erzeugt werden. Der hohe Preis, den unsere Umwelt zahlt, 8 ist da noch gar nicht mit eingerechnet. Die intensive Form der Landwirtschaft, wie sie heute verbreitet ist, setzt Pflanzengifte ein, die in unseren Gewässern landen, und greift auf Kunstdünger zurück, die unsere Böden auf Dauer auslaugen. Die in diesem Sektor gängigen Niedriglöhne und schlechten Arbeitsbedingungen sind darüber hinaus Motor für soziales Elend. Dieses Ernährungssystem braucht einen Wandel. Seit 2011 demonstrieren jedes Jahr mehrere Zehntausend Menschen unter dem Motto „Wir haben es satt“ gegen Massentierhaltung, Umweltschäden durch den Einsatz von Pestiziden, den zunehmenden Preisdruck und die negativen Auswirkungen auf die bäuerlichen Strukturen. Vielerorts in Berlin und Brandenburg entstehen nachhaltige Ernährungsinitiativen, in zahlreichen Urban-Gardening-Projekten wird Gemüse selbst angebaut, solidarische Formen der Lebensmittelherstellung als Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften werden populärer – in Form von solidarischer Landwirtschaft (SoLaWi) oder von Foodcoops, die Brücken zwischen Hersteller*innen und Konsument*innen schlagen. Aus Konsument*innen werden Prosument*innen, die aktiv Verantwortung übernehmen. Zudem wächst die Zahl der Ernährungsräte in Deutschland rasant; der 2016 gegründete Berliner Ernährungsrat gehört mit seinem Kölner Pendant zu den Pionieren. Immer mehr Städte und Regionen verpflichten sich im Rahmen von Netzwerken oder Abkommen wie dem Milan Urban Food Policy Pact (Pakt von Mailand zur urbanen Ernährungspolitik) dazu, sich für gesündere und fairer hergestellte Lebensmittel stark zu machen. Seit drei Jahren findet parallel zur BIOFACH in Nürnberg, der größten Messe für biologische Lebensmittelherstellung, der Kongress STADTLANDBIO statt, bei dem es vor allem um Ansätze für eine Ernährungswende auf kommunaler Ebene geht. Die Ernährungswende hat schon begonnen. KARIN EHRLE-HORST II Food Systems Change in Berlin! In Berlin, food is almost always and everywhere available – as a matter of course. The selection is vast: we can choose unwrapped food and discount stores, between Cambodian and zero waste, we get food to go or use one of the numerous delivery services. No city has as many food trucks as Berlin. And here, too, the selection is almost unlimited: burgers, spaetzle, falafel, dumplings… This list could be continued at length. New food start-ups emerge all the time, as do new food trends. Berliners photograph their food millions of times and post it on social media, the food blogger scene is growing, as is the number of food apps and food markets. In short: the food market is booming. Food is fashionable. That food is of existential significance for our lives is veiled by this trend. Many Berliners don’t know where their food comes from, and how much time and work was invested in it. Since a tenth of the city’s inhabitants is relying on social benefits, and the housing market is getting tighter due to rising rents, the expense of the basic needs of housing and food are increasingly competing with each other. The structure of the Berlin Senate also shows that food is a marginal issue. Whereas the basic need of housing is evident even in the name of the Senate Department for Urban Development and Housing, nutrition and food are dealt with in a sub-department of the Senate Department for Justice, Consumer Protection, and Anti-Discrimination. On the whole, there is still a lack of a real engagement with the topic of food— be that personal eating habits or a more aware use of foodstuff. According to the Robert Koch Institute, two thirds of men in Germany are overweight, as are half the women. In Berlin, the numbers are likely to be similar. Most people eat too much food that contains too much fat and sugar, with consequences for their health. In addition, countless tons of food are thrown away in Berlin: at home because we don’t feel like eating it, in the supermarkets because the sell-by date has been reached, and also in agricultural companies because the product does not meet the expectations of retailers or customers. Throughout Germany, farmers are struggling with the principle of “grow or perish,” especi- Since a tenth of the city’s inhabitants is relying on social benefits, and the housing market is getting tighter due to rising rents, the expense of the basic needs of housing and food are increasingly competing with each other. ally small and medium-sized farms are disappearing rapidly. Since the 1960s, their number has declined by 80 %, and each year another 5,000 farms close down. Berlin’s supermarkets meanwhile advertise weekly super bargains: if you buy two jars of jam, you get a package of bread for free. “Good and cheap” is the slogan. But food is only cheap in the shops—the true costs are hidden, because nothing eats as much taxpayer’s money as industrial agriculture so that many foodstuffs can 9 be produced for very little money. The high price for the environment is not even included in the calculations. Intense farming as we know it today uses herbicides that end up in our rivers and lakes, and uses chemical fertilizers that exhaust the soil. The low wages paid in this sector and the bad working conditions foster social deprivation. This food system needs to change. Since 2011, every year tens of thousands of people have been demonstrating with the motto “Wir haben es satt” (We are fed up) against factory farming, environmental damage caused by pesticides, increasing price pressure, and the negative consequences for regional small agricultural structures. In many places in Berlin and Brandenburg, sustainable food initiatives have emerged. In numerous urban gardening projects people are growing vegetables, solidarity-based forms of food production as producer-consumer-communities are becoming increasingly popular—in the form of community-supported agriculture (CSA) or of food co-ops that build bridges between producers and consumers. Consumers become prosumers who actively take on responsibility for the food they eat. Also, the number of food policy councils is growing rapidly in Germany; the Berlin Food Council (Ernährungsrat) established in 2016, together with its Cologne counterpart, were pioneers in this field. More and more cities and regions have committed, as part of networks or pacts such as the Milan Urban Food Policy Pact, to working for healthier food that is fairly produced. For three years now, the conference STADTLANDBIO has been taking place in parallel to the largest fair for organic food production in Nuremberg, BIOFACH. Above all, the conference adresses approaches to changing the food system on a regional level. The change of the food system has already started. ERNÄHRUNGSWENDE IN BERLIN! II ERNÄHRUNGSWENDE IN BERLIN! II Ernährungsräte Gründungsdaten der Ernährungsräte in Deutschland Gutes Essen ist keine Privatsache Ernährungsräte stellen in Deutschland ein wichtiges Sprachrohr zu Themen der Ernährungsgestaltung und Lebensmittelgerechtigkeit dar. Philipp Stierand bietet in seinem Artikel Ein Ernährungsrat: Was ist das? eine gute Zusammenfassung: 22.04.2016 30.06.2016 28.11.2016 30.08.2017 21.10.2017 25.11.2017 24.01.2018 05.02.2018 18.06.2018 07.09.2018 26.11.2018 04.05.2019 03.06.2019 in Gründung in Gründung „Ein Ernährungsrat (engl.: Food Policy Council) ist der wichtigste Ansatz der Stadtplanung für eine Gestaltung des Ernährungssystems. Ernährungsräte rücken die Belange von Bürgern und Kommunen in der Lebensmittelversorgung in den Mittelpunkt. Sie setzen auf der lokalen Ebene an um das Ernährungssystem zu gestalten.“ 1 Es hat einige Jahre gedauert, bis es das Konzept des Ernährungsrats nach Deutschland geschafft hat. Mit der Gründung von Ernährungsräten in Berlin und Köln 2015 und 2016 nahm die Entwicklung an Fahrt auf: Im Juli 2019 zählt Deutschland rund ein Dutzend Räte, wobei sich weitere in der Gründungsphase befinden. Alle setzen das Thema Ernährung auf die politische Agenda; in ihren Strukturen und Organisationsformen unterscheiden sie sich jedoch. Sprecher*innenkreis Ernährungsrat Berlin (Stand Sommer 2019) Oke Anyanwu Referent und Berater für weltgesellschaftliche Transformationsprozesse // Friederike Gaedke Verein „Die Gemeinschaft“ // Annette Jensen freie Journalistin // Timo Kaphengst selbständiger Berater für soziale Innovationen Regionalwert, AG Berlin-Brandenburg // Lea Kliem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) // Frank Nadler AG „Berlin-Brandenburg“ des Ernährungsrates / Aufbau von Land-Stadt-Logistikketten Direkthandelskonzepten in Berlin // Gülcan Nitsch Yeşil Çember – ökologisch interkulturell gGmbH / Ashoka // Gundula Christiane Oertel Journalistin und Autorin // Christine Pohl Gründerin und hauptamtliche Koordinatorin des Ernährungsrates Berlin // Henrike Rieken Koordinatorin des „InnoForums Ökolandbau Brandenburg“ an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde // Timo Schmitt Ernährungspädagoge Berliner Tafel Quelle: www.ernaehrungsrat-berlin.de Quelle: Valentin Thurn, Gundula, Christine Pohl: Genial lokal: So kommt die Ernährungswende in Bewegung, Oekom Verlag, München 2018 1 Philipp Stierand: Ein Ernährungsrat: Was ist das?, 20.06.2015, auf: https://speiseraeume.de/, abrufbar unter: https://speiseraeume.de/faq-ernaehrungsrat-food-policy-council/ 10 11 ERNÄHRUNGSWENDE IN BERLIN! II Landwirtschaft solidarisch Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist es für lokale, kleine und mittelgroße landwirtschaftliche Betriebe, aber auch für das Ernährungshandwerk oft schwer, dem globalen Preisdruck standzuhalten. Damit Menschen trotzdem in den Genuss von Lebensmitteln kommen können, die aus der Region stammen, wurden in den letzten Jahren unterschiedliche Ansätze entwickelt: So bilden in der solidarischen Landwirtschaft (SoLaWi) Landwirt*innen und Verbraucher*innen Gemeinschaften, in denen die Konsument*innen die Kosten des gesamten landwirtschaftlichen Betriebs tragen – und nicht die des einzelnen Lebensmittels. Im Gegenzug erhalten die Mitglieder Ernteanteile. Auf diese Weise werden Risiken und Gewinne aus der Ernte im gleichen Maß geteilt; in einigen Fällen wird darüber hinaus auch die Feldarbeit durch die Verbraucher*innen unterstützt. In den USA ist diese Form der Landwirtschaft unter dem Namen CSA (Community Supported Agriculture) verbreitet. In Deutschland haben sich bisher knapp 250 SoLaWis in einem Netzwerk zusammengefunden; die Produkte reichen von Fleisch über Obst und Gemüse bis hin zu Kräutern und anderen Sonderkulturen. Seit wenigen Jahren entwickeln sich zudem als Gegenmodell zu den EU-Argrarsubventionen Regionalwert Aktiengesellschaften – Aktiengesellschaften von Bürger*innen, die heimische landwirtschaftliche Unternehmen unterstützen und für die Region sowohl einen ökologischen als auch einen sozialen Mehrwert schaffen. Bisher profitieren vor allem Freiburg, Hamburg, das Rheinland, der Raum Isar/Inn und bald auch Berlin/Brandenburg von ihren Investitionen in die Betriebe im direkten Umkreis ihrer Stadt oder Region. Eine weitere Strategie, um niedrigere Preise für regionale Lebensmittel zu erzielen, ist die Umgehung des Zwischenhandels. An dessen Stelle treten dann Foodcoops, selbstverwaltete und selbstorganisierte Einkaufsgemeinschaften, oder Social Startups wie Marktschwärmer, eine Kombination aus Online-Shop und Bauernmarkt. Bei letzterem bestellen und bezahlen die Konsument*innen ihre Ware im Vorfeld online, während die Landwirt*innen die Produkte zum wöchentlichen Markttermin oder zu einer anderen Ausgabestelle liefern. Die Verbraucher*innen wissen, was sie bekommen; die Bäuer*nnen, was sie loswerden. ERNÄHRUNGSWENDE IN BERLIN! II Gutes Essen für alle Die Ernährungsstrategie des Berliner Senats Berlin ist als erste deutsche Stadt den europäischen Vorreitern London, Brighton, Hove, Amsterdam, Malmö und Brüssel gefolgt und hat sich die Entwicklung einer Ernährungsstrategie zum Ziel gesetzt. Aber: Jede Stadt ist anders – und so auch ihre Strategie für ihre lokale Ernährungspolitik. Die besondere Herausforderung für das zwar bunte und kreative, aber auch arme Berlin lautet: Gutes Essen, gesunde und faire Lebensmittel für alle. Die Fragen, die sich dabei stellen, betreffen vor allem die kon- krete Umsetzung: Weniger Zwischenhandel oder mehr regional? Weniger Abfall – aber wie? Fair nur für alle Berliner*innen – oder auch für die Herkunftsländer der Lebensmittel? Den Weg hin zu einer Ernährungswende hat die Hauptstadt dabei schon 2015 eingeschlagen, als der „Rat für gutes Essen“ gegründet wurde: Als erste Stadt in Deutschland hat sich Berlin zu einer umfassenden, langfristigen und sozial gerechten Ernährungspolitik verpflichtet und den Pakt von Mailand unterzeichnet. Ziel ist, dass Berliner*innen dauerhaft und verlässlich Zugang zu vielfältigen, fairen, gesunden und nährstoffreichen Lebensmitteln erhalten. Auch der rot-rot-grüne Senat bekannte sich in seinem 2016 unterzeichneten Koalitionsvertrag zum Mailänder Abkommen und kündigte an, gemeinsam mit dem zivilgesellschaftlichen, 2016 gegründeten Ernährungsrat Berlin hierfür eine Ernährungsstrategie zu entwickeln. 2018 hat die Senatsverwaltung für Justiz, Quelle: Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Grafik: Stefan Gothe: Verbraucher und Ernährungskultur. Die Region als Wertschöpfungsraum, kommunare GbR 12 Verbraucherschutz und Antidiskriminierung in einem gemeinsamen Verfahren mit Vertreter*innen von Vereinen und Verbänden, Wissenschaft und Bildung Empfehlungen erarbeitet und eine Strategie entwickelt. Diese liegt seit Anfang des Jahres 2019 den verschiedenen Abteilungen des Senats zur Abstimmung vor. Der Entwurf macht dabei vor allem eines deutlich: Wenn das Ernährungssystem Berlins und der Hauptstadtregion verändert wer- den soll, ist dies eine Querschnittsaufgabe. So sieht die Strategie etwa vor, dass das Essen in Schulen, öffentlichen Mensen und Pflegeeinrichtungen künftig als Vorbild für gute und gesunde Ernährung dienen soll. Wie der Speiseplan verändert werden muss, damit der Preis trotz eines höheren Anteils regionaler Lebensmittel gleich bleibt, soll dabei ein Ausbildungsund Beratungszentrum mit dem Arbeitstitel „House of Food“ vermitteln. Damit künftig 13 mehr Gemüse aus Brandenburg eingesetzt wird, sollen Liefer-, Lager- und Logistikketten optimiert werden. Zudem ist geplant, in jedem Berliner Bezirk sogenannte LebensMittelPunkte einzurichten – Orte, an denen Lebensmittel gelagert und gehandelt, zubereitet und gemeinsam gegessen werden, an denen über sie gesprochen wird, kurz: an denen regionale und faire Lebensmittel in der Stadt wieder mehr Aufmerksamkeit und Raum bekommen. ERNÄHRUNGSWENDE IN BERLIN! II ERNÄHRUNGSWENDE IN BERLIN! II LebensMittelPunkte Lebensmittel in Kopf und Topf Eine wichtige Säule der Berliner Ernährungsstrategie stellen sogenannte LebensMittelPunkte dar. Worum es sich dabei genau handelt, geht aus einer Beschreibung auf der Website des Berliner Ernährungsrats hervor: „An diesen offenen Orten werden überwiegend regionale, hochwertige Nahrungsmittel gehandelt, gelagert, verarbeitet, gekocht und gegessen. Wo es die Gegebenheiten zulassen, soll zudem Gemüse und Obst in gemeinschaftlich betriebenen Gärten oder mobilen Beeten angebaut werden. Gemeinschaftsküchen dienen sowohl der Zubereitung von Speisen, werden aber auch für Kochkurse und Ernährungsbildung aller Generationen genutzt. LebensMittelPunkte sind ein Treffpunkt, ein Lern- und Austauschort für verschiedenste Menschen vor allem aus dem jeweiligen Kiez oder Bezirk. Darüber hinaus sind sie Stadtteilzentren für konkreten und erfahrbaren Klima-, Umwelt- und Ressourcenschutz und wirken der Lebensmittelverschwendung entgegen.“ 2 Berlin zählt bisher drei LebensMittelPunkte. Abhängig von Größe und Ausstattung haben sie unterschiedliche Visionen und Angebote – als Bildungsort zum Kochen, als Lagerort oder als Ort des Austauschs über Lebensmittel. So beschreiben sie sich selbst: LebensMittelPunkt Spandau „Die AG will mit praktischen Aktionen wirken. Bei einem Apfelfest haben wir mit über 100 BesucherInnen in Kleingärten eingesammeltes Obst verwertet. [...] Als nächstes will die AG die Einrichtung eines zentralen Ortes erreichen, an dem ein sogenannter LebensMittelPunkt entsteht. Dort soll es die Möglichkeit geben, Ernten zu sammeln, zu lagern und gemeinsam zu verarbeiten. [...] „Die AG LebensMittelPunkt Spandau ist ein Zusammenschluss von aktiven Bürgern und Bürgerinnen in Zusammenarbeit mit der AG Stadt & Ernährung, der Gartenarbeitsschule An der Kappe und der KlimaWerkstatt Spandau.“ 3 2 LebensMittelPunkt Lichtenberg „Wir engagieren uns für einen Ort in Lichtenberg, wo regionale Lebensmittel verarbeitet, gelagert, getauscht und weitergegeben werden können, wo Wissen ausgetauscht, Erfahrungen gemacht und benötigte Geräte verfügbar sind. Der entstehende Ort heißt LebensMittelPunkt und dient ErzeugerInnen, VerarbeiterInnen und VerbraucherInnen – also uns allen!“ 4 Ernährungsrat Berlin: LebenMittelPunkte, abrufbar unter: http://ernaehrungsrat-berlin.de/lebensmittelpunkte Quelle: Broschüre thf.vision, 2018 LebensMittelPunkt Tempelhofer Flughafen „Die Bürgerinitiative thf.vision schlägt vor, das Tempelhofer Flughafengebäude zu einem Gemeingut zu machen: Vielfältige Gruppen, Organisationen, Betriebe und Forschungseinrichtungen sollen hier zusammen ein Reallabor für eine enkeltaugliche Stadt betreiben. Im Gebäudeteil K2 gibt es fünf leerstehende Küchen, mehrere Kantinenräume, Säle und Lagerräume – ein idealer Ort, um einen LebensMittelPunkt einzurichten.“ 5 Klimawerkstatt Spandau: LebensMittelPunkt Spandau – eine Initiative für Klimaschutz und Ernährung, abrufbar unter: https://www.klimawerkstatt-spandau.de/regional/ projekte-regional/lebensmittelpunkt-projekte-regional 3 4 Ernährungsrat Berlin: LebenMittelPunkt Lichtenberg, abrufbar unter: http://ernaehrungsrat-berlin.de/lebensmittelpunkt-lichtenberg 5 Ernährungsrat Berlin: LebenMittelPunkt Tempelhof, abrufbar unter: http://ernaehrungsrat-berlin.de/lebensmittelpunkt-tempelhof 14 15 ERNÄHRUNGSWENDE IN BERLIN! ANZEIGE II „House of Food“ Kantinen werden geschult Ein wesentlicher Bestandteil der Berliner Ernährungsstrategie ist das „House of Food“. Anders als der Titel vermuten lässt, verbirgt sich hinter dem Projekt kein Gebäude, sondern ein Ausbildungszentrum für Küchenpersonal in der Gemeinschaftsverpflegung. Nach dem Vorbild Kopenhagens sollen Mitarbeiter*innen der Küchen und Kantinen von Schulen, Kitas oder Justizvollzugsanstalten befähigt werden, den Bio- und Regionalanteil der Lebensmittel bei gleichbleibendem Preis deutlich zu erhöhen. Dies ist in Kopenhagen in nur drei Jahren gelungen. Bei der Ausschreibung durch den Senat wurden drei Parteien eingeladen ein Angebot einzureichen, der Zuschlag ist bereits vergeben. Ein Auszug aus der Ausschreibung des Berliner Senats liest sich wie folgt: II.2.4) Beschreibung der Beschaffung In Berlin soll ein „House of Food (Arbeitstitel)“ nach dem Vorbild Kopenhagens von einem Projektträger gegründet und betrieben werden. Mithilfe von Vor-Ort-Analysen in Küchen und Kantinen der Gemeinschaftsverpflegung, der Entwicklung und Durchführung von Schulungen, insbesondere für das Küchenpersonal, Veranstaltungen sowie weiteren öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen soll das „House of Food (Arbeitstitel)“ zu einer grundlegenden Veränderung in der Gemeinschaftsverpflegung von Schulen, Kindertagesstätten, Justizvollzugsanstalten sowie in jeglicher Form von Betrieben und Behörden in Berlin führen. Der Bio-Anteil des Gesamtwareneinsatzes in den teilnehmenden Institutionen soll in den ersten drei Jahren der Projektlaufzeit auf 60 % gesteigert werden. Hierbei ist darauf zu achten, dass möglichst in allen Komponenten der jeweiligen Portionen der Bio-Anteil erhöht wird. Des Weiteren soll der Projektträger Kenntnisse und Kontakte an die Teilnehmer/innen vermitteln, die dazu führen, dass für den Wareneinsatz verstärkt nachhaltige Produkte aus dem regionalen Anbau berücksichtigt werden. Ziel ist es, eine jährlich steigende Anzahl von öffentlichen und privaten Institutionen mit Gemeinschaftsverpflegung für das „House of Food (Arbeitstitel)“ zu gewinnen und die dauerhafte Umstellung der Ernährung in der Berliner Gemeinschaftsverpflegung nach den vorgenannten Kriterien zu erreichen. II.2.5) Zuschlagskriterien Der Preis ist nicht das einzige Zuschlagskriterium; alle Kriterien sind nur in den Beschaffungsunterlagen aufgeführt. II.2.6) Geschätzter Wert Wert ohne MwSt.: 3.200.000,.00 EUR II.2.7) Laufzeit des Vertrags, der Rahmenvereinbarung oder des dynamischen Beschaffungssystems Beginn: 01/06/2019 Ende: 31/12/2019 Dieser Auftrag kann verlängert werden: ja Beschreibung der Verlängerungen: Geplanter Projektbeginn ist am 01.06.2019. Die Projektlaufzeit endet am 31.12.2019. Es ist beabsichtigt, das Projekt um weitere zwei Jahre, vom 01.01.2019 bis zum 31.12.2021, zu verlängern. Die Verlängerung steht unter dem Vorbehalt, dass die erforderlichen Haushaltsmittel für das Projekt zur Verfügung gestellt werden. II.2.9) Angabe zur Beschränkung der Zahl der Bewerber, die zur Angebotsabgabe bzw. Teilnahme aufgefordert werden Geplante Anzahl der Bewerber: 3 Objektive Kriterien für die Auswahl der begrenzten Zahl von Bewerbern: 1) Erfahrung des Projektträgers mit vergleichbaren Vorhaben 2) Qualifikation und Erfahrung der Projektleitung 6 Lebensmittelpunkt am Alex? Ernährungswende von unten! Öffentliches Treffen zur Ernährungsdemokratie in Berlin 17. AUGUST 2019 \ 14:00 – 17:00 UHR HAUS DER STATISTIK \ MUSTERHAUS (AUTOSCOOTER) \ PARKPLATZ BEROLINASTRASSE 22 \ BERLIN-MITTE Die Frage nach gutem, für alle zugänglichem Essen gehört in Zeiten der Klimakrise und der Ressourcenknappheit zu den zwingenden Herausforderungen unserer Gesellschaft. Wir treffen uns mit Expert*innen und Akteur*innen aus der Praxis, um zu erkunden, was Ernährungsdemokratie in Berlin ist und sein könnte. Gemeinsam sprechen wir u.a. über die Beziehung zwischen Stadt und Land und lernen die aktuell entwickelte „Ernährungsstrategie“ des Berliner Senats kennen. Wir erfahren, was ein LebensMittelPunkt (LMP) und ein Ernährungshof sind. Mit dieser Veranstaltung initiiert der UA #04 die Pioniernutzung „Ernährungshof Essen und Begegnung“ am Haus der Statistik (HdS). Rund um das ehemalige HdS am Alexanderplatz entsteht mitten in Berlin in den kommenden Jahren ein neues Quartier. Von Beginn an nutzt der UA #04 die Möglichkeit, das Thema „Gute Ernährung für Alle“, die Produktion und das Angebot nachhaltiger, bezahlbarer, gesunder, fairer und vielfältiger Lebensmittel mitzudenken und in die Planung des HdS am ALLESANDERSPLATZ miteinzubeziehen. Gäste auf dem Podium: Daniel Diehl, VDSKC Verband deutscher Schul- und Kita Caterer e.V. \ Lea Ligat, Markthalle 9 \ Andrea Hofmann, ZKB Zusammenkunft Berlin eG \ Annette Jensen, thf.vision / Flughafen Tempelhof \ AJohanna Kühner, SuperCoop Berlin \ Jonas Merold und Isis-Victoria Rampf, Sun Seeker e.V., Gemeinschaftsgarten Sonnenbeet am Haus der Statistik \ Kerstin Meyer, Gemeinwohlökonomie Berlin-Brandenburg \ Gundula Oertel, Ernährungsrat Berlin \ Gerard Roscoe, foodsharing e.V. \ Ann-Christin Weber, Ernährungsreferentin bei SenJustVa \ Frank Wesemann, SoLaWi Waldgarten und Gregor Siems, Hof Walden Saal \ Ebenfalls anwesend: Die Mobile Bohne von Silke Riechert \ Moderation: Silvia Bender, BUND e.V. 6 Projektförderung „House of Food“. Referenznummer der Bekanntmachung: 2019-3, abrufbar unter: https://ausschreibungen-deutschland.de/517733_Projektfoerderung_House_ of_FoodReferenznummer_der_Bekanntmachung_2019-3_2019_Berlin 16 17 III GRÜNE KARTA / MOABIT SILKE RIECHERT, LAURA TENENBOIM III GRÜNE KARTA/MOABIT 18 19 III GRÜNE KARTA / MOABIT GRÜNE KARTA / MOABIT III GRÜNE KARTA / MOABIT Ni!schplätze n wehreren Orten der B-erner S'.'d>se. insbesondere n den Strdße"buchen werden Hochbeete un:erschiedlicner Höhe, te lweise m t Ral stuhlen .mtPrfah-bar. errichtet, in denen Mischkult.JrPn wachsPn. lJntPrsrhiPdl1rhP Bewd:»e•ung:,:,trdteg en werden genullt. E:, ddrf frei geerntet werden. Pfleee erfolgt durch Paten aus der Nachbarschaft mit Unterstützune des Gartenpflege-Teams. AUTOFREIER STADTTEIL Die Bohne mac ht fruchtbaren Boden. Entsiegelte bepflanzte Flächen Sie ist die BodenVorbereiterpflanze, Entlang der weiten Teilen der Bremer Straße gibt es langgezogene entsiegelte Flächen, die sich für Pflanzungen w ie Sanddorn, Johanisbeere sowie kleine ökologisch wertvolle und fru chtende Hecken (z.B. Bienenbaum, Holunder, Bitterorange, Sanddorn, Johanisbeere) eignen. Durch den Trittschutz, den die Büsche bieten, hätten Wildpflanzen im Bodenbereich eine bessere Chance auf Etablierung. we il sie natürlichen Stickstoff produziert. Sie macht die Landwirtschaft unabhängig vo11 Welt11arktpre is des ~ls/Stickstoffs und beendet di e we l tweite Oberdüngung durch St i c kstoff. Die Bohne spart Geld durch geringere Nahrungsmittelproduktionskosten, anstatt der k li11aschädlichen Fleischprodukioni durch ihren hohen Prot ei ng ehalt. Freizeit - Garten r1np '1albofte'ltl1:he Flache am Un1onsplat? SC"LJt?t rl1P l\nwoh'lPr " npn ;or Larm vom Spor:clatz und g,b: aktiven Nac"bars~haftsgartner•1nnen einen ex
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