76
Dienstblatt des Senats von Berlin‘ Teil III Nr.4 3.Mai 1988
Der Senator für Schulwesen, Berufsausbildung
und Sport
maßnahmen gemacht hat, entscheidet der einzelne Lehrer im
Rahmen dieser Ausführungsvorschriften, welche Erziehungs-
maßnahmen er anwendet.
(2) Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen gehören in einen
pädagogischen Zusammenhang, in dem die Motivation zu rich-
tigen Verhaltensweisen Vorrang hat vor Zurechtweisung und
Bestrafung. Hierbei kommt pädagogischen Reaktionen auf po-
sitive Verhaltensweisen von Schülern besondere Bedeutung zu.
Bei negativem Verhalten von Schülern ist zunächst zu prüfen,
ob nicht Erziehungsmaßnahmen ausreichen. Hier kommen
außer einem klärenden Gespräch zum Beispiel Tadel, zeit-
weiser Ausschluß aus einer Unterrichtsstunde, Nachbleiben in
Betracht. Bei Berufsschülern in einer Berufsausbildung entfällt
das Nachbleiben. Über ein Nachbleiben sind die Erziehungs-
berechtigten rechtzeitig zu unterrichten.
(3) Vor Verhängung einer Ordnungsmaßnahme ist zu prüfen,
ob die Maßnahme im Hinblick auf die Schwere der Verfehlung
und unter Berücksichtigung der angestrebten erzieherischen
Wirkung angemessen ist; im Zweifelsfall ist die jeweils weniger
schwerwiegende Ordnungsmaßnahme zu treffen. Bei der Ent-
scheidung sind die Gründe für das Fehlverhalten angemessen
zu berücksichtigen.
(4) Vor und gegebenenfalls neben Erziehungs- und. insbeson-
dere Ordnungsmaßnahmen sind in. der Regel Kontakte mit den
Erziehungsberechtigten und erforderlichenfalls dem Ausbil-
dungsbetrieb aufzunehmen. In besonderen Fällen kann auch
der Schulpsychologische Dienst, die Erziehungsberatung, der
Sozialpsychiatrische Dienst oder die Familienfürsorge benach-
fichtigt werden.
(5) Neben Maßnahmen des Straf-, Ordnungswidrigkeiten- oder
Jugendrechts dürfen Ordnungsmaßnahmen nur getroffen wer-
den, wenn sie erforderlich sind, um die ordnungsgemäße
Unterrichts- und Erziehungsarbeit oder den äußeren Schul-
betrieb zu gewährleisten oder eine Gefährdung der am Schul-
leben Beteiligten auszuschließen.
(6) Die in 8 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und 5 SchulG aufgeführten
Maßnahmen können im Einvernehmen mit dem Schüler oder,
falls er noch’ nicht volljährig ist, mit dessen Erziehungsberech-
tigten auch vorgenommen werden, ohne daß dies als Ordnungs-
maßnahme anzusehen ist. Der Wechsel eines in einer Berufs-
ausbildung stehenden Berufsschülers in eine Parallelklasse ist
nur im Einvernehmen mit dem Ausbildungsbetrieb zulässig,
An alle Schulen
die Lehrgänge zum Erwerb des Haupt-, des
erweiterten Haupt- und des Realschulabschlusses
die Lehrgänge zum Erwerb der Fachhochschulreife
die Kollegs
das Abendgymnasium
die Schulaufsichtsbeamten in den Bezirken
die Bezirksämter
ABI. S. 613
Ausführungsvorschriften
über Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen
- AV EOM -
Vom 30. März 1988
SchuBSport V A 11
Tel.: 3032 - 2 50 oder 3032 - 1, intern 987 - 2 50
Auf Grund des $ 59 Satz 1 des Schulgesetzes für Berlin
(SchulG) in der Fassung vom 20. August 1980 (GVBl. S. 2103).
zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. März 1987 (GVBL
S. 1232), sowie des $ 81 des Schulverfassungsgesetzes (Schul-
VerfG) in der Fassung vom 5. Februar 1979 (GVBl. S. 398) wird
bestimmt:
1 - Geltungsbereich, Begriffsbestimmungen
(1) Diese Vorschriften gelten für die Berliner Schule, die Volks-
hochschullehrgänge zum Erwerb des Haupt-, des erweiterten
Haupt- und des Realschulabschlusses, die besonderen Lehr-
gänge zum Erwerb der Fachhochschulreife gemäß $ 47 SchulG,
die Kollegs, das Abendgymnasium und die Fachschulen.
(2) Im Sinne dieser Vorschriften sind
a) Schulen alle in Absatz 1 genannten Einrichtungen,
b) Schulleiter die Leiter der in Absatz 1 genannten Einrich-
tungen,
c) Klassenlehrer auch die Kerngruppenleiter und Tutoren,
d) Schüler auch Hörer, Studierende und Kollegiaten.
(3) An die Stelle der Gesamtkonferenz tritt in den Lehrgängen
zum Erwerb des Haupt-, des erweiterten Haupt- und des Real-
schulabschlusses, in den besonderen Lehrgängen zum Erwerb
der Fachhochschulreife, soweit sie nicht an Oberstufenzentren
geführt werden, im Abendgymnasium und in den Kollegs die
Konferenz aller in der Einrichtung unterrichtenden Lehrkräfte.
In Oberstufenzentren und in Fachschulen, die in Abteilungen
gegliedert sind, tritt die Abteilungskonferenz an die Stelle der
Gesamtkonferenz.
2 - Grundsätze
(1) Wenn bei Konflikten und Störungen in der Unterrichts-
und Erziehungsarbeit Maßnahmen gegenüber Schülern ge-
troffen werden sollen, dürfen diese nur auf der Grundlage der
88 55 und 56 SchulG, dieser Ausführungsvorschriften sowie der
von der Schulkonferenz gemäß $ 53 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 und 5
SchulVerfG beschlossenen Grundsätze und Verhaltensregeln
{Schulordnung) erfolgen. Von der Schulkonferenz beschlos-
sene Schulordnungen sind diesen Ausführungsvorschriften
anzupassen. Dabei ist zu beachten, daß es Aufgabe der Schul-
konferenz ist, Regelungen über Erziehungsmaßnahmen zu tref-
fen und diese Ausführungsvorschriften insoweit Hinweise ge-
ben. Soweit die Schulkonferenz keine Aussagen zu Erziehungs-
A
3 - Ordnungsmaßnahmen bei unentschuldigtem Fernbleiben vom
Unterricht
(1) Unentschuldigtes Fernbleiben vom Unterricht im Sinne
des $ 55 Abs. 1 Satz 3 und des $ 56 Abs. 1 SchulG liegt vor, wenn
der Schüler nicht beurlaubt war und
a) das Fernbleiben nicht begründet wird oder
b) die Gründe für das Fernbleiben vom Klassenlehrer, in
Zweifelsfällen vom Schulleiter nicht anerkannt werden; die
Nichtanerkennung ist dem Schüler und gegebenenfalls sei-
nen. Erziehungsberechtigten unverzüglich mitzuteilen.
Die Verletzung der Mitteilungspflicht bei Schülern, die ihr
Fernbleiben selbst begründen dürfen, gilt als unentschuldigtes
Fernbleiben, es sei denn, der. Schüler hat das Fernbleiben aus
von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht rechtzeitig mit-
teilen können. Die Mitteilungspflicht ist verletzt, wenn die mit-
teilungsberechtigten Schüler die Gründe des Fernbleibens vom
Unterricht der Schule später als am dritten Schultag, bei Teil-
zeitunterricht später als am nächsten Schultag, mitteilen. Die
Schüler sind jeweils zu Beginn eines Schuljahres hierauf hin-
zuweisen.
(2) Bleibt ein nicht mehr schulpflichtiger Schüler im Verlauf
von zwei Monaten an mehr als zehn Schultagen oderim Verlauf
von sechs Monaten an mehr als vierzehn Schultagen dem