1V/1970
| Seite25 ı
Nr. 16
54.
Zahl und Länge der Impfschnitte sollten nach dem 1!
Gefährdungsgrad des Impflings variiert werden (bis
zu 4 Schnitte von 3 bis 10 mm Länge und mindestens
20 mm Abstand).
35.
Bei Ansteckungsverdächtigen aus dem engeren Kon-
taktkreis der Nummer 24 Buchst. a sind bezüglich der
Kontraindikationen strengste Maßstäbe anzulegen. Nur
schwere ausgedehnte Ekzeme oder eine schwere
Allgemeinkrankheit können als bedingte Kontra-
indikationen gelten, die Überalterung z. B. nicht. Ge-
gebenenfalls ist unter Vakzine-Antigen- und / oder
Gammaglobulinschutz zu impfen. Kann eine Impfung
nicht durchgeführt werden, so sollte täglich Gamma-
globulin oder besser Vakzine-Hyperimmunglobulin in
entsprechender Dosierung verabreicht werden. Es
empfiehlt sich ferner, .in derartigen Fällen bis zum
Ende der Inkubationszeit Vakzine-Antigen nach
HERRLICH zu verabfolgen.
56.
Ansteckungsverdächtige des weiteren Kreises der
Nummer 24 Buchst.b und Kontaktpersonen 2. Grades
der Nummer 25 sind unter Anwendung strenger Maß-
stäbe hinsichtlich von Kontraindikationen zu impfen.
Impfrisiko und Erkrankungsrisiko sind abzuwägen.
Der zuständige Amtsarzt entscheidet über die anzu-
wendenden Impfmethoden.
64.
57.
Alle bezüglich ihrer Impffähigkeit schwer zu beurtei-
ienden Personen sollten in gesonderten Terminen durch
erfahrene Impfärzte versorgt werden.
38
Bei Ansteckungsverdächtigen (Kontaktpersonen 1. und
2. Grades) ist eine Nachschau am 3. Tag durchzufüh-
ren und gegebenenfalls die Impfung zu wiederholen,
sofern der 5.Tag nach der möglichen ersten Expo-
sition nicht überschritten ist (s. Nummer 53). Kann
aine Revakzination nicht durchgeführt werden, so sind
gegebenenfalls Behandlungen entsprechend Nummer 55
angezeigt.
39.
Bei freiwilligen Wiederimpfungen der Bevölkerung sind
die üblichen Regeln zu beachten. Die Impfung ist ange-
zeigt, wenn die vorausgegangene Erst- oder Wieder-
impfung länger als 3 Jahre zurückliegt. Eine Nach-
schau ist — wenn möglich — durchzuführen.
50.
Während eines Pockenausbruches kann als erfolgreiche
Impfung nur die Bläschen- oder Pustelreaktion ange-
sehen werden.
öl
Die gesetzlich vorgeschriebenen HErst- und Wieder-
impfungen, die im gleichen Kalenderjahr fällig werden,
sollten unverzüglich in besonderen Impfterminen durch-
geführt werden. Andere Impfaktionen sind zu stoppen.
52.
Alle Mitarbeiter des zuständigen Gesundheitsamtes
sollten im Pockenalarmfall revakziniert werden.
VI.
Desinfektionsmaßnahmen
53
Unverzüglich nach dem Abtransport des Pocken-
kranken oder Krankheitsverdächtigen und ‚der an-
steckungsverdächtigen Personen oder dem Abtrans-
port einer Pockenleiche ist eine Schlußdesinfektion der
Wohnung durchzuführen. Die Raumdesinfektion soll
mit dem Formaldehyd-Wasserdampf-Verfahren nach
FTlügge oder besser einem Formaldehyd-Wasservernebe-
lungs-Verfahren durchgeführt werden. Die Formal-
dehydkonzentration soll in beiden Fällen 5 Gramm
Formaldehydgas pro Kubikmeter Raum betragen, das
Desinfektionsmittel soll mindestens 6 Stunden einwir-
ken. Es kann hiernach durch Lüften aus dem Raum
entfernt werden oder durch nachfolgende Ammoniak-
verdampfung neutralisiert werden. Für die Formal-
dehyd-Vernebelung ist zweckmäßig, die errechnete |
Menge von Formaldehydlösung DAB 7 gemischt zu
gleichen Teilen mit vergälltem Alkohol und Wasser
mit einem geeigneten maschinellen Vernebelungsgerät
zu vernebeln. Während der Vernebelung durch das
Vernebelungsgerät kann der Desinfektor, geschützt
durch Atemmaske und Schutzkleidung, den Raum :vor-
schriftsmäßigerweise auflockern.
An die Raumdesinfektion durch Vernebelung oder Ver-
gasung von Formaldehydlösung ist eine Scheuerdesin-
fektion des Bettes, seiner Umgebung und evtl. anderer
stark verschmutzter Gegenstände, mit einem formal-
dehydhaltigen Desinfektionsmittel in der in der gülti-
gen Desinfektionsmittelliste für die Scheuerdesinfektion
angegebenen Konzentration anzuschließen. Falls aus
technischen Gründen erforderlich, können auch zuge-
Jassene Chloraminpräparate oder für die Virusdesinfek-
tion besonders geeignete phenolische Desinfektions-
mittel (wie Gevisol oder Bac) verwendet werden.
Die vom Pockenkranken, Krankheitsverdächtigen oder
von dem Verstorbenen benutzten Gegenstände oder
Verbrauchsgüter des persönlichen Bedarfs sind zweck-
mäßigerweise an Ort und Stelle mit den oben ange-
führten chemischen Desinfektionsmitteln zu entseu-
chen, soweit möglich und angebracht zu verbrennen
oder 15 Minuten in 0,5%iger Sodalösung abzukochen.
Wäsche
Das Abziehen der Deckenüberzüge ist umstülpend vor-
zunehmen. Bettlaken sind von den Rändern her nach
innen einzuschlagen, so daß die Liegefläche von der
unbenutzten Außenseite des Lakens bedeckt wird.
Unter Berücksichtigung der Möglichkeit der Ver-
schmutzung mit Pockenpusteln sind als geeignete
chemische Desinfektionsmittel für die Entseuchung
der Wäsche Lösungen folgender Präparate anzusehen:
Formaldehydlösung DAB 7 1,5%ig = 12 Stunden.
Desinfektionsmittel auf Formaldehydbasis mit Sei-
fenlösungen oder Netzmitteln, die in der Desinfek-
tionsmittelliste des Bundesgesundheitsamtes für die
Wächedesinfektion zugelassen sind.
Gleichfalls für die Wäschedesinfektion zugelassene
phenolische Desinfektionsmittel, die besonders
viruzid sind.
Damit die allseitige Benetzung der Schmutzwäsche mit
Desinfektionslösung gewährleistet ist, soll das Flotten-
verhältnis (gewichtsanteilmäßiges Verhältnis zwischen
Wäsche und Waschmittellösung) 1: 6 besser noch 1 : 8
betragen. Die Wäsche sollte mit einem Holzstab, der bis
zum Abschluß der Desinfektion im Waschbehälter
bleibt, öfter umgerührt werden, um mögliche Konzen-
;rationsunterschiede auszugleichen. Nach Ablauf der
Einwirkungszeit ‚kann die Wäsche normal gereinigt
werden.
Geschirr und ähnliche Gebrauchsgegenstände
Die Entseuchung soll durch. Abkochen in 0,5%iger
Sodalösung für 15 Minuten oder durch Einlegen in
aäine 3%ige Formaldehydlösung DAB 7 für die Dauer
von 4 Stunden erfolgen.
Es bleibt dem zuständigen Amtsarzt überlassen, even-
tuell feste Speisereste, Lebensmittel und geringwertige
Gegenstände auch in staub- und wasserdichten Behält-
ıissen unter Beachtung der sorgfältigen Oberflächen-
Jesinfektion dieser Behältnisse zu sammeln und zur
Verbrennung oder chemischen Entseuchung in die
Desinfektionsanstalt zu überführen.
Decken, Matratzen und anderes Bettzeug sollen nach
der Formaldehyddesinfektion infektionssicher verpackt
und einer nachfolgenden Wasserdampfdesinfektion
oder, soweit dies nicht mehr möglich ist, einer ent-
sprechenden chemischen Desinfektion unterzogen wer-
den. (Beachte Matratzen aus Gummi oder Kunststoff-
schaum, Bettzeug und Decken aus Chemiefasern.)