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I. Voraussetzungen, Vermittlung
12 — Mitwirkung der Minderjährigen
Die Minderjährigen sind bei allen sie persönlich berühren-
den. Entscheidungen, insbesondere über die Auswahl und
jeden. Wechsel ihres Lebensbereiches, insoweit maßgeblich
zu beteiligen, als das mit ihrem Entwicklungsstand ver-
einbar ist. Bei Herausnahmeverlangen durch die personen-
sorgeberechtigten Eltern hat das Jugendamt zu prüfen, ob
die Voraussetzungen des $ 1666 BGB erfüllt sind.
L3 — Auswahl und Eignung der Minderjährigen
Die Eignung eines bestimmten Minderjährigen ist insbe-
sondere im Hinblick auf die Unterbringung in einer be-
stimmten Pflegestelle zu beurteilen. Wichtiger Gegenstand
der Beurteilung ist demnach die sich nach der Unterbrin-
gung ergebende neue Konstellation von Personen in der
Pfliegestelle und das Zusammenwirken ihrer Bedürfnisse,
Fähigkeiten, Lebensgewohnheiten und -ziele in ihrer Aus-
wirkung auf. den Minderjährigen. Das Lebensalter des
Minderjährigen sowie starke Bindungen an Personen oder
Gruppen aus der früheren sozialen Umwelt oder von dort
ausgehende Störungen sind besonders zu berücksichtigen.
Dienstblatt des Senats von Berlin TeilIV Nr.2 8. Februar 1979
lität und gute soziale Wahrnehmungsfähigkeit sowie
die Befähigung, den Bildungsgang der Minderjährigen
angemessen zu fördern oder fördern zu lassen;
Fähigkeit und Bereitschaft zur Zusammenarbeit und
Fortbildung in Erziehungsfragen;
religiöse oder weltanschauliche Haltung, die der von
den Personensorgeberechtigten gewünschten Grund-
richtung der Erziehung nicht entgegensteht. 85 des
Gesetzes über die religiöse Kindererziehung ist zu be-
rücksichtigen.
(3) Als Pflegepersonen ist insbesondere ungeeignet, wer
a) wegen Verbrechens oder Vergehens bestraft ist, es sei
denn, daß die Bestrafung weit zurückliegt und die spä-
tere Lebensführung keinen Anlaß zu Bedenken gibt
oder daß die Eignung durch die Straftat nicht in
Frage gestellt ist;
an übertragbaren oder ekelerregenden Krankheiten,
organischen Störungen des zentralen Nervensystems,
chronischen Erkrankungen neurotischer oder psycho-
tischer Art oder Suchterkrankungen leidet;
ohne krank zu sein, Erreger des Paratyphus. A und B,
der Ruhr, der Salmonellose und des Typhus abdomi-
nalis dauernd ausscheidet.
16 — Ermittlungen zu den Pflegepersonen
(1) Das Jugendamt hat bei der zuständigen Register-
behörde ein Führungszeugnis über die Pflegepersonen ein-
zuholen. Ob auch für andere im Haushalt der Pflegeper-
sonen lebende Personen ein Führungszeugnis angefordert
wird, unterliegt dem pflichtgemäßen Ermessen des Jugend-
amtes. Enthält das Führungszeugnis Eintragungen, die sich
negativ auf die Entscheidung über die Inpflegegabe aus-
wirken können, teilt das Jugendamt dem Betroffenen mit,
wann und wo er das Zeugnis einsehen kann.
{2) Die Pflegepersonen sind um eine schriftliche Erklärung
darüber zu bitten, daß
a) sie frei von den unter Nummer 15 Abs. 3 Buchstabe b
genannten Krankheiten sind,
b) sie den Arzt, die Krankenversicherung und das Ge-
sundheitsamt von der Schweigepflicht hinsichtlich die-
ser Krankheiten entbinden,
c) ihres Wissens die übrigen in ihrer Wohnung lebenden
Personen nicht an einer dieser Krankheiten leiden.
Wird diese Erklärung nicht abgegeben, so ist eine amts-
ärztliche Untersuchung erforderlich.
(3) Das zuständige Gesundheitsamt ist
a) gehalten, die erforderlichen Untersuchungen vorzu-
nehmen;
D) unter Hinweis auf die in Absatz2 Buchstabeb ge-
nannte Erklärung zu befragen, ob auf Grund von Vor-
gängen über die Antragsteller Bedenken gegen die
Erteilung der Erlaubnis erhoben werden;
zu einer. gutachtlichen Stellungnahme zu veranlassen,
sofern die Ermittlungen Anlaß zu Zweifeln an der ge-
sundheitlichen Eignung der Antragsteller und den
hygienischen Verhältnissen der Pflegestelle geben.
Die vom Gesundheitsamt durchzuführenden Untersuchun-
gen sind gebührenfrei.
17 — Weitere Voraussetzungen ;
(1) Die Wohnung der Pflegepersonen muß dem Minder-
jährigen ausreichenden Wohn- und Bewegungsraum — auch
für Spiel und Beschäftigung — bieten, die Körper- und Ge-
sundheitspflege sowie die Mittags- und Nachtruhe gewähr-
leisten.
(2) Die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Pflege-
personen muß gewährleisten, daß diese für ihren Lebens-
unterhalt nicht auf die für den Minderjährigen bestimmten
Leistungen angewiesen sind.
(3) Äußere Einflüsse, die den Minderjährigen gefährden
können, sollen weitgehend ausgeschaltet sein. In der Woh-
nung dürfen keine Personen leben, die im Sinne der. Num-
mer 15 Abs. 3 als Pflegepersonen ungeeignet wären.
14 — Psychosoziale und medizinische Begutachtung
(1) Vor der Vermittlung in eine Dauer-Pflegestelle ist in
der Regel eine schriftliche psychosoziale Begutachtung zu
fertigen. Sie ist die fachliche Grundlage für die Maß-
nahmen des Pflegekinderdienstes. Die Begutachtung muß
folgende Abschnitte enthalten:
a) Anlaß,
b) Anamnese und Problembeschreibung,
c) Interpretation,
d) Prognose,
ge) Art der Pflegestelle,
f) sonstige Vorschläge.
(2) Über die tatsächliche und rechtliche Situation der Her-
kunftsfamilie ist ein Bericht nach Vordruck zu fertigen.
(3) Der Minderjährige ist vor der Vermittlung durch den
zuständigen Arzt des Gesundheitsamtes zu untersuchen.
Kein Minderjähriger darf ohne Unbedenklichkeitsbescheini-
gung des Gesundheitsamtes in einer Pflegestelle aufge-
nommen werden. Bei unabwendbaren Sofortunterbringun-
gen ist die Untersuchung unverzüglich nachzuholen. Die
vom Gesundheitsamt durchzuführenden Untersuchungen
sind gebührenfrei.
(4) Sofern die Begutachtung nach Absatzl die Unter-
bringung in einer heilpädagogischen Pflegestelle vor-
schlägt, soll vom Jugendamt ein psychologisches und/oder
ein fachärztliches Gutachten eingeholt werden. Bei der Ent-
scheidung, welche fachärztlichen Untersuchungen zu ver-
anlassen sind, ist dem Arzt des Gesundheitsamtes Mit-
spracherecht einzuräumen. Ihm sind hierfür die Ssozial-
psychologischen Gutachten zur Kenntnis zu geben.
(5) Untersuchungen nach den Absätzen 3 und 4 können in
dem Heim, in dem sich der Minderjährige befindet, oder
ambulant in einer anderen geeigneten Einrichtung durch-
geführt werden. Verlegungen oder stationäre Untersuchun-
gen sollen nur in begründeten Ausnahmefällen vorgesehen
werden.
15 — Persönliche Voraussetzungen der Pflegepersonen
(1) Die Voraussetzungen für die persönliche Eignung der
Pfiegepersonen zur Aufnahme eines bestimmten Minder-
jährigen sind im Einzelfall nach der Art der Pfiegestelle,
den individuellen Bedürfnissen und dem Entwicklungsstand
des aufzunehmenden Minderjährigen zu beurteilen. Zeit-
weilige berufs- oder ausbildungsbedingte Abwesenheit hat
auf die Beurteilung der Eignung keinen Einfluß, sofern die
hinreichende Betreuung der Minderjährigen anderweitig
sichergestellt ist.
(2) Pflegepersonen müssen folgende Voraussetzungen er-
füllen:
a) Körperliche und geistige Gesundheit;
b) Verantwortungsbewußtsein, Fähigkeit zu emotionaler
Zuwendung und körperlicher Pflege, emotionale Stabi-