IV/1972
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verhalten und Beziehungen zu gestalten, gefördert
wird und nicht mit Drohungen, Schlägen oder an-
deren. Körperstrafen, auch nicht mit Kränkungen,
Schmähungen oder Demütigungen erzogen wird;
an eine sinnvolle, seinen Bedürfnissen gerecht wer-
dende Verwendung seiner freien Zeit herangeführt
wird;
ihm angemessene Spielanreize sowie zusammenhän-
gende Spiel- und Freizeiten und damit ausreichende
Gelegenheit zu produktiven und abwechslungsrei-
chen Spielen, zur Betätigung eigener Initiative und
zu Kontakten mit anderen Kindern erhält;
seine motorischen Bedürfnisse befriedigen sowie
seine Geschicklichkeit und seine körperlichen und
geistig-seelischen Kräfte entfalten kann.
Auffallend entwicklungsverarmten oder behinderten
Pflegekindern sind dabei die gebotenen und geeigneten
spezifischen Hilfen zu vermitteln. Die Pflegepersonen
sind anzuhalten, dem Jugendamt von besonderen Vor-
kommnissen und auffälligen Beobachtungen im Ver-
halten des Minderjährigen so früh wie möglich Mit-
teilung zu machen. .
Das Jugendamt hat für regelmäßige Information über
rechtliche Änderungen und neue pädagogische Erkennt-
hisse, die den Bereich der Familienpflege berühren,
sowie für eine Fortbildung von Pflegepersonen in er-
zieherischen Fragen Sorge zu tragen. Informations-
material, wie z. B. Broschüren und Merkblätter, sowie
Vertragstexte sind, wenn nötig, eingehend mit den
Pflegepersonen durchzusprechen.
Hausbesuche bei den Pflegepersonen sind durch -die
Beauftragten nach der Inpflegegabe in der Regel
im ersten Vierteljahr .......... einmal monatlich,
bis zum Ablauf des ersten Jahres
weiterhin 7.0.0.0... 0004 .0.0-44:.. vierteljährlich,
danach mindestens ................. halbjährlich,
in kinderreichen Pflegefamilien und anderen Groß-
pflegestellen sowie in Kurzpflege- und Tagespflege-
stellen mindestens ................ vierteljährlich
durchzuführen. Die Zeitabstände sind zu verkürzen,
wenn hierfür eine besondere Veranlassung besteht,
insbesondere wenn bei früheren Hausbesuchen Mängel
festgestellt worden oder dem Jugendamt sonstige Tat-
sachen bekanntgeworden sind, die eine Prüfung gebo-
ten erscheinen lassen. Dies trifft z. B. für kinderreiche
Pflegefamilien und andere Großpflegestellen zu, die,
ohne eine Erklärung nach Nummer 44 Buchst.a ab-
gegeben zu haben, mindestens sechs Monate nicht mehr
als drei Pflegekinder in Pflege hatten, wenn die Pflege-
erlaubnis für ein viertes Pflegekind erteilt werden soll.
In Sonderpflegestellen (Nummer 19) ist die Beobach-
tung und Beratung in enger Zusammenarbeit mit der
Erziehungsberatungsstelle, gegebenenfalls mit anderen
geeigneten Fachstellen durchzuführen. Der Entwick-
lungsverlauf ist in halbjährlichen Abständen zu begut-
achten.
Werden bei einem Hausbesuch wesentliche gesund-
heitsgefährdende Mängel, die durch das Einwirken des
Beauftragten nicht zu beheben sind, oder Anzeichen
von Mißhandlungen beobachtet, so ist umgehend das
Gesundheitsamt zu benachrichtigen, das alle in seinen
Zuständigkeitsbereich fallenden Maßnahmen trifft.
Hierüber ist ein schriftlicher Bericht zu erstatten, der
abschriftlich dem zuständigen Jugendamt zu übersen-
den ist. Werden durch die Beauftragten des Jugend-
amts Auffälligkeiten gesundheitlicher Art bei den
Pflegepersonen beobachtet, so sollen diese dem Ge-
sundheitsamt gemeldet, von dort vorgeladen und unter-
sucht werden. Kinderreiche Pflegefamilien und andere
Großpflegestellen sollen durch einen Arzt des Gesund-
heitsamts halbjährlich aufgesucht werden. Dem Ju-
gendamt ist eine Abschrift des Begehungsberichts zu-
zusenden.
Zur Sicherung der gesundheitlichen Betreuung ist in
Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt darauf hin- ı
zuwirken, daß die Pflegepersonen den Minderjährigen |
zweckmäßig kleiden, ernähren, pflegen sowie in seiner
Gesamtentwicklung anregen und ihn regelmäßig einem
Arzt und Zahnarzt vorstellen. Die Vorstellung kann
bei einem Arzt des Gesundheitsamtes bzw. einem Zahn-
arzt des Gesundheitsamts — Zahnärztlicher Dienst —
erfolgen. Es können aber auch frei praktizierende
Ärzte und Zahnärzte in Anspruch genommen werden.
61.
Das Jugendamt hat dem zuständigen Gesundheitsamt
unverzüglich fernmündlich und schriftlich mitzuteilen
a) die Erkrankung eines Minderjährigen in Familien-
pflege, soweit es sich um das Auftreten einer Epi-
demie. oder um wiederholtes Auftreten von Infek-
tionskrankheiten bei mehreren Minderjährigen
handelt, x
b) den ernstlichen Unfall eines Minderjährigen und
c) den Tod eines Minderjährigen.
Ein Arzt des Gesundheitsamts hat die erforderlichen
Prüfungen, Untersuchungen und gegebenenfalls wei-
tere Maßnahmen sofort zu veranlassen.
Die Beauftragten des Jugendamts haben in Zusammen-
arbeit mit dem Gesundheitsamt dafür Sorge zu tragen,
daß sich die Pflegepersonen jährlich zu einem ihnen
genehmen Termin einer Schirmbilduntersuchung der
Lungen unterziehen. Die Untersuchung ist vom Ge-
sundheitsamt durchzuführen. Sie kann entfallen, wenn
eine weniger als sechs Monate alte Thoraxaufnahme
vorgelegt wird. Das Gesundheitsamt hat im Pflegebuch
— falls ein solches nicht ausgestellt wordem ist, in einer
Bescheinigung — die Wahrnehmung des Termins durch
die Pflegepersonen zu bestätigen. Die Beauftragten
des Jugendamts kontrollieren, ob die Untersuchung
stattgefunden hat.
Ist die Pflegeerlaubnis wiederrufen worden, so hat das
Jugendamt unverzüglich für die Herausnahme und die
vorläufige anderweitige Unterbringung des betreffen-
den Minderjährigen Sorge zu tragen. Es hat die Vor-
bereitungen dazu so rechtzeitig, rücksichtsvoll und ge-
schickt zu treffen, daß ’das Wohl des Minderjährigen
so wenig wie möglich beeinträchtigt wird. Es soll dabei
auch insoweit auf die Pflegepersonen einwirken, daß
sie die reibungslose Herausnahme des Minderjährigen
erleichtern. Die Form der Herausnahme richtet sich
nach den Umständen des Hinzelfalls. Im Regelfall
sollen die Personensorgeberechtigten dazu veranlaßt
werden. Notfalls hat das Jugendamt die erforderlichen
Maßnahmen zu treffen, um selbst den Minderjährigen
aus der Pflegestelle zu entfernen.
Die Aufsichtspflicht endet erst, wenn der Minderjährige
sich nicht mehr in der Pflegestelle befindet. Bis zu
diesem Zeitpunkt ist sie auch dann auszuüben, wenn
a) die Erteilung der Pflegeerlaubnis widerrufen wor-
den ist,
b) ein Verwaltungsgerichtsverfahren anhängig ist oder
c) das Jugendamt nach $ 40 Abs.2 AGJWG die Fort-
setzung des Pflegeverhältnisses oder nach 8 41
Abs. 1 oder 2 AGJWG die Inpflegenahme von Min-
derjährigen untersagt hat.
Eine Befreiung von der Beaufsichtigung kann wider-
ruflich angeordnet werden, wenn die gesamten Ver-
hältnisse der Pflegepersonen volle Gewähr für eine
dauernd geeignete Pflege bieten. Der Befreiung soll
in der Regel eine mindestens zweijährige Bewährung
der Pflegepersonen vorausgehen. Die Befreiung ist
schriftlich unter Hinweis auf die Möglichkeit jeder-
zeitigen Widerrufs zu erteilen und kann von vornherein
auf eine bestimmte Zeit beschränkt werden.
Die Befreiung erlischt, wenn ein weiterer Minder-
jähriger in die Pflegestelle aufgenommen wird. Sie ist
zu widerrufen, wenn Tatsachen festgestellt werden,
die die Annahme rechtfertigen, daß eine Beaufsichti-
zung im Interesse des Minderjährigen liegt. Nummer 42
findet entsprechende Anwendung.
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62.
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54.
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35.
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