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Full text: Mega-Reiche besteuern - Für eine faire Vermögensteuer (Rights reserved)

shutterstock/Logra Mega-Reiche besteuern – Für eine faire Vermögensteuer Inhalt Bertolt Brecht  3 Geleitwort  4 Ungleichheit bei den Vermögen: Wer hat, dem wird gegeben!  5 Vermögensteuer wieder erheben!  7 War da nicht mal was? Vermögensbesteuerung in Deutschland  9 Wie soll Vermögen besteuert werden?  9 1 Fraktion DIE LINKE. im Bundestag Platz der Republik 1, 11011 Berlin Telefon: 030/22751170, Fax: 030/22756128 E-Mail: fraktion@linksfraktion.de V.i.S.d.P.: Jan Korte Redaktion: Ralph Kummer Layout/Druck: Fraktionsservice Stand: Oktober 2020 Dieses Material darf nicht zu Wahlkampfzwecken verwendet werden! Mehr Informationen zu unseren parlamentarischen Initiativen finden Sie unter: www.linksfraktion.de 201014 2 Bertolt Brecht »Fragen eines lesenden Arbeiters« (1935) Wer baute das siebentorige Theben? In den Büchern stehen die Namen von Königen. Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt? Und das mehrmals zerstörte Babylon Wer baute es so viele Male auf? In welchen Häusern Des goldstrahlenden Lima wohnten die Bauleute? Wohin gingen an dem Abend, wo die Chinesische Mauer fertig war Die Maurer? Das große Rom Ist voll von Triumphbögen. Wer errichtete sie? Über wen Triumphierten die Cäsaren? Hatte das vielbesungene Byzanz Nur Paläste für seine Bewohner? Selbst in dem sagenhaften Atlantis Brüllten in der Nacht, wo das Meer es verschlang Die Ersaufenden nach ihren Sklaven. Der junge Alexander eroberte Indien. Er allein? Cäsar schlug die Gallier. Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich? Philipp von Spanien weinte, als seine Flotte Untergegangen war. Weinte sonst niemand? Friedrich der Zweite siegte im Siebenjährigen Krieg. Wer Siegte außer ihm? Jede Seite ein Sieg. Wer kochte den Siegesschmaus? Alle zehn Jahre ein großer Mann. Wer bezahlte die Spesen? So viele Berichte. So viele Fragen. 3 Geleitwort Weltweit besitzt ein Prozent Super-Reiche mehr als der gesamte Rest der Menschheit. Wenige Multimilliardäre kommen auf mehr Vermögen als die Hälfte der Menschheit oder mehr als fast 4 Milliarden Menschen zusammen. In Deutschland haben gut 40 Familien mehr als 40 Millionen Einwohner oder die Hälfte der Bundesbürger. Das ist eine kranke Entwicklung und hat mit Leistung nichts zu tun. Kein Mensch kann Milliarden erarbeiten. Sie stammen aus leistungslosen Erbschaften oder den Gewinnen, die Millionen hart arbeitender Beschäftigter geschaffen haben. DIE LINKE will eine gerechte und produktive Verteilung von Wohlstand. Denn die extremen Vermögen führen auch zu Spekulationsblasen am Finanzmarkt und Mietenexplosionen am Wohnungsmarkt. Die Regierungen Schröder und Merkel haben die Ungleichheit in Deutschland vertieft und das Land somit gespalten. Steuern auf Konzerngewinne und Spitzeneinkommen wurden gesenkt, Niedrigverdiener z.B. durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer belastet. Denn die Kassiererin oder der Polizist müssen einen größeren Anteil ihres Einkommens in den Supermarkt tragen als Spitzenmanager oder Bundestagsabgeordnete. Die Erbschaftsteuer wurde durchlöchert, und die Vermögensteuer wird seit 1997 gar nicht mehr erhoben. Wie sich das ändern lässt, erklären wir in dieser Broschüre! Ich wünsche viel Spaß bei der Lektüre. Ihr Fabio De Masi Stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Leiter des Arbeitskreises Wirtschaft und Finanzen der Linksfraktion 4 Ungleichheit bei den Vermögen: Wer hat, dem wird gegeben! Fast nirgendwo in Europa ist Reichtum so ungleich verteilt wie in Deutschland: Das Nettovermögen misst das gesamte Vermögen (Geld, Immobilien, Wertpapiere, Kunst oder Schmuck) abzüglich der Schulden (z.B. Kredite, Hypotheken). Die ärmere Hälfte der Bevölkerung ab 17 Jahren hat im Jahr 2020 einen durchschnittlichen Anteil am Nettovermögen von 1,4 Prozent. Die reichsten zehn Prozent haben ihrerseits einen Anteil von 67 Prozent des Gesamtvermögens. Der Vermögensanteil des reichsten 1 Prozents beträgt ca. 35 Prozent. Im Jahr 2020 beläuft sich das individuelle Nettovermögen im Durchschnitt auf rund 127.000 Euro für Personen ab 17 Jahren. Bei den Millionären beträgt das durchschnittliche Nettovermögen 2020 gut drei Millionen Euro. Das durchschnittliche Nettovermögen in der unteren Hälfte der Vermögensverteilung liegt hingegen bei weniger als 3.700 Euro – hier sind die Schulden fast so hoch wie die Vermögenswerte.1 Circa 15 Prozent aller Erwachsenen in Deutschland verfügen über kein persönliches Vermögen. Bei sechs Prozent waren die Schulden sogar höher als das Bruttovermögen.2 Das Vermögen der 500 reichsten Deutschen hat nach dem »Manager Magazin« (Reichenliste 2017) im Zeitraum von 2011 bis 2016 von 500 auf 692 Milliarden Euro zugenommen. Das entspricht einer Steigerung um 192 Milliarden Euro, dies sind über 38 Prozent. 2019 gab es in Deutschland 200 Milliardäre, das waren 13 mehr als 2017. Die Zahl der Milliardäre hat sich dabei in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Selbst die Zahl der Vermögensmillionäre nahm seit 2008 um 69 Prozent (d.h. 550.000 Personen) zu. Die 100 reichsten Deutschen kommen derzeit auf ein gemeinsames Vermögen in Höhe von 531 Mrd. Euro (Reichenliste 2019). Die Welt der Superreichen liegt im Dunkeln, insbesondere seit dem Aussetzen der Vermögensteuer. Der Anteil sehr hoher Vermögen wird nicht ausreichend erfasst, so dass die reale Vermögensungleichheit noch höher sein dürfte. Vgl. DIW Wochenbericht, MillionärInnen unter dem Mikroskop: Datenlücke bei sehr hohen Vermögen geschlossen – Konzentration höher als bisher ausgewiesen, 29/2020. Laut DGB-Verteilungsbericht 2019/2020 verfügen die reichsten 10% der Bevölkerung über fast zwei Drittel (64%) des gesamten Nettovermögens (vgl. DGB, Gerecht ist besser. Höchste Zeit für faire Verteilung, Okt. 2019). Die Deutsche Bundesbank gibt für 2017 das Vermögen der reichsten 10% mit 55% und das der ärmeren Hälfte mit 3% an (vgl. Vermögen und Finanzen privater Haushalte in Deutschland: Ergebnisse der Vermögensbefragung 2017, Apr. 2019). Die Summe der individuellen Nettovermögen belief sich 2017 auf 7.390 Mrd. Euro. 2 Vgl. DIW Wochenbericht, Vermögensungleichheit in Deutschland bleibt trotz deutlich steigender Netto­ vermögen anhaltend hoch, 40/2019. 1 5 Quelle: DIW Wochenbericht 40/2019. Die reichsten zehn Prozent besitzen also mehr als die Hälfte des gesamten Nettovermögens in Deutschland. Das hat nichts mehr mit »Leistung« zu tun. Die weit geöffnete Schere zwischen Arm und Reich ist aber keine ganz neue Entwicklung. In der Nachkriegszeit nahm die Vermögensungleichheit ab. Aber seit 2000 nimmt sie in Deutschland beständig zu oder verharrte auf einem hohen Niveau.3 Die Vermögenskonzentration ist nach jüngsten Erkenntnissen sogar noch höher als bisher angenommen.4 Das durchschnittliche private Nettovermögen wuchs zwischen 2012 und 2017 nominal um knapp 22 Prozent. Dabei sind Vermögen in Westdeutschland durchschnittlich doppelt so hoch wie im Osten.5 In der Finanzkrise sind die Vermögen der Superreichen seit 2010 im Schnitt stärker gewachsen als die der Mittelschichten, deren Anteil am Vermögen teilweise sogar abnahm.6 Die krasse Ungleichheit bei der Vermögensverteilung ist aber kein rein deutsches, sondern ein weltweites Problem: Die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung besitzt Vgl. Welt, So reich ist Deutschland – und so ungleich, 26.09.2018. Vgl. DIW Wochenbericht 29/2020. 5 Vgl. Welt, So reich ist Deutschland – und so ungleich, 26.09.2018. 6 Vgl. Tagesspiegel, Kommen die Reichen zu gut weg?, 29.08.2019. 3 4 6 gemeinsam nicht einmal ein Prozent des globalen Vermögens. 2.153 Personen verfügen jeweils über mehr als eine Milliarde US-Dollar Privatvermögen. Gemeinsam haben sie mehr Vermögen als die unteren 60 Prozent der Weltbevölkerung angehäuft.7 Wenigen Milliardären gehört gewissermaßen mehr als die Hälfte der Welt. Vermögensteuer wieder erheben! Quelle: Böckler Impuls 17/2018. Kaum ein Land erzielt bei den vermögensbezogenen Steuern (Grund-, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkung- sowie Vermögensverkehrsteuern) so geringe Einnahmen wie Deutschland. 7 Vgl. Oxfam, Im Schatten der Profite, Januar 2020. 7 Der Anteil der vermögensbezogenen Steuern am durchschnittlichen Gesamtsteueraufkommen in den OECD-Ländern ist in den vergangenen 50 Jahren stetig gefallen, nämlich von 7,9 auf 5,7 Prozent. In Deutschland liegt laut OECD dieser Anteil nur bei rund 3 Prozent.8 Diese starke Konzentration von Vermögen stellt eine Gefahr für die Demokratie dar, weil mit Reichtum auch politische und ökonomische Macht einhergeht. »Verhinderung der Zusammenballung wirtschaftlicher Kräfte in der Hand von Einzelpersonen, von Gesellschaften, privaten oder öffentlichen Organisationen, durch die die wirtschaftliche oder politische Freiheit gefährdet werden könnte.« Aus dem Ahlener Programm der CDU der britischen Zone vom 3. Februar 1947 Die Reichsten haben auch die umweltschädlichsten Lebensstile mit ihren Privatjets und Villen. Und sie ziehen über ihre Aktienpakte wie die Quandts und Klattens bei BMW Milliarden aus den Unternehmen, die von den Beschäftigten erarbeitet wurden und z.B. für Forschung oder Innovationen fehlen. Eine Besteuerung von Vermögen gebietet auch das Gerechtigkeitsprinzip der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit. Vermögen erhöht die Leistungsfähigkeit, es schafft neues Einkommen sowie mehr Freiheiten und Möglichkeiten im Leben. Eine gerechte Besteuerung ist ferner nötig, um einen Teil des großen Investitionsbedarfs der Infrastruktur zu beheben, die von Generationen aufgebaut wurde. Die Sanierung maroder Kitas und Schulen, Wohnungsbau, Kampf gegen den Klimawandel und schnelles Internet überall in Deutschland erfordern Geld. Die Erhebung der Vermögensteuer würde zudem zu einer verbesserten Datenlage über das in Deutschland vorhandene Privatvermögen und seine Verteilung führen, was für viele politische Entscheidungen wichtig wäre. Die wachsende Ungleichheit führt letztendlich zu einem enormen Anstieg des Anlage-suchenden Finanzvermögens und gleichzeitig zur wachsenden Verschuldung privater Haushalte. Gerade die schiere Masse des auf die Finanzmärkte strömenden Kapitals ist eine wichtige Ursache von Spekulationsblasen und Finanzkrisen, die alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler belasten können. Vgl. WirtschaftsWoche, Steuereinnahmen im OECD-Vergleich. Der Steueranteil wächst – erst recht in Deutschland, 05.12.2018. 8 8 War da nicht mal was? Vermögensbesteuerung in Deutschland Die Erhebung einer Vermögensteuer ist in Artikel 106 Abs. 2 Nr. 1 des Grund­ gesetzes ausdrücklich vorgesehen. Ihr Aufkommen steht den Ländern zu. Zur wachsenden Ungleichverteilung des Vermögens in Deutschland hat die steuerliche Privilegierung von Vermögen, gerade durch die Aussetzung der Vermögensteuer seit 1997, beigetragen. Ferner wurden der Spitzensteuersatz gesenkt und die Übertragung von Unternehmensvermögen bei der Erbschaftsteuer umfassend steuerfrei gestellt. Und wer sein Geld für sich arbeiten lässt, wird häufig niedriger besteuert, als derjenige, der arbeitet (Abgeltungsteuer). Die Vermögensteuer wurde nie vom Bundesverfassungsgericht verboten. Sie wurde ausgesetzt, weil sich die damalige Bundesregierung nicht auf eine Reform einigen wollte. Das Bundesverfassungsgericht erklärte 1995 die damals erhobene Vermögensteuer aus einem Grund für verfassungswidrig: Grund- und Immobilienvermögen würden gegenüber anderen Vermögensarten wie Geldvermögen günstiger behandelt. Mit der Reform der Grundsteuer werden aber Gebäude in Deutschland ohnehin neu bewertet. Der Kritik der Verfassungsrichter lässt sich also ohne Probleme entsprechen. Wie soll Vermögen besteuert werden? In seinen steuerpolitischen Eckpunkten fordert der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) die Wiedererhebung der Vermögensteuer gemäß des Nettogesamtvermögens. Die durchschnittliche Steuerbelastung soll mit der Vermögenshöhe steigen, beginnend mit einem Prozent ab einem Freibetrag von einer Million Euro. Der Steuersatz steigt dann linear-progressiv bis zu einem Nettogesamtvermögen von zwanzig Millionen Euro auf 1,5 Prozent an. Ab einem Vermögen von mehr als 100 Millionen Euro erhöht sich der Steuersatz auf 1,75 Prozent. In einer weiteren Stufe wird ab einem Vermögen von mehr als einer Milliarde Euro der Höchststeuersatz von 2 Prozent erreicht.9 Die Bundestagsfraktion DIE LINKE fordert ebenfalls eine Vermögensteuer als Millionärsteuer. Durch eine ausschließliche Besteuerung der vermögendsten 1 bis 9 Vgl. DGB, Gerecht besteuern, in die Zukunft investieren, Juni 2017. 9 2 Prozent der Bevölkerung soll Vermögenskonzentration bekämpft und in die Zukunft unseres Landes investiert werden. Nettovermögen einer Person bis zu einem Betrag von einer Million Euro bleiben steuerfrei. Wer unter dem Strich also weniger als eine Million Euro Vermögen besitzt, zahlt nicht. Somit fällt beispielsweise auch das selbstgenutzte Wohneigenheim nicht unter die Vermögensteuer. Quelle: DIW Wochenbericht 40/2019. Für betriebsnotwendiges Sachvermögen – d.h. nicht-monetäre, immaterielle Vermögenswerte, die der Aufrechterhaltung des Betriebszwecks (des dauerhaft verfolgten Arbeits- bzw. Produktionsziels) dienen – von Einzelunternehmerinnen und Einzelunternehmern sowie Personenunternehmen gilt nach Abzug der Verbindlichkeiten ein erhöhter Freibetrag von 5 Millionen Euro. 10 Betriebsvermögen darf nicht gänzlich ausgenommen werden, weil sonst einfach der Picasso in die Unternehmenszentrale gehängt und der Besteuerung entzogen wird. Außerdem ist das Vermögen in Deutschland stark in Betrieben und insbesondere unter den größten Kapitalgesellschaften konzentriert. Bei den reichsten 0,01 Prozent der privaten Haushalte besteht das Nettovermögen zu 95 – 99 Prozent aus Betriebsvermögen. Altersvorsorgevermögen wird nach unserem Modell nicht besteuert, sofern es u.a. nicht vererblich, nicht veräußerbar oder nicht übertragbar ist. Vermögenswerte im Ausland gehören zum zu versteuernden Vermögen (Weltvermögensprinzip). Unterlagen die Vermögenswerte bereits im Ausland einer dortigen Vermögensteuer, erfolgt eine Verrechnung. Eine Überwälzung der Millionärsteuer durch die Eigentümerinnen und Eigentümer von großen Wohnimmobilienvermögen auf die Mieterinnen und Mieter ist per Mietrecht auszuschließen. Gemeinnützige Wohnungsgesellschaften bzw. -genossenschaften unterliegen nach unserem Vermögensteuerkonzept nicht der Millionärsteuer. Das oberhalb des jeweiligen Freibetrags von 1 Million bzw. 5 Millionen Euro liegende Nettovermögen wird mit einem Steuersatz von 5 Prozent besteuert.10 So ließen sich etwa 80 Milliarden Euro im Jahr für die Länder und mittelbar auch für die Städte und Dörfer erzielen. Vgl. Antrag DIE LINKE, Reichtum gerechter verteilen – Vermögensteuer als Millionärsteuer wieder erheben, Bundestags-Drucksache 19/94, 22.11.2017. 10 11 Letztlich gibt es viele Konzepte. Denkbar wären ebenso andere Steuersätze, die mit wachsenden Vermögen ansteigen, wie beim DGB. Was zählt, ist der politische Wille. Die Mega-Reichen müssen für die Zukunft dieses Landes in die Pflicht genommen werden. Die Chancen in Deutschland dürfen nicht davon abhängen, in welche Familie man geboren wurde. Denn Eigentum entsteht aus Arbeit! 12 Deutscher Bundestag Drucksache 19/94 19. Wahlperiode 22.11.2017 Antrag der Abgeordneten Klaus Ernst, Fabio De Masi, Susanne Ferschl, Brigitte Freihold, Jan Korte, Jutta Krellmann, Thomas Lutze, Pascal Meiser, Bernd Riexinger und der Fraktion DIE LINKE. Reichtum gerechter verteilen – Vermögensteuer als Millionärsteuer wieder erheben Der Bundestag wolle beschließen: I. Der Deutsche Bundestag stellt fest: In keinem Land Europas, ausgenommen Österreich, ist Reichtum so ungleich verteilt wie in Deutschland. Nach aktuellen Schätzungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung verfügen die 400.000 vermögendsten Haushalte – das sind 1 Prozent aller Haushalte – mit rund 2,7 Billionen Euro über etwa ein Drittel des gesamten Nettovermögens. Demgegenüber hat die ärmere Hälfte aller Haushalte lediglich einen Anteil von 2,6 Prozent am gesamten Nettovermögen. Die Ungleichheit der Vermögensverteilung nimmt in Deutschland beständig zu. Nach Angaben des „Manager Magazins“ hat das Vermögen der 500 reichsten Deutschen im Zeitraum von 2011 bis 2016 von 500 Milliarden Euro auf gut 692 Milliarden Euro und damit um über 38 Prozent zugenommen. Zur wachsenden Ungleichverteilung des Vermögens hat auch die steuerliche Privilegierung von Vermögen, nicht zuletzt durch die Aussetzung der Vermögensteuer seit 1997, beigetragen. Kaum ein Land erzielt bei den vermögensbezogenen Steuern (Grund-, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkung- sowie Vermögensverkehrssteuern) so geringe Einnahmen wie Deutschland. Laut OECD betrug deren Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland nur 0,9 Prozent im Jahr 2013. Damit erreichte Deutschland im OECD-Vergleich gerade einmal ein gutes Drittel des BIP-gewichteten Durchschnitts von 2,5 Prozent. Das entsprach Platz 27 innerhalb der 34 OECD-Mitgliedstaaten. Die Wiederhebung der Vermögensteuer ist daher überfällig. Gezielt ausgestaltet als Millionärsteuer im Sinne einer ausschließlichen Besteuerung der vermögendsten 1 bis 2 Prozent der Bevölkerung, wirkt sie der steigenden Vermögenskonzentration entgegen. Zugleich werden damit hohe Mehreinnahmen für die öffentliche Hand erschlossen. II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Vermögensteuer als Millionärsteuer wieder einführt. Als Vermögen werden zum Stichtag 31.12.2016 die Summe der privaten 13 Drucksache 19/94 –2– Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Geldvermögen und der Verkehrswerte der privaten Immobilien- und Sachvermögen festgestellt. Vom Vermögen werden private Verbindlichkeiten abgezogen. Das so ermittelte gesamte Nettovermögen einer Person (Individualbesteuerung) bleibt bis zu einem Betrag von 1 Million Euro steuerfrei. Für betriebsnotwendiges Sachvermögen von Einzelunternehmerinnen und Einzelunternehmern sowie Personenunternehmen gilt nach Abzug der darauf lastenden Verbindlichkeiten ein erhöhter Freibetrag von 5 Millionen Euro. Das oberhalb des jeweiligen Freibetrags von 1 Million bzw. 5 Millionen Euro liegende Nettovermögen wird mit einem Steuersatz von 5 Prozent besteuert. Berlin, den 20. November 2017 Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion 14 Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333 Notizen 15 Notizen 16 www.linksfraktion.de 18
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