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13.1
Dienstblatt des Senats von Berlin TeilI Nr.8 10. April 1979
vor, kann selbst bei Unrechtmäßigkeit der Zahlung
das Kindergeld nicht zurückgefordert werden. Bei
den Rückforderungstatbeständen handelt es sich um
Sondertatbestände des allgemeinen Ööffentlich-
rechtlichen Erstattungsanspruchs. Einem festgestell-
ten Rückforderungsanspruch kann daher vom Rück-
zahlungspflichtigen nicht die dem bürgerlichen
Recht eigene Einrede der Entreicherung ($ 818
Abs. 3 BGB) entgegengehalten werden.
Zeitliche Rückforderungsvoraussetzungen .
Waren die Anspruchsvoraussetzungen in einem
Kalendermonat an einem Tage erfüllt, so besteht
für diesen Monat kein Rückzahlungsanspruch gegen
den Empfänger (Umkehrschluß aus $ 13 BKGG),
auch wenn an den übrigen Tagen des Monats die
Anspruchsvoraussetzungen nicht (mehr) vorgelegen
haben. Für diesen Ausschluß der Rückforderung ist
nicht notwendig, daß die Anspruchsvoraussetzun-
gen für einen vollen Tag (24 Stunden) erfüllt waren.
Verstirbt daher z. B. ein bisher berücksichtigtes Kind
im Laufe des ersten Tages eines Monats, so ist dem
Empfänger für den Sterbemonat das Kindergeld bzw.
erhöhte Kindergeld zu belassen. :
verursacht hat.
Vorsatz des Empfängers liegt vor, wenn er bewußt
falsche oder unvollständige Angaben gemacht hat
oder bewußt eine Veränderungsanzeige unterlassen
hat. In solchen Fällen wird regelmäßig auch der
Straftatbestand des Betruges ($ 263 StGB) erfüllt und
eine Schadensersatzpflicht ($ 823 Abs. 2 BGB in
Verbindung mit $ 263 StGB) gegeben sein. Es ge-
nügt, wenn sich der Vorsatz des Empfängers auf das
Vorbringen. der falschen oder unvollständigen An-
gaben bzw. das Unterlassen der Veränderungs-
anzeige bezieht; er braucht sich nicht auf die da-
durch .verursachte widerrechtliche Zahlung zu er-
strecken.
Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Empfänger
die Pflicht zur Beachtung der ihm nach seinen
persönlichen Verhältnissen abzufordernden Sorgfalt
in besonders schwerem Maße verletzt hat (subjek-
tiver Fahrlässigkeitsbegriff). Das Außerachtlassen
einer Pflicht, auf die im Merkblatt über Kindergeld
hingewiesen worden ist, stellt regelmäßig eine
solche grobe Fahrlässigkeit dar (vgl. Urteile des BSG
vom 13. Dezember 1972 — 7 RKg 9/76 — und vom
21. Mai 1974 — 7 RKg 8/73 —, abgedruckt im
Dienstbl. C unter. den Nrn. 1685a bzw. 1872 zu
$ 13 BKGG). Eine andere Beurteilung ist nur in den
Ausnahmefällen angebracht, in denen der
Empfänger nach seinen persönlichen Fähigkeiten
und Verhältnissen (z. B. Mangel an Intelligenz, be-
sonders niedriger Bildungsstand, Krankheit o.ä.)
nicht imstande war, das Merkblatt zu verstehen oder
daraus die nötigen Folgerungen zu ziehen. Bei Per-
sonen, die der deutschen Sprache nicht mächtig
sind, bedarf es einer besonders sorgfältigen Prüfung
der gesamten Umstände. Grundsätzlich ıst davon
auszugehen, daß ein Ausländer die aus der mangeln-
den Beherrschung der deutschen Sprache er-
wachsenden Schwierigkeiten nach dem Grad seiner
Möglichkeiten selber, ggf. durch Einschaltung
eines Sprachkundigen oder durch klärende Rück-
irage beim Arbeitsamt, zu überwinden hat.
Wissen und Wissenmüssen
8 13 Nr. 2 BKGG entspricht dem allgemeinen Grund-
satz, daß ein Empfänger öffentliche Sozialleistun-
gen, von denen er weiß oder zumindest bei Anwen-
dung gehöriger Sorgfalt wissen muß, daß sie ihm
nicht zustehen, entweder zurückzuweisen (z.B.
durch Annahmeverweigerung bei postbarer Zah-
lung) oder zurückzuüberweisen (bei Kontenzahlung)
hat, mindestens aber zur Rückzahlung bereithalten
muß und nicht verbrauchen darf. Das Fehlverhalten
des Empfängers liegt hier nicht in der schuldhaften
Verursachung der unrechtmäßigen Kindergeldzah-
lung, sondern in der Entgegennahme bzw. dem Be-
halten des zu Unrecht geleisteten Kindergeldes trotz
Kenntnis bzw. aufgrund grobfahrlässiger Unkennt-
nis vom Nichtbestehen des Anspruchs (‚„„bösgläubi-
ger Empfang‘‘).
Die erste Alternative des Rückzahlungstatbestandes
setzt das positive Wissen des Empfängers voraus,
daß ein Anspruch auf Kindergeld nicht bestand.
Nichtwissen infolge grober Fahrlässigkeit im Sinne
der zweiten Alternative ist gegeben, wenn der Emp-
fänger bei gehöriger Anspannung seiner geistigen
Kräfte hätte wissen können und müssen, daß ein
Anspruch auf Kindergeld nicht bestand. Für den Be-
griff der groben Fahrlässigkeit gilt im übrigen das
unter Nr. 13.1 Gesagte.
Die Rückforderung setzt das positive Wissen bzw.
das Wissenmüssen auf seiten des Empfängers späte-
stens.in dem Zeitpunkt voraus, zu dem die Kinder-
geldzahlung in seinen Verfügungsbereich gelangt,
sei es im Wege der Barzahlung durch die Post oder
der. Gutschrift auf seinem Konto bei einem Geld-
Mitverschulden des Arbeitsamtes an der Über-
zahlung-
Ein Mitverschulden von Bediensteten des Arbeits-
amtes an der unrechtmäßigen Kindergeldzahlung
schließt grundsätzlich die Rückzahlungspflicht des
Empfängers nicht aus (vgl. Urteil des BSG vom
13. Februar 1975 — 8/7 RKg 14/73 —, abgedruckt im
Dienstbl. C unter Nr. 1875a zu $ 13 BKGG). Die
Schwere ‚des amtsseitigen Mitverschuldens kann
jedoch unter Umständen bei - der Beurteilung des
Ausmaßes des fahrlässigen Verhaltens des Empfän-
gers im Rahmen von $ 13 Nr. 1 BKGG bzw. der fahr-
lässigen Unkenntnis des Empfängers im Rahmen von
$ 13 Nr. 2 BKGG von Bedeutung sein. Hat z. B. das
Arbeitsamt beim Empfänger einen bedeutsamen
Irrtum über die Sach- oder Rechtslage erregt, so wird
dem Empfänger kein grobfahrlässiges Verhalten
bzw. keine grobfahrlässige Unkenntnis entgegen-
gehalten werden können. In solchen Fällen ist in
dem vom Rückforderungsverfahren unabhängigen
Haftungsverfahren (RdErl. 61/66) zu prüfen, inwie-
weit die beteiligten Bediensteten ihre Dienstpflich-
ten schuldhaft verletzt haben.
Anhörung
Ob in Fällen des $ 13 Nr. 1 bzw. 2 BKGG Vorsatz oder
grobe - Fahrlässigkeit gegeben ist, ist nach den
Gesamtumständen festzustellen. Eine Anhörung des
Empfängers ($ 34 SGB 1) wird in der Regel jedoch
nur notwendig sein, wenn der Grad seines Fehl-
verhaltens näherer Untersuchung bedarf. Dies wird
insbesondere dann der Fall sein, wenn
a) Anhaltspunkte vorliegen, die möglicherweise
das Verhalten des Empfängers lediglich als
(leicht) fahrlässig oder nicht schuldhaft erschei-
nen lassen, oder
dem Verschuldensgrad hinsichtlich der Verjäh-
rungsvorschrift des $ 14 Abs. 2 BKGG Bedeutung
zukommt.
Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit
$ 13 Nr. 1 BKGG regelt die Rückforderung für den
Fall, daß der Empfänger vorsätzlich oder grobfahr-
lässig
a) den begünstigenden Verwaltungsakt der Bewil-
ligung durch falsche oder unvollständige Anga-
ben oder
die Weiterzahlung des Kindergeldes durch Unter-
lassen einer Veränderungsanzeige ($ 60 Abs. 1
Nr. 2SGBD
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