1V/1970
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Nr. 9
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aus; denn mit ihr soll das Rechtsgut „Gesundheit“ aus!
allgemeinen ordnungsbehördlichen ‚Gründen geschützt
werden. Außer den Verkehrsteilnehmern — Vvoraus-
gesetzt, daß der Lautsprecherlärm im Einzelfall keine
typische Verkehrsgefährdung darstellt — soll Abs. 2
Nr. 1 auch Anlieger, Anwohner oder. Benutzer bewohn-
ter Straßengrundstücke in den gesundheitlichen Schutz
vor Lautsprecherlärm einbeziehen. Für alle Fälle einer
besonders erlaubten Benutzung von Lautsprechern ist
im übrigen im Abs.3 Nr.3 die Ausnahme von dem
Verbot des Abs.2 vorgesehen. .
„Öffentliche Verkehrsflächen‘ sind nicht nur Straßen,
Wege oder Plätze, sondern auch Flüsse, Seen, Teiche
oder Kanäle. „Öffentliche Verkehrsräume‘“ sind ge-
schlossene oder offene Warteräume und Bahnhöfe der
U-Bahn, S-Bahn oder Straßenbahn. „Öffentliche Ver-
kehsrmittel“ sind alle für den allgemeinen Gebrauch
zugelassenen motorisierten oder nicht motorisierten
Fahrzeuge für die Personenbeförderung oder die Be-
förderung von Sachen zu Lande, insbesondere U- und
S-Bahnen, Omnibusse, Straßenbahnen ausschließlich
Omnibusse privater Verkehrsunternehmen und Auto-
taxen, ferner Wasserfahrzeuge. „Öffentliche Sport- und
Spielplätze“ sind alle der Allgemeinheit zugänglichen
Anlagen.
Zu 84 Abs. 3
Die in Abs.3 Nr.1 bis 4 vorgesehenen, der Sache
nach erforderlichen -Ausnahmen von dem Benutzungs-
verbot des Abs.2 schließt zumindest in bezug auf
Nr. 2, 3 und 4 die Einhaltung der Grundregel des
3 1 nicht aus. Die Benutzung eines Gerätes oder Instru-
mentes nach Nr.2 kann z.B. durchaus gegen $ 1
verstoßen, wenn die damit verursachten Geräusche im
Freien störend hörbar sind. „Üblich“ und „angemessen‘‘
ist die Benutzung von Tonwiedergabegeräten und
Musikinstrumenten nach Nr. 4 nur dann, wenn
diese zugleich die gesundheitlichen Belange der Wohn-
nachbarschaft bei besonderer Beachtung der örtlichen
Verhältnisse gebührend berücksichtigt. Es ist daher
unbedingt Vorsorge zu treffen, daß jede vermeidbare,
die Öffentlichkeit oder Nachbarschaft allgemein ge-
fährdende Lärmverursachung bei Sportveranstaltungen
unterbleibt.
Zu 8 4 Abs. 4
Die in Abs.4 vorgesehene Ermächtigung zur Ertei-
lung von widerruflichen Ausnahmezulassungen bei poli-
tischen. Versammlungen, Ausstellungen usw. schließt
selbstverständlich die Einhaltung der Grundregel ($ 1)
nicht aus. Im übrigen gelten die Ausführungen zu 82
Abs. 3 sinngemäß, wobei Vergnügungsveranstaltungen
generell einer strengeren Beurteilung. bedürfen. Die für
die Erteilung von Ausnahmezulassungen nach Abs. 4
Satz 2 zuständige Behörde, deren Maßnahmen auf
Grund spezieller Regelungen unberührt bleiben, hat den
Polizeipräsidenten in Berlin zu unterrichten.
Zu 85 Abs. 1
Die in Abs.1 vorgesehenen örtlichen Beschränkungen
ergeben sich zwangsläufig aus der mit dem Klopfen
von Teppichen usw. verbundenen besonderen Lärm-
belästigung, die durch eine örtlich geeignete Anord-
nung der Klopfvorrichtung sowie durch den Zwang,
diese zu benutzen, auf ein Mindestmaß herabgesetzt
werden soll.
Zu 85 Abs. 2
Auf die strikte Einhaltung der in Abs.2 angeführten
zeitlichen Beschränkungen ist zu achten; Zuwider-
aandlungen sind zu ahnden.
Zu 85 Abs. 3
Die Erteilung von Ausnahmen in Wohnvierteln mit
hoher Bebauungs- und Wohndichte ist allenfalls unter
Anlegung strenger Maßstäbe in bezug auf Notwendig-
keit und Zumutbarkeit zuzulassen. Sie ist in der Regel
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nur angebracht bei alleinstehenden abgelegenen Ein-
familienhausgrundstücken ohne unmittelbare Wohn-
nachbarschaft, im übrigen aber in weniger lärmschutz-
bedürftigen Gewerbe- und Industriegebieten, bei Woh-
nungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonal ge-
werblicher Betriebe, wo die örtlichen und sonstigen
Gegebenheiten dies gestatten. Die HEinhaltung der
Grundregel (8 1) bleibt auch hier unberührt.
Zu 86 Abs. 1
Die Schallwirkung elektroakustischer Signalgeräte ge-
werblicher Niederlassungen ist energiemäßig. so zu be-
messen, daß ihre Lautstärke am Rande des Werk-
geländes gerade noch ausreicht, um den beabsichtigten
und ausschließlichen Zweck der Verständigung von
Werksangehörigen zu erfüllen, die Ruhestörung Unbe-
teiligter aber weitestgehend ausschließt.
Zu 86 Abs. 2
Die generelle Ausnahme von dem Verbot des Abs.1
setzt akute Gefahrenzustände voraus. Einer mißbräuch-
lichen Anwendung ist entgegenzutreten, zumal u. U.
die lärmschutzwürdigen Interessen eines größeren Be-
völkerungskreises betroffen sein können.
Zu 87 Abs. 1
Für die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten im Sinne
des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) vom
24. Mai 1968 (BGBl.I S.481 / GVBl. S. 1334) und des
Einführungsgesetzes zum Gesetz über Ordnungswidrig-
keiten (EGOWiG) vom 24. Mai 1968 (BGBIl.I S.503 /
GVBl. S.1355) bei Zuwiderhandlungen gegen. die Ver-
ordnung zur Bekämpfung des Lärms ist in jedem Fall
der Polizeipräsident zuständig ($ 7 Abs. 4), soweit nicht
ausdrücklich das Gericht berufen ist ($ 35 Abs.2
OWiG). Auf die gegenüber dem alten OWiG neu ge-
faßten Vorschriften der $8 5 (Vorsitz und Fahrlässig-
keit), 9 (Beteiligung), 10 (Handeln für einen anderen),
12 (Rechtfertigender Notstand), 13 Abs. 2 und 3 (Höhe
der Geldbuße), 18 bis 25 (Einziehung von Gegenstän-
den), 27 (Verfolgungsverjährung), 31 (Vollrausch),
32 (Verletzung der Aufsichtspflicht gegenüber Kindern
und Jugendlichen) und 33 (Verletzung der Aufsichts-
pflicht in Betrieben und. Unternehmen) wird besonders
ningewiesen. Hinsichtlich der Zuständigkeit zur Ver-
folgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten sind
insbesondere die Vorschriften der 88 35, 40, 42, 45, 47,
51 und 82 OWiG zu beachten.
Von der Möglichkeit der Verwarnung ($ 56) ist bei
vorsätzlichen Zuwiderhandlungen, insbesondere bei
nächtlichen Ruhestörungen, in der Regel abzusehen. Ob
aine Ordnungswidrigkeit auf Grund der Verordnung zur
Bekämpfung des Lärms als vorsätzliche oder fahr-
lässige Zuwiderhandlung mit einem Bußgeld oder einer
Verwarnung mit oder ohne Verwarnungsgeld zu ahnden
ist,.ist generell nicht zu beurteilen; es ist vom HEinzel-
fall auszugehen. In den Fällen, in denen die vorliegende
Verordnung grundsätzliche Verbote ohne Ausnahme-
vorschriften vorsieht (z.B. 8 3, $ 4 Abs..1), sollte in der
Regel nur eine Bußgeldfestsetzung in Betracht gezogen
werden.
Wesentlich ist die Verpflichtung von Zeugen und Sach-
verständigen zur Aussage bzw. zur Erstattung von
Gutachten (8 59 Abs. 1). Die Beachtung der Formvor-
schriften des 8 66 (Inhalt des Bußgeldbescheides) wird
besonders nahegelegt. Das Verfahren nach. dem Ein-
spruch ($ 67) richtet sich nach den Vorschriften der
Strafprozeßordnung, die nach zulässigem Einspruch
gegen einen Strafbefehl gelten (88 411f. StPO, S& 71
OWiG). Wesentlich ist, daß das Gericht im Stadium
der Hauptverhandlung im Urteil nicht an den im Buß-
geldbescheid enthaltenen Ausspruch gebunden ist. Hin-
sichtlich der Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde ist
noch besonders auf 8 79 OWiG hinzuweisen. Die Voll-
streckung der Bußgeldentscheidung ist erst nach
Rechtskraft zulässig ($ 89); sie bestimmt sich gemäß
890 Abs.1 nach den Vorschriften des Verwaltungs-
Vollstreckungsgesetzes vom 27. April 1953 (BGBl.I