IV/1972
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Aus der Aktenführung muß das Verfahren bei der
Eignungsprüfung und ‚die Schlüssigkeit der Beurtei-
lung ersichtlich sein. Zu den Unterlagen für die Be-
urteilung gehören
a) Gutachten, Stellungnahmen und Berichte gemäß
Nummern 27 bis 29 über die Eignung des Minder-
jährigen als Pflegekind,: ;
Verhandlungsbogen, Anamnese- und Sozialbericht
über die. Antragsteller, schriftliche Erklärung der
Antragsteller nach Nummer 31, En
Untersuchungsergebnisse einschließlich des Lungen-
befundes sowie gegebenenfalls gutachtliche Stel-
lungnahmen des Gesundheitsamts,
1) Auskunft des Polizeireviers und Führungszeugnis,
8) sonstige Stellungnahmen nach den Kriterien der
Nummern 7 bis 24 einschließlich der Vermerke über
Ermittlungen, insbesondere auch Gutachten der Er-
ziehungsberatungsstelle,
£) Vorgänge anderer Jugendämter bei Zuzug oder
früherem Pflegeverhältnis, gegebenenfalls auch
Vermerke über Akteneinsicht.
Wird der Minderjährige durch seine Personensorge-
berechtigten in einer Pflegestelle untergebracht, in der
das leibliche, geistige und seelische Wohl des Minder-
jährigen gewährleistet ist, so hat die Pflegeperson
einen Rechtsanspruch auf die Erteilung der Pflege-
erlaubnis. Das Jugendamt hat insoweit keinen Ermes-
sensspielraum. .
Führt die Prüfung der Voraussetzungen zum Ergebnis,
daß gegen die Erteilung der Pflegeerlaubnis Bedenken
bestehen, so erübrigt sich eine Entscheidung, wenn die
Personensorgeberechtigten auf Grund dieser ihnen mit-
geteilten Bedenken sich veranlaßt sehen, von der Un-
terbringung bei den Pflegepersonen abzusehen oder den
Minderjährigen aus der umstrittenen Pflegestelle her-
auszunehmen.
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Hat der Antragsteller gebeten, ihm einen Minderjähri-
gen in Pflege zu geben, für den das Jugendamt die
Personensorge ausübt oder zu dessen Unterbringung
es von den Personensorgeberechtigten ermächtigt ist,
So liegt die Entscheidung über die Inpflegegabe im
pflichtgemäßen Ermessen des Jugendamts. Wird die
Inpflegegabe abgelehnt, so erübrigt sich eine Entschei-
dung über die Erteilung der Pflegeerlaubnis. Die Ab-
lehnung der Inpflegegabe des Minderjährigen stützt
sich auf das Personensorgerecht und ist insoweit kein
Verwaltungsakt, der eine Begründung erfordert und
mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen sein muß.
Rechtfertigen Tatsachen Bedenken gegen die Erteilung
der Pflegeerlaubnis, so kann diese zum Schutze des
Kindes befristet, unter einer Bedingung oder mit Auf-
lagen erteilt werden. Eine Einschränkung der Erlaub-
nis muß jedoch unmittelbar mit den bestehenden Be-
denken zusammenhängen. Die Nichtbeachtung der
Auflage dürfte im Zweifel einen Widerruf rechtfer-
tigen.
Wird die Erlaubnis für einen bereits aufgenommenen
Minderjährigen beantragt und stehen dem Verbleib des
Minderjährigen bei den Pflegepersonen aus erzieheri-
scher und pflegerischer Sicht keine offensichtlichen
Bedenken entgegen, so kann vorerst eine auf höchstens
Sechs Monate befristete Pflegeerlaubnis erteilt werden.
Ergeben die weiteren Ermittlungen, daß auch die son-
stigen Voraussetzungen erfüllt sind, so ist die Pflege-
erlaubnis endgültig zu erteilen.
Pflegepersonen, die mit einem Pflegekind in den Be-
reich eines Jugendamts zuziehen oder innerhalb eines
Bezirks umziehen, ist die Erlaubnis zur Fortsetzung
der Pflege unverzüglich zu erteilen, sofern die räum-
lichen und sonstigen Verhältnisse geeignet sind. Die
Prüfung der Eignung des Pflegekindes und der Pflege-
personen sowie der familiären Verhältnisse erübrigt
sich in der Regel bei einem Wohnungswechsel von
Pflegepersonen, denen zuvor für das Pflegekind bereits
die Pflegeerlaubnis erteilt worden war, es sei denn, daß
besondere Umstände eine erneute Prüfung geraten
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erscheinen lassen. Verziehen Pflegepersonen mit dem
Pflegekind in den Bereich eines anderen Jugendamts,
so hat das bisher zuständige Jugendamt den Umzug
unverzüglich dem nunmehr zuständigen Jugendamt zu
melden und ihm die Vorgänge über die Pflegestelle
abzugeben. Jedes Jugendamt hat das Gesundheitsamt
seines Bezirks schriftlich vom Umzug zu benach-
richtigen.
Die Pflegeerlaubnis wird — für jeden Minderjährigen
gesondert — in der Regel durch Aushändigung des
Pflegebuches erteilt. Sie gilt nur für den im Pflege-
buch bezeichneten Minderjährigen und die darin an-
gegebene Wohnung oder Pflegestelle. Für Minder-
jährige in Kurz- und Tagespflegestellen, mit deren
Pflegepersonen das Jugendamt einen Pflegevertrag
abgeschlossen hat, wird auf ein Pflegebuch verzichtet.
Liegen die Voraussetzungen für die Anerkennung einer
Pflegestelle als Großpflegestelle (Nummer 20) vor, so
hat das Jugendamt den Pflegepersonen einen entspre-
chenden schriftlichen Bescheid zu erteilen. Aus dem
Bescheid müssen ersichtlich sein:
a) Art und Form der Pflegestelle,
b). Vor- und Zuname sowie Geburtsdaten der Pflege-
personen,
Anschriften der Pflegepersonen und der Pflege-
stelle,
Zahl der Minderjährigen, für die insgesamt eine
Pflegeerlaubnis erteilt werden wird,
e) etwaige Bedingungen und Auflagen,
£f) gegebenenfalls ‚die Anerkennung einer Ausnahme
von der Höchstzahl (Nummer 24).
Auf die im Bescheid genannte Höchstzahl sind die in
der Pflegestelle befindlichen noch nicht 12 Jahre alten
Kinder anzurechnen, die nicht Pflegekinder im Sinne
des $ 27 JWG sind; sie sind bereits bei der Festsetzung
der Höchstzahl zu berücksichtigen. Die Anrechnung
und Berücksichtigung entfällt, wenn die Voraussetzun-
gen nach Nummer 24 gegeben sind. Ist die Höchstzahl
erreicht, ‚so ist das Hinzukommen weiterer eigener
Kinder oder Stiefkinder auf die bereits erteilte Einzel-
pflegeerlaubnis ohne Einfluß. Es ist jedoch anzustre-
ben, die Gesamtzahl so bald wie möglich wieder auf
die in dem Bescheid genannte Zahl zu senken und zu
diesem Zwecke die Pflegepersonen zur Abgabe von
Pflegekindern zu veranlassen, sofern dem das Wohl
der Kinder nicht entgegensteht. Verbleibt ein Minder-
jähriger nach Vollendung des 16. Lebensjahres in der
Pflegestelle, so darf die Erlaubnis für ein weiteres
Pflegekind nicht erteilt werden, wenn durch die Er-
teilung die Gesamtzahl der untergebrachten Minder-
jährigen die in dem Bescheid genannte Höchstzahl
übersteigen würde.
Die Verweigerung der Pflegeerlaubnis oder der An-
erkennung als Großpflegestelle ist unter Hinweis auf
die festgestellten wesentlichen Tatsachen und die
Rechtsgrundlage, auf die sich der Bescheid stützt,
schriftlich zu begründen. Der Bescheid ist mit einer
Belehrung über das Rechtsmittel des Widerspruchs zu
versehen. Weist das Bezirksamt den Widerspruch ab,
so ist der Bescheid zu begründen und mit der Beleh-
rung zu versehen, daß gegen den Bescheid binnen eines
Monats vor dem Verwaltungsgericht schriftlich oder
zur Niederschrift der Geschäftsstelle Klage erhoben
werden kann. Es wird empfohlen, vor einem Ableh-
nhungsbescheid in einem Vermerk alle Tatsachen und
Gesichtspunkte zusammenzustellen, die den Bescheid
stützen, und zwar auch solche, die im Bescheid nicht
erwähnt werden.
Die Pflegeerlaubnis erlischt
a) bei Wohnungswechsel der Pflegepersonen,
b) bei Abgabe des Minderjährigen durch die Pflege-
personen,
bei Herausnahme durch den Personensorgeberech-
tigten oder dessen Bevollmächtigten,
bei Adoption des Minderjährigen durch die Pflege-
altern,
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