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1V/1973
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Nr. 13
IV. Hilfe zum Lebensunterhalt
in Sonderfällen
A. Hilfe zum Lebensunterhalt in Fällen, in denen
der notwendige Lebensunterhalt aus dem nach
8 11 Abs. 1 zu berücksichtigenden Einkommen
und Vermögen ganz oder zum Teil
beschafft werden kann
39. In begründeten Fällen kann abweichend von 8 11
Abs.1 Hilfe auch insoweit gewährt werden, als der
Lebensunterhalt aus dem zu berücksichtigenden Ein-
kommen oder Vermögen beschafft werden kann (8 11
Abs. 2). Eine Erweiterung des Inhalts der in den
88 12 bis 20 im einzelnen aufgeführten Leistungen
tritt nicht ein.
Leistungen nach 8 11 Abs.2 kommen insbesondere
in Betracht, wenn der Hilfesuchende in einer Anstalt,
einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung auf-
genommen werden muß und der Träger der Einrich-
tung vom Sozialhilfeträger die Übernahme der Kosten
in vollem Umfange auch dann fordert, wenn der
Hilfesuchende einen Teil der Kosten aus seinem Ein-
kommen oder Vermögen selbst aufbringen kann; des-
gleichen, wenn die Klärung der wirtschaftlichen Ver-
hältnisse längere Zeit.in Anspruch nimmt, vorher aber
Hilfe zum Lebensunterhalt unerläßlich ist.
B. Hilfe zum Lebensunterhalt für Personen,
die einzelne für ihren Lebensunterhalt
erforderliche Tätigkeiten nicht verrichten können
Leistungen nach 8 11 Abs.3 unterliegen dem freien
Ermessen. Sie können bewilligt werden, wenn ein
Hilfesuchender einzelne für seinen Lebensunterhalt
erforderliche Tätigkeiten nicht verrichten kann.
Solche Tätigkeiten sind z.B. das Zubereiten der
Mahlzeiten und Einkaufen. Werden Hilfen übernom-
men, die Leistungen dieser Art sicherstellen, so kann
ein angemessener Kostenbeitrag, der nach der Be-
sonderheit des Einzelfalles individuell festzusetzen ist,
von dem Hilfeempfänger verlangt werden. Die Mög-
lichkeit der Nachbarschaftshilfe ist anzustreben. Da
es sich hier um Hilfe zum Lebensunterhalt handelt,
gelten für die Bemessung des Kostenbeitrages nicht
die Einkommensgrenzen der $8 79 ff.
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Ist ein Hilfesuchender nicht. in der Lage, seinen
Haushalt zu führen, findet 8 11 Abs.3 keine Anwen-
dung. Vielmehr. ist gegebenenfalls Hilfe zur Pflege
(88 68, 69), die die Haushaltsführung einschließt,
oder Hilfe zur Weiterführung des Haushalts zu ge-
währen (8 70). Diese Hilfe stellt jedoch nach $ 27
Abs. 1 Nr. 10 eine Art der Hilfe in besonderen Lebens-
lagen dar, bei der sich der Einsatz des Einkommens
nach den 88 79 ff. richtet.
C. Hilfe für Personen
bei vorübergehender Abwesenheit
Hilfeempfängern, die laufende Hilfe zum Lebensunter-
halt beziehen, kann bei vorübergehender Abwesenheit
von Berlin die Sozialhilfe für einen angemessenen
Zeitraum weiterbewilligt werden. Die Sozialhilfe kann
in der Regel über den laufenden Zahlungszeitraum
hinaus für einen weiteren Monat im voraus gezahlt
werden. In besonders gelagerten Einzelfällen, z. B. bei
erwerbsunfähigen Personen, kann von dieser Regel
abgewichen werden.
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Eine Überweisung der laufenden Sozialhilfe an den
Aufenthaltsort des Hilfeempfängers . sollte nur in
Ausnahmefällen vorgenommen werden. Bei längerer
Abwesenheit eines. Hilfeempfängers von Berlin ist
stets zu prüfen, ob nicht der Träger der Sozialhilfe
zuständig ist, in dessen Bereich sich der Hilfeempfän-
ger tatsächlich aufhält ($ 97).
76.
Nummer 74 gilt auch für Erholungsreisen von Hilfe-
empfängern sowie für die Dauer von Erholungs- und
Kurmaßnahmen, die Behinderten gemäß 8 40 Abs.1
Nr.1 gewährt werden. Die Hilfe zum Lebensunter-
halt soll in diesen Fällen gewährt werden, damit der
Hilfeempfänger die durch die Reise entstehenden
besonderen Bedürfnisse (Bekleidungs- und Wäsche-
ersatz, Taschengeld u. ä.) decken kann. Daneben sind
einmalige Beihilfen aus Anlaß der Reise nur zu
gewähren, wenn und soweit die nachgewiesenen Auf-
wendungen aus der auf den Reisezeitraum entfallen-
den Sozialhilfe nicht aufgebracht werden können.
D. Hilfe für Gewerbetreibende
Bei hilfesuchenden Gewerbetreibenden ist zu prüfen,
ob ihnen Hilfe zum Lebensunterhalt oder Hilfe zum
Aufbau oder zur Sicherung der Lebensgrundlage nach
8 30 zu gewähren ist (vgl. Nummer 81). Die Hilfe
nach 8 30 wird insbesondere dann zu gewähren sein,
wenn ein Gewerbetreibender in wirtschaftliche Schwie-
rigkeiten geraten ist, die in absehbarer Zeit behoben
werden können, und ihm sonst voraussichtlich später
Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt werden müßte.
77.
78.
Es gehört nicht zu den Aufgaben des Trägers der
Sozialhilfe, Betriebe zu erhalten, die dauernd oder für
längere Zeit leistungsunfähig sind. Beantragen In-
haber solcher Betriebe Hilfe zum Lebensunterhalt, so
ist zu unterscheiden zwischen Gewerbetreibenden, die
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt voll eingesetzt
werden können (Arbeitsfähige), und solchen, die
wegen Alters oder schwerer Erwerbsbeschränkung
(Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens
50 v. H.) nicht oder nicht voll einsatzfähig sind.
Erwerbsfähigen Gewerbetreibenden im Sinne der
Nummer 78 ist Hilfe zum Lebensunterhalt nur zu ge-
währen, wenn das für den Betriebssitz zuständige
Bezirksamt — Abteilung Wirtschaft — bescheinigt, daß
an der Aufrechterhaltung des Betriebes ein beson-
deres Interesse besteht. Andernfalls sind diese Hilfe-
suchenden aufzufordern, sich dem Arbeitsmarkt zur
Verfügung zu stellen ($ 18 Abs. 1).
Von Gewerbetreibenden, die auf dem Arbeitsmarkt
nicht oder nicht voll einsatzfähig sind, kann die Aus-
übung des Gewerbes als ausreichender Einsatz der
Arbeitskraft im Sinne des $ 18 gewertet werden.
79.
80.
81.
Die unter Abschnitt 2 des Bundessozialhilfegesetzes
aufgeführten Leistungen sind stets der Hilfe zum Le-
bensunterhalt zuzuordnen; erwerbsfähigen Gewerbe-
treibenden im Sinne der Nummer 78 ist gegebenen-
falls der Mehrbedarf nach $ 23 Abs. 3 anzuerkennen.
Geschäftsunkosten sind bei der Ermittlung des Be-
darfs nicht zu berücksichtigen (vgl. auch Nummer 37).
Jedoch kann insoweit nach der Besonderheit des
Einzelfalles eine Hilfe zur Sicherung der Lebens-
grundlage in Frage kommen ($ 30).
E. Hilfe zur Sicherung der Unterkunft
oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage
Hilfe nach 8 15a können Empfänger einer laufenden
Hilfe zum Lebensunterhalt sowie sonstige Personen,
die eine Notlage mit eigenen Mitteln oder mit Hilfe
anderer nicht beseitigen können, erhalten. Die Ge-
währung einer Hilfe sowie deren Bemessung erfolgt
im pflichtmäßigen Ermessen. Eine Hilfegewährung
nach 8 15a kommt nur in Betracht, wenn sie nicht
bereits nach anderen, vorrangigen Bestimmungen des
Abschnitts 2 des Bundessozialhilfegesetzes möglich
ist. Dasselbe gilt, wenn eine entsprechende Hilfe im
Rahmen einer Hilfe in besonderen Lebenslagen ge-
währt werden kann.
(1) Da sich die Hilfe auf die derzeitige sowie auf die
zukünftige Sicherung bezieht, fallen unter 8 15a ins-
besondere die Übernahme von Mietrückständen, von
Mietvorauszahlungen als Sicherheitsleistung für den
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