1V/1973
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Nr. 70
weit eine abschließende Regelung dar. 8 14 Abs.1 des
Polizeiverwaltungsgesetzes in der Fassung vom 2. Ok-
tober 1958 (GVBl. S. 961) kann daher als Rechtsgrund-
lage für Maßnahmen zur Verhütung übertragbarer
Krankheiten nicht mehr herangezogen werden. Die
sonstigen. allgemeinen Grundsätze des Polizeirechts
sind jedoch weiterhin anwendbar, z.B. die Grundsätze
der Verhältnismäßigkeit von Mittel zum Zweck und
die Inanspruchnahme eines Störers und Nichtstörers.
Auf eine strenge Abgrenzung des Begriffs „Verhütung“
und „Bekämpfung“ übertragbarer Krankheiten ist be-
sonders zu achten, da der 8 10 BSeuchG keine Rechts-
grundlage für Bekämpfungsmaßnahmen bildet. Alle
Maßnahmen, die auf Grund einer bereits aufgetretenen
übertragbaren Krankheit, eines Krankheits- oder An-
steckungsverdachts, eines Ausscheidungsfalles oder
eines Ausscheidungsverdachts ergriffen werden, ge-
hören zur Bekämpfung. In diesen Fällen gelten stets
die besonderen Vorschriften des fünften Abschnitts
(88 30 bis 43 BSeuchG). Verhütung bedeutet demnach
die Verhinderung der Entstehung übertragbarer Krank-
heiten, nicht aber die Verhinderung der Verbreitung
bereits aufgetretener Krankheiten.
Zu 810 (Abs.1)
3. Maßnahmen ‚dürfen nur getroffen werden, wenn Tat-
sachen festgestellt werden; Vermutungen oder ab-
strakte Möglichkeiten reichen nicht aus.
Zu $10 (Abs.2 und 3)
4. Das Verfahren richtet sich nach Nummer 1 zu 8 77.
Zu $10 (Abs.4)
5. Durch Absatz 4 wird die Subsidiarität der General-
klausel des Absatzes 1 zum Ausdruck gebracht. Die
Generalklausel gilt daher nicht, soweit die Spezial-
vorschriften der 88 11 bis 29 anzuwenden sind; ausge-
nommen ist lediglich $ 12 Abs. 1 BSeuchG, in dem aus-
drücklich auf $ 10 verwiesen ist.
Zu
$11
Wegen der Überwachung der in Absatz 1 genannten
Wasserversorgungsanlagen durch das Gesundheitsamt
wird auf die „Richtlinien für die hygienische Über-
wachung von Trinkwasserversorgungsanlagen‘ vom
9. Juli 1971 (Dbl. IV/1971 Nr. 53) in der jeweils gelten-
den Fassung verwiesen.
$12
Bei Maßnahmen nach 812 sind folgende Vorschriften
zu beachten:
„Anordnung über die hygienische Überwachung der
Berliner Wasserwerke und die Bildung von Schutz-
zonen‘“ vom 8. Oktober 1946 (VOBI. S. 391) in Verbin-
dung mit $ 22 Abs.4 des Berliner Wassergesetzes vom
23. Februar 1960 (GVBl. S. 133),
„Ausführungsvorschriften für die hygienische Über-
wachung der Rieselfelder und Klärwerke‘“ vom 30. Ok-
tober 1969 (DbIl. IV/1969 Nr. 54).
813
Es ist zu beachten, daß Rattenbekämpfungs- und
Rattensicherungsmaßnahmen nur angeordnet werden
können, wenn Ratten auf dem betreffenden Grundstück
festgestellt sind. Es kann davon ausgegangen werden,
daß bei Ratten immer die Gefahr begründet ist, daß
durch sie Krankheitserreger verbreitet werden können,
es sei denn, es handele sich um Laboratoriumstiere.
$$8 14, 14 a und 16
Auf die „Ausführungsvorschriften über die kombinierte
Diphtherieschutzimpfung“. vom 2. August 1973 (Dbl. IV/
1973 Nr. 69) sowie auf die „Ausführungsvorschriften
über die Poliomyelitis-Schutzimpfung in Verbindung
mit der kombinierten Diphtherieschutzimpfung‘“ vom
15. Juli 1970 (Dbl. IV/1970 Nr.40) und auf die Aus-
führungsvorschriften zu 8 16 Bundes-Seuchengesetz
(Impfbuch) vom 8. Juli 1968 (ABl. S.914 — Dbl. IV/
1968 Nr. 36) in der jeweils geltenden Fassung wird
hingewiesen.
Zu
Zu
Zu
Zu 88 17 und 18
Auf die „Ausführungsvorschriften zu den Bestimmun-
gen gegen die Verbreitung übertragbarer Krankheiten
durch Personen in Lebensmittelbetrieben‘“ vom 5. Ja-
nuar 1970 (Dbl. IV/1970 Nr. 3) wird hingewiesen.
88 19 bis 29
Für die Erlaubnis und die Rücknahme der Erlaubnis
zum Arbeiten und zum Verkehr mit Krankheitserre-
gern ist der Senator für Gesundheit und Umweltschutz
zuständig:
Soweit die Gesundheitsämter Aufsichtsbehörde ‚sind,
soll die erforderliche Überwachung von den Amts-
ärzten durchgeführt werden; bei veterinärmedizini-
schen Einrichtungen ist der Amtstierarzt zu beteiligen.
Werden dabei Mängel festgestellt, die zu einer. Rück-
nahme der Erlaubnis führen könnten, bitte ich, mir
unverzüglich zu berichten.
Für die gewerbsmäßige Herstellung von Sera und
Impfstoffen ist die Verordnung über Sera und Impf-
stoffe nach den 88 19 b und d des Arzneimittelgesetzes
vom 14. November 1972 (BGBl. I S. 2088/GVBlIl. S. 2260),
im übrigen das Arzneimittelgesetz vom 16. Mai 1961
(BGBl. I S.533/ GVBl. S. 748) in der jeweils geltenden
Fassung zu beachten.
Auf die in 875 BSeuchG getroffene Übergangsrege-
lung hinsichtlich der Anforderungen an die Beschaffen-
heit der Räume und Einrichtungen und der Vorsichts-
maßregeln wird hingewiesen.
$31 (Abs.1)
Ermittlungen sind je nach Art der Meldepflicht bei
einem Erkrankungsverdacht, einer Erkrankung und
bei einem auf eine meldepflichtige Erkrankung zurück-
zuführenden Todesfall durchzuführen. Bei Todesfällen
an Grippe, Keuchhusten und Masern (83 Abs.3
BSeuchG) sind keine Ermittlungen erforderlich, es sei
denn, daß $ 31 Abs. 3 BSeuchG anzuwenden ist. In die
Ermittlungspflicht einbezogen ist dagegen der Ver-
dacht der Ausscheidung von Erregern nach 8 3 Abs. 4
BSeuchG, obwohl er nicht meldepflichtig ist, weil die
Ermittlungen des Gesundheitsamtes zur Klärung der
Ursache einer aufgetretenen meldepflichtigen Krank-
heit und zur Aufdeckung der Infektionsquelle führen
können.
Zu 831 (Abs.2)
2. Die Ermittlungen bei den hier aufgeführten Krank-
heiten und Ausscheidern sind unverzüglich durch einen
Arzt des Gesundheitsamtes anzustellen. Diese Ermitt-
lungstätigkeit kann sich nicht nur auf das Sammeln
von Informationen, die durch andere Beauftragte des
Gesundheitsamtes eingeholt wurden, beschränken, son-
dern soll durch den Arzt aktiv z.B. in der Weise be-
trieben werden, daß er sich persönlich mit den behan-
delnden Ärzten in Verbindung setzt, gegebenenfalls
selbst die Angehörigen exploriert und untersucht sowie
in den Fällen, in denen eine epidemiologische Auf-
klärung erforderlich erscheint, an Ort und Stelle nach
Ursache, Ansteckungsquelle und Ausbreitung der
Krankheit fahndet. $ 35 der Dritten Durchführungs-
veroränung zum Gesetz über die Vereinheitlichung des
Gesundheitswesens vom 30. März 1935 (RMABI. I S. 327)
ist zu beachten.
Zu $ 31 (Abs.3)
3. Derartige Ermittlungsergebnisse sind mir unverzüg-
lich mitzuteilen. Es sind hier auch die Erkrankungen
nach $ 8 BSeuchG zu berücksichtigen.
831 (Abs. 4)
Das Auftreten oder der Verdacht des Auftretens einer
der genannten Krankheiten ist mir sofort telefonisch
mitzuteilen.
Über das Ergebnis der Ermittlungen gemäß 8 31 Abs. 1
BSeuchG ist mir in jedem Fall einer bestätigten Er-
krankung nach $ 3 Abs.1 und 2 BSeuchG mit Aus-
nahme der Tuberkulose und des Scharlach zu berich-
ten.
+.