“VL/1961
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Nr. 38
(7) Die im 82 Abs. 2 VGebO vorgesehene Gebühren-
freiheit für Gebietskörperschaften usw. außerhalb des Gel-
tungsbereichs des Grundgesetzes ist im Gegensatz zu den
Bestimmungen im $ 2 Abs. 1 eine Kannvorschrift. Ge-
bührenfreiheit wird nur gewährt, wenn Gegenseitigkeit
gewährleistet ist. Es ist daher zu prüfen, ob -die Gegen:
seitigkeit für gleiche Fälle vorgesehen ist und auch tat-
sächlich geübt wird. In Zweifelsfällen sind Verwaltungs-
gebühren zu erheben.
8. Entstehung der Gebührenschuld
und Kreis der Gebührenschuldner
(1) Die. Gebührenschuld entsteht im Regelfall mit der
Vollendung der Amtshandlung, beim Vorliegen eines An-
trages mit dessen Eingang. Die Pflicht zur Erstattung von
Barauslagen entsteht mit der Vornahme der Handlungen,
die die Aufwendungen des zu erstattenden Betrages erfor-
dern (8 9 Abs. 1 und 4 des Gebührengesetzes).
(2) Schuldner einer Verwaltungsgebühr ist, wer eine
Amtshandlung und damit die besondere Tätigkeit der Ver-
waltung selbst oder durch Dritte (z. B. Bevollmächtigte),
deren Verhalten ihm zuzurechnen ist, veranlaßt. Wird eine
Verwaltungsgebühr von mehreren Personen geschuldet, so
haften diese als Gesamtschuldner ($ 10 Abs. 1 und 4 des
Gebührengesetzes).
9. Zuständigkeit
(1) Für die Heranziehung zu Verwaltungsgebühren ist
nach 8 11 des Gebührengesetzes die Verwaltungsstelle zu-
ständig, die die gebührenpflichtige Amtshandlung vornimmt.
(2) Ändert sich im Laufe eines Verwaltungsverfahrens
die sachliche oder örtliche Zuständigkeit einer Verwaltungs-
stelle, so geht auch die Zuständigkeit zur Erhebung von
Verwaltungsgebühren auf die neue Stelle zu dem Zeitpunkt
über, an dem die Zuständigkeitsänderung wirksam wird
Das gleiche gilt für die Erstattung etwa überzahlter Ver-
waltungsgebühren.
10. Erhebungsformen
(1) Schriftliche Bescheide über Verwaltungsgebühren
müssen enthalten:
a) die Höhe der zu entrichtenden Verwaltungsgebühr,
b) die Bezeichnung der Zahlungspflichtigen,
c) die Rechtsgrundlagen für die Erhebung der Verwal-
tungsgebühr,
d) die Berechnung der Verwaltungsgebühr,
e) die Angabe, wo, wann und wie die Verwaltungsgebühr
zu entrichten ist,
f) die Rechtsmittelbelehrung
(vgl. hierzu auch $$ 12 und 13 des Gebührengesetzes).
(2) Der schriftliche Bescheid ist auf Grund 8 16 Abs. 1
VwVerfG nach den Vorschriften des Verwaltungszustel-
lungsgesetzes vom 3. Juli 1952 (GVBl S. 648) dem Pflichti-
gen zuzustellen. j
11. Bemessung
(1) Die Höhe der jeweils zu erhebenden Gebühr ist aus
Spalte 4 des. Gebührenverzeichnisses abzulesen. Darüber
hinaus sind allgemeine Bestimmungen in den $$ 3 bis 6 der
VGebO über die Verwaltungsgebühren
a) nach dem Wert des Gegenstandes ($ 3),
b) nach einem Gebührenrahmen (Mindest- und Höchst-
sätze 8 4),
c) bei Ablehnung oder Zurücknahme eines Antrages ($ 5),
d) im Widerspruchsverfahren ($ 6)
getroffen. Hierbei ist folgendes zu beachten:
Zu a) Die wirtschaftlichen - Vorteile einer Amtshandlung
können so verschieden sein, daß die Festlegung einer
Einzelgebühr vielfach nicht der Billigkeit entspricht.
Grundsätzlich ist der Wert nach den Angaben des
Antragstellers zugrunde zu legen, im Zweifelsfalle
ist der Nachweis zu fordern oder. der. Wert von Amts
wegen zu schätzen.
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Zub) Die im 8 4 VGebO aufgestellten Grundsätze für die
Bemessung bei Rahmengebühren, und zwar
1. nach der Bedeutung des Gegenstandes und dem
wirtschaftlichen Nutzen für die Beteiligten,
nach dem Umfang der Amtshandlung und den
Schwierigkeiten, die sich bei der Durchführung
der Amtshandlung ergeben,
nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Ge-
bührenschuldners
sind in der Regel - gleichwertig nebeneinander zu
werten.
Zu c)
Bei der Ablehnung oder der Rücknahme eines An-
trages können nach 8 5 Abs. 1 und 2 VGebO nur dann
Verwaltungsgebühren erhoben werden, wenn für die
Vornahme der Amtshandlung eine Verwaltungs-
gebühr im Gebührenverzeichnis vorgesehen ist. Be-
fand sich der Antragsteller in einem unverschuldeten
Irrtum über die Rechts- und Sachlage, kann die
Verwaltungsgebühr erlassen oder — falls die Gebühr
noch nicht festgesetzt und zum Soll gestellt ist —
von der Erhebung abgesehen werden.
Die Erhebung einer ermäßigten Verwaltungsgebühr
setzt in den Fällen der Rücknahme eines Antrages
voraus, daß mit der sachlichen Bearbeitung bereits
begonnen ist, die Amtshandlung jedoch noch nicht
beendet war. War die Amtshandlung beendet, ist die
volle Gebühr zu erheben. Die Bearbeitung gilt auch
dann als begonnen, wenn der Sachbearbeiter nur
informatorisch tätig geworden ist oder wenn er eine
andere Verwaltungsstelle um Auskunft oder Stel-
lungnahme ersucht hat. Eine Amtshandlung ist da-
gegen nicht begonnen, wenn der Antrag nur regi-
striert worden ist.
Der Rücknahme eines Antrages auf Vornahme einer
Amtshandlung ist es gleichzusetzen, wenn die Amts-
handlung deshalb nicht vollständig durchgeführt
werden kann, weil die Beteiligten eine Voraussetzung
für die Beendigung der Amtshandlung nicht erfüllen,
z. B. Anfragen nicht beantworten oder Auflagen
nicht erfüllen.
Zu d) Die Erhebung von Gebühren im Widerspruchsverfah-
ren nach 8 6 der VGebO ist in mehrfacher Hinsicht
beschränkt, nämlich:
die Entscheidung im Widerspruchsverfahren ist nur
dann -gebührenpflichtig, wenn die beantragte
Amtshandlung versagt worden und diese Versa-
gung gebührenpflichtig ist,
die Verwaltungsgebühr für den Widerspruchsbescheid
ist nur zu erheben, soweit die Entscheidung der
ersten Verwaltungsstelle aufrechterhalten wird,
die Verwaltungsgebühr im Widerspruchsverfahren
ist nur in Höhe der Verwaltungsgebühr für die
gebührenpflichtige Versagung zu erheben.
(2) Wird die Ablehnung ‚einer Amtshandlung im Wider-
spruchs- ‚oder Verwaltungsgerichtsverfahren aufgehoben,
ist die Verwaltungsgebühr für die Ablehnung aber bereits
entrichtet, so ist die Gebühr auf die Verwaltungsgebühr für
die Amtshandlung anzurechnen oder gegebenenfalls zu er-
statten ($ 5 Abs. 1 Satz 2 VGebO).
(3) Da nach $ 6 Abs. 3 VGebO die Beschränkung in
den Absätzen 1 und 2 des 8 6 für Entscheidungen über
Widersprüche gegen die Heranziehung‘ zu Gebühren und
Beiträgen nicht gelten, finden die vorstehenden Ausfüh-
rungen auf diese Fälle keine Anwendung.
12: Verjährung
Die Ansprüche auf Zahlung von Verwaltungsgebühren
und von Kosten für das Rechtsmittelverfahren sowie auf
Erstattung von Barauslagen unterliegen der Verjährung.
Die Verjährungsfrist beträgt nach 8 21 Abs. 1 des Gebüh-
rengesetzes drei Jahre; sie beginnt mit dem Ablauf des
Kalenderjahres, in dem. der Anspruch entstanden ist. Im
übrigen finden die 8$ 146 bis 149 AO entsprechende An-
wendung.