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Volume Nr. 20, 28. Dezember 1977

Full text: Dienstblatt des Senats von Berlin (Public Domain) Ausgabe 1977 (Public Domain)

3:1 
13.2 
Dienstblatt des Senats von Berlin Teil I 
AP 
249 
(leicht) fahrlässig oder nicht schuldhaft erschei- 
nen lassen, oder ; 
dem Verschuldensgrad hinsichtlich der Verjäh- 
rungsvorschrift des $ 14 Abs. 2 BKGG Bedeutung 
zukommt. 
Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit 
$ 13 Nr. 1 BKGG regelt die Rückforderung für den 
Fall, daß der Empfänger vorsätzlich oder grobfahr- 
lässig ; 
a) den begünstigenden Verwaltungsakt der Bewil- 
ligung durch falsche oder unvollständige Anga- 
ben oder 
die Weiterzahlung des Kindergeldes durch Unter- 
lassen einer Veränderungsanzeige ($ 60 Abs. 1 
Nr. 2SGB 1) 
verursacht hat. 
Vorsatz des Empfängers liegt vor, wenn er bewußt 
falsche oder unvollständige Angaben gemacht hat 
oder bewußt eine Veränderungsanzeige unterlassen 
hat. In solchen Fällen wird regelmäßig auch der 
Straftatbestand des Betruges ($ 263 StGB) erfüllt und 
eine Schadensersatzpflicht ($ 823 Abs. 2 BGB in 
Verbindung mit $ 263 StGB) gegeben sein. Es ge- 
nügt, wenn sich der Vorsatz des Empfängers auf das 
Vorbringen der falschen oder unvollständigen An- 
gaben bzw. das Unterlassen der Veränderungs- 
anzeige bezieht; er braucht sich nicht auf die da- 
durch .verursachte widerrechtliche Zahlung zu er- 
strecken. 
Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Empfänger 
die Pflicht zur Beachtung der ihm nach seinen 
persönlichen Verhältnissen abzufordernden Sorgfalt 
in besonders schwerem Maße verletzt hat (subjek- 
tiver Fahrlässigkeitsbegriff). Das Außerachtlassen 
einer Pflicht, auf die im Merkblatt über Kindergeld 
hingewiesen worden ist, stellt regelmäßig eine 
solche grobe Fahrlässigkeit dar (vgl. Urteile des BSG 
vom 13. Dezember 1972 — 7 RKg 9/76 — und vom 
21. Mai 1974 — 7 RKg 8/73 —, abgedruckt im 
Dienstbl. C unter den Nrn. 1685a bzw. 1872 zu 
$ 13 BKGG). Eine andere Beurteilung ist nur in den 
Ausnahmefällen angebracht, in denen der 
Empfänger. nach seinen persönlichen Fähigkeiten 
und Verhältnissen (z. B. Mangel an Intelligenz, be- 
sonders niedriger Bildungsstand, Krankheit o.ä.) 
nicht imstande war, das Merkblatt zu verstehen oder 
daraus die nötigen Folgerungen zu ziehen. Bei Per- 
sonen, die der deutschen Sprache nicht mächtig 
sind, bedarf es einer besonders sorgfältigen Prüfung 
der gesamten Umstände. Grundsätzlich ist davon 
auszugehen, daß ein Ausländer die aus der mangeln- 
den Beherrschung der deutschen Sprache er- 
wachsenden Schwierigkeiten nach dem Grad seiner 
Möglichkeiten selber, ggf. durch Einschaltung 
eines Sprachkundigen oder durch klärende Rück- 
frage beim Arbeitsamt, zu überwinden hat. 
Wissen und Wissenmüssen 
8 13 Nr. 2 BKGG entspricht dem allgemeinen Grund- 
satz, daß ein Empfänger öffentliche Sozialleistun- 
gen, von denen er weiß oder zumindest.bei Anwen- 
dung gehöriger Sorgfalt wissen muß, daß sie ihm 
nicht zustehen, entweder zurückzuweisen (z.B. 
durch Annahmeverweigerung bei postbarer Zah- 
iung) oder zurückzuüberweisen (bei Kontenzahlung) 
hat, mindestens aber zur Rückzahlung bereithalten 
muß und nicht verbrauchen darf. Das Fehlverhalten 
des Empfängers liegt hier nicht in der schuldhaften 
Verursachung der unrechtmäßigen Kindergeldzah- 
lung, sondern in der Entgegennahme bzw. dem Be- 
halten des zu Unrecht geleisteten Kindergeldes trotz 
Kenntnis bzw. aufgrund grobfahrlässiger Unkennt- 
nis vom Nichtbestehen des’ Anspruchs („bösgläubi- 
ger Empfang‘). 
Die erste Alternative des Rückzahlungstatbestandes 
setzt das positive Wissen des Empfängers voraus, 
daß ein Anspruch auf Kindergeld nicht bestand 
Nichtwissen infolge grober Fahrlässigkeit im Sinne 
der zweiten Alternative ist gegeben, wenn der Emp- 
fänger bei gehöriger Anspannung seiner geistigen 
Kräfte hätte wissen können und müssen, daß ein 
Anspruch auf Kindergeld nicht bestand. Für den Be- 
griff der groben Fahrlässigkeit gilt im übrigen das 
unter Nr. 13.1 Gesagte. 
Die Rückforderung setzt das positive Wissen bzw. 
das Wissenmüssen auf seiten.des Empfängers späte- 
stens in dem Zeitpunkt voraus, zu dem die Kinder- 
geldzahlung in seinen Verfügungsbereich gelangt, 
sei es im Wege der Barzahlung durch die Post oder 
der Gutschrift auf seinem Konto bei einem Geld- 
institut. Grundsätzlich ist bei Postbarzahlung davon 
auszugehen, daß der Empfänger das Kindergeld am 
ersten Werktag nach dem ‚„Buchungstag‘ (vgl. 
Terminplan Kindergeld) erhält; bei der Überwei- 
sung auf ein Konto ist in der Regel davon auszu- 
gehen, daß der Kindergeldbetrag am fünften Werk- 
tag nach dem „Buchungstag‘ dem Konto des 
Empfängers gutgeschrieben und damit für ihn ver- 
fügbar ist. Dem Empfänger bleibt der Nachweis 
unbenommen, daß er zu diesem Zeitpunkt noch 
keine Kenntnis vom Nichtbestehen des Anspruchs 
hatte bzw. zu diesem Zeitpunkt das Nichtbestehen 
des Anspruchs noch nicht hätte kennen müssen. 
Hat ein Berechtigter seiner Anzeigepflicht nach $ 60 
Abs. 1 Nr. 2 SGB.I genügt, kann jedoch die letzte, 
nicht mehr zustehende Kindergeldzahlung aus tech- 
nischen Gründen nicht mehr angehalten werden und 
wäre deshalb ein Rückforderungsgrund nach $ 13 
Nr. 1 BKGG nicht gegeben, so ist der Berechtigte/ 
Empfänger — sofern noch möglich — vor Zugang 
der Zahlung (ggf. telefonisch) auf deren Unrecht- 
mäßigkeit hinzuweisen („bösgläubig‘‘ zu machen) 
und zugleich aufzufordern, die Annahme des Kın- 
dergeldes zu verweigern bzw. das Kindergeld um- 
gehend zurückzuüberweisen. Ggf. kann auch das 
Geldinstitut ersucht werden, das eingehende Kin- 
dergeld nicht gutzuschreiben, sondern zurückzu- 
überweisen. Der Rücklauf des Geldes ist zu über: 
wachen; geht es nicht wieder ein, so ist der über- 
zahlte Betrag gemäß $ 13 Nr. 2 BKGG unter Entzie- 
hung des Anspruchs formell zurückzufordern. 
Auslandskinderzuschlag 
Die Vorschrift des 8 13 Nr. 3 BKGG bezieht sich 
auf die (seltenen) Fälle, in denen dem Empfänger 
des. Kindergeldes Kinderzuschlag zu Auslands- 
dienstbezügen gemäß $ 56 Bundesbesoldungsgesetz 
bzw. entsprechenden tariflichen Vorschriften ge- 
zahlt worden ist bzw. zusteht. Auf ein Fehlverhalten 
des Kindergeldempfängers kommt es hier nicht an, 
sondern lediglich darauf, ob objektiv ein Anspruch 
gegeben ist. 
Überschneidung mit laufender Rentenzahlung 
8 13 Nr. 4 BKGG begründet eine Rückzahlungs- 
pflicht, wenn das Kindergeld für den zweiten Monat 
eines Zahlungszeitraumes gezahlt worden ist, 
obwohl die laufende Rentenzahlung bereits mit 
diesem Monat beginnt, so daß der Anspruch auf 
Kinderzulage bzw. Kinderzuschuß für diesen Monat 
nicht mehr vom Forderungsübergang nach $ 8 
Abs: 3 BKGG. erfaßt wird. Ein Fehlverhalten des 
Kindergeldempfängers ist auch hier nicht Voraus- 
setzung des Rückforderungsanspruchs; allein die 
Überschneidung der beiden kindbezogenen Lei- 
stungen rechtfertigt die Rückforderung des zu Un- 
recht gezahlten Kindergeldes. 
Zur Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs 
vgl. Nr. 8.34. 
33 
AM 
‚3.4
	        
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