Dienstblatt des Senats von Berlin Teil III Nr.12 26.September 1984
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27 — Aufgabe
(1) Schulen oder Klassen für Körperbehinderte (Sonder-
klassen) sollen die Schüler befähigen, mit ihren vorhandenen
Kräften das ihnen erreichbare Höchstmaß an Leistungen
zu erbringen und dadurch Vertrauen zu sich selbst zu ge-
winnen. Sie sollen lernen, zu einer realen Sicht ihrer Gren-
zen und Möglichkeiten zu gelangen, und dabei erfahren,
daß sie trotz ihrer Körperbehinderung sinnvolle Aufgaben
in der Gesellschaft erfüllen können.
(2) Bei mehrfach behinderten Kindern können auch thera-
peutische Maßnahmen im Rahmen der Schule erfolgen. Sie
sind nach ärztlicher Anweisung durchzuführen.
(3) Schule und Sonderklassen haben die ständige Zusam-
menarbeit mit den zuständigen Stellen des Gesundheits-
und des Jugendwesens zu pflegen, um die Entwicklung der
vorhandenen Fähigkeiten der körperbehinderten Kinder
angemessen zu fördern.
(4) Die Frühförderung körperbehinderter Kinder erfolgt in
besonderen Einrichtungen der Jugendhilfe. Die Schule hat
die Erziehungsberechtigten hierüber zu beraten.
(5) Zur Früherziehung körperbehinderter Kinder werden
vor Beginn der Schulpflicht besondere Vorklassen eingerich-
tet, um den verzörgerten Entwicklungsverlauf der Mehr-
zahl der Kinder zu beheben oder zu mindern.
28 — Unterricht
(1). Der Unterricht in der Schule für Körperbehinderte
richtet sich nach den Rahmenplänen und Stundentafeln der
Grundschule, der Haupt- und Realschule, gegebenenfalls
der Schule für Lernbehinderte. Anstelle des Unterrichts im
Fach Sport können krankengymnastische Übungen durch-
geführt werden.
(2) Besondere Hilfsmittel wie Schreib- und Rechenmaschi-
nen, Magnettafeln u.ä. sind unter Berücksichtigung der
von dem für die Behinderung sachverständigen Arzt bzw.
von Krankengymnasten oder Bewegungstherapeuten gege-
benen Anweisungen zu benutzen.
(3). Soweit sich bei Vorliegen bestimmter Körperbehinde-
rungen erhebliche Einschränkungen für die spätere Be-
rufswahl und -ausübung ergeben, kommt der unterrichtli-
chen Förderung für die künftige Lebensgestaltung erhebli-
che Bedeutung zu.
c) deren Behinderungen so schwer sind, daß sie an der
Schule für Geistigbehinderte besser gefördert werden,
die weitere Behinderungen aufweisen, die eine Förde-
rung. an einer anderen Sonderschule angezeigt erschei-
nen lassen.
(5) In die erste Klasse werden in der Regel Schüler aufge-
nommen, bei denen die Sonderschulbedürftigkeit während
der Vorschulerziehung erkennbar wird.
(6) Die Aufnahme soll bis zur 4. Klassenstufe erfolgen. Die
Aufnahme älterer Schüler, die eine Klassenstufe zweimal
Jurchlaufen haben und voraussichtlich wiederum nicht ver-
setzt oder aufrücken werden, ist nur in besonders begrün-
deten Ausnahmefällen möglich.‘ Die Schüler gehen nach
Möglichkeit in die Klassenstufe, die den absolvierten Schul-
besuchsjahren entspricht.
30 — Aufgabe
(1) Die Schule für Lernbehinderte hat die Aufgabe, den
Schülern unter Anwendung sonderpädagogischer Maßnah-
men eine individuelle und angemessene Bildung zu vermit-
teln.
(2) Bei der Erfüllung ihrer Aufgabe hat die Schule für
Lernbehinderte mit den anderen Bereichen des Schulwesens
eng zusammenzuarbeiten und in geeigneten Fällen eine Ko-
operation mit allgemeinen Schulen; soweit dies organisato-
risch und pädagogisch vertretbar ist, anzustreben.
(3) Durch besondere Erziehungs- und Unterrichtsmetho-
den soll die Gesamtpersönlichkeit des Schülers entwickelt
werden und sich möglichst frei entfalten können. Die Schü-
ler sollen befähigt werden, den Anforderungen des späteren
Lebens gerecht zu werden, um ihnen eine anerkannte Stel-
:ung in der Gesellschaft, insbesondere durch berufliche Tä-
tigkeit, zu ermöglichen. Die Schüler sind zielgerichtet darauf
vorzubereiten.
(4) Schülern, deren Entwicklung günstig verläuft, ist recht-
zeitig durch besondere Förderung der Übergang in die
Grund-, Haupt- oder Gesamtschule zu ermöglichen.
31 — Unterricht und Stundentafel
(1) Die Schule für Lernbehinderte umfaßt neun Klassen.
Unterricht und Erziehung werden nach dem Rahmenplan
der Schule für Lernbehinderte durchgeführt.
(2) Umfang und Verteilung des Unterrichts richten sich
nach der Stundentafel der Anlage 3.
(3) Um den verschiedenen Anlagen der Schüler und den
vielfältigen Formen, in denen sich ihre Lernbehinderung
äußert, gerecht zu werden, ist der differenzierten Arbeits-
weise weiter Raum zu geben und auf individuelle Förderung
zu achten.
Kr aema
Siebenter Unterabschnitt:
Schule für Lernbehinderte (Sonderschule)
29 — Schüler
(1) Die Schule für Lernbehinderte unterrichtet Kinder und
Jugendliche, die wesentlich und nicht nur vorübergehend
in ihrem Lernen beeinträchtigt sind und trotz des Angebots
sesonderer Lernhilfen in der Grund-, Haupt- oder Gesamt-
schule nicht oder nicht hinreichend gefördert werden kön-
nen.
32 — Zeugnisse, Leistungsbeurteilung
(1) Schüler der Klassen 1 bis 4 erhalten nur zum Schluß
eines Schuljahres ein Zeugnis. Ab Klasse 5 werden Zeug-
nisse zum Schluß des Schulhalbjahres erteilt. S
(2) Die in den Klassen 1 und 2 erteilten Zeugnisse ent-
halten nur eine Gesamtbeurteilung; die Benotung der Schü-
lerleistungen entfällt.
(3) Bei der Erteilung von Zeugnissen werden die in der
Berliner Schule üblichen Notenstufen verwendet. Die Kenn-
zeichnung von Leistungen durch Noten-soll neben dem Lei-
stungsstand die individuell unterschiedlichen Lern- und Lei-
stungsvoraussetzungen der Schüler berücksichtigen und
auch unter dem Gesichtspunkt der Leistungsbereitschaft
erfolgen.
(4) Durch die Erteilung von Noten wird insbesondere be-
schrieben, in welchem Maße Schüler Lernziele innerhalb
eines bestimmten Unterrichtsbereichs erreicht haben. Inner-
halb der einzelnen Fächer sind zur Kennzeichnung des Er-
folgsgrades folgende Aspekte vorrangig zu berücksichtigen:
Mathematik: Umfang und Sicherheit von Mengenvor-
stellungen, Stufen der Geläufigkeit und
des Verständnisses von Rechenoperatio-
nen von lebenspraktischer Bedeutung.
(2) Eine Lernbehinderung ist zu vermuten bei Schülern,
die über eine geringe intellektuelle Begabung mit Schwä-
chen bei der Aufnahme, Konzentration, Verarbeitung und
Gestaltung verfügen. Lernbehinderung stellt sich dabei nicht
immer als umfassender Mangel an Lernfähigkeit dar, son-
dern vielfach als eine Reihe von aufgabenspezifischen Lern-
schwierigkeiten, die weniger eingeschränkte Lernfähigkeit
auf anderen Gebieten und ausgleichbare Lerndefizite ein-
schließen. Rückstände sowohl in der Entwicklung der kogni-
ziven und sprachlichen Funktion als auch im sozialen Ver-
halten und in der Differenzierung der Emotionalität müssen
feststellbar sein.
(3) Bei Schülern mit Erziehungsschwierigkeiten, entwick-
lungs- oder umweltbedingten Leistungsausfällen und Lern-
rückständen in nur einzelnen Unterrichtsbereichen sind
grundsätzlich andere pädagogische Maßnahmen an der all-
gemeinen Schule vorzusehen.
(4) Die Schule für Lernbehinderte ist keine geeignete Ein-
richtung für Schüler,
a) die ausschließlich verhaltensgestört sind,
b) die vorübergehende partielle oder milieubedingte Lei-
stungsbehinderungen aufweisen,