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Dienstblatt des Senats von Berlin Teil VI Nr.2 26. Februar 1982
DIN 1055 Teil 2 Seite 9
anzusetzen, sofern sein Wert durch Versuche oder auf
andere Weise belegt werden kann. Der Ansatz ö, = 0
wird sich in der Regel auf die Fälle beschränken, wo
Dichtungsbahnen aus Pappe, Kunststoff oder Metall auf
die Wand aufgeklebt worden sind. Ein dünner Anstrich
zum Schutz des Betons gegen aggressive Bestandteile des
Bodens oder des Grundwassers ist im allgemeinen nicht
als plastische Schicht anzusehen.
Zu 8.4
Der Ansatz der Adhäsion ist nicht auf rauhe Wände oder
auf grobkörnige bindige Böden beschränkt. Gerade bei
glatten Flächen saugen sich weiche bindige Böden beson-
ders gut fest.
Zu 9 Hinweise zur Wahl des Erddruckansatzes
Wenn auch Titel und Untertitel der Norm keinen Hinweis
auf den Erddruck enthalten, so zeigt doch der Geltungs-
bereich, daß die Bodenkenngrößen in erster Linie im
Zusammenhang mit Fragen des Erddrucks zu sehen sind.
Es ist daher unerläßlich, wenigstens in den Grundzügen
auf Erddruckprobleme einzugehen, zumal eine eigene
Erddrucknorm zur Zeit nicht besteht. Die Norm be-
schränkt sich jedoch auf grundsätzliche Hinweise zur
Ermittlung der anzusetzenden Erddruckkraft, ohne auf
Einzelheiten einzugehen. In Wirklichkeit ist die Angele-
genheit außerordentlich komplex. So hängen Wert und-
Verteilung der Erddrucklast, mit der eine dem Erddruck
ausgesetzte Bauwerkswand belastet wird, unter anderem
von folgenden Faktoren ab:
a) von der Art der Baugrubenverkleidung (z. B. starre
Wand, elastische Wand, Böschung),
b) vom Zeitpunkt, zu dem die Baugrubenverkleidung
entfernt wird (z. B. während des Verfüllens, nach dem
Verfüllen, gar nicht), /
c) von der Breite des Arbeitsraumes (z. B. abgeböschte
Baugrube, scmaler Schlitz, gar kein Arbeitsraum),
d) von den Eigenschaften des Verfüllungsmaterials (z. B.
nichtbindig, bindig, Grad der Plastizität, Zustands-
form),
e) von der Verdichtung des eingebrachten Bodens (z. B.
keine Verdichtung, mittlere Verdichtung, besonders
starke Verdichtung),
von der Nachgiebigkeit des Bauwerks (z. B. durch
Verschiebung, Verkantung, elastische Verformung,
Schwinden),
g) von Temperatureinflüssen (z. B. Ausdehnung im
Sommer, Zusammenziehung im Winter).
Für den Fall von Baugrubenumschließungen siehe hierzu
die Empfehlungen des Arbeitskreises „Baugruben“ [2].
Zu 9.1
Der Ansatz des aktiven Erddrucks’ist im allgemeinen
gerechtfertigt, wenn ein etwas nachgiebiges Stützbauwerk
unmittelbar mit dem gewachsenen Boden in Berührung
steht und seine Bewegungsmöglichkeiten nicht durch be-
sondere Maßnahmen eingeschränkt werden. Diese Voraus-
setzungen liegen in der Regel bei Baugrubenwänden vor, -
ferner bei Spundwänden, Pfahlwänden und Schlitzwänden,
die ohne Berücksichtigung einer Nachbarbebauung als
Dauerbauwerke entsprechend Bild 2a im Boden einge-
spannt oder entsprechend Bild 2b nach hinten verankert
bzw. entsprechend Bild 2c als konstruktiver Bestandteil
in ein Bauwerk einbezogen werden. Auch in den Fällen,
in denen das Bauwerk entsprechend Bild 2d unmittelbar
an die Baugrubenverkleidung anschließt, kann der Ansatz
des aktiven Erddrucks gerechtfertigt sein, sofern auch die
Baugrubenwand selbst für den aktiven Erddruck. bemessen
worden ist. Bei Bauwerken dagegen, die in offener Bau-
grube mit Arbeitsraum hergestellt werden, sind die Vor-
aussetzungen für das Auftreten des aktiven Erddrucks
nicht immer gegeben. Nur wenn der bei der Hinterfüllung
entstehende Verdichtungserddruck durch gleichzeitige
oder nachfolgende Bauvorgänge, Gleitbewegungen, Kipp-
bewegungen oder Schwindvorgänge im Bauwerk wieder
abgebaut wird, ist es gerechtfertigt, der Bemessung des
Bauwerks für den Endzustand den aktiven Erddruck
zugrunde zu legen. Ein Bauvorgang, der eine Entspannung
des verdichteten Bodens bewirkt, kann zum Beispiel das
Ziehen von Bohlträgern oder Spundwänden sein. Bei
einem Bauwerk, das in einer geböschten Baugrube her-
gestellt worden ist, können in der Regel nur Bewegungen
oder Verformungen des Bauwerks selbst zum Abbau des
Verdichtungserddrucks führen. In der Regel ist dieser
Abbau zu erwarten:
a) bei Kellerwänden, die nicht wesentlich dicker sind als
statisch erforderlich und hinter denen das Verfüllungs-
material nicht stärker verdichtet wird als bis zu mittel-
dichter Lagerung, sowie
bei Schwergewichtsmauern nach Bild 2e und Winkel-
stützmauern nach Bild 2f, die auf Lockergestein ge-
gründet sind.
Dies gilt sowohl bei Kellerwänden als auch bei Schwer-
gewichtsmauern und Winkelstützmauern unabhängig davon,
ob sie in geböschter oder verkleideter Baugrube herge-
stellt worden sind. Der Unterschied wirkt sich hier nur
insofern aus, als bei der Ermittlung der maßgebenden
Erddrucklast bei den geböschten Baugruben nur die Bo-
denkenngrößen des Verfüllungsmaterials maßgebend
sind, bei den verkleideten Baugruben je nach Breite des
Arbeitsraumes auch die Bodenkenngrößen des gewachse-
nen Bodens.
In den Fällen, in denen der Abbau des Verdichtungs-
erddrucks nicht schon während der Hinterfüllungsarbeiten
beginnt, sondern erst durch einen späteren Bauvorgang
eingeleitet wird, ist es üblich, beim statischen Nachweis
für den Bauzustand geringere Sicherheiten zuzulassen.
a
a)
LI
Im Boden eingespannte Rückverankerte
Spundwand oder _ Spundwand oder
Ortbetonwand Ortbetonwand
An —
mr
Zn
ES
c)
ca
In ein Bauwerk
einbezogene Spundwand
oder Ortbetonwand
d) Gegen eine
Baugrubenwand
betoniertes Bauwerk
$
a.
V,
zB
e) Schwergewichtsmauer f) Winkelstützmauer
Bild 2. In der Regel für aktiven Erddruck zu bemessende
Bauwerke