1V/1965
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h) Ersetzung des Unterbringungsbeschlusses nach den
88 71, 72 JGG durch einen Haftbefehl, wenn der in
einem Heim untergebrachte Jugendliche zu einer
längeren. Jugendstrafe verurteilt worden ist, da es
sich in der Regel nicht empfiehlt, einen solchen
Jugendlichen nach der Hauptverhandlung bis zur
Rechtskraft des Urteils wieder in das Heim zurück-
zubringen;
Aufrechterhaltung des Haftbefehls bis zur Rechts-
kraft des Urteils, wenn in diesem die FE ange-
ordnet worden ist, oder Ersetzung des Haftbefehls
durch einen Unterbringungsbeschluß nach $ 72
Abs. 3 JGG.
Der Vertreter der JGH muß als Repräsentant des
Jugendamtes stets bestrebt sein, für seine Person dazu
beizutragen, daß die Verhandlung für den Angeklagten
eindrucksvoll gestaltet wird. Die Autorität des Gerichts
ist in jeder Beziehung zu achten.
In der Hauptverhandlung erhält der Vertreter der JGCH
auf Verlangen das Wort (8 50 Abs. 3 Satz 2 JGG). Er
hat darauf zu achten, daß die im JGH-Bericht vorge-
brachten wesentlichen Tatsachen und Gesichtspunkte
in der Verhandlung erörtert werden, damit sie für die
gerichtliche Entscheidung verwertet werden können
und daß bei Bedarf, falls der Angeklagte ihre Richtig-
keit bestreitet, Beweis darüber erhoben wird.
Eine Verlesung des JGH-Berichtes ist nur insoweit zu-
lässig, als er Tatsachen und eine gutachtliche Äußerung
über den Angeklagten an Hand bestimmter Tatsachen
enthält. Eine Wertäußerung über die Persönlichkeit
und den Ruf des Angeklagten ohne Angabe bestimmter
Tatsachen ist als behördliches. Leumundszeugnis anzu-
sehen und darf nicht verlesen werden. Wenn die Wert-
äußerung für die Entscheidung erheblich sein sollte,
muß mit der Vernehmung der Ermittlungsperson, die
das Werturteil gefällt .hat, gerechnet werden. Das
gleiche gilt, wenn tatsächliche Angaben des JGH-
Berichtes vom Angeklagten bestritten werden. Die
Verlesung privater Leumundszeugnisse, z. B. des Er-
ziehungsheimes einer Vereinigung für Jugendhilfe ist
statthaft.
Ein mündlicher Vortrag des Vertreters der JGH ist
nicht vorgeschrieben. Sollte das Gericht ihn wünschen,
so sind Hinweise, die für den anwesenden Jugendlichen
von erzieherischem Nachteil sein könnten, in seiner
Anwesenheit möglichst zu vermeiden.
Ist zu befürchten, daß durch eine Erörterung, z. B.
durch einen Bericht, ein Gutachten oder ein Plädoyer,
Nachteile für die Erziehung des Jugendlichen entstehen
könnten. oder daß ein Zeuge in Gegenwart des An-
geklagten nicht die Wahrheit sagen werde, So hat der
Vertreter der JGH darauf hinzuwirken, daß der An-
geklagte für die Dauer der Erörterung oder Verneh-
mung von der Verhandlung ausgeschlossen wird (8 ‚51
Abs. 1 Satz 1 JGG). Das gleiche gilt entsprechend,
wenn gegen die Anwesenheit von Angehörigen, Er-
ziehungsberechtigten oder des gesetzlichen Vertreters
Bedenken bestehen ($ 51 Abs. 2 JGG).
Der Vertreter der JGH muß unter Umständen auch
gine für den Angeklagten oder seine Angehörigen un-
günstige Beurteilung offen vor Gericht vertreten. Im
Gewissenskonflikt des Vertreters der JGH verdient
wegen dessen Stellung in der Jugendstrafrechtspflege
die dem Gericht zu leistende Hilfe im Zweifel den
Vorzug gegenüber dem Vertrauensverhältnis zu dem
Angeklagten und seinen Angehörigen. Zum Wohl des
Angeklagten gehören im rechtlichen Sinne,‚auch seine
richtige Beurteilung und seine Wiedereingliederung in
die Gemeinschaft. Sein Wohl wird nicht durch das
Verschweigen von. Tatsachen und Gesichtspunkten ge-
wahrt, die für die Meinungsbildung‘ des Gerichts von
maßgeblicher Bedeutung sein können.
Ein selbständiges Fragerecht steht dem Vertreter der
JGH in der Hauptverhandlung nicht zu. Er besitzt kein
gesetzliches Antragsrecht, sondern nur ein Anhörungs-
recht. Er hat sich zu den Maßnahmen zu äußern, die
zu ergeifen sind. In diesem Rahmen kann er Empfeh-
lungen. und Anregungen geben.
Der Vertreter der JGH muß bereit sein, seine eigene
Beurteilung dem Ergebnis der Hauptverhandlung an-
zupassen und gegebenenfalls zu revidieren. Er hat je-
doch auch bei Darlegung seiner eigenen Überzeugung
auf Bedenken hinzuweisen, die im Zusammenhang mit
der Fertigstellung des JGH-Berichts geäußert worden
sind und nicht gänzlich unbegründet erscheinen.
62.
63.
Hält das Gericht eine Beweiserhebung über den Inhalt
des JGH-Berichtes für erforderlich, so kann der Ver-
treter der JGH als Zeuge vernommen werden, aller-
dings nur über Tatsachen, über die er aus eigener
Wahrnehmung aussagen kann. Zur Vermeidung einer
Vertagung ist es daher zweckmäßig, nach Möglichkeit
eine Personalunion zwischen Ermittler, Berichterstatter
und Terminsvertreter anzustreben. In seiner Eigen-
schaft als Fürsorger steht dem Vertreter der JGH
wegen der gesetzlich umrissenen Aufgaben kein ge-
setzliches Zeugnisverweigerungsrecht zu. Er unterliegt
dann als Zeuge den allgemeinen Vorschriften, insbe-
sondere auch über die Vereidigung und darf ihm per-
sönlich von dem Angeklagten und den Angehörigen
anvertraute Tatsachen, die für die Entscheidung des
Gerichtes von Bedeutung sein können, nicht ver-
schweigen, und zwar auch dann nicht, wenn ihm die
Tatsachen ohne das bestehende Vertrauensverhältnis
nicht mitgeteilt worden wären. Wird der für die Ent-
scheidung des Gerichts erhebliche Inhalt des JGH-
Berichtes von dem Angeklagten, seinen Angehörigen
oder den Zeugen bestätigt oder kommt das Gericht
auf andere Weise zu der Überzeugung seiner Richtig-
keit, so erübrigt sich eine Vernehmung des Vertreters
der JGH.
In der Beratungspause und nach Schluß der Haupt-
verhandlung sind der Angeklagte und seine Ange-
hörigen, soweit notwendig, über weitere sozialpäd-
agogische Maßnahmen zu beraten. Auch sonst kann
dem Angeklagten in seinem Interesse bezüglich der
Ausschöpfung vorhandener rechtlicher Möglichkeiten
Rat erteilt werden.
64.
65.
Über den Gang der Hauptverhandlung hat der Ver-
treter der JGH einen Verhandlungsbericht anzufertigen,
der sich besonders über das Verhalten des Jugendlichen
oder Heranwachsenden und seiner Angehörigen aus-
läßt. Er ist ausführlich zu halten, damit er Hinweise
über die Einstellung des Jugendlichen oder Heran-
wachsenden zu seiner Tat, den Mißbrauch des Per-
sonensorgerechts durch die Eltern, die Verbindungen
zu Mittätern oder Zeugen und die Zweckmäßigkeit der
Einleitung weiterer oder vorbeugender Maßnahmen,
insbesondere gegen strafunmündige Mittäter, geben
kann. Aus dem Verhandlungsbericht muß der Wort-
laut der gerichtlichen Entscheidung ersichtlich ‚sein.
66. Eine Abschrift des Verhandlungsberichtes erhält
a) das örtlich zuständige Jugendamt, wenn der Termin
von JGH-Vertretern des Landesjugendamtes wahr-
genommen worden ist und der Jugendliche oder
Heranwachsende seinen Aufenthalt im Bereich des
Landesjugendamtes oder im übrigen Bundesgebiet
hat;
das Landesjugendamt, Referat Öffentliche Erziehung,
in zweifacher Ausfertigung, wenn FEH gewährt,
FE angeordnet oder die Weisung erteilt worden ist,
in. einem vom Landesjugendamt zu bestimmenden
Heim zu wohnen;
das Landesjugendamt, Referat Gerichtshilfe, wenn
das Urteil auf Jugendstrafe lautet oder dem Urteil
eine Untersuchungshaft vorangegangen ist;
der zuständige Bewährungshelfer, wenn eine Be-
währungsaufsicht angeordnet worden ist oder wenn
ihm das Gericht die Überwachung der Befolgung
einer Weisung übertragen hat.