M/1971 |
Seite 210 |
Nr. 88
10.
Diese Verwaltungsvorschriften treten mit Wirkung
vom 1. Oktober 1971 in Kraft. Sie treten mit Ablauf
des 30. September 1976 außer Kraft.
Löffler
Anlage
Ber ee AED a
Fernruf:
(Stempel der Schule)
Durch Fach
An das
Bezirksamt u he. VON Berlin
Abt. Volksbildung — Schulamt
Betr.: Anforderung eines Referenten (Juristen) zu rechts-
kundlichen Veranstaltungen
Vorg.: ABl. 1971 S. 1482 — Dbl. III / 1971 Nr. 88 .
Wir bitten, uns für rechtskundliche Veranstaltungen einen
Juristen zu vermitteln:
1. Themenbereich: seen
2. UnterrichtsfaCch: eserr nn rer rer rigEseerkei re ER HET EETEE RE MUKERTNRETRMELERFEEEnGUn
3. Wie ist die Klasse auf die Thematik vorbereitet? ................
Teilnehmer: ss JUNgER, ee Mädchen
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6. Termin. (Tag. und Uhrzeit)? euere er.
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Gegebenenfalls Name des gewünschten Referenten:
8,
Bemerkungen:
Sr Unterschrift des Schulleiters)
Schul II 9920 — Anforderung eines Referenten (Juristen) zu rechts-
kundlichen Veranstaltungen
Anlage 2
Hinweise für Referenten
von rechtskundlichen Veranstaltungen
'&:
In den Klassen? bis 10 der Oberschule werden im
Rahmen des Unterrichts in den pPpolitikkundlichen
Fächern (Sozialkunde, Weltkunde) Rechtsfragen be-
handelt (siehe die zur Information unter II beigefügten
Auszüge aus den Rahmenplänen für Unterricht und Er-
ziehung). Ziel dieses’Unterrichts ist es, Verständnis für
die Notwendigkeit und die Probleme der rechtsstaat-
lichen Ordnung zu wecken und gleichzeitig einen Über-
blick über die Funktionen der Rechtsprechung und
der Rechtspflege zu geben. Die Didaktik orientiert sich
dabei an folgenden Grundsätzen:
— Die Gleichheit aller vor dem Gesetz,
die Bindung der Rechtsprechung an die Gesetze,
die Bindung des Gesetzgebers an die unveräußer-
lichen Grundrechte,
das Gerichtsverfahren nach genauen gesetzlichen
Vorschriften,
— das Verbot von Ausnahmegerichten,
— die Unabhängigkeit der Richter-
3.
Aufgabe der rechtskundlichen Veranstaltungen ist es,
von fachkundiger Seite her diesen Unterricht zu ergän-
zen und zu vertiefen. Dabei sollte sowohl eine reine
Institutionenkunde als auch eine juristische Halbbil-
dung (negatives Beispiel: Wie mache ich ein Testa-
ment?) vermieden werden, weil diese Form des Unter-
richts wegen ihrer Bruchstückhaftigkeit das Gefühl
der Verständnislosigkeit gegenüber dem Recht und der
Justiz noch verstärken würde.
Der Referent muß nicht. nur damit rechnen, daß den
Schülern das Gebiet der Rechtskunde im allgemeinen
als ein spröder und schwer durchschaubarer Stoff-
bereich gilt. Viele Jugendliche empfinden Rechtset-
zung und Rechtsprechung in der Bundesrepublik als
leeren Formalismus, der größere Ungerechtigkeiten
verdeckt.
3
Wichtig erscheint es bei aller Kritik an einzelnen Un-
vollkommenheiten des Rechtsapparates und dem häu-
figen Auseinanderklaffen von allgemeinem Ordnungs-
prinzip und individuellem Fall, auf die Notwendigkeit
von Gesetzen und Gerichten hinzuweisen und eine kri-
tische Analyse der Bedeutung des Rechts in unserer
Gesellschaft anzuschließen.
Mögliche Einzelthemen sind dabei:
a) „Fehl‘“-Urteile aus Beweisgründen,
b) die Dauer gerichtlicher Verfahren (Sinn des In-
stanzenzuges),
c) abweichende Gerichtsentscheidungen, )
d) Gründe für die Unvollkommenheit : (Reformbedürf-
tigkeit) mancher gesetzlicher Regelungen unter
Hinweis auf die Konzipierung heute noch gültiger
Gesetze unter anderen gesellschaftlichen und wirt-
schaftlichen Voraussetzungen.
Nicht ausgeklammert werden sollte die Frage der NS-
Prozesse sowie die Frage Opportunitätsprinzip / Lega-
litätsprinzip bei politischen Prozessen der Gegenwart.
Vor allem ist dem Vorwurf der „Klassen-Justiz“ kri-
tisch zu begegnen.
4.
Die Behandlung rechtskundlicher Themen wird um so
erfolgreicher sein, je mehr der Referent auf die Form
des Vortrages verzichten kann. Ausgehend von der
Schilderung eines Sachverhaltes oder eines „Falles“
sollte den Schülern Gelegenheit zu Fragen und zur
Beteiligung an einer‘ gemeinsamen Klärung des Pro-
blems gegeben werden.
Im übrigen gelten folgende Grundsätze:
a) Der Referent hat volle Freiheit für die inhaltliche
Gestaltung eines jeden Themas und trägt dafür
allein die Verantwortung. Maßstab sind Sachkunde
und Objektivität.
Es wird erwartet, daß die Referenten auch umstrit-
tenen Fragen nicht ausweichen, sondern sich ihnen
in nüchtern-sachlicher Form und mit Begründung
stellen.
Der Referent soll nicht nur die allgemein anerkann-
ten Sachverhalte, Begriffe und Wertungen vor-
tragen, sondern überall auch seine Meinung oder die
einer Richtung oder Gruppe, der er sich zugehörig
fühlt, vertreten, zur Diskussion stellen und andere
Ansichten sachlich kritisieren. Dabei sind die kon-
kurrierenden Standpunkte objektiv darzulegen und
die eigene Meinung oder die von Grüppen deutlich
zu kennzeichnen.
Dringend zu empfehlen sind vorherige Absprachen mit
dem Fachlehrer, um die besondere Situation der ein-
zelnen Klasse berücksichtigen zu können. Mit dem
Fachlehrer sollte auch die Beschaffung und Verviel-
fältigung von Quellenmaterial besprochen werden.
Fachlehrer und Referenten sollten dabei gemeinsam
prüfen, ob es günstiger ist, die rechtskundlichen Ver-
anstaltungen innerhalb eines eng begrenzten Zeit-
raumes oder als Einzelveranstaltungen innerhalb des
yesamten Schuljahres anzusetzen.