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den oft leichte Rötungen und Schwellungen für die
Dauer von etwa 2 Tagen, manchmal leichte Allgemein-
reaktionen (vorübergehendes Unwohlsein, mäßiges
Fieber) und meist eine nichtentzündliche Knotenbil-
dung durch das (beabsichtigte) Impfstoffdepot beob-
achtet. Diese Verläufe sind normal.
Stärkere Erscheinungen stellen einen regelwidrigen
Verlauf dar. Bei solchen Vorfällen sind die Personen-
sorgeberechtigten und die Impflinge unentgeltlich vom
Impfarzt zu beraten. Erforderliche Ermittlungen sind
vom Gesundheitsamt unverzüglich durchzuführen. Der
Vordruck Ges 189 „Bericht über einen regelwidrigen
Impfverlauf“ ist an mich einzureichen. Der Amtsarzt
wird gebeten, mich von einer Häufung regelwidriger
Verläufe fernmündlich voraus zu informieren.
Die kombinierte Diphtherie-Schutzimpfung gehört im
Land Berlin zu den öffentlich empfohlenen Impfungen.
Dies bedeutet, daß das Land Berlin die Impfschadens-
haftung im Sinne des $ 51 Bundes-Seuchengesetz über-
nimmt, wenn in Zusammenhang mit der Impfung Ge-
sundheitsschäden auftreten, die über das übliche Aus-
maß einer Impfreaktion hinausgehen. Entschädigungs-
anträge, die beim Gesundheitsamt eingehen, sind mit
einem „Bericht über einen regelwidrigen Impfverlauf“
- Vordruck Ges 189 —- dem Versorgungsamt II Berlin,
1 Berlin 31, Sächsische Straße 30, zur weiteren Ver-
anlassung und Entscheidung zuzuleiten. Das Versor-
gungsamt II Berlin ist die für die Bearbeitung von
Entschädigungsanträgen zuständige Behörde im Sinne
des $ 55 Abs. 1 Bundes-Seuchengesetz. Die Meldepflicht
gemäß Nummer 39 wird hiervon nicht berührt.
39
A
X.
Unterrichtung der Impfärzte
Die Impfärzte sind vom Amtsarzt oder seinem Stell-
vertreter vor Aufnahme ihrer Tätigkeit, in der Folge
in angemessenen Zeitabständen über ihre Aufgaben zu
unterrichten; Abdrucke der für ihre Tätigkeit wich-
tigen Vorschriften sind ihnen auszuhändigen. Dies ist
aktenkundig zu machen.
Die freitätigen Ärzte sind in angemessenen Zeitabstän-
den auf die Impfung und die für sie wichtigen Bestim-
mungen aufmerksam zu machen.
XI.
Schlußbestimmungen
Diese Ausführungsvorschriften ersetzen die infolge Ab-
laufs der Geltungsdauer außer Kraft getretenen „Aus-
führungsvorschriften über die kombinierte Diphtherie-
schutzimpfung‘“ vom 28. Februar 1968 (Dbl.111/1968
Nr. 37, Dbl. IV/1968 Nr. 24); sie treten mit Wirkung
vom 1. April 1973 in Kraft und am 31.März 1978
außer Kraft.
11,
A
43.
In Vertretung
Naulin
Ges/U V D ? — 5430/4 Nr. 3
IV-70_ | prernruf: 21 22 492 — (979) 492
An die Bezirksämter
das Landesmedizinaluntersuchungsamt Berlin
die Medizinaluntersuchungsämter I, II, III Berlin
die Landesimpfanstalt Berlin
mit tropenmedizinischer Beratungsstelle
nachrichtlich
an den Senator für Finanzen
den Senator für Schulwesen
den Senator für Familie, Jugend und Sport
| 22.4.1973
Ausführungsvorschriften
zum Bundes-Seuchengesetz *)
Auf Grund des 8 4 Abs. 4 des Polizeizuständigkeitsgesetzes
- PolZG — vom 2. Oktober 1958 (GVBl. S. 959), zuletzt ge-
ändert durch Gesetz vom 22. Juni 1970 (GVBl. S.928),
*) Überdrucke können bei mir — V D 2 — angefordert werden.
werden zur Ausführung‘ des Bundes-Seuchengesetzes vom
18. Juli 1961 (BGBl. I S. 1012 / GVBl. S. 1700) —- BSeuchG -—,
zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. Juli 1972 (BGBl. I
S.1284 / GVBl. S. 1539), die folgenden Ausführungsvor-
schriften erlassen: ;
Zu 82
Soweit dies möglich ist, soll die Feststellung einer
meldepflichtigen übertragbaren Krankheit auf bakte-
riologische, virologische oder serologische Befunde ge-
stützt werden.
Zu $3 (Abs. 1)
1. Unter den Begriff „übertragbare Gehirnentzündung‘“
fallen alle durch Krankheitserreger hervorgerufenen
Enzephalitiden einschließlich der postvakzinalen Enze-
phalitis, sofern nicht das durch den gleichen Erreger
hervorgerufene Grundleiden bereits meldepflichtig ist.
Die Meldepflicht der übertragbaren Kinderlähmung ist
besonders kritisch zu handhaben. Eine Erkrankungs-
meldung ist im allgemeinen nur gerechtfertigt, wenn
sie durch Laboratoriumsbefunde gestützt wird und die
Infektion mit anderen Erregern, die ähnliche Krank-
heitserscheinungen hervorrufen können, ausgeschlos-
sen werden kann. Die Poliomyelitisimpfanamnese ist zu
beachten.
Eine Mikrosporie liegt nur dann vor, wenn die Fluo-
reszenzprobe mit Hilfe der Woodlichtlampe positiv ist
und/oder der mykologische Nachweis geführt wurde.
Bei der Ornithose entscheidet die vermutliche Infek-
tionsquelle über die Eingruppierung in’a) Psittakose
oder b) übrige Formen.
Unter Pocken sind alle Formen der Variola einschließ-
lich Alastrim und „Variolois“ (modifizierte Pocken bei
Geimpften) zu verstehen. Im übrigen sind die „Richt-
linien über Maßnahmen und deren Vorbereitung beim
Auftreten von Pocken (Pockenalarmplan) im Land
Berlin“ vom 11. März 1970 (Dbl. IV/1970 Nr. 16) in der
jeweils geltenden Fassung zu beachten.
Eine Erkrankung an Amöbenruhr kann nur dann an-
genommen werden, wenn im Stuhl Magnaformen der
Entamoeba histolytica nachgewiesen wurden. oder ein
Leberabszeß nach Amöbenruhr besteht.
Zu 83 (Abs.2)
7. Bei der Diagnose einer Erkrankung an Diphtherie ist
auf den Nachweis des Erregers zu dringen.
Unter übertragbarer Hirnhautentzündung b) übrigen
Formen sind Meningitiden mit Ausnahme der Meningo-
kokken-Meningitis zu verstehen, die durch Krankheits-
erreger hervorgerufen werden und bei denen nicht das
durch den gleichen Erreger hervorgerufene Grund-
leiden bereits meldepflichtig war (Beispiel: tuberku-
löse Meningitis). Auch die abakterielle Meningitis und
die sog. Meningitis serosa sind als meldepflichtig anzu-
sehen, da es sich hierbei im allgemeinen ebenfalls um
Meningitiden handelt, die durch Krankheitserreger her-
vorgerufen werden, deren virologischer oder serologi-
scher Nachweis nicht gelungen ist.
Der Begriff Hepatitis infectiosa schließt auch die
Serumhepatitis ein. Die Sicherung der Diagnose durch
Serumfermentuntersuchungen ist anzustreben.
Kindbettfieber ist als Puerperalsepsis zu verstehen.
Eine Toxoplasmose-Erkrankung ist nur dann anzu-
nehmen, wenn im Zusammenhang mit dem Krankheits-
bild entweder der Erregernachweis gelungen ist und/
oder die serologischen Untersuchungsergebnisse das
Vorliegen einer Erkrankung erhärten. Das ist grund-
sätzlich dann der Fall, wenn ansteigende oder gleich-
bleibende hohe Titer im SFT oder bei einer dem SFT
vergleichbaren serologischen Reaktion von mindestens
1:1000 und in der KBR von mindestens 1: 10 vor-
liegen. Nur solche Fälle sind meldepflichtig.
Darunter bleibende SFT- und KBR-Werte, aber auch
ein höherer positiver SFT-Titer bei gleichbleibend ne-
gativer KBR sprechen für eine latente Infektion. SFT-
Titer über 1:16 000 sind stets Ausdruck einer akuten
Infektion, doch bedeuten solche Titer ohne klinische
*
10.
a1.