5.1.5.
5.1.6:
5.1.7,
3.2.
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Dienstblatt des Senats von Berlin Teill Nr.12 27. August 1980
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schriften der Urteile zu den Gewerbeakten zu-neh-
men, Sind gegen diese Personen Straf- oder Ermitt-
lungsverfahren anhängig? Anfrage beim Polizei-
präsidenten in Berlin — Landespolizeidirektion —.
Außerdem ist ein Auszug aus dem Gewerbezentral:
register einzuholen.
Bestehen Zahlungsrückstände bei den Sozialver-
sicherungsträgern, den Zusatzversorgungskassen,
den Berufsgenossenschaften oder bei dem zustän-
digen Finanzamt ?
Waren in den letzten Jahren Konkursverfahren
oder Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen
Versicherung anhängig und mußte Haft zur Er-
zwingung dieser Erklärung angeordnet werden?
Anfrage beim Amtsgericht Charlottenburg — Kon-
kursabt. — (Verzeichnis nach $ 107 Abs. 1 KO). und
beim Amtsgericht Schöneberg — Zentral-Schuldner-
verzeichnis — (Verzeichnis nach $ 915 ZPO).
Sofern Anhaltspunkte dafür bestehen, daß der Ge-
werbetreibende seine steuerlichen Pflichten nicht
erfüllt (was erfahrungsgemäß in der Regel der
Fall sein wird, wenn er seinen sonstigen öffentlich:
rechtlichen Zahlungspflichten nicht nachkommt),
ist das zuständige Finanzamt unter Berücksichti-
gung der hierfür erlassenen besonderen Vorschrif-
ten um eine entsprechende Auskunft zu bitten.
Ergeben die Ermittlungen erhebliche Bedenken
gegen die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden,
So ist das Untersagungsverfahren einzuleiten. Dies
hat im förmlichen Verfahren zu geschehen, so daß
insbesondere die 88 66 ff. VWVfG zu beachten sind.
Dem Gewerbetreibenden ist hiervon unter Benen-
nung der gegen seine Zuverlässigkeit sprechenden
Tatsachen Kenntnis zu geben. Ihm ist Gelegenheit
zu geben, sich hierzu binnen einer angemessenen
Frist, die regelmäßig mindestens zwei Wochen ab
Zustellung des Schreibens betragen soll, zu äußern.
Wurde ein Führungszeugnis eingeholt (Nr. 5.1.4)
und enthält dieses Eintragungen, die im Unter-
sagungsverfahren berücksichtigt werden sollen
(vgl. Nr. 3.1.4.1), so kann dem Gewerbetreibenden
im Rahmen der Anhörung zugleich eine Mitteilung
gemäß 8 18 der 1. BZRVwV gemacht werden.
Ist wegen eines hohen Grades der von dem Ge-
werbetreibenden ausgehenden Gefährdung wich-
tiger Rechtsgüter Dritter ein rasches Einschreiten
geboten, kann die Anhörungsfrist entsprechend ver-
kürzt werden.
Das Auskunftsverlangen ist ein Verwaltungsakt,
der den 88 68 ff. VwGO unterliegt. Im Einzelfall ist
daher gemäß 880 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige
Vollziehbarkeit anzuordnen und zu begründen. Die
Verfügung kann im Wege des Verwaltungszwanges
durchgesetzt werden. Die Verletzung der Aus-
kunftspflicht ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit
einer Geldbuße bis zu zweitausend Deutsche Mark
geahndet werden kann ($146 Abs.3 Nr. 4, Abs. 4
GewO).
5.4.
Vor der Untersagung sind außerdem die in 835
Abs. 4 genannten Stellen zu hören. Dabei sind ne-
ben einer Zusammenstellung der ermittelten Tat-
sachen auch. die betreffenden Vorgänge zu über-
senden. Dies gilt insbesondere für die vom Gewer-
betreibenden gegebenenfalls angeforderten und vor-
gelegten Bilanzen, da diese von den anzuhörenden
Stellen mit zum Gegenstand ihrer Stellungnahme
gemacht werden sollen.
Die Anhörung kann nur unterbleiben, wenn eine
unmittelbar drohende Gefahr bevorsteht und auch
eine fernmündliche Anhörung nicht mehr möglich
ist. In diesem Falle sind die genannten Stellen von
der Untersagungsverfügung zu unterrichten (vgl.
Nr. 7.8).
Besondere staatliche Aufsichtsbehörde im Sinne des
835 Abs. 4 ist auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes
in Berlin das Landesamt für Arbeitsschutz und
technische Sicherheit. Dieses braucht jedoch nur
gehört zu werden, wenn möglicherweise Belange
des Arbeitsschutzes die Untersagung erfordern.
Ergibt sich nach der Einleitung des Gewerbe-
untersagungsverfahrens (Nr.5.2), daß die Voraus-
setzungen für eine Untersagung nicht oder nicht
mehr vorliegen, so ist das Verfahren einzustellen.
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ß
Fortsetzung des Untersagungsverfahrens trotz Be-
triebseinstellung
Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt wer-
den, wenn der Betrieb des Gewerbes während des
Verfahrens eingestellt, veräußert oder verpachtet
wird. Eine Fortsetzung ist geboten, wenn an der
Untersagung — z.B. im Hinblick auf eine mögliche
erneute gewerbliche Tätigkeit des Betroffenen —
ein berechtigtes Interesse besteht.
Die Abmeldung des Gewerbes ist auch hier nur ein
Indiz für die Aufgabe des Betriebes (vgl. Nr. 2.1).
Die Eröffnung eines Konkurs- oder Vergleichsver-
fahrens über das Vermögen des Gewerbetreiben-
den hindert die Fortführung des Untersagungsver-
fahrens nicht. Eine Untersagung ist auch in diesem
Falle gegenüber dem Gewerbetreibenden auszu-
sprechen. Der Konkursverwalter ist von der Unter-
sagung zu benachrichtigen (vgl. Nr. 10.6).
Untersagung
Zugleich soll in der Mitteilung der Gewerbetrei-
bende darauf hingewiesen werden, daß im Falle der
Nichtäußerung nach Aktenlage entschieden wird.
Dieser Hinweis kommt sinnvoll jedoch nur dann in
Betracht, wenn schon das Ergebnis der bisherigen
Ermittlungen eine Gewerbeuntersagung mit hoher
Wahrscheinlichkeit als möglich erscheinen 1äßt und
für die Durchführung des Verfahrens mündliche
oder schriftliche Auskünfte des Gewerbetreibenden
nicht erforderlich erscheinen.
Der Gewerbetreibende hat gemäß 835 Abs.3a
GewO im Untersagungsverfahren jede zur Durch-
führung des Verfahrens erforderliche Auskunft
über seinen Gewerbebetrieb zu erteilen, soweit er
hierzu nicht ohnehin schon auf Grund anderer ge-
werberechtlicher Bestimmungen (z. B. der ReisebV)
verpflichtet ist. Er kann deshalb in geeigneten Fäl-
len auch aufgefordert werden, eine Bilanz mit
Gewinn- und Verlustrechnung und einen zeitnahen
Status vorzulegen oder Auskunft auch über Art
und Höhe seiner sonstigen (privaten) Verbindlich-
keiten zu erteilen, soweit dies für die Beurteilung
der Ordnungsmäßigkeit des Geschäftsbetriebes von
Interesse ist (z.B. wegen der Verwendung von
Fremdgeldern). Die mündlichen und schriftlichen
Auskünfte sind innerhalb einer angemessenen Frist
unentgeltlich und in deutscher Sprache zu erteilen.
7,
m 11!
Ist eine Untersagung erforderlich, so ist im Hin-
blick auf den Grundsatz des geringsten Eingriffes
in jedem Fall auch zu prüfen, ob die teilweise Un-
tersagung des Gewerbes ausreicht. Eine Maßnahme
nach 8 35 Abs. 1 darf nicht weitergehen, als es zum
Schutz der Allgemeinheit bzw. der im Betrieb
Beschäftigten erforderlich ist. Genügt eine teilweise
Untersagung, so darf die Ausübung des Gewerbes
Nicht ganz untersagt werden. Als Teiluntersagung
kommt beispielsweise in Fällen, in denen der Gewer-
betreibende die Sozialversicherungsbeiträge nicht
abführt, die Untersagung der Beschäftigung sozial-
versicherungspflichtiger Arbeitnehmer in Betracht.
Eine derart beschränkte Untersagung ist jedoch
hur dann in Erwägung zu ziehen, wenn das Ge-
werbe ohne Arbeitnehmer ausgeübt werden kann
und nicht von vornherein damit gerechnet werden
muß, daß der Gewerbetreibende das Verbot miß-
achten wird. Entsprechendes gilt auch in anderen