IV/1974
Seite 100
Nr. 47
Teil II
Rückschaffung
Artikel 6
(a) Ein Vertragschließender darf einen Staatsangehöri-
gen eines anderen Vertragschließenden, der in seinem Ge-
biet erlaubt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, nicht
allein aus dem Grunde der. Hilfsbedürftigkeit rückschaffen.
(b) Die Vorschriften dieses Abkommens stehen in kei-
ner Weise dem Recht zur Ausweisung aus einem anderen
als dem im vorstehenden Absatz erwähnten Grund ent-
gegen.
Artikel 7
(a) Abweichend von den Bestimmungen des Artikels 6
Abs. (a) kann ein Vertragschließender einen Staatsange-
hörigen eines anderen Vertragschließenden, der in seinem
Gebiet seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, allein aus dem
in Artikel 6 Abs. (a) erwähnten Grunde rückschaffen, wenn
die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
) Der Beteiligte hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt
im Gebiet. dieses Vertragschließenden, falls er vor
Vollendung des 55. Lebensjahres in dieses Gebiet ge-
kommen ist, ununterbrochen seit weniger als fünf
Jahren, oder, falls er nach Erreichung dieses Alters
in das Gebiet gekommen ist, ununterbrochen seit
weniger als zehn Jahren;
er ist nach seinem Gesundheitszustand transport-
fähig;
er hat keine enge Bindungen in dem Land seines
gewöhnlichen Aufenthaltes.
(b) Die Vertragschließenden vereinbaren, daß. sie nur
mit großer. Zurückhaltung zur Rückschaffung schreiten
und nur dann, wenn Gründe der Menschlichkeit dem nicht
entgegenstehen.
(c) In gleichem Geiste sind die Vertragschließenden
darüber einig, daß bei der Rückschaffung eines Unter-
stützten seinem Ehegatten und seinen Kindern jede Mög-
lichkeit gegeben werden soll, ihn zu begleiten.
Artikel 8
(a) Der Vertragschließende, der einen Staatsangehöri-
gen auf Grund der Vorschriften des Artikels 7 rückschafft,
hat die Kosten der Rückschaffung bis zur Grenze des Ge-
bietes zu tragen, in das der Staatsangehörige rückgeschafft
wird.
(b) Jeder Vertragschließende verpflichtet sich, jeden
seiner. Staatsangehörigen zu übernehmen, der auf Grund
der Vorschriften des Artikels 7 rückgeschafft wird.
(c)' Jeder Vertragschließende verpflichtet sich, allen
gemäß Artikel 7 rückgeschafften Personen die Durchreise
durch sein Gebiet zu gestatten.
Artikel 9
Erkennt der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Un-
terstützte nach seinen Angaben besitzt, diesen nicht als
seinen Staatsangehörigen an, so hat dieser Staat die not-
wendige Begründung dem Aufenthaltsstaat innerhalb von
30 Tagen oder innerhalb der kürzestmöglichen Frist mit-
zuteilen.
Artikel 10
(a) Ist die Rückschaffung beschlossen, so sind die diplo-
matischen oder konsularischen Behörden des Heimatstaates
möglichst drei Wochen im voraus von der Rückschaffung
ihres Staatsangehörigen in Kenntnis zu setzen.
(b) Die Behörden des Heimatstaates haben hiervon die
Behörden des Durchreiselandes oder der Durchreiseländer
zu verständigen.
(c) Die Orte für die Übergabe sind durch eine Verein-
barung zwischen den zuständigen Behörden des Aufent-
haltsstaates und des Heimatstaates zu bestimmen.
Teil III
Aufenthalt
Artikel 11
(a) Der Aufenthalt ‚eines Ausländers im Gebiet eines
der Vertragschließenden gilt solange als erlaubt im Sinne
dieses Abkommens, als der Beteiligte im Besitz einer gül-
tigen Aufenthaltserlaubnis. oder einer anderen in den
Rechtsvorschriften des betreffenden Staates vorges:henen
Erlaubnis ist, auf Grund welcher ihm der Aufenthalt in
diesem Gebiet gestattet ist. Die Fürsorge darf nicht des-
wegen versagt werden, weil die Verlängerung einer solchen
Erlaubnis lediglich infolge einer Nachlässigkeit des Be-
teiligten unterblieben ist.
(b) Der Aufenthalt gilt als nicht erlaubt von dem Tage
an, mit dem eine gegen den Beteiligten erlassene Anord-
nung zum Verlassen des Landes wirksam wird, sofern
nicht ihre Durchführung ausgesetzt ist.
Artikel 12
Der Zeitpunkt des Beginns der in Artikel 7 festgelegten
Dauer des gewöhnlichen Aufenthaltes wird in jedem Land,
vorbehaltlich des Nachweises des Gegenteils, entweder auf
Grund des Ergebnisses behördlicher Ermittlungen oder
durch die in Anhang III aufgeführten Urkunden, .oder
durch Urkunden, die nach den Rechtsvorschriften des Staa-
tes als Nachweis des gewöhnlichen Aufenthaltes anerkannt
werden, bestimmt.
Artikel 13
(a) Der unterbrochene gewöhnliche Aufenthalt wird
durch alle im Aufenthaltsland üblichen Beweismittel nach-
gewiesen, insbesondere durch. den Nachweis der beruf-
lichen Tätigkeit oder die Vorlage von Mietquittungen.
Der gewöhnliche Aufenthalt gilt auch bei Ab-
wesenheit von weniger als drei. Monaten als
ununterbrochen, sofern die Abwesenheit nicht
auf Rückschaffung oder Ausweisung beruht.
Bei Abwesenheit von mindestens sechs Mo-
naten gilt der gewöhnliche Aufenthalt als
unterbrochen.
Bei der Prüfung, ob bei Abwesenheit von min-
destens drei und weniger als sechs Monaten
der gewöhnliche Aufenthalt als unterbrochen
gilt, sind die Absicht des Beteiligten, in das
Land des gewöhnlichen Aufenthaltes zurück-
zukehren und das Maß, in dem er seine Bin-
dungen zu diesem Lande während seiner Ab-
wesenheit aufrechterhalten hat, zu berück-
sichtigen.
Durch den Dienst auf Schiffen, die im Schiffs-
register des Landes des gewöhnlichen Aufent-
haltes eingetragen sind, wird der gewöhnliche
Aufenthalt nicht unterbrochen. Auf den Dienst
auf anderen Schiffen finden die Vorschriften
der vorstehenden Nummern (i) bis (iii) ent-
sprechende Anwendung.
Artikel 14
Bei der Berechnung der Dauer des gewöhnlichen Auf-
enthaltes werden solche Zeiten nicht berücksichtigt, für
die der Beteiligte Fürsorgeleistungen aus öffentlichen Mit-
teln auf Grund der in Anhang I aufgeführten Bestimmun-
gen erhalten hat, ausgenommen ärztliche Behandlung bei
akuter Krankheit oder kurzfristige Behandlung.
iv)
Teil IV
Sonstige Bestimmungen
Artikel 15
Die diplomatischen und konsularischen Verwaltungsstel-
ien der Vertragschließenden gewähren sich gegenseitig bei
der Durchführung dieses Abkommens jede mögliche Hilfe,