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Nr. 56
Zuweisung entscheidet auf Grund von Gutachten des Arztes,
des Klassenlehrers, Schulleiters und heilpädagogischen
Fachlehrers die Schulaufsichtsbehörde.
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(1) Schulpflicht im Sinne dieses Gesetzes besteht für
alle Kinder und Jugendlichen, die ihren Wohnsitz oder ge-
wöhnlichen Aufenthalt im Gebiet von Berlin haben.
(2) Außerhalb der Schulpflicht bleibt der Besuch. des
Schulkindergartens.
Für Kinder, die bis zum 31. März einschließlich das
sechste Lebensjahr vollenden, beginnt mit dem Schuljahr
die Pflicht zum Besuch der Schule. Kinder, die in der Zeit
vom 1. April bis 30. Juni je einschließlich das sechste Le-
bensjahr vollenden, können auf Antrag der Erziehungs-
berechtigten zu Anfang des Schuljahres mit Beginn des
Unterrichts vorzeitig in die Schule aufgenommen werden,
wenn sie die für den Schulbesuch erforderliche geistige
und körperliche Reife besitzen und keine sonstigen Gründe
entgegenstehen. Solche vorzeitig aufgenommenen Kinder
werden mit der Aufnahme -schulpflichtig. Die Schulpflicht
dauert zwölf Schuljahre. Sofern nach. Beendigung des
zwölften Schuljahres Personen in einem Berufsausbildungs-
verhältnis gemäß $ 3 des Gesetzes zur Regelung der Be-
rufsausbildung‘ sowie der Arbeitsverhältnisse Jugendlicher
vom 4. Januar 1951 (VOBIl.I S.40) und 88 22 und 24 des
Gesetzes zur Ordnung. des Handwerks (Handwerksord-
nung) vom 17. September 1953 (BGBl.I S.1411 / GVBl.
S. 1164) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung und
Ergänzung der Handwerksordnung vom 22. Dezember 1953
(BGBl. I 5.1567 / GVBl. 1954 S. 13) stehen, verlängert sich
die Schulpflicht bis zur Beendigung des Berufsausbildungs-
verhältnisses. Wird ein Berufsausbildungsverhältnis nach
Beendigung der Schulpflicht gemäß Satz 5 eingegangen, so
ist dem Auszubildenden der Besuch der Berufsschule durch
Gewährung von Freizeit und ohne Einkommensminderung
zu ermöglichen. Wird ein. Berufsausbildungsverhältnis vor
Beendigung des zwölften Schuljahres durch eine Abschluß-
prüfung beendet, so kann der Schulpflichtige auf Antrag
vom weiteren Besuch der Berufsschule befreit werden. Das
Nähere wird durch Durchführungsbestimmungen geregelt,
die vom Senat nach Anhören des Beirats für Berufsaus-
bildung erlassen werden.
(3) Die Schulpflicht erstreckt sich auf den regelmäßigen
Besuch des Unterrichts und auf die Teilnahme an den
sonstigen Veranstaltungen der Schule.
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(1) Kinder, die in ihrem sechsten Lebensjahr körperlich
oder geistig nicht genügend entwickelt sind, um mit Erfolg
am Unterricht teilzunehmen, können auf Grund eines amts-
ärztlichen Zeugnisses jeweils auf ein Jahr bis zur Dauer
von-drei Jahren zurückgestellt werden. Die Zeit der Zurück-
stellung wird auf die Dauer der Schulpflicht angerechnet
(2) Für taubstumme Kinder beginnt die Schulpflicht erst
mit dem siebenten Lebensjahre.
(3) Bildungsunfähige Kinder und Jugendliche sind von
der Schulpflicht befreit.
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(1) Kinder und Jugendliche, die ihre Schulpflicht nicht
erfüllen, werden nach erfolgloser Anwendung. schuldiszipli-
narischer Maßnahmen der Schule zwangsweise zugeführt
Die Erziehungsberechtigten haben dafür Zu sorgen, daß die
Schulpflichtigen ihrer Schulpflicht regelmäßig nachkommen.
Lehrherren und Arbeitgeber sowie ihre Bevollmächtigten
sind verpflichtet, den Schulpflichtigen die zur Erfüllung der
Schulpflicht erforderliche Zeit zu gewähren und sie zur
Erfüllung. ihrer Schulpflicht anzuhalten. Dies gilt auch für
solche Fälle, in denen. Jugendliche infolge verspäteten Ein-
tritts noch nach Überschreitung des schulpflichtigen Alters
eine Schule besuchen.
(2) Wer den Bestimmungen über. die Schulpflicht vor-
sätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt; wird mit Geld-
strafe bis zu 150,— DM oder mit Haft bestraft, sofern
Nicht nach. anderen. Gesetzen eine höhere Strafe ver:
wirkt ist.
(3) In gleicher Weise wird bestraft, wer vorsätzlich
Schulpflichtige oder Jugendliche, die über das schulpflich-
tige Alter hinaus eine Schule besuchen, durch Mißbrauch
des Ansehens, durch Überredung oder durch andere Mittel
anregt, den Vorschriften über die Schulpflicht entgegen zu
handeln. ?
(4) Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag des Schul-
leiters oder der Schulaufsichtsbehörde ein. Der Antrag
kann zurückgenommen werden.
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(1) Der Besuch der öffentlichen Schulkindergärten und
der Berliner Schule ist unentgeltlich. Die Lernmittel werden
unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Die Erhebung. von
Schulgeld und Gebühren an Fachschulen, Ingenieurschulen
und gleichrangigen Lehranstalten und Hochschulen wird
durch Rechtsverordnung geregelt.
(2) Soweit die wirtschaftliche Lage der Erziehungs-
berechtigten es erfordert, können vom neunten Schuljahr
der Kinder an Erziehungsbeihilfen gewährt werden. An-
spruch auf solche Beihilfe haben unter der gleichen Vor-
aussetzung auf Grund der Entscheidung der Schulaufsichts-
behörde die Erziehungsberechtigten solcher Jugendlichen,
an deren Fortbildung nach ihren Fähigkeiten und ihrem
Bildungswillen gemäß einem Gutachten der Schule ein
öffentliches Interesse besteht.
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Der Unterricht ist für beide Geschlechter gemeinsam,
Soweit nicht besondere Umstände eine Trennung notwendig
machen.
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Durch planvolle Gesundheitspflege unter ständiger ärzt-
licher Überwachung und durch Leibesübungen ist für eine
gesunde körperliche Entwicklung der Jugend zu sorgen.
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Der Religionsunterricht ist Sache der Kirchen, Religions-
und Weltanschauungsgemeinschaften. Er wird von Personen
erteilt, die von diesen beauftragt werden. Die Kirchen-,
Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften überneh-
men die Verantwortung, daß der Religionsunterricht gemäß
den für den allgemeinen Unterricht geltenden Bestimmun-
gen durchgeführt wird. Lehrer an öffentlichen Schulen
haben das Recht, Religionsunterricht zu erteilen; diese
Unterrichtsstunden werden ihnen auf die Zahl der Pflicht-
stunden angerechnet. Aus der Erteilung oder Nichterteilung
des Religionsunterrichts dürfen den Lehrern keine Vorteile
oder Nachteile erwachsen.
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Religionsunterricht erhalten diejenigen Schüler, deren
KErziehungsberechtigte eine dahingehende schriftliche Er-
klärung abgeben. Die Willenserklärung gilt bis zu einem
schriftlichen Widerruf, Bei religionsmündigen Schülern tritt
die eigene Willenserklärung bzw. der- eigene Widerruf an
die Stelle der von den Erziehungsberechtigten ausgehenden
Erklärung. Wer als Erziehungsberechtigter zu gelten hat,
entscheidet das. Reichsgesetz über die religiöse Kinder-
erziehung vom 15. Juli 1921 (RGBIL. I S. 939 ff.).
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Die Schule. hat für die Erteilung des Religionsunterrichts
an die nach $ 14 ordnungsgemäß angemeldeten Schüler all-
wöchentlich zwei Stunden im Stundenplan der Klassen frei-
zuhalten und unentgeltlich Unterrichtsräume mit Licht und
Heizung zur Verfügung zu stellen. Die nicht zum Religions-
unterricht gemeldeten Schüler können während der Re-
ligionsstunde unterrichtsfrei gelassen werden.
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Die Schulleitung und Schulverwaltung erfolgt auf kol-
legialer Grundlage. Einzelheiten werden durch besondere
Verordnung festgelegt.
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Der bewußten Pflege des Gemeinschaftslebens und der
Selbstverantwortung dient die Schülerselbstverwaltung, die
in allen Schulen einzuführen ist.