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Full text: Bildungslandschaften (Rights reserved)

FOKUS THEMEN Impressum Herausgeberin Redaktion Deutsche Kinder- und Jugendstiftung GmbH Michael Schröter, Carolin Och, Robert Römer, Valeska Tempelhofer Ufer 11 Pannier 10963 Berlin www.dkjs.de Gestaltung Pralle Sonne, Berlin Das Primokiz-Modell steht für eine integrierte Politik der frühen Kindheit, die jedem Kind möglichst gerechte Chan- Bildnachweis cen eröffnen und alle Kinder in ihrer Entwicklung fördern Titelseite: © DKJS/PYKADO, Paul Kuchel; Seite 3: © DKJS/ will. Dabei sind Bildungs-, Gesundheits- und Sozialsystem Danny Ibovnik; Seite 4: © DKJS/Jakob Erlenmeyer und gemeinsam die tragenden Säulen einer umfassenden ver- Nikolaus Götz; Seite 10: © DKJS/Jörg Farys; Seite 12: netzten frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung in © DKJS/Julia Kühn; Seite 14: © Copyright DKJS/Lindemeier der Kommune. Lektorat Das Transferprojekt Primokiz der Deutschen Kinder- und Henning Bartels, redaktionsnetzwerk.berlin Jugendstiftung wird gefördert von der Jacobs Foundation. Haftung für Links Kontakt Diese Publikation enthält Verlinkungen zu Internetauf- Michael Schröter tritten Dritter, auf deren Inhalt die Herausgeberin keinen Programmabteilung Einfluss hat. Aus diesem Grund kann die Herausgeberin Deutsche Kinder- und Jugendstiftung GmbH Bayern für diese Inhalte auch keine Gewähr übernehmen. Es wird Westendstraße 100 keine Verantwortung für die Verfügbarkeit oder den Inhalt 80339 München solcher Internetauftritte übernommen und keine Haftung Tel.: 089-21536971-3 für Schäden oder Verletzungen, die aus der Nutzung – gleich E-Mail: michael.schroeter[at]dkjs.de welcher Art – solcher Inhalte entstehen. Für die Inhalte und Richtigkeit der bereitgestellten Informationen ist der Andreas Knoke jeweilige Anbieter der verlinkten Webseite verantwortlich. Leitung Programme Zum Zeitpunkt der Verlinkung waren keine Rechtsverstöße Deutsche Kinder- und Jugendstiftung GmbH erkennbar. Bei Bekanntwerden einer solchen Rechtsverlet- Tempelhofer Ufer 11 zung wird der Link umgehend entfernt. Alle Links wurden im 10963 Berlin Oktober 2020 auf Aktualität überprüft. Tel. : +49 (0) 30 25 76 76 - 26 E-Mail: andreas.knoke[at]dkjs.de © DKJS 2021 www.dkjs.de/primokiz/ https://jacobsfoundation.org/activity/primokiz2/ gefördert von Bildungslandschaften Gemeinsam und von Anfang an für Kinder: Integrierte Strategien für eine zukunfts­ fähige Kommune Inhalt 3 Der Einstieg Worum es geht Der Einstieg: Worum es geht 4 Die Aufgabe Ein gesundes Aufwachsen, gerechte Teilhabe und beste Bildung für alle Kinder in Ihrer Kommune erzielen Gutes frühes Aufwachsen können Kitas oder ein Verwaltungs­ ressort aber nicht alleine gewährleisten. Viele verschiedene Akteure in der Kommune (von den Kitas über Angebote aus Wie so oft fängt es im Kleinen an – oder besser gesagt: bei den dem Gesundheitsamt bis hin zur Stadtplanung) bieten Unter­ Kleinsten. Wie unsere Kinder in diese Welt kommen, wie sie stützungsleistungen an oder treffen Entscheidungen, die (un) aufwachsen, welche Förderung sie und ihre Familien erfahren, mittelbar Familien und ihre Kinder betreffen. Die Zuständigkeit welche Erfolge und Misserfolge ihre Wege pflastern, all das eines einzelnen Ressorts greift entsprechend zu kurz. Es braucht formt Biografien, und diese vielen einzelnen Geschichten bilden die gemeinsame Kraftanstrengung vieler Akteure, um als kom­ in der Summe unsere Gesellschaft von Morgen. munale Verantwortungsgemeinschaft daran zu arbeiten, eine Politik der frühen Kindheit umzusetzen, die den Bedarfen der 6 Die Herausforderung Die bisherige Logik hinterfragen und Veränderungen anstoßen, wenn gleichzeitig der Kita-Ausbau drängt sowie Personal- und Ressourcenmangel drohen 9 Der Ansatz Kommunale Strategie-Entwicklung als Schlüssel zur zukunftsfähigen Kommune – das Primokiz-Modell Zu einem gelingenden Aufwachsen beizutragen, fordert Familien gerecht wird und so einen Ort schafft, an dem Familien Kommunen und die Menschen, die in ihrem Auftrag arbeiten, gerne leben – auch in Zukunft. immer wieder heraus. Oftmals ringen sie um gute Lösungen, um beispielsweise Armutsfolgen und prekären Lebensläufen vor­ Daher ist eine an den Bedarfen der Familien vor Ort orientierte zubeugen, Schulabbrecherquoten zu senken, allen Kindern und Bildungslandschaft auch ein wichtiger Standortfaktor für die Jugendlichen ein gesundes Aufwachsen zu ermöglichen oder Kommune. Sie macht eine Gemeinde, eine Stadt oder einen auch um Familien mit Migrationsbiografien mit passgenauen Landkreis für Fachkräfte aller Wirtschaftszweige attraktiv und Angeboten zu erreichen, damit Inklusion in der Kommunal­ wirkt somit auch als Motor für die positive Entwicklung einer gesellschaft gelingt. Die Herausforderungen sind oft hinlänglich Kommune. bekannt; aber wie kann man ihnen frühzeitig und präventiv entgegentreten? Wie diese Aufgabe gelingen kann, möchten wir Ihnen auf den folgenden Seiten vorstellen. Wie eine Kommune diese Fragen beantwortet, hat immer einen großen Einfluss auf das Gelingen oder auch das Scheitern von 12 Der Gewinn Bildungsprozessen der jungen Menschen vor Ort. Die Kon­ sequenzen aus Erfolg, aber eben auch Misserfolg bekommt schließlich nicht nur der Einzelne, sondern auch die Kommune selbst zu spüren – in Form von Folgekosten. Deshalb lohnt es sich, gute Bedingungen für das Aufwachsen von Beginn an zu schaffen und das System der frühen Bildung,  arum eine integrierte Strategie frühkindliche W Bildung Sinn ergibt – sechs Perspektiven Betreuung und Erziehung vor Ort zu stärken. Denn • bereits in der frühesten Kindheit werden die Grundlagen für 12 — Perspektive der Kinder 12 — Perspektive der Familien 13 — Perspektive der pädagogischen Fachkräfte 13 — Perspektive der Verwaltung 13 — Perspektive der Politik 14 — Gesamtkommunale Perspektive Bildungserfolge und Teilhabechancen gelegt; • Studien zeigen, dass sich jeder Euro mehr als doppelt ren­ tiert, der in frühes Aufwachsen investiert wird; • der Ertrag von Bildungsinvestitionen ist umso geringer, je später eine Maßnahme in der Bildungsbiografie erfolgt (die mit dem Alter der Zielgruppe auch teurer wird). Mit anderen Worten: Ein gut funktionierendes System der ­frühen Bildung und Förderung hilft dabei, viele der oben auf­ geworfenen Fragen effizient und präventiv anzugehen, zum Wohle der einzelnen Kinder und der Gemeinschaft als Ganzes. 3 Angesichts der Fülle von Faktoren, die die Lebenssituation von Kindern beeinflussen, ist die kommunale Logik sehr verständ­ lich, nach klar abgrenzbaren und gut zu steuernden Bereichen und Ressorts zu unterscheiden, in denen unterschiedliche Belan­ ge von Kindern und ihren Familien bearbeitet werden können. Der Blick auf das Leben der Familien findet in diesem System jedoch immer aus einem bestimmten Blickwinkel statt und ver­ leitet teilweise unbemerkt dazu, nur Ausschnitte wahrzunehmen oder stärker nach Zuständigkeiten als nach integrierten Lösun­ gen zu suchen. Wer das ganze Leben der Kinder in den Blick nehmen will, braucht dafür eine ganzheitliche Perspektive, die vom Kind ausgehend denkt. Und umgekehrt heißt das: Versäulte Ressorts und Zuständigkeiten, die jeweils hochspezialisiert ein Problem oder einen spezifischen Bedarf in den Blick nehmen, können den Kindern und ihren Familien nicht vollständig ge­ recht werden. Akteure, die gutes frühes Aufwachsen in der ­Kommune gestalten: • Kindertagesstätten • Quartier- und Nachbarschaftszentren Die Aufgabe: Ein ­gesundes ­Aufwachsen, gerechte T ­ eilhabe und beste Bildung für alle ­Kinder in Ihrer Kommune erzielen Das Leben der Kinder und ihrer Familien spielt sich eben in der • Familienzentren ganzen Kommune ab – bei Tagesmüttern und -vätern, in den • Raumplanung und Stadtentwicklung Kinder lernen von Geburt an im spielerischen Austausch mit Kitas, auf den Spielplätzen, in der Schule, aber auch in den Büros • Integrationsstellen ihrer Umwelt und eignen sich dabei bereits weit vor dem Schul­ der Schwangerschaftsberatung, bei Kinderärztinnen oder The­ • Familienbeauftragte eintritt komplexe Fähigkeiten und alle zentralen Grundlagen rapeuten, den Beratungsstellen für frühe Hilfen und gesundes • Erziehungs- und Familienberatungsstellen für ihren weiteren Bildungs- und Lebensweg an. Da die ersten Aufwachsen und teilweise auch im Sozial- oder Jugendamt oder • Eltern-Cafés Lebensjahre besonders entscheidend für die gesamte Entwick­ bei der Asylberatung. Die Kommune ist dabei Schauplatz und • Familienbildungsstätten lung sind und sich Rückstände in geistigen, motorischen oder gestaltender Akteur der Bedingungen des Aufwachsens. • Schwangerschaftsberatung sozialen Kompetenzen später nur schwer aufholen lassen, sind • Sozialamt und Jobcenter Maßnahmen zur Förderung und Unterstützung umso wirkungs­ • Frühe Hilfen voller und rentabler, je früher sie ansetzen. • Kinderärzte • Wohnungsbaugesellschaft Dabei ist die kindliche Lebenswelt in vielfältiger Weise geprägt … und bei Ihnen? • Vereine und Initiativen von den unterstützenden oder den hinderlichen Bedingungen, Wie gut kennen Sie „Ihre“ lokale Angebotslandschaft • weitere die im Stadt- oder Ortsteil und der Gemeinde im Einzelnen für Familien und Kinder von der Schwangerschaft bis Auf den ersten Blick scheint es ganz einfach: Das Leben und vorliegen. Das betrifft nicht nur die Suche von Eltern nach zum zehnten Lebensjahr? Wie nah dran sind Sie an den Aufwachsen von Kindern findet vorrangig in ihren Familien einem geeigneten Kitaplatz oder einer passenden Schule für ihre ­Familien, um auch neu entstehende Bedarfslagen – z. B. statt. Sobald sie in eine Kita gehen, erhalten sie dort noch zu­ Kinder. Es ist auch beeinflusst von weiteren familienunterstüt­ im Zuge der Pandemie – zu erkennen? Wie zeitnah und sätzliche Förderung und Bildung. Dafür, dass jedes Kind bei zenden Angeboten und wie gut diese die Familien durchgehend passgenau können sich die Expertinnen und Experten in Bedarf ab dem ersten Lebensjahr einen Betreuungsplatz erhält, erreichen. Auch die Wohn- und Arbeitssituation von Familien der Praxis abstimmen und reagieren? übernimmt die Kommune die Verantwortung. Das ist für sich und die kinderfreundliche Gestaltung des Sozialraums spielen genommen bereits eine große Aufgabe. Doch welche Rolle spielt eine große Rolle, wenn es darum geht, wirklich allen Kindern die Kommune darüber hinaus für die gute Entwicklung aller von Beginn an ein gesundes Aufwachsen, gerechte Teilhabe und Kinder? eine bestmögliche Bildung zu ermöglichen. 4 5 Die Herausforderung: Die bis­herige Logik hinter­­­­­­­­fragen und Veränderungen anstoßen, wenn gleichzeitig der Kita-­Ausbau drängt sowie ­Personal- und Ressourcen­ mangel drohen Die Primokiz-Studie Ziel:  Ermittlung der Bedarfe deutscher Kommunen hinsichtlich einer integrierten Strategie­entwicklung zu Programme, damit begonnen haben, sich für fachbereichsüber­ einer umfassenden Politik der frühen Kindheit greifende Vernetzungen zu öffnen. Netzwerkarbeit ist Arbeits­ Methode: alltag in den allermeisten Kommunen. Gleichzeitig fällt auf, dass Stichprobe:  345 Fachkräfte der operativen sowie Vertretungen der strategischen und Leitungsebene (Amtsleitungen, die neu entstandenen Vernetzungsstrukturen bislang oftmals Quantitative Onlinebefragung Dezernentinnen und Dezernenten) aus etwa 130 Kommunen im gesamten Bundesgebiet eher nebeneinanderstehen als dass sie abgestimmt, zielgerichtet Erhebungszeitraum: und planvoll ineinandergreifen. Hier werden zum einen Chan­ Auszug der Ergebnisse: cen vertan, Ressourcen zu bündeln und effektiver zu nutzen und Das Feld der frühen Bildung stößt in der kommunalen Politik auf Interesse. Der Handlungsdruck wird jedoch nicht als so gravierend die Vielfalt der Angebotslandschaft auch neben der kommunal wahrgenommen, dass die Politik direkt zum Motor einer Veränderung wird. Die Aufgabe der Kommunen, Bedingungen für ein gutes frühes gesteuerten Kindertagesbetreuung einzubeziehen. Zum anderen Aufwachsen für alle Kinder zu schaffen, ist in den vergangenen werden Ressourcen blockiert, wenn Wissen und Informationen Jahren zunehmend herausfordernder geworden. Gesellschaft­ nur innerhalb weiterhin voneinander getrennter Bereiche zirku­ liche Entwicklungen und Megatrends wie Individualisierung, lieren oder dieselben Fachkräfte an vielen Netzwerkstrukturen Beschleunigung, Pluralisierung, Digitalisierung und nicht parallel beteiligt sind. Mit anderen Worten gelingt es in vielen zuletzt eine zunehmende soziale Differenzierung befördern eine Kommunen bislang selten, die verschiedenen Perspektiven zu steigende gesellschaftliche Komplexität. In diesem Zusammen­ einem ganzheitlichen Blick auf die Bedarfe von Kindern und hang werden gelingende Bildungsprozesse immer wichtiger, ihren Familien zu bündeln und auf diesem aufbauend eine aber nicht unbedingt einfacher. Dies hat Folgen für kommunale Angebotslandschaft zu etablieren, in der kein Kind und keine Angebote: Einerseits werden immer mehr Leistungen von den Familie mehr durchs Raster fällt. November 2019 Rahmenbedingungen zur Gestaltung der Strukturen im System frühkindlicher Bildung 0% 20 % Es existiert eine fachbereichsübergreifende Steuerungsgruppe zu Themen frühkindlicher Bildung. 40 % 80 % 100 % 34 % Es existiert eine in Papierform fixierte und in der Kommune bekannte Strategie frühkindlicher Bildung. 28 % Lokale Politik beschäftigt sich mit Themen frühkindlicher Bildung. Lokale Politik drängt auf eine Veränderung des bestehenden Systems frühkindlicher Bildung. 60 % 62 % 5% Bildungseinrichtungen, Bildungsträgern und Beratungsangebo­ ten erwartet, gleichzeitig steigt die Nachfrage nach kommunalen Die Folge ist, dass die Potenziale der Qualitätsentwicklung in Der quantitative Ausbau der Kindertagesbetreuung ist weiterhin die zentrale Herausforderung – und bindet Kapazitäten für die Leistungen in diesem Bereich immer weiter an. vielen Kommunen noch nicht ihre volle Kraft entfalten können. Weiterentwicklung im Bereich der Qualitätsentwicklung und Vernetzung. Stattdessen werden vielerorts die kommunalen Angebots­ Um diesen Herausforderungen zu begegnen, forderte der Deut­ strukturen für Kinder (von der Geburt bis zum Eintritt in die sche Städtetag bereits in der Aachener Erklärung von 2007 die Grundschule) und ihre Familien oftmals nicht den individuellen Kommunen auf, eine Strategie der ressort- und einrichtungs­ Bedürfnissen und gesellschaftlichen Anforderungen gerecht. In übergreifenden Vernetzung weiter voranzutreiben. der Konsequenz entstehen einerseits „Versorgungslücken“ und andererseits das Dilemma, dass auch bereits bestehende Angebo­ Gute frühe Bildung und ein gesundes Aufwachsen von Kindern te aufgrund unterschiedlicher Zugangshürden nicht von den werden in diesem Bild als gesamtkommunale Aufgabe verstan­ Kindern und Familien in Anspruch genommen werden, die die den, die nur in gemeinsamer Verantwortung unterschiedlicher Unterstützung besonders benötigen. Wie gravierend sich das für Verwaltungsressorts und Einrichtungen angegangen werden einige Kinder auswirkt – beispielsweise bei Schulproblemen und kann, sprich: mit einer Brille, die verschiedene Perspektiven -abbrüchen –, wird dann häufig erst viel später, wenn Unterstüt­ integriert und somit einen ganzheitlichen Blick auf das Leben zungsmaßnahmen deutlich langwieriger und kostenintensiver der Kinder und ihrer Familien einnimmt. Neben der institutio­ werden, sichtbar. Situation der Kindertagesbetreuung | Strukturen und Personalqualifikation 0% Die Platzkapazitäten in der Kindertagesbetreuung reichen aus, um die Nachfrage nach Betreuungsplätzen zu decken. Qualitätsentwicklung im Bereich Kindertagesbetreuung Weiterentwicklung der Bedarfsplanung im Bereich Kindertagesbetreuung Quantitativer Ausbau der Infrastruktur im Bereich Kindertagesbetreuung 80 % 4 (trifft zu) 100 % 16 % 12 % 26 % 24 % 21 % 29 % 5 (sehr stark) | 0% etwa der Gesundheitsbereich, der Schulbereich (für gelingende zur Primokiz-Studie), dass Verwaltungen die Notwendigkeit der 60 % Relevanz der Themen frühkindlicher Bildung mit ihren Angeboten Kinder und ihre Familien unterstützen, Ein Blick in Kommunen aus ganz Deutschland zeigt (vgl. Kasten 5% Die Träger im Bereich frühkindlicher Bildung sind gut miteinander vernetzt. Kooperation zwischen unterschiedlichen Einrichtungen der frühkindlichen Bildung Übergänge), aber auch Stadtplanung und Sozialamt. 40 % 76 % Es finden regelmäßig gemeinsame Weiterbildungen der Fachkräfte im Bereich frühkindlicher Bildung statt. nalisierten Kinderbetreuung und den begleitenden Verwaltungs­ bereichen geraten so auch weitere Ressorts mit in den Blick, die 20 % Die Plätze in der Kindertagesbetreuung in meiner Kommune sind voll ausgelastet. 5 (trifft voll und ganz zu) | 20 % 17 % 40 % 60 % 80 % 4 (stark) 100 % 22 % 24 % 32 % 46 % 52 % 23 % 23 % Kooperation und des ressortübergreifenden Austauschs erkannt und bereits vielfach, nicht zuletzt im Rahmen unterschiedlicher 6 Den vollständigen Studienbericht senden wir Ihnen gerne auf Anfrage zu. 7 Warum ist es so herausfordernd, dieses Dilemma anzugehen? Was steht einer veränderten Logik, einer integrierten Politik der frühen Kindheit entgegen? Es ist eine besondere Herausforderung, gerade in schwierigen Zeiten strategisch zu handeln und möglichst abgestimmte, ziel­ Drei Thesen, die das Zögern, Veränderungen im bisherigen Sys­ genaue und effektive Aktivitäten umzusetzen. Und doch bieten tem voranzubringen, erklären – abgeleitet aus den Ergebnissen ein Umsteuern und die Veränderung der Logik versäulter Zu­ der Primokiz-Studie: ständigkeiten zahlreiche Vorteile: Der Ansatz: Kommunale Strategie-Ent­ wicklung als Schlüssel zur zukunfts­fähigen Kommune – das ­Primokiz-Modell Eine Stadt- und Quartierplanung, die die Interessen der Kinder sowie diejenigen ihrer Betreuungs- und Erziehungspersonen 1. Der quantitative Ausbau der Betreuungskapazitäten ist konsequent im Blick hat, bildet das unerlässliche Fundament • Kommunen, denen es gelingt, eine ganzheitliche Perspektive weiterhin die zentrale Herausforderung für Kommunen im auf das Leben der Kinder und ihrer Familien zu entwickeln, einer Politik der frühen Kindheit. Familienpolitische und Feld der frühen Kindheit. Er bindet verfügbare Personal- indem die Akteure vor Ort über Verwaltungsbereiche und integrationspolitische Maßnahmen sind als Querschnittsthemen und Finanzmittel und führt das System bereits teilweise an formale Zuständigkeiten hinweg systematisch vernetzt in Das Modell Primokiz versteht eine Politik der frühen Kindheit und als Kitt zwischen den verschiedenen Säulen und Ebenen zu seine Grenzen. Verantwortungsgemeinschaften agieren, sind insbesondere primär als gemeinsame Aufgabe des Bildungs-, Gesundheits- verstehen. 2. D  ie Ausstattung mit Personalmitteln wird als das zentrale in Krisenzeiten in der Lage, nicht nur zu reagieren, sondern und Sozialsystems. Diese drei Systeme bilden gemeinsam die Kriterium zur Bewältigung kommunaler Herausforderun­ tatsächlich auch zu gestalten. Oder anders ausgedrückt: Ein tragenden Säulen einer umfassenden und vernetzten frühkind­ Zu einem umfassenden und vernetzten Angebot in der frühen gen gesehen. Dieser Ansatz folgt der Logik, die anstehen­ Brandschutzkonzept verhindert regelmäßige „Löschein­ lichen Bildung, Betreuung und Erziehung. Kindheit gehören im Primokiz-Modell unter anderem: den Herausforderungen im bestehenden System effektiv sätze“. bewältigen zu können, wenn es nur mehr Personal für die • Das Handeln im Rahmen einer Gesamtstrategie ermög­ Zugleich legt es fest, dass sich eine Politik der frühen Kindheit licht eine sinnvolle und effektive Verknüpfung von unter­ über familien- und kinderfreundliche Rahmenbedingungen für schiedlichen Fördertöpfen von Bund, Land und Kommune alle Kinder bis hin zum Schutz des einzelnen Kindes erstrecken Politik und bei den entscheidenden Spitzen der Verwaltung entsprechend der eigenen Zielsetzung. Die Mittel können soll. Die tragenden Ebenen umfassen demnach: durchaus auf Interesse. Der Handlungsdruck wird jedoch so einerseits passgenau eingesetzt werden und zahlen damit nicht als so gravierend wahrgenommen, dass sie direkt zu andererseits nicht nur auf den spezifischen Bereich ein, son­ Motoren der Veränderung werden. dern machen sich auch für die gesamte Kommune bezahlt. Aufgaben gäbe. 3. D  as Feld der frühen Bildung stößt in der kommunalen • E  ine neue Arbeitskultur, die Akteure vor Ort regulär par­ nung, • qualitativ hochwertige Bildungs- und Betreuungsangebote für junge Kinder (inkl. der Schule), • Begegnungs- und Spielorte für Kinder und ihre Bezugsper­ • die universelle Prävention mit einer kinder- und familien­ sonen, freundlichen Infrastruktur für alle Kinder und Familien, • pädagogische, gesundheitliche und soziale Unterstützung • die selektive Prävention mit Angeboten und Maßnahmen Es ist nachvollziehbar, dass bei begrenzten Kapazitäten der Fokus tizipativ einbindet, macht neue Anpassungsbedarfe schnell für bestimmte Gruppen von Kindern und Familien sowie auf die dringendste und zwingend notwendige Aufgabe gerichtet sichtbar, erleichtert ein zielgerichtetes und wirksames Han­ • die indizierte Prävention und die Intervention mit Ange­ ist: den bedarfsgerechten Ausbau der Kindertages­betreuung. deln direkt in der Praxis und schafft Entlastung sowie neuen boten und Maßnahmen für einzelne Kinder und Familien Zusammenhalt mit der Ausrichtung auf ein gemeinsames, aufgrund eines spezifischen Bedarfs. Gleichzeitig ist zu erwarten, dass die angespannte Situation • e ine kinder- und familienfreundliche Raum- und Stadtpla­ von Familien sowie • t herapeutische und heilpädagogische Leistungen für be­ stimmte Kinder aufgrund einer individuellen Indikation. übergeordnetes Ziel. aufgrund der voranschreitenden Covid-19-Pandemie zu einer weiteren Zuspitzung führt. Das gilt zum einen für die Fami­ Auch ohne expliziten Krisenmodus müssen für eine kind- und lien, die aufgrund steigender Unsicherheit und auch Prekarität familiengerechte Angebotsstruktur die verschiedenen Perspek­ mehr Unterstützungsbedarf haben, der zum Teil noch gar nicht tiven innerhalb der Kommunen integriert werden. Dies hilft, die erkannt wurde. Zum anderen gilt dies auch für die Kommunen begrenzten Ressourcen optimal zu nutzen und die tatsächlichen selbst, deren ohnehin angespannte Haushaltslage nun noch Bedarfe vor Ort zu adressieren. Sprich: Es braucht eine über­ einmal verschärft wird. Angesichts dieser Situation ist davon geordnete Strategie, die den spezifischen Anforderungen und auszugehen, dass die unterschiedlichen Akteure in den Kom­ Rahmenbedingungen vor Ort Rechnung trägt, eine ressortüber­ munen vielfach darum ringen werden, ihre jeweiligen „Brände“ greifende Abstimmung und Steuerung ermöglicht und so einen möglichst schnell zu löschen und dabei nicht immer abgestimm­ nachhaltigen Prozess etabliert. te, zielgenaue und effiziente Aktivitäten mit Blick auf das große Ganze umsetzen werden. … und Sie? Universelle Verhältnisprävention Förderliche Lebens- und Entwicklungsbedingungen für alle Kinder Politik der frühen Kindheit Angebote für bestimmte Gruppen von Kindern und Familien Ermöglichung gelingender Entwicklung Indizierte Prävention / Intervention Wie setzen Sie in Ihrer aktuellen Situation die Prioritäten? Wie gehen die Menschen bei Ihnen vor Ort, in Ihren Verwaltungsbereichen, -abteilungen und in der Praxis mit den Folgen der Krise um, und wie löschen diese die aktuellen „Brände“? 8 Gesundheit Soziales Bildung Kinderschutzmaßnahmen Modell Primokiz. Ein integriertes Modell frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung. © Jacobs Foundation 2012 9 Primokiz in Deutschland Prozessschritte auf dem Weg zu einer ­integrierten Strategie Das Primokiz-Modell kann eine Basis für einen Prozess der strategischen, ressortübergreifenden Damit Kinder und Familien nicht durch die Maschen fallen, Es hat sich bewährt, in die Entwicklung einer Zusammenarbeit in der Kommune sein. Die Jacobs setzt das Modell Primokiz auf vertikale und horizontale Ver­ integrierten Strategie zunächst Zeit und Personal ­Kommune Foundation hat in den vergangenen Jahren in zwei bindungen. Gemeint ist damit erstens, Leistungen und Struk­ zu investieren, damit Prozesse gut geplant und Welche Planungsstrukturen existieren in der Programmen über 80 Schweizer Kommunen und turen für Kinder einer bestimmten Altersgruppe abzustimmen, gesteuert sowie alle Beteiligten abgeholt und Kommune und welche Daten werden erhoben? Kantone auf dem Weg zu einer Gesamtstrategie für und zweitens, Übergänge von der Geburt bis zum Schuleintritt für das gemeinsame Anliegen gewonnen werden Gibt es bereits ein kommunales Bildungsmoni- eine Politik der frühen Kindheit begleitet. Anhand und darüber hinaus zu gestalten. Eine Politik der frühen Kind­ können. Der Weg zu einer Gesamtstrategie kann in toring? Werden die Daten übergreifend zusam- dieses Modells wurden in Deutschland im Rahmen heit bezieht dabei auch relevante angrenzende Angebote und unterschiedliche Schritte gegliedert werden. Die mengetragen oder je nach Ressort analysiert? des Bundesprogramms Qualität vor Ort 20 Modell- Strukturen mit ein, die sich nicht prioritär um den Frühbereich folgenden Leitfragen helfen bei der Bearbeitung Werden die Daten regelmäßig aktualisiert? kommunen von 2016 bis 2018 unterstützt. kümmern, also z. B. die Sozialhilfe und die Schule. der jeweiligen Meilensteine: Wie sieht die Angebotslandschaft aus und wie 3. A  nalyse der aktuellen Situation in der die Bedarfslage der Kinder und Familien? Wie Im Rahmen des Transferprojekts Primokiz hat die Um Kinder in einer Kommune möglichst wirkungsvoll zu Deutsche Kinder- und Jugendstiftung anschließend unterstützen, braucht es ein gemeinsames pädagogisches Grund­ Ebene bis 2020 untersucht, vor welchen Herausforderun- verständnis, das den interdisziplinären Austausch und die Welche Ressorts sollten im Prozess zusam- gen deutsche Kommunen stehen und inwiefern es Weiterentwicklung des Bereichs der frühkindlichen Bildung, menarbeiten? Wie kommen sie zu einem ihnen gelingt, integrierte Zusammenarbeit vor Ort Betreuung und Erziehung ermöglicht. Ein Angebot allein kann gemeinsamen Bild der Ausgangslage? Welche strategie umzusetzen. Einen tieferen Einblick in das Primo- nicht dafür verantwortlich sein oder dafür sorgen, dass alle Prozessarchitektur mit welchem Zeithorizont Erfolgt nach der Analyse ein politischer kiz-Modell bietet die Projektseite unter: Kinder einer Kommune sich unter optimalen Bedingungen ent­ ist zielführend, inkl. notwendiger Ressourcen, Auftrag zur Strategieentwicklung? Gibt es https://jacobsfoundation.org/app/up- wickeln können. Zudem sollen Eltern – und schließlich auch die für eine erfolgreiche Umsetzung? Wer muss abgestimmte Zielstellungen in der Kommune? loads/2017/06/JacobsFoundation_Modell_Primo- Kinder – konsistente Botschaften bezüglich der frühkindlichen noch für die Vision gewonnen werden, um den Welche Ressorts arbeiten in der Kommune kiz_DE.pdf Bildung, Betreuung und Erziehung empfangen. Die horizontale politischen Prozess zu unterstützen? in einer Steuerungsgruppe „Frühe Kindheit“ 1. S  tartschuss für den Prozess auf politischer Kohärenz ist für die nachhaltige Entwicklung des Bereichs und Primokiz-Podcast: den sinnvollen Einsatz der Ressourcen unerlässlich. „Unsere Kinder, unsere Kommune“ können die Akteure in der Praxis an der Analyse mitwirken? 4. Entwicklung einer integrierten Gesamt­ zusammen? Ist diese Struktur durch Politik 2. Gemeinsame Vision in der Verwaltung und und Verwaltungsspitze legitimiert? Geht es in Projektplanung dieser Struktur um strategische oder opera- https://www.dkjs.de/themen/bildungslandschaf- Ebenso wichtig ist eine vertikale Kohärenz der Angebote im Gibt es ein auf der Leitungsebene geteiltes tive Steuerung? Wie ist die Partizipation der ten/ Entwicklungsverlauf des Kindes. Angebote und Strukturen Bild, wohin die Kommune möchte? Wofür Praxis und die Einbindung der Perspektiven sind in diesem Sinne grundsätzlich biografiebegleitend und die wollen wir als Kommune stehen? Welches Bild von Eltern und Kindern geplant? Übergänge zwischen diesen verschiedenen Angeboten möglichst von einem guten Aufwachsen existiert bereits, bruchfrei zu gestalten. Dazu ist ein Übergangsmanagement und passt es zu aktuellen Erkenntnissen erforderlich. Damit ein solches gut funktioniert, ist die Zusam­ der Wissenschaft? Wird dieses gemeinsame Stimmt die Politik der Strategie inkl. der dort menarbeit der Akteure aus verschiedenen Stadien der Bildungs­ Bild übergreifend geteilt? Wer muss wie eng entwickelten Maßnahmen und ggf. Investi- biografie eines Kindes notwendig. eingebunden sein? Braucht der Prozess eine tionen zu? Wird die Umsetzung fortlaufend in neutrale Begleitung von Expertinnen und der neuen integrierten Weise begleitet und Experten außerhalb der Kommune? bedarfsgerecht angepasst? Welche Form der 5. Umsetzung und Evaluation der Wirkungen Evaluation und Berichterstattung ist zielführend? 10 11 Der Gewinn: Warum eine ­integrierte ­Strategie ­früh­kindlicher ­Bildung ­Sinn ­ergibt – sechs ­Perspektiven Perspektive der pädagogischen Fachkräfte Gute Qualität setzt voraus, dass die vor Ort tätigen Fach­ kräfte optimale Arbeitsbedingungen vorfinden. Dazu gehört Eine Politik der frühen Kindheit bringt für Kinder • e ine anregungsreiche Umwelt, die sie darin unterstützt, Perspektive der Kinder Jedes Kind kommt als gleichwertiges Mitglied der sozialen neben einer angemessenen Bezahlung auch, dass Fachkräfte Potenziale integrierter Strategieentwicklung für die Verwaltung die Möglichkeit erhalten, sich untereinander auszutauschen, sind sich gegenseitig zu beraten und kooperativ zusammenzuarbei­ ihrer eigenen Neugier und Lernfreude nachzugehen und ten. Der Blick über den Tellerrand ist daher essenziell, um die sich ganzheitlich gesund zu entwickeln, Grenzen der eigenen fachlichen Zuständigkeit zu erkennen und • d  ie Sicherheit, dass herkunftsbedingte Nachteile erkannt Zusammenhänge und ganzheitliche Lösungsoptionen in den und wirkungsvoll ausgeglichen werden, um ihnen gerechte Blick zu nehmen. Eine gesamtkommunale Strategie für frühe Chancen auf Teilhabe zu ermöglichen, • die Erweiterung der Kenntnis der sozialräumlichen Ge­ gebenheiten, • eine passgenaue Bedarfsplanung und damit ein effektiver Ressourceneinsatz, • die flexible und effiziente Bearbeitung kommender Heraus­ Kindheit ebenso wie Austausch- und Reflexionsprozesse binden forderungen: Nicht nur reagieren, sondern tatsächlich auch • f einfühlige und zugewandte Erwachsene, die sich für ihr in­ in ihrer Umsetzung zwar Ressourcen, jedoch helfen insbesonde­ gestalten, stattung, die es einzigartig macht und bereits früh auf besondere dividuelles Aufwachsen interessieren, sie stark machen und re kollegiale Austauschprozesse als Kernelement professionellen Bedürfnisse hinweisen kann. Es hat aber vor allem angeborene damit zu mehr Selbstwirksamkeit und Resilienz auf Seiten Arbeitens im Feld dabei, die mitunter sehr hohen Belastungen Doppelstrukturen: (Arbeits-)Ressourcen lassen sich ein­ der Kinder beitragen, Einzelner abzufedern und auf die Schultern vieler zu verteilen. sparen und an anderer Stelle investieren. Zur gleichen Zeit Darüber wird letztlich auch die Gesamtqualität gesichert. steigt das Wissen über komplexe Zusammenhänge in den an Gemeinschaft auf die Welt. Es hat eine biologische Grundaus­ Fähigkeiten, mit den Menschen in seinem Umfeld in Beziehung zu treten und sich mit allen Sinnen die Welt Schritt für Schritt zu erschließen. Das Gehirn eines Säuglings und eines kleinen • d  ie Umsetzung ihrer verbürgten Rechte auf Schutz, Förde­ Pädagogische Fachkräfte profitieren von einer integrierten Stra­ das Leben als Mensch benötigt. Angefangen von der Entschlüs­ selung von Sinneseindrücken über die vollständige Aneignung der Zusammenarbeit beteiligten Fachbereichen und Fach­ rung und Beteiligung. Kindes ist in der Lage, alle Grundlagen zu erlernen, die es für tegie frühkindlicher Bildung durch Perspektive der Familien des eigenen Körpers und seiner Bewegungsmöglichkeiten bis • die Schaffung von Synergieeffekten und die Auflösung von diensten. Dieses Wissen ist für eine effektive Verwaltung unerlässlich, • die Stärkung aller Akteure im System sowie die Förderung • eine Verbreiterung ihrer fachlichen Wissensbasis, von Motivation und Engagement in einer neuen Arbeitskul­ • etablierte Verweisungsstrukturen, die vor Phänomenen der tur, die die Zusammenarbeit verbessert und Überlastungs­ hin zum Lernen einer oder auch mehrerer Sprachen, um mit den Familien sind darauf angewiesen, auf die Qualität der Angebote anderen Kindern und Menschen auf sozial kompetente Weise im System frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung Allzuständigkeit schützen, was in der Folge einen Zugewinn erleben reduziert. Auf diese Weise wird die Praxis gestärkt kommunizieren zu können. Es sind dabei gerade die ersten sechs vertrauen zu können. Systematisch erfasste, aufeinander ab­ an zeitlichen Ressourcen bedeuten kann, und es können passgenaue Lösungen entwickelt werden, die Lebensjahre, in denen sich entscheidende Fenster für eine gesun­ gestimmte und ineinandergreifende Angebote decken mehr de Entwicklung öffnen – und auch wieder schließen. ab, als der Regelbetrieb allein es leisten kann. Sie führen so zu tausch mit Kolleginnen und Kollegen unterschiedlicher An­ einer besseren Betreuungssituation für Kinder insgesamt durch gebote. Zudem können Verweisungsstrukturen entstehen, eine umfassende Unterstützung der Familien. Eine integrierte die auch die Zugänge für die Zielgruppe mittelbar niedrig­ Strategie der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung schwelliger werden lassen, trägt zur Förderung von Bildungs- und Teilhabechancen, zu bruchlosen Bildungsbiografien sowie zur Chancengerechtigkeit aller Kinder bei. • erleichterte Zugänge zu Familien und Kindern durch Aus­ • Inspiration und Anregung im gemeinsamen Austausch und flexiblere, bedarfsgerechtere, effektive Lösungen, • direkte Beteiligung an kommunalen Entwicklungsvorhaben und Empowerment. wiederum den gesamten Prozess anregen und befruchten. Perspektive der Politik Wenn es gelingt, wirkungsvoll verschiedene Perspektiven zu integrieren, befördert das die Chancengerechtigkeit auf allen Ebenen des Kommunalen – Kinder und Familien eingeschlos­ sen. Eine fachlich gut aufgestellte Verwaltung kommt daher auch kommunaler Politik zugute. Da die gewählten Mitglieder Eine Politik der frühen Kindheit bringt für Familien kommunaler Räte nur eingeschränkt über eine einschlägige • die Sicherheit, dass ihre Kinder gut aufwachsen, sich wohl­ Perspektive der Verwaltung Expertise im Feld der frühkindlichen Bildung verfügen, müssen sie im Blick auf die Arbeit in kommunalen Fachausschüssen fühlen und angemessen in ihrer individuellen Entwicklung Nicht selten operieren einzelne Organisationseinheiten in und zu treffende Entscheidungen auf die Zuarbeiten aus der • e ine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Verwaltungen noch zu sehr voneinander isoliert; Doppelstruk­ Verwaltung vertrauen können. Entscheidungen gewinnen ihrer­ • b  edarfsgerechte, kompetente und zugängliche Unterstüt­ turen und Mehrarbeit sind die Folge. Eine abgestimmte und seits an Qualität und Legitimation, wenn verschiedene fachliche enger verzahnte Zusammenarbeit kann positive Effekte für die Perspektiven die Beurteilung von Angemessenheit und mögli­ unterschiedlichen Fachbereiche bzw. -dienste hervorbringen, chen Folgen erleichtern. Mehr Wissen auf Seiten der Verwaltung indem sie die Effizienz von Prozessen insgesamt steigern und eröffnet gleichzeitig mehr Optionen im politischen Raum. unterstützt werden, zung in verschiedensten Problemlagen und • a ttraktive soziale und öffentliche Räume, die vielfältige, an­ regende Aktivitäten für Familien ermöglichen. Planungen erleichtern kann. Integrierte Strategieentwicklung ist Prozessoptimierung. 12 13 • da eine integrierte Strategie darüber hinaus auch die Schu­ len entlastet, indem der zeitliche, personelle und finanzielle Aufwand für die Förderung von Kindern mit Entwick­ lungsrückständen geringer wird: Frei werdende Ressourcen können zielgerichtet eingesetzt werden; • da sich die Kommune mit einem guten und integrierten Referenzen aus den Programmen der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung Bildungssystem als attraktiver Standort für Familien posi­ tioniert; • weil vernetzte und gut zugängliche Angebote für junge Die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) begleitet seit 2009 in unterschiedlichen Programmen Kinder und ihre Eltern Brücken für alle Einwohnerinnen auf Bundes- und Landesebene Prozesse kommu- und Einwohner der Kommune bauen und so eine inklusive naler Strategieentwicklung und bereichsübergrei- Gesellschaft fördern. fender Vernetzung. Aktuell arbeitet die DKJS mit Kommunen in folgenden Programmen: Um Ihre Kommune vor dem Hintergrund wachsender gesell­ schaftlicher Herausforderungen als attraktiven Lebensort für Die Transferagenturen Großstädte und Nord-Ost Kinder und ihre Familien auch in den nächsten Generationen unterstützen Kommunen beim Aufbau und der Wei- zu sichern, ist es sinnvoll, kommunales Handeln als Handeln in terentwicklung eines datenbasierten kommunalen Verantwortungsgemeinschaften (und nicht in Ressortzuständig­ Bildungsmanagements und darauf aufbauend in keiten) zu denken und weiterzuentwickeln. In der strategischen Fragen der Strategieentwicklung und der Gestal- und ressortübergreifenden Zusammenarbeit liegt ein Schlüssel, tung von Kooperationsbündnissen, um spezifische die eigene Kommune zukunftssicher zu gestalten. Themen nachhaltig und strategisch anzugehen. https://www.transferagentur-nord-ost.de/ Gesamtkommunale Perspektive Das Programm Kommune 360° begleitet KommuDie gesellschaftlichen Folgewirkungen steigender (sozialer) Links zu weiteren Impulsen und Initiativen nen bei der Weiterentwicklung integrierter und Politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger Ungleichheit werden vor allem den Städten und Gemeinden zur profitieren von einer integrierten Gesamtstrategie, Bearbeitung überlassen. Mit zunehmenden sozialen Problem­ Bremer Initiative zur Stärkung frühkindlicher Jugendhilfeplanung. lagen wächst in der Folge auch der Ressourcenbedarf im Sozial-, Entwicklung https://www.kommune360.de/ Bildungs- und Gesundheitsbereich. www.brise-bremen.de geraten würden, und sie so eine empowerende Bildungs- Zusätzliche kommunale Investitionen in diese Bereiche als Vo­ Landesprogramm „kinderstark – NRW schafft lokale Bündnisse für frühe Bildung aus – vor allem und Familienpolitik für alle Kinder und deren Familien raussetzung (Personalkosten) oder Folge (Kosten für Angebote Chancen“ für gute Prozesse und nicht für gute Ergebnisse. betreiben können; und Leistungen) integrierter Strategien müssen sich dabei „loh­ www.kinderstark.nrw www.deutscher-kita-preis.de • da sie mithilfe einer integrierten Gesamtstrategie An­ wirkungsorientierter Planungsprozesse in der spruchsgruppen erreichen, die ohne diese nicht in den Blick • weil sie darüber glaubwürdig die formulierten Ziele und Der Deutsche Kita-Preis zeichnet neben Kitas auch nen“: Frühzeitige Investitionen in frühkindliche Bildungsprozes­ Visionen von Bildungsgerechtigkeit, Teilhabe, gutem Auf­ se können langfristig die Folgekosten problematischer Entwick­ Bundesweites Unterstützungsprogramm wachsen oder Familienfreundlichkeit einlösen und zugleich lungsverläufe im Aufwachsen junger Menschen senken – wovon für Kommunen einen effizienten Ressourceneinsatz verantworten können; die Kommune unmittelbar profitiert. www.kinderfreundliche-kommunen.de Die Kommune profitiert von einer Politik der frühen Kindheit, Primokiz in anderen EU-Ländern: • da ihnen so eine abgestimmte und langfristige Steuerung sowie eine Flexibilität, auch in besonderen Situationen oder Krisen adäquat und zielgenau reagieren zu können, gelingt; die Überprüfung der Zielerreichung und gegebene An­ https://www.issa.nl/primokiz • i ndem sie durch ein kluges Ineinandergreifen verschiedens­ passungen können so auf unterschiedlichen Systemebenen ter Angebote und Strukturen gelingende Prävention auf Weiterführende Literatur: wirksam werden; allen Ebenen betreibt und so einen wesentlichen Beitrag zur https://de.ramboll.com/media/rde/2020-kinder- Senkung sozialer und wirtschaftlicher Folgekosten leistet; am-steuer • da sie ihre Politik auf dieser Basis angemessen auf die zu­ nehmende Komplexität ausrichten können und ihre Politik • i ndem nicht nur Kosten vermieden, sondern ganz konkret schneller sowie effektiver handlungs- bzw. steuerungsfähig Bildungs- und Teilhabechancen für alle Kinder ermöglicht www.deutscher-verein.de/de/empfehlungen­ ist. werden; eine integrierte Strategie für gutes Aufwachsen stellungnahmen-2020-eckpunkte-des-deutschen- stärkt die Chancengerechtigkeit in der Kommune und ist vereins-fuer-eine-integrierte-kooperative- letztlich auch die effizienteste Maßnahme zur Armuts­ sozialplanung-3955,1998,1000.html bekämpfung; 14 15
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