VI/1971
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Hinweise
für den Abschluß von Verträgen mit freischaffenden Architekten
nach den anliegenden Mustern A und B
I. Allgemeines
Ausgabeverpflichtungen für Architektenleistungen sollen zunächst nur insoweit eingegangen werden, wie dies zur
Fertigung der Bauplanungsunterlagen und derjenigen Unterlagen erforderlich ist, die für den fristgerechten Beginn
der Bauarbeiten nach Bewilligung der Haushaltsmittel notwendig sind. Deshalb sind die Leistungen, die frei-
schaffenden Architekten übertragen werden können, auf zwei Verträge zu verteilen: Im Muster A (Grundvertrag)
sind diejenigen Leistungen enthalten, die für die Fertigung der Bauplanungsunterlagen und der Bauvorlagen erforder-
lich sind, im Muster B (Zusatzvertrag) die restlichen Leistungen; dem Architekten, der einen Auftrag nach
Muster A erhalten hat, sollen in der Regel auch Leistungen nach Muster B übertragen werden. Diese Frage ist
deshalb vor der Beauftragung nach Muster A. sorgfältig zu prüfen. Bei großen Bauvorhaben kann es daneben
notwendig sein, den Auftrag zunächst auf einzelne Bauteile zu beschränken oder die im Muster B aufgeführten
Teilleistungen nochmals zu unterteilen. Durch diese Teilung ändert sich die Rechtsnatur des gesamten Architekten-
vertrages als Werkvertrag nicht. Der Vertrag kann mit einem freischaffenden Architekten oder mit. einer
Arbeitsgemeinschaft von Architekten geschlossen werden. In diesem Fall ist der Vertragskopf entsprechend zu
fassen. Es gelten dann zusätzlich die Bestimmungen unter $ 16 des Vertragsmusters A. In besonderen Fällen
können die Muster A und B in einem Vertrag zusammengefaßt werden.
Grundvertrag und Zusatzvertrag sollen vor Beginn der jeweiligen Architektenleistungen abgeschlossen werden.
Der Grundvertrag kann nach Aufnahme des Bauvorhabens in die Vorplanung oder vorher geschlossen werden,
nachdem der Senator für Finanzen die Fertigung der Bauplanungsunterlagen allgemein oder im Einzelfall
zugelassen hat. Der Zusatzvertrag soll nicht vor Aufnahme des Bauvorhabens in den Entwurf der Bauplanung
abgeschlossen werden. Diese Termine gelten nicht für Bauvorhaben, die unter die Gesamtbindung Hochbau fallen.
Die Teilleistungen des Architekten sind den besonderen Bedürfnissen des öffentlichen Auftraggebers — insbesondere
den haushaltsrechtlichen Vorschriften — angepaßt. Sie weichen zum Teil vom Leistungsbild der Gebührenordnung
für Architekten (GOA) ab. Die Vergütung für die Teilleistungen ist unter Beachtung dieser Unterschiede auf der
Grundlage der GOA. zu bemessen.
Die Muster enthalten nur allgemeine Hinweise auf den Inhalt der Leistungspflicht und über die Haftung des
Architekten. Aus der Verweisung auf die Bestimmungen des Werkvertrages folgt, daß ergänzend die allgemeinen
gesetzlichen Haftungsbestimmungen gelten.
Daraus können sich folgende Ansprüche gegen den Architekten ergeben:
auf Nachbesserung (Mängelbeseitigung), Wandelung oder Minderung des Entgelts bei mangelhafter Architekten-
leistung (ohne Verschulden) gemäß $$ 633, 634 BGB.
Bestehen schon vor der Abnahme zwischen Architekt und Auftraggeber Meinungsverschiedenheiten darüber,
ob die Leistung des Architekten dem Vertrag entspricht oder nicht, muß der Architekt beweisen, daß seine
Leistung frei von Fehlern ist; nach der Abnahme der Architektenleistung hat dagegen der Auftraggeber
den Beweis zu führen daß die Leistung des Architekten mangelhaft ist. Läßt sich eine beweisbedürftige
Tatsache nicht mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Sicherheit feststellen, hat die beweis-
belastete Partei den Nachteil zu tragen, der sich aus dieser Ungewißheit ergibt (Beweislast).
4.2 auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung gemäß 8 635 BGB aus schuldhaft mangelhafter Architektenleistung,
soweit der Schaden der Leistung unmittelbar anhaftet. Nach der Rechtsprechung gehören dazu u.a. — neben
dem Schaden am Bauwerk — auch der Minderwert des Gebäudes und der Nutzungsausfall.
Wer die Beweislast hinsichtlich des Verschuldens trägt, ist streitig. Nach überwiegender Meinung trägt sie
der Auftraggeber, nach Auffassung des OLG Düsseldorf (Schäfer-Finnern, Rechtsprechung der Bauausfüh-
rung, Z 3.01 Bl. 218) dagegen der Architekt.
auf Schadenersatz wegen positiver Vertragsverletzung (= schlechte Vertragserfüllung) bei sonstiger Schadens-
verursachung durch schuldhafte Verletzung von Vertragspflichten und Vertragsnebenpflichten.
Dieser Anspruch verjährt — im Gegensatz zu den bisher genannten Ansprüchen, die in fünf Jahren ver-
jähren, — erst in 30 Jahren. Der Architekt trägt die Beweislast, daß ihn kein Verschulden trifft.
14.4 auf Schadenersatz wegen Verzuges gemäß 88 286 Abs.1l, 636 Abs.1 Satz 2 BGB bei Schadensverursachung
durch (schuldhaft) verspätete Leistung.
Der Architekt trägt die Beweislast dafür, daß ihn beim Verzug kein Verschulden trifft. Bei Verzug kann
der Auftraggeber auch die Rechte aus 8 326 BGB geltend machen.
4.1
Ist ein Mangel des Bauwerks auf eine fehlerhafte Leistung sowohl des Bauunternehmers als auch des Architekten
(z.B. auf Planungsfehler, mangelhafte Überwachung der Ausführung usw.) zurückzuführen, so ist jeder von
ihnen — unbeschadet einer zwischen ihnen bestehenden Ausgleichspflicht — für den Mangel in vollem Umfang
(als Gesamtschuldner) gewährleistungspflichtig. Die Gewährleistungsansprüche sollen jedoch zunächst gegen den
Bauunternehmer durchgesetzt werden. Nur wenn, von ihm keine Leistung erlangt werden kann oder der Durch-
setzung erhebliche Schwierigkeiten entgegenstehen, ist der Architekt als erster in Anspruch zu nehmen. Solange
dies nicht geschehen ist, ist ein zur Deckung der Ansprüche ausreichender Honoraranteil gemäß $ 273 BGB bis zur
Beseitigung des Mangels einzubehalten.