IV/1969 |
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C. Die serologische Verträglichkeitsprobe
(Kreuzprobe)
Die Kreuzprobe ist grundsätzlich vor jeder Blutüber-
tragung als Sicherungsmaßnahme für die Verträglich-
keit von Spender- und Empfängerblut durchzuführen.
Ihre Methodik ist so zu wählen, daß eine praktisch
optimale Erfassung aller möglicherweise vorhandenen
anti-erythrozytären Antikörper gewährleistet ist.
Nur in den sehr seltenen Fällen, in denen die Trans-
fusion bei bekannten Blutformeln keinerlei zeitlichen
Aufschub duldet oder aber bei denen Universalspender-
blut (0 rh) angewandt wird, ist eine Unterlassung die-
ser Probe zu verantworten. Sie soll jedoch noch wäh-
rend der Übertragung nachgeholt werden, um eine sich
wider Erwarten zeigende Unverträglichkeit so recht-
zeitig zu erkennen, daß die Übertragung abgebrochen
werden kann, noch bevor die Gesamtblutmenge trans-
fundiert wurde.
Die Kreuzprobe besteht aus der Prüfung des Verhaltens
der Spendererythrozyten im Empfängerserum (Major-
test) und der Empfängererythrozyten im Spender-
serum (Minortest). Der Majortest ist der weitaus
wichtigere und darf vor der Transfusion nicht unter-
lassen werden. Der Minortest ist im allgemeinen nicht
erforderlich. Besteht jedoch bei dem Empfänger eine
hochgradige Anaemie oder handelt es sich um Klein-
kinder, so ist auch die Prüfung des Spenderserums mit
den Empfängerblutkörperchen von Bedeutung. In die-
sen Fällen soll auch das Vorhandensein von Antikörpern
im Spenderserum, die mit den Empfängererythrozyten
veagieren können, mit Sicherheit ausgeschlossen wer-
den. Bedeutungslos ist die Durchführung des zweiten.
Teiles der Kreuzprobe, wenn WUniversalspenderblut
(0 rh) bei A-, B- oder AB-Patienten verwendet wird,
weil die Empfängererythrozyten durch die Agglutinine
Anti-A und Anti-B im 0-Serum mit Sicherheit zusam-
mengeballt werden und somit der zweite Teil der
Probe stets positiv ausfallen muß.
a) Die Kreuzprobe ist in ihrer einfachsten Form als
Albumintest durchzuführen. Bei allen Ergebnissen,
die zweifelhaft erscheinen, sowie bei Empfängern,
bei denen auf Grund vorangegangener Bluttrans-
fusionen oder Schwangerschaften das Vorhanden-
sein von irregulären Antikörpern vermutet wird, ist
die Kreuzprobe zusätzlich als Enzymtest (Papain,
Bromelin) und/oder als indirekter Coombstest anzu-
setzen.
Um positiv ausfallende Verträglichkeitsproben, die
durch Antikörper bedingt sind, richtig deuten zu
können, prüft man im gleichen Arbeitsgang das
Verhalten der Empfängererythrozyten im eigenen
Serum bzw. in einem anderen kolloidalen Milieu
(antikörperfreies AB-Serum, 20%ige Albumin-
lösung).
Nicht ganz selten fällt diese Kontrollreaktion posi-
tiv aus (Autoagglutination), so z.B. mitunter
bei haemolytischen Anaemien, Paraproteinaemien,
Leberparenchymschäden, Makroglobulinaemie und
Malignomen. Sodann ist zu vergleichen, ob die
Agglutination der Spendererythrozyten stärker ist
als die des Eigenblutes, In diesem Falle ist das vor-
gesehene Spenderblut zur Transfusion ungeeignet.
Anderenfalls, das heißt, wenn die Agglutination der
Spendererythrozyten schwächer bis gleich stark im
Vergleich zum Eigenblut ist, kann die Transfusion
unter steter Beobachtung des Empfängers langsam
und unter genauer Beachtung der biologischen Vor-
probe möglichst \als langsame Tropfinfusion durch-
geführt werden.
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Positive Kreuzproben bei negativer oder schwächerer
Eigenagglutination schließen das vorgesehene Spender-
blut für die Transfusion aus. Die für die Reaktion ver-
antwortlichen Antikörper sind mit Hilfe geeigneter
Testerythrozyten zu identifizieren. Anschließend ist ein
Blut für die Übertragung auszuwählen, dem das für
den gefundenen Antikörper korrespondierende Antigen
fehlt. Mit diesem Blut ist der Kreuztest nunmehr. er-
neut durchzuführen.
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D. Die biologische Vorprobe nach Oehlecker
Jede Transfusion wird mit der schnellen Übertragung
von 10 bis 20 ml Spenderblut begonnen. Sodann wird
die Transfusion für etwa fünf Minuten unterbrochen
und der Empfänger genau beobachtet. Treten subjektiv
und objektiv keine Symptome auf, die auf eine Unver-
träglichkeit schließen lassen — Rötung des Gesichts,
Oppressionsgefühl, Anstieg der Pulsfrequenz, Schmer-
zen in der Lendengegend, Kopfschmerzen, Hitzegefühl —,
so wird die Transfusion endgültig durchgeführt. Durch
diese Probe können nur Unverträglichkeiten in bezug
auf das ABO-System bei Patienten in ansprechbarem
Zustand entdeckt werden.
Durch Rh-Unverträglichkeit entstehende Transfusions-
reaktionen sind wegen ihres meist späteren Auftretens
durch die biologische Probe in der Regel nicht zu er-
fassen, sondern müssen durch die serologische Kreuz-
probe ausgeschaltet werden.
V.
Die Durchführung von Blutübertragungen
A. Allgemeines
Die Bluttransfusion ist ein Eingriff, dessen Indikation
eng gestellt werden muß. Grundsätzlich ist die Trans-
fusion vom Arzt vorzunehmen oder zumindest einzu-
leiten.
Er ist für ihre sachgemäße Durchführung verantwort-
lich und haftet auch für Zwischenfälle, die durch
Nichtbeachtung der Richtlinien entstehen.
Soweit andere Personen mit Aufgaben im Rahmen der
Blutübertragung selbständig betraut sind, haben sie
die von ihnen geleisteten Arbeiten zu verantworten. Es
gehört jedoch zur Sorgfaltspflicht des Arztes, die fach-
liche und persönliche Eignung dieser Personen für
ihren Aufgabenkreis festzustellen und zu überwachen.
Mancher unzutreffende Blutgruppenbefund und man-
cher Transfusionszwischenfall sind lediglich die Folge
einer Verwechslung. Deshalb ist Sicherung der Identi-
tät des Spenders oder Empfängers zur Vermeidung
von Verwechslungen unbedingte Voraussetzung für die
Zuverlässigkeit aller in Betracht kommenden Maßnah-
men und Untersuchungen. Eine eindeutige Beschrif-
tung der Proberöhrchen und Begleitpapiere ist uner-
1äßlich. Unzureichend gekennzeichnete Blutproben soll-
ten nicht bearbeitet werden, zumindest aber ist bei der
Befundmitteilung auf den Zweifel an der Identität
hinzuweisen.
Alle bei der Durchführung einer Bluttransfusion fest-
gestellten Untersuchungsergebnisse (Blutgruppen-
befunde, Kreuztestergebnisse usw.) sind schriftlich zu
fixieren, von den Ausführenden und: Verantwortlichen
mit Datumsangabe gegenzuzeichnen und mindestens
fünf Jahre aufzubewahren.
Um mögliche Verwechslungen oder Fehlbestimmungen,
insbesondere nach eingetretenen Transfusionsstörun-
gen, schneller und eindeutiger aufklären zu können,
sind die Blutproben zehn Tage nach der Bearbeitung,
das Restblut in den verbrauchten Blutkonserven
24 Stunden im Kühlschrank aufzubewahren.
Den Krankenhausträger trifft die Pflicht, in Zusam-
menarbeit mit dem ärztlichen Personal die bestmög-
lichen personellen und sachlichen Voraussetzungen für
die einwandfreie Durchführung der Bluttransfusion zu
Schaffen.
Es soll — abgesehen von seltenen Ausnahmen (s.u.) -
hur gruppen- und Rh-faktorengleiches Blut übertragen
werden. Lediglich in Dringlichkeitsfällen ist 1ysinfreies
Universalspenderblut der Gruppe 0 rh (cde) mit einem
Agglutinintiter bis 1 : 64 zu verwenden.
B. Spezielles
Der transfundierende Arzt hat sich von der richtigen
Durchführung und dem Ergebnis der Kreuzprobe zu
überzeugen und unmittelbar vor der Transfusion die