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Volume 2. Oktober 1972

Full text: Dienstblatt des Senats von Berlin (Public Domain) Ausgabe 1972 (Public Domain)

IV/1972 
Seite 136 , 
Nr. 46 
33. 
Aus der Aktenführung muß das Verfahren bei der 
Eignungsprüfung und ‚die Schlüssigkeit der Beurtei- 
lung ersichtlich sein. Zu den Unterlagen für die Be- 
urteilung gehören 
a) Gutachten, Stellungnahmen und Berichte gemäß 
Nummern 27 bis 29 über die Eignung des Minder- 
jährigen als Pflegekind,: ; 
Verhandlungsbogen, Anamnese- und Sozialbericht 
über die. Antragsteller, schriftliche Erklärung der 
Antragsteller nach Nummer 31, En 
Untersuchungsergebnisse einschließlich des Lungen- 
befundes sowie gegebenenfalls gutachtliche Stel- 
lungnahmen des Gesundheitsamts, 
1) Auskunft des Polizeireviers und Führungszeugnis, 
8) sonstige Stellungnahmen nach den Kriterien der 
Nummern 7 bis 24 einschließlich der Vermerke über 
Ermittlungen, insbesondere auch Gutachten der Er- 
ziehungsberatungsstelle, 
£) Vorgänge anderer Jugendämter bei Zuzug oder 
früherem Pflegeverhältnis, gegebenenfalls auch 
Vermerke über Akteneinsicht. 
Wird der Minderjährige durch seine Personensorge- 
berechtigten in einer Pflegestelle untergebracht, in der 
das leibliche, geistige und seelische Wohl des Minder- 
jährigen gewährleistet ist, so hat die Pflegeperson 
einen Rechtsanspruch auf die Erteilung der Pflege- 
erlaubnis. Das Jugendamt hat insoweit keinen Ermes- 
sensspielraum. . 
Führt die Prüfung der Voraussetzungen zum Ergebnis, 
daß gegen die Erteilung der Pflegeerlaubnis Bedenken 
bestehen, so erübrigt sich eine Entscheidung, wenn die 
Personensorgeberechtigten auf Grund dieser ihnen mit- 
geteilten Bedenken sich veranlaßt sehen, von der Un- 
terbringung bei den Pflegepersonen abzusehen oder den 
Minderjährigen aus der umstrittenen Pflegestelle her- 
auszunehmen. 
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Hat der Antragsteller gebeten, ihm einen Minderjähri- 
gen in Pflege zu geben, für den das Jugendamt die 
Personensorge ausübt oder zu dessen Unterbringung 
es von den Personensorgeberechtigten ermächtigt ist, 
So liegt die Entscheidung über die Inpflegegabe im 
pflichtgemäßen Ermessen des Jugendamts. Wird die 
Inpflegegabe abgelehnt, so erübrigt sich eine Entschei- 
dung über die Erteilung der Pflegeerlaubnis. Die Ab- 
lehnung der Inpflegegabe des Minderjährigen stützt 
sich auf das Personensorgerecht und ist insoweit kein 
Verwaltungsakt, der eine Begründung erfordert und 
mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen sein muß. 
Rechtfertigen Tatsachen Bedenken gegen die Erteilung 
der Pflegeerlaubnis, so kann diese zum Schutze des 
Kindes befristet, unter einer Bedingung oder mit Auf- 
lagen erteilt werden. Eine Einschränkung der Erlaub- 
nis muß jedoch unmittelbar mit den bestehenden Be- 
denken zusammenhängen. Die Nichtbeachtung der 
Auflage dürfte im Zweifel einen Widerruf rechtfer- 
tigen. 
Wird die Erlaubnis für einen bereits aufgenommenen 
Minderjährigen beantragt und stehen dem Verbleib des 
Minderjährigen bei den Pflegepersonen aus erzieheri- 
scher und pflegerischer Sicht keine offensichtlichen 
Bedenken entgegen, so kann vorerst eine auf höchstens 
Sechs Monate befristete Pflegeerlaubnis erteilt werden. 
Ergeben die weiteren Ermittlungen, daß auch die son- 
stigen Voraussetzungen erfüllt sind, so ist die Pflege- 
erlaubnis endgültig zu erteilen. 
Pflegepersonen, die mit einem Pflegekind in den Be- 
reich eines Jugendamts zuziehen oder innerhalb eines 
Bezirks umziehen, ist die Erlaubnis zur Fortsetzung 
der Pflege unverzüglich zu erteilen, sofern die räum- 
lichen und sonstigen Verhältnisse geeignet sind. Die 
Prüfung der Eignung des Pflegekindes und der Pflege- 
personen sowie der familiären Verhältnisse erübrigt 
sich in der Regel bei einem Wohnungswechsel von 
Pflegepersonen, denen zuvor für das Pflegekind bereits 
die Pflegeerlaubnis erteilt worden war, es sei denn, daß 
besondere Umstände eine erneute Prüfung geraten 
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erscheinen lassen. Verziehen Pflegepersonen mit dem 
Pflegekind in den Bereich eines anderen Jugendamts, 
so hat das bisher zuständige Jugendamt den Umzug 
unverzüglich dem nunmehr zuständigen Jugendamt zu 
melden und ihm die Vorgänge über die Pflegestelle 
abzugeben. Jedes Jugendamt hat das Gesundheitsamt 
seines Bezirks schriftlich vom Umzug zu benach- 
richtigen. 
Die Pflegeerlaubnis wird — für jeden Minderjährigen 
gesondert — in der Regel durch Aushändigung des 
Pflegebuches erteilt. Sie gilt nur für den im Pflege- 
buch bezeichneten Minderjährigen und die darin an- 
gegebene Wohnung oder Pflegestelle. Für Minder- 
jährige in Kurz- und Tagespflegestellen, mit deren 
Pflegepersonen das Jugendamt einen Pflegevertrag 
abgeschlossen hat, wird auf ein Pflegebuch verzichtet. 
Liegen die Voraussetzungen für die Anerkennung einer 
Pflegestelle als Großpflegestelle (Nummer 20) vor, so 
hat das Jugendamt den Pflegepersonen einen entspre- 
chenden schriftlichen Bescheid zu erteilen. Aus dem 
Bescheid müssen ersichtlich sein: 
a) Art und Form der Pflegestelle, 
b). Vor- und Zuname sowie Geburtsdaten der Pflege- 
personen, 
Anschriften der Pflegepersonen und der Pflege- 
stelle, 
Zahl der Minderjährigen, für die insgesamt eine 
Pflegeerlaubnis erteilt werden wird, 
e) etwaige Bedingungen und Auflagen, 
£f) gegebenenfalls ‚die Anerkennung einer Ausnahme 
von der Höchstzahl (Nummer 24). 
Auf die im Bescheid genannte Höchstzahl sind die in 
der Pflegestelle befindlichen noch nicht 12 Jahre alten 
Kinder anzurechnen, die nicht Pflegekinder im Sinne 
des $ 27 JWG sind; sie sind bereits bei der Festsetzung 
der Höchstzahl zu berücksichtigen. Die Anrechnung 
und Berücksichtigung entfällt, wenn die Voraussetzun- 
gen nach Nummer 24 gegeben sind. Ist die Höchstzahl 
erreicht, ‚so ist das Hinzukommen weiterer eigener 
Kinder oder Stiefkinder auf die bereits erteilte Einzel- 
pflegeerlaubnis ohne Einfluß. Es ist jedoch anzustre- 
ben, die Gesamtzahl so bald wie möglich wieder auf 
die in dem Bescheid genannte Zahl zu senken und zu 
diesem Zwecke die Pflegepersonen zur Abgabe von 
Pflegekindern zu veranlassen, sofern dem das Wohl 
der Kinder nicht entgegensteht. Verbleibt ein Minder- 
jähriger nach Vollendung des 16. Lebensjahres in der 
Pflegestelle, so darf die Erlaubnis für ein weiteres 
Pflegekind nicht erteilt werden, wenn durch die Er- 
teilung die Gesamtzahl der untergebrachten Minder- 
jährigen die in dem Bescheid genannte Höchstzahl 
übersteigen würde. 
Die Verweigerung der Pflegeerlaubnis oder der An- 
erkennung als Großpflegestelle ist unter Hinweis auf 
die festgestellten wesentlichen Tatsachen und die 
Rechtsgrundlage, auf die sich der Bescheid stützt, 
schriftlich zu begründen. Der Bescheid ist mit einer 
Belehrung über das Rechtsmittel des Widerspruchs zu 
versehen. Weist das Bezirksamt den Widerspruch ab, 
so ist der Bescheid zu begründen und mit der Beleh- 
rung zu versehen, daß gegen den Bescheid binnen eines 
Monats vor dem Verwaltungsgericht schriftlich oder 
zur Niederschrift der Geschäftsstelle Klage erhoben 
werden kann. Es wird empfohlen, vor einem Ableh- 
nhungsbescheid in einem Vermerk alle Tatsachen und 
Gesichtspunkte zusammenzustellen, die den Bescheid 
stützen, und zwar auch solche, die im Bescheid nicht 
erwähnt werden. 
Die Pflegeerlaubnis erlischt 
a) bei Wohnungswechsel der Pflegepersonen, 
b) bei Abgabe des Minderjährigen durch die Pflege- 
personen, 
bei Herausnahme durch den Personensorgeberech- 
tigten oder dessen Bevollmächtigten, 
bei Adoption des Minderjährigen durch die Pflege- 
altern, 
40. 
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42, 
43.
	        
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