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Nr. 24
D. Die biologische Vorprobe nach Oehlecker
33. Jede Transfusion wird mit der schnellen Übertragung
von 10 bis 20 ml Spenderblut begonnen. Sodann wird
die Transfusion für etwa fünf Minuten unterbrochen
und der Empfänger genau beobachtet. Treten subjektiv
und objektiv keine Symptome auf, die auf eine Unver-
träglichkeit schließen lassen — Rötung des Gesichts,
Oppressionsgefühl, Anstieg der Pulsfrequenz, Schmer-
zen in der Lendengegend, Kopfschmerzen, Hitzegefühl —,
so wird die Transfusion endgültig durchgeführt. Durch
diese Probe können nur Unverträglichkeiten in bezug
auf das ABO-System bei Patienten in ansprechbarem
Zustand entdeckt werden.
Durch Rh-Unverträglichkeit entstehende Transfusions-
reaktionen sind wegen ihres meist späteren Auftretens
durch die biologische Probe in der Regel nicht zu er-
fassen, sondern müssen durch die serologische Kreuz-
probe ausgeschaltet werden.
11,;
A
en
72,
V.
Die Durchführung von Blutübertragungen
A. Allgemeines
65. Die Bluttransfusion ist ein Eingriff, dessen Indikation
eng gestellt werden muß. Grundsätzlich ist die Trans-
fusion vom Arzt vorzunehmen oder zumindest einzu-
leiten.
Er ist für ihre sachgemäße Durchführung verantwort-
lich und haftet auch für Zwischenfälle, die durch
Nichtbeachtung der Richtlinien entstehen.
86. Soweit andere Personen mit Aufgaben im Rahmen der
Blutübertragung selbständig betraut sind, haben sie
die von ihnen geleisteten Arbeiten zu verantworten. Es
gehört jedoch zur Sorgfaltspflicht des Arztes, die fach-
liche und persönliche Eignung dieser Personen für
ihren Aufgabenkreis festzustellen und zu überwachen.
73.
14.
3.
Mancher unzutreffende Blutgruppenbefund und man-
cher Transfusionszwischenfall sind lediglich die Folge
einer Verwechslung. Deshalb ist Sicherung der Identi-
tät des Spenders oder Empfängers zur Vermeidung
von Verwechslungen unbedingte Voraussetzung. für die
Zuverlässigkeit aller in Betracht kommenden Maßnah-
men und Untersuchungen. Eine eindeutige Beschrif-
tung der Proberöhrchen und Begleitpapiere ist uner-
Jäßlich. Unzureichend gekennzeichnete Blutproben soll-
ten nicht bearbeitet werden, zumindest aber ist bei der
Befundmitteilung auf den Zweifel an der Identität
hinzuweisen.
Alle bei der Durchführung einer Bluttransfusion fest-
gestellten WUntersuchungsergebnisse (Blutgruppen-
befunde, Kreuztestergebnisse usw.) sind schriftlich zu
fixieren, von den Ausführenden und Verantwortlichen
mit Datumsangabe gegenzuzeichnen und mindestens |
fünf Jahre aufzubewahren.
Um mögliche Verwechslungen oder Fehlbestimmungen,
insbesondere nach eingetretenen Transfusionsstörun-
gen, schneller und eindeutiger aufklären zu können,
sind die Blutproben zehn Tage nach der Bearbeitung,
das Restblut in den verbrauchten Blutkonserven
24 Stunden im Kühlschrank aufzubewahren.
Den Krankenhausträger trifft die Pflicht, in Zusam-
menarbeit mit dem ärztlichen Personal die bestmög-
lichen personellen und sachlichen Voraussetzungen für
die einwandfreie Durchführung der Bluttransfusion zu
schaffen.
Es soll — abgesehen von seltenen Ausnahmen (Ss. u.) -
nur gruppen- und Rh-faktorengleiches Blut übertragen
werden. Lediglich in Dringlichkeitsfällen ist 1ysinfreies
Universalspenderblut der Gruppe 0 rh (cde) mit einem
Agglutinintiter bis 1 : 64 zu verwenden.
B. Spezielles
Der transfundierende Arzt hat sich von der richtigen
Durchführung und dem. Ergebnis der Kreuzprobe zu
überzeugen und unmittelbar vor der Transfusion ae)
75,
58
69.
76.
70.
Blutgruppenbefunde des Empfängers mit denen des
Spenders oder der Konserve zu Vergleichen. Ent-
sprechend Nummer 66 braucht er jedoch die serologi-
schen Reaktionen nicht selbst anzusetzen und abzu-
ijesen. Bei Inanspruchnahme eines Frischblutspenders
hat er sich darüber hinaus durch Einsichtnahme in den
Spendernachweis über die ordnungsgemäß durch-
geführten Nachuntersuchungen zu vergewissern.
Wird bei einem Blutspender nach der Übertragung eine
Krankheit festgestellt, welche durch Blut übertragbar
ist, und besteht die Möglichkeit, daß diese Erkrankung
zur Zeit der Blutübertragung schon bestanden hat, so
ist der Empfänger zu untersuchen und so lange unter
ärztlicher Beobachtung zu halten, bis Klarheit darüber
besteht, ob die fragliche Krankheit übertragen wurde
oder nicht.
Es empfiehlt sich, in einigen Fällen, in denen vor der
notwendig werdenden Bluttransfusion die Blutformel-
bestimmung sowie der Kreuztest aus Zeitmangel nicht
einwandfrei durchgeführt werden können, nach Mög-
lichkeit Blutersatzmittel oder Plasma- bzw. Serum-
konserven anzuwenden. Während der durch die Infu-
sion eines Blutersatzes gewonnenen Zeit können die
ordnungsgemäßen serologischen Untersuchungen aus-
geführt werden.
Bei Verwendung eines Frischblutspenders ist der in-
direkten Methode der Blutübertragung grundsätzlich
der Vorzug zu geben. Leidet der Empfänger an einer
übertragbaren Erkrankung, so ist diese Methode aus-
nahmslos anzuwenden.
Bei der Übertragung von Konservenblut ist der Inhalt
einer Blutkonserve vor der Transfusion durch mehr-
faches kräftiges Schütteln zu durchmischen. Das Blut
darf nicht ohne Filter übertragen werden. Die Teilung
einer Konserve ist nur im geschlossenen System zu-
lässig. Eine angebrochene Konserve muß innerhalb von
zwölf Stunden übertragen werden.
Falls die Indikation es nicht anders verlangt, ist die
langsame Tropfinfusion der Schnellinfusion Vvorzu-
ziehen.
Bei Überdruckinfusionen (z.B. intraarterielle Trans-
fusionen) muß die Gefahr einer Luftembolie durch
dauernde Überwachung und entsprechende Vorrichtun-
gen ausgeschaltet werden.
Vor der Blutübertragung ist die Konserve nicht beson-
ders zu erwärmen, sofern eine ärztliche Indikation dies
nicht als unbedingt notwendig erscheinen läßt. Dann
jedoch ist streng darauf zu achten, daß das zur Erwär-
mung dienende Wasserbad oder Heizkissen eine
Temperatur von 37° nicht überschreitet. Im allgemei-
nen genügt es, wenn die Blutkonserve vor ihrer An-
wendung etwa eine Stunde bei Zimmertemperatur ge-
lagert wird.
Das Protokoll
Nach Ausführung der Transfusion hat der transfun-
dierende Arzt eine Niederschrift über die Blutübertra-
gung auszufertigen. Ein entsprechender Vordruck wird
ihm für einen Frischblutspender oder für eine Blutkon-
serve vom Blutspendernachweis bzw. BBD übergeben.
Es ist darauf zu achten, daß in dieser Niederschrift
alle Symptome aufzuzeichnen sind, die eine nachträg-
liche Aufklärung eines Transfusionszwischenfalles er-
möglichen. Der Zeitraum, während dem der Patient
nach der Blutübertragung zu beobachten ist, um alle
Reaktionen zu erfassen, beträgt 24 Stunden. Sodann
ist das Protokoll in allen Punkten ausgefüllt an den
Blutspendernachweis bzw. an den Berliner Blutspende-
dienst zurückzusenden.
VI.
Verhalten bei Transfusionszwischenfällen
Bei einwandfreier Beschaffenheit des Transfusions-
blutes, bei genauer Berücksichtigung aller notwendigen
Vorsichtsmaßnahmen und bei zuverlässiger Blut-
gruppenuntersuchung ist die Bluttransfusion fast
immer gefahrlos. Nur in sehr seltenen Fällen macht