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Nr. 22
II. Ansteckungsverdächtige
Für Cholera-, Fleckfieber-, Pest-, Pocken- und Rück-
fallfieber-Ansteckungsverdächtige ist wegen der großen
Infektionsgefahr verbunden mit der Schwere der Er:
krankung grundsätzlich die Isolierung anzuordnen.
2. Abschn.I Ziff. 2 ist sinngemäß anzuwenden.
3. a) Tritt unter den Patienten eines Krankenhauses eine
Mmeldepflichtige Krankheit auf, so sind die An-
steckungsverdächtigen im allgemeinen zu dem ur-
sprünglich vorgesehenen Zeitpunkt zu entlassen.
Ihre Isolierung im Krankenhaus ist nur bei den in
Ziff. 1 genannten Krankheiten erforderlich.
Bei sonstigen Ansteckungsverdächtigen kann die
Absonderung angeordnet werden, wenn durch die
Entlassung eine besondere Infektionsgefahr für die
häusliche Umgebung entstehen würde (z.B. in Ge-
meinschaftseinrichtungen oder bei unhygienischen
Verhältnissen in der Wohngemeinschaft).
III. Ausscheider
Ausscheider können mit ihrem Einverständnis isoliert
werden. Abschn.I Ziff.2 gilt entsprechend mit der
Maßgabe, daß eine besondere Gefährdung der Um-
gebung nicht bei Diphtherie-Bakterienträgern unter
Erwachsenen vorliegt. Ausscheidung von Diphtherie-
Bakterien vom Typ mitis — Toxinbildung negativ —
gilt in keinem Falle als Gefährdung.
Ausscheider‘ müssen abgesondert werden, wenn sie den
Anordnungen des Gesundheitsamtes nicht Folge leisten
und dadurch ihre Umgebung gefährden.
Unter bestimmten Umständen, z.B. in Obdachlosen-
unterkünften und Flüchtlingslagern, kann das Gesund-
heitsamt nach Prüfung der örtlichen Verhältnisse
ggf. feststellen, daß eine Befolgung der. notwendigen
Anordnungen zur Verhütung der Infektionsgefahr
durch den Ausscheider objektiv nicht möglich ist. Da
in diesem Falle eine Weiterverbreitung der Krankheits-
erreger und damit eine Gefährdung der Umgebung
nicht auszuschließen ist, muß der Ausscheider abge-
sondert werden.
C.
Ort der Absonderung
I. Kranke und Krankheitsverdächtige
Personen, die an Cholera, Fleckfieber, Pest, Pocken,
Rückfallfieber oder Typhus abdominalis erkrankt oder
dessen verdächtig sind, müssen in einem Krankenhaus
mit einer Infektionsstation abgesondert werden;
Pockenkranke und -krankheitsverdächtige sind nur in
das Städt. Rudolf-Virchow-Krankenhaus einzuweisen.
Bei sonstigen Kranken und Krankheitsverdächtigen
entscheidet das Gesundheitsamt, ob die Absonderung
in der Wohnung, in-einem städtischen Krankenhaus mit
einer Infektionsstation oder in einer sonstigen geeig-
neten Unterkunft durchzuführen ist. f
II. Ansteckungsverdächtige
Cholera-, Fleckfieber-, Pest-, Pocken und Rück-
fallfieber-Ansteckungsverdächtige sind in einem
städtischen Krankenhaus mit einer Infektionsstation
abzusondern. Vorbehaltlich einer Sonderregelung
bei Epidemiegefahr sind Pocken-Ansteckungsverdäch-
tige nur in das Städt. Rudolf-Virchow-Krankenhaus
einzuweisen.
Abschn.I Ziff.2 ist sinngemäß anzuwenden.
III. Ausscheider
In der Regel entscheidet das Gesundheitsamt, ob der
Ausscheider ‚in. der ‘Wohnung, in einem städtischen
Krankenhaus mit einer Infektionsstation oder in einer
sonstigen geeigneten Unterkunft abzusondern ist.
Ist bei Ausscheidern von Erregern der TPHE-. und
Ruhrgruppe eine Absonderung außerhalb. der Wohnung
oder sonstigen Unterkunft erforderlich, so ist wie folgt
zu verfahren:
A)
Ka
a) In der Regel ist die Absonderung in jedem städti-
schen Krankenhaus mit einer Infektionsstation
möglich; Kinder unter zwei Jahren sollen in die
Städt. Kinderklinik | Charlottenburg oder. in das
Städt. Kinderkrankenhaus Wedding eingewiesen
werden;
Personen, die als Insassen eines Hospitals oder bei
der Untersuchung zur Aufnahme in eine solche
Krankenanstalt als Ausscheider festgestellt werden,
sind im Städt. Bürgerhaus-Hospital Charlottenburg
abzusondern;
Flüchtlinge und Aussiedler, die lagermäßig unter-
gebracht ‚sind, sowie Insassen von Obdachlosen-
unterkünften sind in die Ausscheiderstation des
Flüchtlingslagers Berlin-Britz, Gradestraße 91-107,
zu verlegen.
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D.
Einweisungsverfahren
bei stationärer Absonderung
I. Kranke und Krankheitsverdächtige
Bei Kranken und Krankheitsverdächtigen ist eine besondere
Isolierungsanordnung nicht erforderlich, wenn sie vom
behandelnden Arzt wegen der Krankheitserscheinungen zur
Behandlung in ein Krankenhaus eingewiesen werden. In
den übrigen Fällen ist Abschn. II sinngemäß anzuwenden.
II. Ansteckungsverdächtige
Zuständig für die Anordnung der Isolierung ist das
Gesundheitsamt, in dessen Amtsbezirk der Betroffene
seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen
seinen Aufenthalt hat ($ 3 Abs. 2b Verwaltungsver-
fahrensgesetz).
Das Gesundheitsamt hat dem Abzusondernden für das
Krankenhaus einen Einweisungsschein auszustellen,
aus dem zu ersehen sein muß, daß der Betroffene ge-
mäß $ 37 Abs.1 in Verbindung mit $ 34 Abs.1 BSG
als Ansteckungsverdächtiger zur Absonderung einge-
wiesen wird und daß der Transport mit einem Kran-
kenwagen erforderlich ist. Vorbehaltlich einer Sonder-
regelung bei Epidemiegefahr sind nur Krankenwagen
des Rettungsamtes Berlin in Anspruch zu nehmen.
Dem für das Krankenhaus zuständigen Gesundheitsamt
ist eine Durchschrift des Einweisungsscheins zu über-
senden.
III. Ausscheider
Abschn. II Ziff. 1 gilt entsprechend.
Das Gesundheitsamt hat dem Abzusondernden für das
Krankenhaus oder die sonstigen zuständigen Stellen
(s. C III 2b und c) einen Einweisungsschein auszu-
stellen, aus dem zu ersehen sein muß, daß der Be-
troffene als Ausscheider zur Isolierung eingewiesen
wird und seine Absonderung zur Verhütung der Ver-
breitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist.
Grundsätzlich ist die Krankenanstalt zu Fuß oder mit
einem Öffentlichen Verkehrsmittel aufzusuchen. Der
Transport mit einem Krankenwagen ist nur zulässig,
wenn aus Gründen, die in dem derzeitigen gesund-
heitlichen Zustand des. Ausscheiders liegen, die Be-
nutzung eines Krankenwagens vom Gesundheitsamt
für erforderlich gehalten und bescheinigt wird. In die-
sen Ausnahmefällen sind nur Krankenwagen des Ret-
tungsamtes Berlin in Anspruch zu nehmen.
Im Falle der Krankenhausabsonderung ist dem für das
Krankenhaus zuständigen Gesundheitsamt eine Durch-
schrift des Einweisungsscheins und ggf. der Bescheini-
gung nach Ziff. 3 zu übersenden.
IV. Zwangsisolierung
Für das Verfahren zur Absonderung von Kranken, Krank-
heitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausschei-
dern gegen ihren Willen durch Freiheitsbeschränkung (8 6