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Die Befugnisse des Bauaufsichtsamtes ergeben sich
aus den baurechtlichen Vorschriften. Die Abgrenzung
der Befugnisse zwischen dem Wohnungsamt und dem
Bauaufsichtsamt regeln Teil B Abschnitt II der All-
gemeinen Anweisung für die Ausübung der Woh-
nungsaufsicht und -pflege vom 12. März 1959 (Dbl
VI/1959 Nr. 27) sowie die Abschnitte III und IV der
Richtlinien für das Verfahren und die Maßnahmen zur
Ausführung von Instandsetzungs- oder Instandhal-
tungsarbeiten auf Grund des $ 31 des Ersten Bundes-
mietengesetzes vom 18. Juni 1961 (Dbl VI/1961 Nr. 36).
zur Abstellung von Mißständen sind vom Wohnungs-
amt oder Bauaufsichtsamt nach den für seine Tätig-
keit maßgebenden Vorschriften zu treffen. Ein gleich-
zeitiges Einschreiten mehrerer Dienststellen ist grund-
sätzlich zu vermeiden.
Soweit das Gesundheitsamt in irgendeiner Weise an
dem Verfahren mitwirkt, z. B. weil es die Beschwerde
an das Wohnungsamt oder das Bauaufsichtsamt weiter-
geleitet hat, ist es über den Fortgang oder die Hr-
ledigung der Angelegenheit zu unterrichten. Wenn das
Gesundheitsamt zu einer gutachtlichen Äußerung auf-
gefordert wird, empfiehlt es sich, ihm gleichzeitig die
Vorgänge, insbesondere etwaige Prüferberichte, zu
übersenden.
In Verfahren, in denen das Wohnungsamt gemäß $ 23
WBewG in der für Berlin geltenden Fassung des Ab-
baugesetzes vom 23..Juni 1960 (BGBl I S. 389 / GVBl
S. 646) den Einbau sanitärer Einrichtungen und Ver-
sorgungsanlagen ausführt oder ausführen läßt, soll
das Gesundheitsamt beteiligt werden. Die Mitwirkung
des Gesundheitsamtes beschränkt sich auf die gutacht-
liche Äußerung, ob Wohnraum nicht oder nur mangel-
haft mit sanitären Einrichtungen oder Versorgungs-
anlagen ausgestattet ist und welche sanitären Ein-
richtungen und Versorgungsanlagen erforderlich. sind.
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Die rechtlichen Grundlagen für die Mitwirkung des
Gesundheitsamtes in Fragen der Wohnungshygiene
bilden Abschnitt XXIX der Anlage zu 8 1 der Verord-
aung zur Durchführung des Allgemeinen Zuständig-
keitsgesetzes (DVO-AZG) i. d. F. vom 20. September
1962 (GVBl S. 1101) in Verbindung mit dem Gesetz
über die Vereinheitlichung' des Gesundheitswesens vom
3. Juli 1934 (RGBI I S. 531) sowie mit den 88 1, 2, 15
Abs. 4 der hierzu ergangenen Zweiten Durchführungs-
verordnung. (Dienstordnung‘ — Allgemeiner Teil) vom
22. Februar 1935 (RGBI I S. 215) und mit $ 24 Abs.2
und 3 der Dritten Durchführungsverordnung (Dienst-
ordnung — Besonderer Teil) vom 30. März 1935 (RMBI
S. 327), ferner 8 10 Nr. 1 der Verordnung zur Durchfüh-
rung des Polizeizuständigkeitsgesetzes (DVO-PolZG)
vom 7. Oktober 1958 (GVBl S. 969) in Verbindung mit
8 10 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung
übertragbarer Krankheiten beim Menschen (Bundes-
Seuchengesetz — BSG —) vom 18. Juli 1961 (BGBl. I
S. 1012 / GVBl S. 1699). Die Vorschrift des $ 10 BSG
ermächtigt die Gesundheitsämter in sinngemäßer Aus-
legung, allen Tatsachen, die zum Auftreten einer über-
tragbaren Krankheit führen können, mit notwendigen
Abwehrmaßnahmen zum Schutze einzelner oder der
Allgemeinheit zu begegnen.
Beschwerden der Bevölkerung über gesundheits-
gefährdende oder gesundheitsschädigende Wohnungs-
mängel, die beim Gesundheitsamt eingehen, sowie Be-
anstandungen der Fürsorgestellen oder Befürwortungen
durch praktizierende Ärzte werden vom Gesundheits-
amt je nach Zuständigkeit entweder an das Wohnungs-
amt oder an das Bauaufsichtsamt weitergeleitet. Das
Gesundheitsamt weist hierbei auf etwa bereits be-
kannte besondere Verhältnisse (Infektionskrankheiten,
Säuglinge usw.) hin. Das Gesundheitsamt erteilt den
Einsendern Abgabenachricht.
Um späteren Feststellungen und Entscheidungen der
zuständigen Dienststellen nicht vorzugreifen, hat sich
das Gesundheitsamt mündlich und schriftlich aller
Äußerungen über die Art der Mängel und die Not-
wendigkeit ihrer Beseitigung zu enthalten.
Der Entscheidung des Wohnungsamtes oder des Bau-
aufsichtsamtes bleibt es grundsätzlich. überlassen,
welche Maßnahmen nach den einschlägigen Vor-
schriften getroffen werden können und müssen. In
Fällen einer unmittelbaren Gefährdung der Gesundheit
sind die erforderlichen Maßnahmen unverzüglich zu
treffen.
Es empfiehlt sich in allen Fällen, in denen die Be-
schwerde über das Vorhandensein von Mängeln beim
Gesundheitsamt eingegangen und von diesem Wweiter-
geleitet worden ist, das Gesundheitsamt zur Besichti-
gung der Räume hinzuzuziehen. Auf diese Weise kann
eine mehrfache Besichtigung durch. verschiedene
Stellen der Verwaltung vermieden werden. Das gleiche
gilt, wenn die Beschwerde unmittelbar beim Woh-
nungsamt oder beim Bauaufsichtsamt eingegangen ist,
aber eine Beurteilung der durch die behaupteten
Mängel verursachten Gesundheitsschädigung durch das
Gesundheitsamt notwendig erscheint. Dem Gesund-
heitsamt bleibt es nach. $ 10 Abs. 2 BSG insbesondere
vorbehalten, bei Gefahr im Verzuge die erforderlichen
Maßnahmen in Verbindung mit den $8 9 bis 12 des
Verwaltungsvollstreckungsgesetzes selbst anzuordnen.
Sonstige, nicht auf die Verhütung der Entstehung
übertragbarer Krankheiten ausgerichtete Maßnahmen
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IL.
Zuteilung von Wohnungen an Kranke
Nach 8 17 Abs. 1 WBewG sind die Wohnungsuchenden
nach der Dringlichkeit ihrer Bewerbung zu berück-
sichtigen. Die Dringlichkeit richtet sich u. a. nach den
persönlichen Verhältnissen des Wohnungsuchenden, zu
denen im besonderen Maße der Gesundheitszustand
zählt. Da das Wohnungsamt meist außerstande sein
wird, sich über den Grad der Erkrankung und die da-
durch bedingten Notwendigkeiten ein sachgemäßes
Urteil zu bilden, wird es sich bei solchen Anträgen der
Mithilfe des Gesundheitsamtes versichern müssen. So-
weit erforderlich oder zweckmäßig, ist das Sozialamt
zu beteiligen.
Um dem Wohnungsamt einen festen Anhalt für die
Beurteilung solcher Fälle zu geben und zu erreichen,
daß die vom medizinischen Standpunkt aus dringend-
sten Fälle zuerst erledigt werden, wird das Gesund-
heitsamt die Beurteilung in folgender Reihenfolge ab-
geben:
a)-Äußerst dringend befürwortet werden die Anträge
aa) von Kranken mit ansteckender Tuberkulose,
bb) von Typhus- und Paratyphusbakterienausschei-
dern und ;
cc) von Dauerausscheidern der Erreger der Ruhr
oder der Salmonellose (Enteritis infectiosa), die
ohne eigene Wohnung sind, sowie
Anträge von gesunden Familienangehörigen,
die ihren eigenen Haushalt führen,. aber mit
Typhus- und Paratyphusbakterienausscheidern
oder Dauerausscheidern von Erregern der Ruhr
oder der Salmonellose (Enteritis infectiosa) in
enger Wohngemeinschaft leben müssen.
Bei diesen handelt es sich um Fälle seuchenhygie-
nischer Anliegen im. Sinne des $ 10 BSG, weil hier
die Abwendung gesundheitlicher Gefahren von der
Öffentlichkeit noch vordringlicher ist als die Für-
sorge für den Kranken selbst.
Wohnungsuchende dieser Gruppe sollen vom Woh-
nungsamt unverzüglich mit geeigneten Wohnungen
versorgt werden.
b) Dringend befürwortet werden die Anträge
aa) Kranker mit aktiver Tuberkulose,
bb) von "Typhus- und Paratyphusbakterienaus-
scheidern‘ und
von Dauerausscheidern der Erreger der Ruhr
oder der Salmonellose (Enteritis infectiosa),
die sich in Heimen und- Lagern, insbesondere
Flüchtlingslagern, befinden.
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