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Full text: Platz zum Laufen? / Henn, Markus (Rights reserved)

WEED – Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung e. V. Platz zum Laufen ? Kapitalmärkte als Entwicklungsfinanzierung Markus Henn | Oktober 2020 2 Platz zum Laufen ? | Inhalt Zusammenfassung 3 1 Privates Kapital zur Entwicklungsfinanzierung 4 2 Risikogeschäft Privatisierung und »öffentlich-private Partnerschaften« 6 3 Schuldenfalle Staatsanleihe 10 4 Anlageprodukt Entwicklung: Entwicklungsbankanleihen und Verbriefungen 13 Derivate und synthetische Verbriefung: Ein Rezept für Finanzkrisen 15 6 Kapitalmarktbasierte Versicherungsleistungen 19 7 Private Finanzierung von Klimamaßnahmen und nachhaltigen Entwicklungszielen 21 Fazit und Empfehlungen 24 Abkürzungen 25 5 8 Titelbild: Bujagali-Damm, Uganda (Foto: Paul Grover/Alamy Stock Photo) | Platz zum Laufen ? Zusammenfassung Bei der Finanzierung wirtschaftlicher Entwicklung in ärmeren Staaten wird zunehmend auf den Privatsektor gesetzt – teils von den Staaten selbst, aber besonders durch ausländische öffentliche Geldgeber und Entwicklungsbanken. Auch wenn dies oft nicht neu ist, zum Beispiel in Form von Staatsanleihen, Privati­ sierung oder Finanzgarantien, erreicht es doch in jüngster Zeit eine neue Dimension. Öffentliche Entwicklungsbanken nutzen inzwischen auch die komplexesten Finanzprodukte des Kapitalmarkts. Selbst Katastrophenschutz und Seuchenbekämpfung sollen darüber verbessert werden. Dass Staatsanleihen zu Schuldenkrisen führen können und Derivate zuletzt 2008 in eine große Finanzkrise mündeten, wird dabei nicht genug beachtet. Die kapitalmarktbasierten Ansätze im Katastrophenschutz haben bislang weitgehend versagt. Es fehlen ausreichende Vorgaben für Finanzgeschäfte, um deren Nachhaltigkeit sicherzustellen. Es braucht deshalb Mindeststandards für alle Finanzakteure und Nachhaltigkeitsvorgaben für alle Finanzprodukte. Neue Ansätze der Europäischen Union in diese Richtung sind positiv, aber nicht verbindlich genug. Entwicklungsbanken sollten sich außerdem von riskanten Finanzgeschäften und problematischen Beteiligungen fernhalten. Statt immer mehr auf Kapitalmärkte zu setzen, sollte die Finanzierung von Entwicklung über öffentliche Gelder und Institutionen oder über lokale Genossenschaften wieder stärker gefördert und genutzt werden. 3 Platz zum Laufen ? | Privates Kapital zur Entwicklungsfinanzierung 4 1 Privates Kapital zur Entwicklungsfinanzierung Die Finanzierung des Wohls ihrer Bürgerinnen und Bürger stellt insbesondere ärmere Staaten vor große Herausforderungen. Sie brauchen Mittel, um die nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) zu erreichen, also einerseits die Armut zu beseitigen, andererseits aber auch umwelt- und klima­ freund­licher zu wirtschaften – all das, während die Kosten durch Erderwärmung und Ressourcengrenzen steigen. Zusätzlich müssen Lösungen für wirtschaftliche Ungleichheiten und die Benachteiligung von Frauen gefunden werden. Der Privatsektor wird von den Vereinten Nationen (Nachhaltiges Entwicklungsziel 17, siehe Textbox 1), von internationalen Finanzinstitutionen wie dem Interna­ tio­nalen Währungsfonds (IWF) oder der Weltbank sowie von reicheren Staaten als bedeutender Teil der Entwicklungsfinanzierung angesehen. Am bekanntesten ist dabei die Strategie der Weltbank unter dem Titel »Maximising Finance for Develop­ ment«1 (Finanzierung für Entwicklung maximieren) beziehungsweise »From billions to trillions«2 (Von Milliarden zu Billionen) zur Finanzierung der nachhaltigen Entwicklungsziele aus dem Jahr 2015. Die Einbindung privater Akteure und privaten Kapitals wird als alternativlos dargestellt, weil die nötigen Gelder sonst nicht auf­ zubringen seien und man die Expertise der Privaten brauche. Schon immer war Entwicklungspolitik mit privatwirtschaftlichen Firmen und ihren Interessen verbunden. Angesichts fehlender nationaler und internationaler Steuer­ gerechtigkeit sowie fortdauernder neoliberaler Ideologie wird zur Finanzierung der Entwicklung in ärmeren Staaten aber in jüngster Zeit noch stärker als früher auf den Privatsektor gesetzt. ­ Textbox 1 Nachhaltiges Entwicklungsziel 17 Quelle: UNRIC Eine erfolgreiche Agenda für nachhaltige Entwicklung erfordert Partnerschaften zwischen Regierungen, dem Privatsektor und der Zivilgesellschaft. Diese integrati­ ven Partnerschaften, die auf geteilten Prinzipien, Werten und einer gemeinsamen Vision entlang gemeinsamer Ziele basie­ren, die Menschen und den Planeten in den Mittelpunkt stellen, sind auf globaler, regionaler, nationaler und lokaler Ebene notwendig. Es sind dringende Maßnahmen erforderlich, um die transformative Kraft von Milliarden US-Dollar an privaten Ressourcen zu mobilisieren, umzuleiten und freizusetzen, und die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen. Langfristige Investitionen, einschließlich ausländischer Direktinvestitio­nen, sind in kritischen Bereichen, insbesondere in Entwicklungsländern, erforderlich. Dazu gehören nach­ haltige Energie, Infrastruktur und Verkehr sowie Informations- und Kommunika­ tions­technologien. Der öffent­liche Sektor muss eine klare Richtung vorgeben. Über­­prüfungs- und Überwachungsrahmen, Vorschriften und Anreizstrukturen, die solche Investitionen ermöglichen, müssen umgerüstet werden, um Investitio­nen anzuziehen und die nachhaltige Entwicklung zu stärken. Die nationalen Aufsichtsmechanismen, wie die obersten Rechnungskontrollbehörden und die Aufsichts­ funktionen der Gesetzgeber, sollten verstärkt werden. Seit Jahrzehnten kooperieren nationale und multilaterale Entwicklungsbanken mit dem Privatsektor und garantieren riskante Privatinvestitionen: Die Weltbank­ tochter International Finance Corporation (IFC) zur Förderung privater Investitionen wurde 1956 gegründet, eine weitere Tochter, Multilateral Investment Guarantee Agency (MIGA), für Garantien für private Investitionen 1985. Die deutschen Garantien für private Auslandsinvestitionen (Hermesbürgschaften) reichen sogar bis ins Jahr 1949 zurück. 1 2 https://www.worldbank.org/en/about/partners/maximizing-finance-for-development http://documents.worldbank.org/curated/en/602761467999349576/pdf/98023-BR-SecM2015-0233-IDA-SecM2015-0147-IFC-SecM2015-0105-MIGA-SecM20150061-Box391499B-OUO-9.pdf Privates Kapital zur Entwicklungsfinanzierung | Platz zum Laufen ? Während das Ziel der Weltbank in der Regel ist, langfristige Investoren für eine Zusammenarbeit oder Beteiligung zu finden, gibt es inzwischen auch Kooperationen mit spekulativen Investoren wie Hedgefonds – also Fonds, die bei ihren Investitionen kaum Beschränkungen unterliegen. So investierte die Weltbank wohl erstmals 2011 den Betrag von 100 Millionen US-Dollar in einen Fonds von Christofferson, Robb & Co.3 , 2012 waren es 55 Millionen US-Dollar beim Rohstofffonds Armajaro. 4 Solche Privatsektorinvestitionen der Weltbank sind erst seit 2016 bestimmten Regeln unterworfen.5 Doch ist eine Investition in einen hochspekulativen Fonds generell problematisch, was Nachhaltigkeit angeht. Auch die Europäische Union setzt auf den Privatsektor: So betreibt die Afrikanische Entwicklungsbank mit der EU-Kommission die Initiative PAGODA, über die vor allem in Westafrika investiert, Beteiligungen gehalten und Garantien ausgesprochen werden.6 Die EU-Kommission erklärte 2019, mit »Risikoteilungsgarantien« von 70 Millionen Euro »hunderte Millionen« an Kapital mobilisieren und 175.000 Stellen schaffen zu wollen, mit anderen 60 Millionen Euro sogar 10 Millionen neue Stellen.7 Wie die EU setzen die G 20 mit ihrem 2017 begründeten »Compact with Africa«8 auf private Investoren als Weg zur wirtschaftlichen Entwicklung Afrikas. Die Finanzsysteme in vielen Staaten der Welt wurden in den letzten Jahrzehnten immer stärker durch private Unternehmen organisiert (siehe dazu Kapitel 2). Dem Finanzsektor wurde es zudem durch die steigende Zahl multi- und bilateraler Abkommen zu Freihandel und Investitionsschutz immer leichter gemacht, Kredite und Investitionen in ärmeren Länder zu tätigen und diese abgesichert zu bekommen. Privatisierte Finanzsysteme können (eher) über Banken organisiert sein oder (eher) über Kapitalmärkte. Im ersten Fall ist die Bank der Vermittler der Finanzgeschäfte (Kredite), erhält dann primär die Gewinne oder Zinsen daraus, trägt aber auch primär das Risiko von Ausfällen. Im zweiten Fall investieren Anlegerinnen und Anleger selbst in Unternehmen oder Finanzprodukte, erhalten direkt die Gewinne oder Zinsen, tragen aber auch das Risiko von Ausfällen. Ein Geschäft am Kapitalmarkt kann Eigentum bedeuten, wie bei Aktien, oder nur feste Auszahlungen, wie bei Anleihen. Insgesamt gibt es einen Trend, die Finanzsysteme stärker über Kapitalmärkte zu organisieren.9 Die Entwicklungspolitik und die Entwicklungsbanken folgen diesem Trend und gestalten ihn zugleich mit, wie in den folgenden Kapiteln gezeigt wird. Die Abhängigkeit von globalen Finanzmärkten führt zu steigender Finanzinstabilität sowie Risiken für soziale und ökologische Belange, wie viele zivilgesellschaftliche Organisationen und Teile der Wissenschaft10 betonen. Die Liberalisierung, so sinn­ voll sie in einzelnen Fällen sein mag, hat insgesamt zur starken Erhöhung der Zahl der Finanzkrisen in den Entwicklungs- und Schwellenländern beigetragen, wie der Asienkrise 1997/1998. Daraus resultierten außerdem in den letzten Jahren immer mehr internationale Schiedsverfahren.11 Deshalb sollte dieser Entwicklung mit Skepsis begegnet werden. 3 World bank to invest in new hedge fund. Reuters, 12.09.2011. https://www.reuters.com/article/us-world-bank-hedge-fund/world-bank-to-invest-in-new-hedge-fund-idUSTRE78A3YB20110911 4 Nigel Hunt, Sarah McFarlane: UPDATE 1-World Bank’s IFC invests $55 mln in Armajaro Trading. Reuters, 04.05.2012. https://www.reuters.com/article/worldbank-armajaro/update-1-world-banks-ifc-invests-55-mln-in-armajaro-trading-idUSL5E8G49O220120504 5 https://www.worldbank.org/en/projects-operations/environmental-and-social-policies 6 https://www.afdb.org/en/news-and-events/press-releases/2019-africa-investment-forum-african-development-bank-eu-reaffirm-partnership-ambition-derisk-business-environment-create-jobs-africa-32679 7 Ebenda 8 https://www.compactwithafrica.org 9 Daniela Gabor: Securitization for Sustainability: Does it help achieve the Sustainable Development Goals? Heinrich Böll Stiftung, 2019. https://us.boell.org/sites/default/files/gabor_finalized.pdf, S. 18 10 https://criticalfinance.org/2018/10/10/the-world-banks-new-maximizing-finance-for-development-agenda-brings-shadow-banking-into-internationaldevelopment-open-letter 11 WEED: Investor-Staat-Klagen und Finanzdienstleistungen. April 2020. https://www2.weed-online.org/uploads/investor_staat_klagen_finanzdienstleistungen.pdf 5 Platz zum Laufen ? | Risikogeschäft Privatisierung und »öffentlich-private Partnerschaften« 6 2 Risikogeschäft Privatisierung und »öffentlich-private Partnerschaften« Privatisierung und »öffentlich-private Partnerschaften« (ÖPP), also langfristige Bau- und Betriebsverträge mit privaten Unternehmen, sind zentral für die Ein­ bindung des Kapitalmarkts. Es ist zwar in der Regel nicht primär ein Kapitalmarkt­ akteur beteiligt, sondern meist ist der Betreiber ein Baukonzern wie Hochtief (Deutschland) oder Vinci (Frankreich). Für die Finanzierung sind aber fast immer Banken involviert, und zunehmend auch Kapitalmarktakteure wie Fonds. Die Priva­ tisierung ist also der Weg, über den immer mehr essenzielle Güter nicht nur in die Verfügungsgewalt privater Konzerne geraten, sondern vermehrt in den Einfluss­ bereich der Kapitalmärkte. Im Rahmen der Strukturanpassungsauflagen des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank in der großen Schuldenkrise der 1980er-Jahre spielte Privatisie­ rung eine wichtige Rolle. Doch hat sich der IWF später kaum in seinen Empfehlungen gewandelt12 und auch in den letzten Jahren zeigt sich dieses Muster, wie unter anderem 2018 ein Bericht des UN-Sonderberichterstatters für extreme Armut und das Recht auf Nahrung, Philipp Alston, belegte, für den er unter anderem zehn IWF‑Programme auswertete.13 Der Höhepunkt der ÖPPs in Schwellen- und Entwicklungsländern war laut Weltbankdaten zwar 2012, aber auch 2019 gab es neue Transaktionen im Wert von rund 90 Milliarden US-Dollar (siehe Abbildung 1). Insgesamt kommt die Weltbank auf fast 2 Billionen US-Dollar für über 8.000 Projekte, davon aber nur 3,17 Prozent in Niedrigeinkommensländern.14 Abbildung 1 ÖPP in Entwicklungs- und Schwellenländern – Gesamtinvestitionen Angaben in Milliarden US-Dollar 175 150 125 100 75 50 25 0 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 Quelle: https://ppi.worldbank.org Die Weltbank hat ihr Engagement in den letzten Jahrzehnten weiter ausgebaut. Schon seit 1999 berät sie mit einer eigenen Einheit zu ÖPP15, mit der »Private Infrastructure Advisory Facility«16 , einem Wissensspeicher17, einer Datenbank18 und anderem. 12 Alexander E. Kentikelenis/Thomas H. Stubbs/Lawrence P. King: IMF conditionality and development policy space, 1985 – 2014. Review of International Political Economy 2016, 23 (4). https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/09692290.2016.1174953?journalCode=rrip20 13 United Nations General Assembly, Seventy-third session, Agenda item 74 (b), A/73/396, 26.09.2018. https://undocs.org/A/73/396 14 https://ppi.worldbank.org 15 Für einen Überblick: https://www.worldbank.org/en/topic/publicprivatepartnerships 16 https://ppiaf.org 17 https://pppknowledgelab.org 18 https://ppi.worldbank.org/en/ppi Risikogeschäft Privatisierung und »öffentlich-private Partnerschaften« | Platz zum Laufen ? 2015 veröffentlichte die Weltbank erstmals Standardvertragsklauseln für ÖPP-Verträge19, die 2017 und 2019 überarbeitet wurden. Die Standardklauseln sind – trotz leichter Verbesserungen 2019 – bei ihrer Risikoverteilung einseitig auf die Interessen der privaten Seite ausgerichtet. Investoren erhalten weitreichenden Schutz vor staatlichen Maßnahmen, selbst vor vielen Gesetzesänderungen, und sollen diesen vor Gerichten (nach dem investorenfreundlichen englischen oder New Yorker Recht) und internationalen Schiedsstellen (wie dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten der Weltbank, englisch kurz ICSID20) einklagen können. Es gibt auch schon eine Reihe von Klagen zu ÖPPs, die teils erfolgreich waren.21 Es sind umgekehrt keine ausreichenden Möglichkeiten der öffentlichen Seite vor­ gesehen, sich gegen Fehlverhalten oder Insolvenzen der Privaten zu schützen – letztlich müssen also in solchen Fällen Steuergelder zur Sicherung lebenswichtiger Dienste eingesetzt werden. Es fehlt auch die Pflicht zur Einhaltung von sozialen, Klima- und Umweltvorgaben durch die Privatfirmen. Ein Beispiel für ein ÖPP mit Weltbankgarantien für Kapitalmarktakteure ist einer der größten Staudämme in Afrika: der Bujagali-Damm am Viktoriasee in Uganda. Dieser wurde nach einem ersten, wegen Korruption gescheiterten Anlauf und einer nachfolgenden Neuausschreibung nach zwei Jahrzehnten Planung und Bau 2012 eröffnet. Die Weltbank gab über zwei ihrer Töchter Garantien sowohl für den größten Eigenkapitalgeber, den Großhedgefonds Blackstone, als auch für zwei britische Großbanken (siehe Tabelle 1). Eigenkapital Sithe Global Power (USA, 99 Prozent Blackstone) p Garantie durch MIGA (Weltbank) Industrial Promotion Services (Kenya, Aga Khan Fund for Economic Development) Uganda Fremdkapital Millionen USD 110 60 20 Millionen USD IFC (Weltbank) 130 Europäische Investitionsbank (EIB) 130 Standard Chartered und Absa/Barclays (UK) p Garantie durch IDA (Weltbank) 115 African Development Bank 110 Proparco (französische Entwicklungsagentur) 73 FMO (niederländische Entwicklungsagentur) 73 KfW/DEG 45 Summe Tabelle 1: Anfängliche Finanzierung des Bujagali-Damms 866 Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Informationen der Weltbank und anderen Blackstone verkaufte 2018 seine Beteiligung nach zehn Jahren mit einer Kapitalrendite von rund 250 Prozent. Uganda dagegen ist gezwungen, langfristig und zu einem für Wasserkraft hohen Preis Strom abzunehmen, weil dies so in den – geheimen – Verträgen festgeschrieben ist. Auch zog das Projekt so viele Beschwerden bei der Weltbank wegen sozialer, ökologischer und kulturelle Probleme nach sich wie kaum ein anderes.22 Die Verbesserung der Stromversorgung wird also teuer erkauft. 19 World Bank Group: Guidance on PPP Contractual Provisions. 2019 Edition. https://ppp.worldbank.org/public-private-partnership/sites/ppp.worldbank.org/files/documents/Guidance_on_PPP_Contractual_Provisions_EN_2019_edition.pdf 20 https://icsid.worldbank.org 21 Markus Henn: Der Weltbank-Ratgeber zu öffentlich-privaten Partnerschaften: Private über alles. WEED/Gemeingut in BürgerInnenhand, April 2019. https://www2.weed-online.org/uploads/hintergrund_weltbank_ratgeber_oepp.pdf, S. 10 22 http://www.cao-ombudsman.org/cases/default.aspx?region_id=6 7 8 Platz zum Laufen ? | Risikogeschäft Privatisierung und »öffentlich-private Partnerschaften« Für ihre Zuschüsse hat die Weltbank zwar schon seit Ende der 1980er-Jahre umfangreiche Regeln zur Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards entwickelt.23 Doch selbst diese sind prinzipiell 24 wie in der praktischen Anwendung25 zweifelhaft. Die multilateralen Finanzinstitutionen begünstigen auch schon lange, dass durch Kreditauflagen die Privatisierung des Finanzsektors vorangetrieben wird. Das trug dazu bei, dass sich der Anteil der öffentlichen Banken in Entwicklungsländern über einige Jahrzehnte zumindest bis zur Finanzkrise 2008 stark reduziert hat.26 Bujagali-Damm, Uganda (Foto: Paul Grover/Alamy Stock Photo) Ein Beispiel ist die Privatisierung der Uganda Commercial Bank (UCB). Auf Druck der Weltbank wurde die Bank, die damals die Hälfte aller Einlagen Ugandas hielt, 2001 privatisiert und an die südafrikanische Stanbic Bank verkauft. Der damalige Gouverneur der Zentralbank von Uganda und spätere Finanzminister Ezra Suruma hatte davor durch von der Weltbank geforderte Reformen versucht, die Privatisierung abzuwenden – aber die Weltbank beharrte auf dem Verkauf.27 Die Weltbank erklärte die Privatisierung zwischenzeitlich zum Erfolg, weil die Bank stabil sei und die Versorgung auf dem Land – trotz andauernder Monopolstellung – besser geworden sei.28 Die Regierung Ugandas sieht heute aber so große Defizite in der Versorgung, dass sie wieder eine neue nationale Bank aufbauen will und dafür 2020 Mittel bereitgestellt hat.29 23 https://projects.worldbank.org/en/projects-operations/environmental-and-social-policies 24 https://www.brettonwoodsproject.org/2018/07/world-bank-releases-revised-esf-guidance-notes-borrowers; María Victoria Cabrera Ormaza/Franz Christian Ebert: The World Bank, human rights, and organizational legitimacy strategies: The case of the 2016 Environmental and Social Framework. Leiden Journal of International Law 32(3), September 2019, S. 483 – 500. https://www.cambridge.org/core/journals/leiden-journal-of-international-law/article/world-bankhuman-rights-and-organizational-legitimacy-strategies-the-case-of-the-2016-environmental-and-social-framework/D283C6D512B91889318738B17F219A6D 25 Kevin Gallagher/Christopher Kilby: The Political Economy of World Bank Lending: An empirical analysis of environmental and social safeguards at the World Bank. The Political Economy of International Organization 19th Annual Conference Paper, 29.01.2019. https://www.peio.me/wp-content/uploads/2019/01/PEIO12_Paper_43.pdf 26 Maria Soledad Martinez Peria/Jeanne Emma Verrier/Robert J. Cull: Bank ownership: trends and implications. World Bank Policy Research Working Paper 8297, 2018. https://documents.worldbank.org/en/publication/documents-reports/documentdetail/810621515444012541/bank-ownership-trends-and-implications 27 Museveni fired me for opposing sale of UCB – Prof Suruma. The Observer, 13.05.2019. https://observer.ug/news/headlines/60665-museveni-fired-me-for-opposing-sale-of-ucb-prof-suruma 28 George R. G. Clarke/Robert Cull/Michael Fuchs: Bank Privatization in Sub-Saharan Africa: The Case of Uganda Commercial Bank. World Bank Policy Research Working Paper 4407, 2007. https://openknowledge.worldbank.org/handle/10986/7644 29 NPA Seeks Shs3.4bn To Kick-Start Uganda Commercial Bank Revival. Business Focus, 21.01.2020. https://businessfocus.co.ug/npa-seeks-shs3-4bn-to-kick-start-uganda-commercial-bank-revival Risikogeschäft Privatisierung und »öffentlich-private Partnerschaften« | Platz zum Laufen ? Wie auf vielen Feldern spielt auch bei öffentlich-privaten Partnerschaften China eine immer wichtigere Rolle, denn chinesische Investitionen sind aus Sicht betroffener Staaten Privatinvestitionen, egal ob sie der chinesische Staat tätigt oder eines seiner Privatunternehmen. Insbesondere im Rahmen der »Belt and Road Initiative« (in Deutschland oft »Neue Seidenstraße«) übernimmt China vielfach Bau und Be­trieb von Infra­struktur. In zumindest einem Fall führte die Zahlungsunfähigkeit eines Staates zur Aushändigung einer Infrastruktur direkt an China, nämlich beim Hafen Hambantona in Sri Lanka.30 Es gibt inzwischen viele Belege für die strukturellen Probleme mit der Privatisierung wichtiger Infrastrukturen und speziell mit öffentlich-privaten Partnerschaften. In Schwellen- und Entwicklungsländern gibt es vor allem Einzelbeispiele, bei denen die Probleme gut belegt sind.31 Für Industrieländer gibt es systematische Kritik von den Rechnungshöfen oder Parlamenten in Deutschland, Großbritannien oder der EU.32 Selbst der Internationale Währungsfonds ist teils kritisch gegenüber ÖPP, insbesondere weil sie versteckte Schulden darstellen.33 Noch weiter ging der IWF-Vertreter Mark Flanagan auf einer Konferenz im September 2019, wo er über ÖPP sagte: »Are these a solution to SDGs ? Well, you know, on balance, I think I’d characterize them as a problem to date for developing countries. [...] I would shy away from saying these are a solution to the financing gap in developing countries.«34 Flanagan hält ÖPP also nicht für eine Lösung des Finanzierungsproblems bei Entwicklung. Entsprechend haben zivilgesellschaftliche Organisationen in den letzten Jahren immer wieder vor ÖPP gewarnt.35 30 Volker Pabst: Sri Lanka übergibt strategischen Hafen an chinesische Firma. NZZ, 10.12.2017. https://www.nzz.ch/wirtschaft/sri-lanka-uebergibt-strategischen-hafen-an-chinesische-firma-ld.1337708 31 Siehe Eurodad (Hg.): History RePPPeated – How public-private partnerships are failing. Brüssel, 2018. https://www.eurodad.org/historyrepppeated; David Hall: Why Public Private Partnerships don’t work. The many advantages of the public alternative. Public Services International Research Unit, Februar 2015. http://www.psiru.org/sites/default/files/2015-03-PPP-WhyPPPsdontworkEng.pdf 32 House of Commons Treasury Committee: Private Finance Initiative – Seventeenth Report of Session 2010  – 12. https://publications.parliament.uk/pa/cm201012/cmselect/cmtreasy/1146/1146.pdf; European Court of Auditors: Public Private Partnerships in the EU: Widespread shortcomings and limited benefits. Special report 09/2018. https://www.eca.europa.eu/Lists/ECADocuments/SR18_09/SR_PPP_EN.pdf; Präsidentinnen und Präsidenten der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder (Hg.): Gemeinsamer Erfahrungsbericht zur Wirtschaftlichkeit von ÖPP‑Projekten. Wiesbaden 14.09.2011. http://www.landesrechnungshof-sh.de/file/erfahrungsbericht_oepp.pdf 33 Timothy C.  Irwin/Samah Mazraani/Sandeep Saxena: How to Control the Fiscal Costs of Public-Private Partnerships. IMF How To Note 18/04, 16.10.2018. https://www.imf.org/en/Publications/Fiscal-Affairs-Department-How-To-Notes/Issues/2018/10/17/How-to-Control-the-Fiscal-Costs-of-Public-PrivatePartnerships-46294 34 https://www.youtube.com/watch?v=fNHQb9bqzgI 35 Siehe zum Beispiel das PPP-Manifest von 2017, das viele Organisationen unterzeichnet haben: https://www.eurodad.org/PPPs-Manifesto#:~:text=The%20campaign%E2%80%99s%20manifesto%20-%20launched%20during%20the%20World,to%20 finance%20social%20and%20economic%20infrastructure%20and%20services 9 10 Platz zum Laufen ? | Schuldenfalle Staatsanleihe 3 Schuldenfalle Staatsanleihe Der wichtigste Kapitalmarkt ist der für Staatsanleihen. Vor allem für Industriestaaten werden riesige Volumina gehandelt. Der globale Markt belief sich laut der Bank für internationalen Zahlungsausgleich Ende 2019 auf rund 22 Billionen US-Dollar.36 Davon machen die Anleihen der ärmeren Staaten nur einen sehr kleinen, wenn auch wachsenden Teil aus. In Afrika kamen vor wenigen Jahren 88 Prozent der Anleihen aus nur drei Staaten (Südafrika, Nigeria und Ägypten).37 Allerdings haben sich die Märkte in vielen Schwellenländern und einigen Entwicklungsländern in den letzten Jahren stark vergrößert. Die zunehmend nachgefragten Anleihen aus ärmeren Län­dern sind vor allem Staatsanleihen von Schwellenländern und wenigen Entwicklungsländern wie Bangladesch, Kenia, Namibia, Uganda, Sambia oder Nigeria38 so­wie Unternehmensanleihen vor allem aus Schwellenländern. Ein Großteil der Nachfrage nach Wertpapieren kommt von institutionellen Anlegern, also großen Fonds, die Pensionen, Versicherungsprämien (wie von der Allianz), Kundengelder oder staatliche Gelder verwalten. Sie investieren insbesondere in Staatsanleihen, um diese als sichere Anlagewerte in ihrem Portfolio zu halten. Die wichtigsten Einzelinvestoren sind seit ein paar Jahren Vermögensverwalter wie BlackRock oder Vanguard aus den USA.39 Zugleich streben Entwicklungs- und vor allem Schwellenländer selbst immer stärker danach, in die internationalen Kapitalmärkte integriert zu werden. Teils geschieht dies auf Druck der internationalen Finanzinstitutionen oder der G 20, teils aber freiwillig, auch um die Auflagen der multilateralen Entwicklungsbanken zu umgehen. Eine Rolle für das Wachstum der Anleihemärkte in Schwellen- und Entwicklungsländern spielt auch das durch die neue Geldschöpfung der westlichen Zentralbanken seit der Finanzkrise nach 2008 geschaffene Kapital. Dieses konnte zuletzt mit den Staatsanleihen der westlichen Länder nur immer niedrigere, teils sogar nur nega­ ti­ve Renditen erzielen. Es floss deshalb auch verstärkt zu den Banken und Kapital­ märkten von Schwellenländer40 und Entwicklungsländern (siehe Abbildung 2, Seite 11). Zumindest ein Teil der Investoren wurde von niedrigen Ratings nicht abgeschreckt, weil hohe Renditen locken, die das Ausfallrisiko kompensieren sollen. Die risikoreichen Anleihen können in spezialisierten Investmentfonds landen, wo sie schnell und in großem Umfang verkauft werden können, wenn die Investoren bzw. Fondsmanager kalte Füße bekommen. 41 Besonders gewachsen sind dabei in den letzten Jahren sogenannte passive oder Index-Fonds, die statt einer eigenen, aktiven Kaufstrategie immer nur einen Index kaufen, also einer Art Kaufempfeh­lung folgen, die meist von den großen Banken und Ratingagenturen kommt. Oft fordern Investoren von ärmeren Staaten, dass die Anleihen nicht in heimischer Währung und unter heimischem Recht ausgegeben werden, sondern in ausländischer Währung (meist US-Dollar) und unter ausländischem Recht (vor allem englischem oder New Yorker Recht). So werden diese Anleihen dann auch an Börsen von 36 https://www.bis.org/statistics/c2.pdf 37 AfDB/IMF/WBG: The G-20 Compact with Africa. Joint Report to G-20 Finance Ministers and Central Bank Governors Meeting March 17 – 18, 2017, Baden-Baden, Germany. https://www.compactwithafrica.org/content/dam/Compact%20with%20Africa/2017-03-30-g20-compact-with-africa-report.pdf, S. 31, Nr. 90 38 Vergleiche https://tradingeconomics.com/bonds und http://www.worldgovernmentbonds.com 39 Einen Überblick bietet Werner Rügemer: Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts. Gemeinverständlicher Abriss zum Aufstieg der neuen Finanzakteure. 2. Auflage, Köln 2018 40 Claudia Ramírez/Miriam González: Have QE Programs Affected Capital Flows to Emerging Markets? A Regional Analysis. Joint Research. In: Centro de Estudios Monetarios Latinoamericanos (CEMLA)/Banco de España, Ángel Estrada García/Alberto Ortiz Bolaños (Eds.): International Spillovers of Monetary Policy, S. 165 – 198, Mexiko-Stadt 2017. https://www.cemla.org/PDF/ic/2017-05-jrp-ISMP-06.pdf 41 Myriam Vander Stichele: The risky interconnectedness between investment funds an developing country debt, October 2019. https://www.somo.nl/the-risky-interconnectedness-between-investment-funds-and-developing-country-debt Schuldenfalle Staatsanleihe | Platz zum Laufen ? Portfoliofinanzflüsse in Niedrigeinkommensländer (ohne Direktinvestitionen) Angaben in Millionen US-Dollar 11 Abbildung 2 175 150 125 100 75 50 25 0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2004 2003 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Quelle: IWF Industriestaaten gehandelt. 42 In Afrika gibt nur eine Handvoll Länder Anleihen in heimischer Währung aus. 43 Staatsanleihen führen nicht selten zu Überschuldung, so wie es in den 1980erJahren in Lateinamerika und Afrika der Fall war. Jetzt ist die Situation noch nicht wieder so schlimm, aber sie ist schlimm genug: Laut Schuldenreport 2020 sind 124 von 154 untersuchten Entwicklungs- und Schwellenländern kritisch verschuldet und 19 Staaten mussten die Zahlungen an ihre ausländischen Gläubiger ganz oder teilweise einstellen. 44 Auch der IWF warnte zum Beispiel im Herbst 2019 vor den Gefahren des aktuellen Trends. 45 Der IWF scheint trotz solcher Warnungen in diversen Berichten bei der praktischen Beratung die Ausgabe hochverzinster Anleihen zu fördern. Er ist außerdem – trotz gewisser Zugeständnisse in den letzten Jahren – noch immer zurückhaltend bei Kapitalverkehrskontrollen. Da es bis heute – trotz eines richtungweisenden Beschlusses der Generalversammlung der Vereinten Nationen 201446 – kein geordnetes internationales Verfahren zum Umgang mit überschuldeten Ländern, sondern nur Ad-hoc-Maßnahmen und den Pariser Club der Gläubigerstaaten (zu dem China aber nicht gehört) gibt, kann eine Krise umso schlimmer ausfallen. Die Situation wird auch dadurch problematisch, dass Ausfälle von Anleihen zu Schiedsverfahren vor internationalen Schiedsstellen führen können, sobald ein entsprechendes Investitionsschutzabkommen existiert. Selbst vor dem Hintergrund einer massiven Krise wie um die Jahrtausendwende in Argentinien war der Staat nicht davor geschützt, vor den Schiedsstellen verklagt zu werden, und Investoren errangen zumindest teils Erfolge mit ihren Schiedsklagen, wie im Fall »Abaclat«47. Auch andere Umschuldungen wurden beklagt, insbesondere von spezialisierten Fonds, die gezielt Anleihen in Schieflagen aufkaufen, um dann maximalen Profit daraus zu ziehen, dass sie sich jeder gütlichen Einigung verweigern. Wegen solcher 42 Patrick B. G. van der Wansem/Lars Jessen/Diego Rivetti: Issuing International Bonds. A Guidance Note. World Bank MTI Global Practice No. 13, April 2019. http://documents.worldbank.org/curated/en/491301554821864140/pdf/Issuing-International-Bonds-A-Guidance-Note.pdf 43 AfDB/IMF/WBG: The G-20 Compact with Africa. Joint Report to G-20 Finance Ministers and Central Bank Governors Meeting March 17 – 18, 2017, Baden-Baden, Germany. https://www.compactwithafrica.org/content/dam/Compact%20with%20Africa/2017-03-30-g20-compact-with-africa-report.pdf, S. 31, Nr. 90 44 Erlassjahr/Misereor: Schuldenreport 2020. https://erlassjahr.de/wordpress/wp-content/uploads/2020/01/SR20-online-.pdf 45 IMF: Financial Stability Report. October 2019. https://www.imf.org/en/Publications/GFSR/Issues/2019/10/01/global-financial-stability-report-october-2019 46 UN: Resolution 68/304, Towards the establishment of a multilateral legal framework for sovereign debt restructuring processes, adopted by the General Assembly on 9 September 2014. https://undocs.org/A/RES/68/304 47 https://investmentpolicy.unctad.org/investment-dispute-settlement/cases/284/abaclat-and-others-v-argentina 12 Platz zum Laufen ? | Schuldenfalle Staatsanleihe Fonds stritt sich zum Beispiel Argentinien um Schulden aus der Zeit der Krise von 2001 mit Investoren bis 2016. 48 Aktuell läuft in Argentinien schon der nächste Entschuldungsprozess: Ende August 2020 kam es zu einer Einigung mit 99 Prozent der Gläubiger. 49 Staatsschulden sind einerseits ein wichtiges Instrument für Staaten, um ihre Ziele zu finanzieren. Die Geschichte der Staatsverschuldung und der Zahlungsunfähigkeit von Staaten zeigt zugleich, dass die Staaten immer in Gefahr sind, wenn sie Staatsschulden nutzen. Ob ärmere Staaten deshalb diesen Weg wählen sollten, und ob sie dabei auf internationale Investoren setzen und ihre Anleihen in Fremdwährung ausgeben sollten, muss vor Ort sorgfältig abgewogen werden. 48 Martin Guzman: An Analysis of Argentina’s 2001 Default Resolution. CIGI Papers No. 110, October 2016. https://www.cigionline.org/sites/default/files/documents/CIGI%20Paper%20No.110WEB_0.pdf 49 Hugh Bronstein/Walter Bianchi/Adam Jourdan: Argentina defuses default crisis with ›massive‹ debt deal. Reuters, 31.08.2020. https://www.reuters.com/article/us-argentina-debt/argentina-defuses-default-crisis-with-massive-debt-deal-idUSKBN25R1PM Anlageprodukt Entwicklung: Entwicklungsbankanleihen und Verbriefungen | Platz zum Laufen ? 4 Anlageprodukt Entwicklung: Entwicklungsbankanleihen und Verbriefungen Theoretisch kann alles an Kapitalmärkten gehandelt werden. Die Finanzbranche will dabei durch die ständige Schaffung neuer und komplexerer Produkte immer größere Gewinne aus wirtschaftlichen und sogar sozialen Tätigkeiten erlösen. Deshalb hat sich der Kapitalmarkt über die letzten Jahrzehnte ständig erweitert. Von den (multilateralen) Entwicklungsbanken werden diese neuen Finanzprodukte mit vorangetrieben oder genutzt. Die multilateralen Entwicklungsbanken geben als öffentliche Unternehmen schon lange Anleihen aus, also Wertpapiere, die allen Käufern eine fixe Rendite zusichert, ohne ihnen aber Einfluss auf die Projekte oder gar die Banken selbst einzuräumen. Die Weltbank begann 1947, kurz nach ihrer Gründung, mit der Ausgabe der ersten Anleihe am US-Kapitalmarkt. 2009 gab es die erste grüne Themenanleihe der Welt­ bank 50 , seit 2018 wurden sie schon im Wert von 90 Millionen US-Dollar ausgegeben, zum Beispiel um Plastikmüll in den Ozeanen zu reduzieren.51 Auch die Afrikanische Entwicklungsbank gibt seit 2013 grüne Anleihen aus, bis Juni 2019 waren es 2,2 Milliarden US-Dollar Volumen.52 Die Weltbank behauptet pauschal, ihre gesamten »Nachhaltigkeits- und Entwicklungsanleihen« (Sustainable and Development Bonds) im Wert von ungefähr 40 bis 50 Milliarden US-Dollar würden die nachhaltigen Entwicklungsziele unterstützen.53 Das ist aber angesichts vieler kontrovers diskutierter Projekte mit Weltbank-Beteiligung eine fragliche Aussage. Zum Beispiel deckte die Organisation urgewald 2019 auf, dass die Finanzierungen der Weltbank für fossile Energien in den letzten fünf Geschäftsjahren mehr als zwei Mal so hoch (12 Milliarden US-Dollar) waren wie die für erneuerbare Energien (5 Milliarden US-Dollar, große Staudammprojekte ausgenommen).54 Auch sind darunter Anleihen, die in Dollar- und Euromärkten investieren und wo ein Entwicklungsnutzen fraglich ist. Die Afrikanische Entwicklungsbank gibt schon seit einigen Jahren große Volumina an Anleihen aus, bis Juni 2019 kamen sie auf 2,2 Milliarden US-Dollar. 2018 gab es die erste »soziale« Anleihe. Stolz präsentiert die Bank dabei die Preise, die sie von der Finanzbranche für ihre Anleihen bekommen hat.55 Weltbank-Anleihen sind verbunden mit den Richtlinien für nachhaltige Anleihen der privatwirtschaftlichen International Capital Markets Association (ICMA).56 Die Weltbank ist auch Mitglied des ICMA-Ausschusses für Richtlinien zu grünen Anleihen. Sie will so die privaten Investoren erreichen. Allerdings sind die ICMA-Richtlinien nur freiwillig und schwach in ihrer Ausgestaltung. Das dürfte auch der Grund dafür sein, dass diese Anleihen sehr stark von Investoren nachgefragt werden. Die Finanzbranche integriert die Anleihen der Entwicklungsbanken immer mehr in ihre Anlagewelt: Der weltgrößte Vermögensverwalter BlackRock hat Ende 2019 sogar einen Fonds aufgelegt, der sich speziell auf Anleihen von Entwicklungsbanken bezieht.57 50 https://treasury.worldbank.org/en/about/unit/treasury/ibrd/ibrd-green-bonds 51 World Bank: World Bank Launched Bonds to Highlight the Challenge of Plastic Waste in Oceans, 4 April 2019, https://www.worldbank.org/en/news/press-release/2019/04/03/world-bank-launches-bonds-to-highlight-the-challenge-of-plastic-waste-in-oceans 52 https://www.afdb.org/fileadmin/uploads/afdb/Documents/Financial-Information/AfDB_Investor_Presentation_-_June_2019.pdf, Folie 38 53 https://treasury.worldbank.org/en/about/unit/treasury/ibrd 54 https://urgewald.org/Weltbank_Fossile 55 https://www.afdb.org/sites/default/files/documents/financial-information/afdb_investor_presentation_-_june_2019_0.pdf, Folie 39 56 https://www.icmagroup.org/green-social-and-sustainability-bonds/resource-centre/#Principles 57 https://www.etfstream.com/news/10030_blackrock-launches-development-bank-bond-etf 13 14 Platz zum Laufen ? | Anlageprodukt Entwicklung: Entwicklungsbankanleihen und Verbriefungen Wenn Vermögensgegenstände, die zunächst fixiert sind, handelbar gemacht werden, spricht man von Verbriefung.58 Das kann zum Beispiel für Kredite gemacht werden, die dann aus der Bilanz der Bank herausgenommen werden. Oder es kann mit Anteilen an einem Projekt geschehen. Verbriefungen haben maßgeblich zur Finanzkrise um 2008 beigetragen, weil sich die Banken so noch mehr aufblähen und die faulen Kredite über die ganze Welt verteilt werden konnten. Die Weltbank unterstützt Verbriefung von Krediten privater (Schatten-)Banken zum Beispiel durch ihr »Managed Co-Lending Portfolio Program«. Dieses schafft nach eigener Aussage »diversifizierte Portfolios von privaten Krediten an Schwellenlän­ der, wodurch Investoren ihre Beteiligung daran erhöhen – oder erstmals da­mit beginnen – können«. Das Programm hat seit 2018 immerhin 7 Milliarden US-Dollar eingesammelt.59 Auch Privatisierung kann durch die Verbriefung von Anteilen für den Massenkapi­ talmarkt zugänglich gemacht werden. Anfang 2020 äußerte zwar ein Fachblatt, Verbriefungen seien bei Projektkrediten – wie für ein Kraftwerk – noch »relativ selten«60. Der Finanzsektor lobbyiert allerdings intensiv für den Einsatz von Projektanleihen, mit denen Infrastruktur für Investoren zugänglich und attraktiv gemacht werden sollen. So sollen zum Beispiel Pensionsfonds aus dem Norden in Autobahnen in Entwicklungsländern investieren können. In Deutschland wurde erstmals 2014 ein ÖPP-Autobahnabschnitt auf der A 7 mit einer Projektanleihe verbunden.61 Die internationalen Institutionen arbeiten intensiv daran, die Wünsche der Finanzindustrie umzusetzen. 2017 veröffentlichte die OECD einen Plan für »Infrastruktur als Anlageklasse«62. 2019 fügten die G 20 »Prinzipien für qualitative Infrastruktur­ investitionen«63 hinzu, welche zumindest versuchen, die Nachhaltigkeit einzufordern. Die von China initiierte Asiatische Infrastruktur- und Investitionsbank (AIIB) plant eine Infrastructure Private Capital Mobilization Platform, die Infrastrukturkredite von Finanzinstitutionen kaufen und diese über Verbriefung am internatio­ nalen Kapitalmarkt platzieren soll.64 Das massive Interesse des Kapitals in den Industrieländern, Entwicklung im Allgemeinen und Infrastruktur im Speziellen zu einem Anlageprodukt zu machen, sollte zu Vorsicht bei allen führen, die im Fokus dieses Interesses stehen. So verlockend es klingt, wenn die Finanzierung wichtiger Projekte durch ausländisches Kapital möglich wird, so wichtig ist es, die langfristigen finanziellen Folgen und Abhängigkeiten zu beachten. 58 Für einen Überblick siehe Daniela Gabor: Securitization for Sustainability: Does it help achieve the Sustainable Development Goals? Heinrich Böll Stiftung, 2019. https://us.boell.org/sites/default/files/gabor_finalized.pdf 59 https://www.ifc.org/wps/wcm/connect/corp_ext_content/ifc_external_corporate_site/solutions/products+and+services/syndications/mcpp. (Übersetzung: der Verfasser) 60 Owen Sanderson: RBS sells sustainable risk transfer deal to BAE pension fund. GlobalCapital, 30.01.2020. https://www.globalcapital.com/article/b1k40ypv0x11s6/rbs-sells-sustainable-risk-transfer-deal-to-bae-pension-fund 61 https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/StB/oepp-projekte-der-neuen-generation-liste.html 62 http://www.oecd.org/daf/fin/private-pensions/Breaking-Silos%20-Actions-to%20Develop-Infrastructure-as-an-Asset-Class-and-Address-the-Information-Gap.pdf 63 https://www.mof.go.jp/english/international_policy/convention/g20/annex6_1.pdf 64 https://www.aiib.org/en/projects/approved/2019/infrastructure-private-capital-mobilization-platform.html Derivate und synthetische Verbriefung: Ein Rezept für Finanzkrisen | Platz zum Laufen ? 5 Derivate und synthetische Verbriefung: Ein Rezept für Finanzkrisen Auf Basis praktisch aller Güter können neuartige Wertpapiere geschaffen werden, die auf die Preisentwicklung dieser Güter wetten: sogenannte Derivate. Dabei braucht es immer zwei Handelspartner, die diese Wette eingehen, weil sie sich dadurch irgendeinen wirtschaftlichen Vorteil erhoffen (oder diesen zumindest von Beratern eingeredet bekommen). Der wirtschaftliche Sinn von Derivaten wird meist damit begründet, dass die Händler der realen zugrundeliegenden Güter Absicherungsgeschäfte betreiben können. Aber wie einer der weltweit führenden Derivateexperten einmal schrieb: »Ein großer Teil der Aktivität auf Derivatemärkten ist von Spekulation getrieben.«65 Zwar sind Derivate ein schon seit Jahrhunderten genutztes Instrument, doch haben sie in der modernen Finanzwelt völlig neuartige Dimensionen und Formen angenommen. Seit langer Zeit findet man Derivate beispielsweise auf dem Markt für Rohstoffe. Doch auch hier spielen Kapitalmärkte heute eine neuartige Rolle: Über bestimmte Fonds können auch kleine Anlegerinnen und Anleger diese Derivate vor allem seit der Jahrtausendwende kaufen. Dadurch wurde der Markt stark aufgebläht. Im Bereich der Derivate für Nahrungsmittel wie Weizen hat dies wohl vor allem um 2008 zu steigenden Preisen und letztlich zu Hunger für Millionen Menschen beigetragen.66 Wie ein Derivat funktioniert, lässt sich an einem Geschäft Sri Lankas mit der Deutschen Bank zeigen.67 Die öffentliche Ölgesellschaft Sri Lankas hatte mit der Bank ein Derivategeschäft geschlossen, das auf die Ölpreisentwicklung wettete: Stieg der Preis über einen bestimmten Referenzpreis, musste die Bank zahlen, bliebt er darunter, Sri Lanka. Der Vertrag war hinsichtlich der Risikoverteilung sehr unfair – der Verlust der Bank war auf 2,5 Millionen US-Dollar begrenzt, Sri Lanka dagegen konnte unbegrenzt verlieren. Dies erwies sich dann tatsächlich als finanzielle Katastrophe für Sri Lanka. Denn als der Ölpreis plötzlich wieder stark sank, musste Sri Lanka viele Millionen an die Deutsche Bank zahlen, weshalb Sri Lanka die Zahlungen einstellte. Danach verklagte die Deutsche Bank Sri Lanka erfolgreich vor der Schiedsstelle ICSID in Washington und bekam rund 60 Millionen US-Dollar zuzüglich Zinsen zugesprochen, außerdem sollte Sri Lanka Verfahrenskosten von 11,3 Millionen US-Dollar tragen. Alleine die Anwälte der Deutschen Bank kosteten satte 8 Millionen US-Dollar. Als eines der wegweisenden modernen Derivategeschäfte gilt ein eines von 1981, bei dem die Weltbank mit der Firma IBM einen Währungstausch mit Deutscher Mark und Schweizer Franken arrangierte. Die Währungen wurden dabei zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten hin und her getauscht, wodurch eine Seite am Ende daran verdienen konnte, je nachdem wie sich die Kurse entwickelten.68 Letztlich diente das Geschäft allerdings der Umgehung staatlicher Devisenkontrollen. Der Markt für Derivate ist in den Jahrzehnten danach explodiert. Ende 2019 hatten die außerhalb von regulären Börsen gehandelten Derivate die unvorstellbare Summe von 559 Billionen US-Dollar als Basis 69 – ein Mehrfaches des Weltfinanzvermögens. Der Großteil davon sind Derivate, die auf Krediten und Währungskursen basieren. 65 Satyajit Das: Traders, Guns & Money. Knowns and Unknowns in the Dazzling World of Derivatives. Revised Edition. Harlow 2010, S. 30 66 Markus Henn: The speculator’s bread: what is behind rising food prices? EMBO Reports 12(4), 01.04.2011, S. 296 – 301 67 Dazu ausführlich: WEED: Investor-Staat-Klagen und Finanzdienstleistungen. April 2020. https://www2.weed-online.org/uploads/investor_staat_klagen_finanzdienstleistungen.pdf 68 World Bank: 70 Years Connecting Capital Markets to Development, Chapter 4: Pioneering Swaps. Washington DC, 2017. http://pubdocs.worldbank.org/en/981111541019927135/70-years-chapter-four.pdf 69 Bank for International Settlements: OTC derivatives statistics at end-December 2019. 07.05.2020. https://www.bis.org/publ/otc_hy2005.htm 15 16 Platz zum Laufen ? | Derivate und synthetische Verbriefung: Ein Rezept für Finanzkrisen Bei Kreditderivaten kann entweder auf Zinsentwicklungen gewettet werden – oder auf den Ausfall das Kredits. Letzteres wird in der Fachsprache auch »synthetische Verbriefung« genannt: Eine Finanzinstitution verspricht einem Unternehmen oder einer anderen Finanzinstitution eine Zahlung, wenn der Ausfall eintritt und bekommt für das Risiko, das sie damit eingeht, eine Vergütung. Der Kredit selbst (mit seinen Rückzahlungen) bleibt dabei aber anders als bei der echten Verbriefung bei der ausgebenden Bank und wird nicht transferiert. Das Derivat wirkt für die Bank wie eine Kreditausfallversicherung. Ein berühmtes Kreditderivat gab es zwischen Griechenland und der US-Bank Goldman Sachs. Es kaschierte die Schulden Griechenlands, um die Beitrittskriterien be­züglich Staatsschulden für Griechenlands EU-Beitritt einzuhalten. Als dies Jahre nach dem Beitritt 2010 herauskam, begann die griechische Währungs- und damit die Euro­krise. Auch die Entwicklungsbanken nutzen die Derivate in Verbindung mit Krediten. Zum Beispiel gab die Weltbank-Tochter International Finance Corporation (IFC) 2014 eine Garantie an die französische Großbank Credit Agricole im Rahmen einer synthetischen Verbriefung privater Kredite an Schwellenländer im Umfang von 2 Milliarden US-Dollar – laut Aussage der Weltbank das erste solche Geschäft überhaupt.70 Der Hedgefonds Mariner Investments ist besonders aktiv auf diesem Feld und hat seit 2013 eine Plattform entwickelt, um synthetische Verbriefungen für Infrastruktur zu managen. Bis 2018 hatte Mariner schon rund 11 Milliarden US-Dollar ver­brieft.71 Ein Beispiele ist eine 3,4-Milliarden-Transaktion von Mariner mit der franzö­sischen Bank Société Generale vom Oktober 2019, bei der ein Portfolio von 250 Krediten in 40 Ländern zugrunde lag.72 Ein anderer Kunde von Mariner ist die Afrikanische Entwicklungsbank (ADB), mit der 2018 eine komplexe Verbriefung unter dem Titel »Room2Run« (»Platz zum Laufen«, siehe Abbildung 3, Seite 17) entwickelt wurde. Bei dem Geschäft geht es um ein Portfolio der ADB von 45 Krediten73 im Wert von rund einer Milliarde US-Dollar, das insgesamt ein eher schlechtes Rating (B +) hat. Dieses Portfolio wurde nun durch den japanischen Finanzkonzern Mizuho International in Risikoklassen unterteilt (Tranchierung). Sofern eine der eher schlechten Tranchen (Mezzanine Tranche) ausfällt, ersetzen die privaten Investoren Mariner und Africa 50 den Ausfall. Dafür erhalten sie eine fixe Rendite von 10,625 Prozent jährlich. Durch die Tranchierung und die partielle Ausfallgarantie erhält ein großer Teil des Portfolios (Senior Tranche) ein besseres Rating (A –). So reduziert sich vermeint­lich das gesamte Risiko der ADB und sie muss entsprechend weniger Kapital vor­­alten, wodurch unmittelbar 650 Millionen US-Dollar an Mitteln frei wurden – mit der Möglichkeit einer Ausweitung auf bis zu 1,25 Milliarden US-Dollar.74 Die EUKommission – die selbst mit einer kleinen Garantie beteiligt ist – sprach sogar von »1 – 2 Milliarden Euro«, außerdem von 15.000 neuen Stellen und einem Gigawatt neuer Energiekapazität.75 Damit ist das Geschäft laut ADB eine der größten »Wirkungsinvestitionen« (Impact Investment) aller Zeiten76 und zugleich die erste synthetische Verbriefung zwischen einer multilateralen Entwicklungsbank und privaten Investoren.77 70 https://ifcext.ifc.org/IFCExt/pressroom/IFCPressRoom.nsf/0/1819CC088B5522FD85257CEF006B9A19?OpenDocument 71 Julie Segal: The Next Frontier of Securitization. Institutional Investor, 18.09.2018. https://www.institutionalinvestor.com/article/b1b0559qcmr5sz/The-Next-Frontier-of-Securitization 72 https://www.societegenerale.com/en/newsroom/mariner-risk-transfer-impact-october-2019 73 https://www.unpri.org/pri-awards-2019-case-study-room2run/4848.article 74 Ebenda 75 European Commission: Boosting sustainable energy in Africa – African and European partners gather at Conakry Forum, 12.06.2019. https://ec.europa.eu/international-partnerships/news/boosting-sustainable-energy-africa-african-and-european-partners-gather-conakry-forum_en 76 https://www.afdb.org/en/news-and-events/african-development-bank-mariner-investment-group-and-africa50-price-landmark-1-billion-impactsecuritization-18494 77 https://www.afdb.org/en/news-and-events/african-development-bank-and-partners-innovative-room2run-securitization-will-be-a-model-for-globallenders-18571 Derivate und synthetische Verbriefung: Ein Rezept für Finanzkrisen | Platz zum Laufen ? Synthetische Verbriefung »Room2Run« Abbildung 3 Unbekannte Gebühr für Strukturierung Mizuho International Senior Tranche 727,5 Mio. USD A-Rating Rating A – Besicherung ADB-Kredite Rating B+ 1 Mrd. USD Prämie (0,15 % jährlich) Senior Mezzanine Tranche 100 Mio. USD Mezzanine Tranche 152,5 Mio. USD Junior Tranche 20 Mio. USD Prämie (10,625 % jährlich) Zahlungen bei Kreditausfall Mariner Investment Group (122,5 Mio. USD Besicherung) Africa 50 (30 Mio. USD Besicherung) Zins (3-MonatsUSD-Libor) Zins (3-MonatsUSD-Libor) Europäische Kommission Besicherung (Cash Collateral) 152,5 Millionen USD Quelle: D. Gabor, Securitization for Sustainability, 2019; Ergänzungen durch den Verfasser Das Geschäft wurde von der Finanzbranche gefeiert. Mariner sprach vom »Kronjuwel« ihres »Wirkungsinvestments« und spielte Risiken herunter.78 Das Geschäft wurde 2019 in einem Branchenwettbewerb zum »Impact Deal of the Year«79 und vom UN-Programm für nachhaltige Investitionen 2019 ausgezeichnet. Auch eine beteiligte Anwaltskanzlei erhielt einen Preis. 80 Die EU-Kommission hofft, das Geschäft werde eine »katalytische« Wirkung haben, also mehr Investoren anziehen und die Scheu von Investoren gegenüber Investitionen in Afrika abbauen – denn das reale Risiko sei niedriger als das wahrgenommene. 81 Natürlich ist es gut, wenn Investoren kein falsches und zu negatives Bild von Afrika haben und dort in sinnvolle Projekt investieren. Dass allerdings ausgerechnet ein komplexes Finanzgeschäft eine – so die Finanzbranche – »Blaupause« sein soll, könnte sich als gefährlich erweisen. Gerade die Tranchierung von Kreditportfolios hatte vor der Finanzkrise um 2008 zur Verschleierung von Risiken beigetragen. Denn diese waren nach wie vor vorhanden, trotz der guten Bewertung der »Senior Tranche«. Für Anleger und Banken gerade aus Deutschland erwies sich das 2008 als riesige Täuschung. Jeder Vermögenswert, der aus Bilanzen – echt oder synthetisch – ausgelagert wird, erhöht das Risiko, sofern er nicht andernorts die gleichen Auflagen zum Beispiel beim Eigenkapital erfüllen muss. Die Attraktivität der Geschäfte liegt aber gerade darin, dass andernorts weniger Auflagen bestehen, also tragen die Geschäfte notwendig zur Erhöhung der Einzelrisiken und des systemischen Risikos bei. Wenn die ADB dann die »Effektivität« ihres »Kreditmanagementprozesses« hervorhebt 82, beschönigt sie den tatsächlichen Vorgang. 78 79 80 81 Ebenda https://www.mizuho-emea.com/~/files/files/successes/crt-awards_impact-deal.ashx?la=en https://www.lw.com/news/latham-wins-impact-deal-and-innovation-of-year-at-capital-relief-trade-awards https://www.afdb.org/en/news-and-events/african-development-bank-and-partners-innovative-room2run-securitization-will-be-a-model-for-globallenders-18571 82 https://www.afdb.org/en/news-and-events/african-development-bank-and-partners-innovative-room2run-securitization-will-be-a-model-for-globallenders-18571 (Übersetzung: der Verfasser) 17 18 Platz zum Laufen ? | Derivate und synthetische Verbriefung: Ein Rezept für Finanzkrisen Ein weiteres Argument der ADB für das Geschäft ist, dass das traditionelle Bankgeschäft geschrumpft sei und man so neue Finanzquellen erschließe. 83 Doch warum ist es geschrumpft? Weil es zu groß und zu riskant geworden ist und zur Finanzkrise geführt hat, was in eine gewisse Regulierung mündete. Statt daraus zu lernen und ähnliche Regulierung für die Fonds einzufordern, trägt die ADB dazu bei, die Kapitalmärkte (erneut) zum Krisenherd aufzublasen. Das systemische Risiko ist hier aktuell deshalb höher als bei Banken, weil auf Druck der Fonds und Vermögens­verwalter wie BlackRock kaum Regulierung für diese Akteure geschaffen wurde. 84 Wie die Forscherin Daniela Gabor bemerkte, braucht es für ein Geschäft wie »Room2Run« eine »komplexe Welt öffentlicher und privater Akteure«, ohne dass in diesem Fall erreicht wurde, »direkt die Investoren einzubinden, die dem MFD [Maximising Finance for Development – der Verfasser] Narrativ entsprechen, nämlich geduldige insti­tutionelle Investoren.«85 Schließlich wurden die Vorteile von »Room2Run« für die Menschen vor Ort hervorgehoben. Der höchste Risikoaufseher der ADB, Tim Turner, meinte begeistert: »Stellen Sie sich einen Rentner in Toronto vor, der weiß, dass seine Renteninvesti­ tionen ein Kraftwerk finanziert, das Elektrizität für eine Familie in Yopougon (Elfen­ beinküste) gibt. Es ist ein Gewinn für beide Seiten.«86 Dass dieselbe Familie mit ihrer Stromrechnung auch die Rente des Menschen in Toronto bezahlen muss und durch hohe Zahlungen leiden oder pleite gehen kann, erwähnt Turner nicht. Für den Derivatehandel wurde nach der Finanzkrise vor allem eingeführt, dass er nicht mehr völlig unkontrolliert abseits der Börsen stattfinden darf, sondern an neu eingerichteten »zentralen Gegenparteien«, mit der Zahlung von Sicherheiten gegen Zahlungsausfälle. 87 Verbriefungen wurden 2017 mit einer EU-Verordnung reguliert, unter anderem um bei Verbriefungen einen gewissen Anteil festzulegen, der in den Bilanzen verbleiben muss, und um »sichere und einfache« Verbriefungen regulatorisch besser von den komplexen und riskanten abzugrenzen. 88 Doch insgesamt ließen diese Reformen den Derivatemarkt weitgehend unangetastet und er ist entsprechend immer noch ungefähr so groß wie vor der Finanzkrise. Die Organisation Finance Watch warnt davor, der Illusion zu erliegen, man könne synthetischen Verbriefungen ihr inhärentes Risiko nehmen. 89 Das große wirtschaftliche Versprechen der Derivate und synthetischen Verbriefungen, dass sich Risiken im System besser handhaben ließen, ist spätestens mit der Finanzkrise ab 2008 und mit der Eurokrise ab 2010 hinfällig. Das legitime Interesse der Wirtschaftsakteure an einer Absicherung sollte deshalb besser anders organisiert werden. 83 Ebenda 84 Jens Berger: Wer schützt die Welt vor den Finanzkonzernen? Die heimlichen Herrscher und ihre Gehilfen. Frankfurt am Main 2020 85 Daniela Gabor: Securitization for Sustainability: Does it help achieve the Sustainable Development Goals? Heinrich Böll Stiftung, 2019. https://us.boell.org/sites/default/files/gabor_finalized.pdf, S. 16 (Übersetzung: der Verfasser) 86 Ebenda (Übersetzung: der Verfasser) 87 Verordnung Nr. 648/2012 vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32012R0648 88 https://ec.europa.eu/info/business-economy-euro/banking-and-finance/financial-markets/securities-markets/securitisation_en 89 Finance Watch: Promoting synthetic securitisation will only increase financial systemic risk with no benefit to the economy. Presserklärung, 26.11.2019. https://www.finance-watch.org/press-release/promoting-synthetic-securitisation-will-only-increase-financial-systemic-risk-with-no-benefit-to-the-economy Kapitalmarktbasierte Versicherungsleistungen | Platz zum Laufen ? 6 19 Kapitalmarktbasierte Versicherungsleistungen Versicherungen machen einen großen Teil der Finanzdienstleistungen aus, zumindest in Industriestaaten. Ärmere Staaten hingegen haben eine deutlich schlechtere Abdeckung mit solchen Leistungen, was oft sicherlich ein Problem ist, weil dadurch elementare Geschäfts- und Lebensrisiken für die Menschen bleiben. Dies gilt trotz der Tatsache, die die Macht von Versicherungskonzernen ihre eigenen Probleme mit sich bringt. Bei Versicherungen geht der Trend hin zu den Kapitalmärkten und der Nutzung von Derivaten. Neben den schon erwähnten Kreditausfallversicherungen gibt es als relativ neues Finanzprodukt Anleihen zur Risikoversicherung (Risk-Insurance Bonds). Ein Beispiel sind insbesondere Katastrophenanleihen (CAT Bonds), durch welche private Investoren das Recht auf eine Zinszahlung erhalten, ihr Geld allerdings verlieren, wenn eine genau vordefinierte Katastrophe wie eine Flut oder eine Pandemie auftritt. Die Weltbank spricht deshalb von Risikokapitalprodukten (Capital at Risk Notes).90 Solche Produkte wurden in den 1990er-Jahren von privaten Investoren eingeführt, um sich gegen große Naturkatastrophen abzusichern; 2017 erreichten sie ein Volumen von über 10 Milliarden US-Dollar.91 Die Weltbank bietet schon seit Jahrzehnten selbst Versicherungsleistungen wie bei Naturkatastrophen an.92 Seit einigen Jahren werden aber auch Anleihen von der Weltbank verbreitet und gefördert. Zum Beispiel gab es im November 2019 eine 225-Millionen-Katastrophenanleihe für die Philippinen, die erste für dieses Land und die erste, die an der Börse in Singapur (Singapore Stock Exchange) gelistet ist. Die größte Transaktion ist laut Weltbank eine 1,3-Milliarden-Dollar-Anleihe, die Peru, Mexiko, Chile und Kolumbien gegen Erdbeben versichert.93 Allerdings sind die ärmsten Länder noch kaum in diesen Markt involviert (siehe Tabelle 2).94 Tabelle 2: Geografische Verteilung der Katastrophen­anleihen der Weltbank Ein aktuell besonders wichtiges Beispiel für Katastrophenbonds ist die Pandemic Emergency Financing Facility (PEF) der Weltbank, gestartet 2017.95 Sie soll Staaten helfen, bei Pandemien die nötigen Kosten zu stemmen. Damit es zu einer Auszahlung von Investorengeldern an die Staaten kommt, müssen bestimmte Kriterien er­füllt sein, zum Beispiel müssen mindestens zwei Länder betroffen sein (alle Krite­ rien in der Textbox 2). Bermudas Kriterien der Pandemic Emergency Facility der Weltbank für Auszahlungen –– –– –– –– –– –– Mindestens 250 Fälle Mindestens 250 Tote in IDA-/IBRD-Ländern Mindestens 12 Wochen seit dem Start des Ausbruches vergangen Bestätige Fälle mindestens 20 Prozent der Gesamtfälle Mindestens zwei Staaten mit mindestens 20 Toten Das Wachstum in IDA/IBRD-Ländern muss exponentiell sein (Bestätigung durch AIR Worldwide) Europa 58 % Nordamerika 25 % Asien 13 % Quelle: Weltbank Textbox 2 Quelle: Weltbank 90 https://treasury.worldbank.org/en/about/unit/treasury/ibrd/ibrd-capital-at-risk-notes 91 Abigail Baca/Aki Jain: Demystifying Catastrophe Bonds for Debt Managers. The World Bank, Presentation, Mai 2018. http://pubdocs.worldbank.org/en/555651528746619166/webinar-demystifyingcatastrophebondsfordebtmanagers2018-presentationabigailbacaandakinchanjain.pdf 92 Vergleiche https://www.worldbank.org/en/topic/disasterriskmanagement 93 https://treasury.worldbank.org/en/about/unit/treasury/ibrd#1 94 https://www.worldbank.org/en/news/press-release/2019/11/25/world-bank-catastrophe-bond-transaction-insures-the-republic-of-philippines-againstnatural-disaster-related-losses-up-to-usd225-million. Siehe auch https://www.globalcapital.com/article/b1bb5p0ykfs9ms/developing-countries-set-to-open-up-to-catastrophe-bonds 95 https://www.worldbank.org/en/news/press-release/2017/06/28/world-bank-launches-first-ever-pandemic-bonds-to-support-500-million-pandemicemergency-financing-facility 4% 20 Platz zum Laufen ? | Kapitalmarktbasierte Versicherungsleistungen Bekämpfung der Corona-/ Covid‑19-Pandemie in Madagaskar, 2020 (Foto: Weltbank/Henitsoa Rafalia, CC-NC-ND 2.0) 2019 schrieb die ehemalige Weltbank-Ökonomin Olga Jonas, die PEF habe »viel mehr gekostet als sie finanziert hat. […] Bei der PEF wurden schon rund 75,5 Millionen US-Dollar Prämien ausgezahlt, aber es wurde nicht offengelegt, wieviel an Zinsen gezahlt wurde – und es ist absehbar, dass noch viel mehr gezahlt werden wird. Allerdings haben die Länder mit Pandemien nur 31 Millionen US-Dollar von der PEF erhalten, und der oft bemühte potenzielle Maximalbetrag von 425 Millionen USDollar ist sehr unwahrscheinlich. […] Es war ein gutes Geschäft für Investoren, nicht für die globale Gesundheit.«96 Während die Investoren üppige 13 Prozent Zinsen erhalten, beschränkten die eng definierten Auflagen für Auszahlungen die Hilfe für die von Ebola betroffenen Länder: »Tragischerweise garantieren es die aktuellen Auflagen, dass Auszahlungen zu wenig sein werden, weil sie erst ausgelöst werden, wenn der Ausbruch schon zu groß ist«, schreibt Jonas. Andere Forscher haben die Logik der PEF ähnlich kritisiert.97 Auch im Fall des neuen Coronavirus Covid‑19 war lange unklar, ob die PEF greifen würde. Noch Anfang April, als schon viele Staaten der Welt drastische Maßnahmen ergriffen hatten, kam es noch nicht zu einer Auszahlung, weil das Kriterium der Wachstumsrate nicht erfüllt war. Problematisch ist dabei generell, dass gerade ärmere Staaten bei weitem nicht alle Fälle melden werden – im Fall von Covid‑19 kommt hinzu, dass China (als IBRD-Staat) bald schon fallende Raten hatte und damit eine Auszahlung unwahrscheinlicher wurde.98 Am 10. April 2020 wunderte sich sogar die Finanzpresse, dass trotz damals schon mehr als 100.000 Toten weltweit die PEF noch nicht greifen würde.99 Erst am 17. April 2020 erklärte die Weltbank, dass alle Bedingungen erfüllt seien und rund 196 Millionen US-Dollar ausgezahlt werden würden100 – viel zu spät, um wirksame Prävention betreiben zu können. Dass wirksame Katastrophenhilfe von einer Wette mit Finanzinvestoren abhängt, ist ein krasser Beleg dafür, wie blind das Vertrauen in Marktmechanismen im Allge­ meinen und Kapitalmärkte im Speziellen inzwischen geworden ist. Gerade die aktuelle Pandemie zeigt, dass ein handlungsfähiger Staat die einzige Garantie bleibt, dass effektiv mit den Problemen umgegangen wird. 96 Olga Jonas: Pandemic bonds: designed to fail in Ebola. Nature, 13.08.2019. https://www.nature.com/articles/d41586-019-02415-9 (Übersetzung: der Verfasser) 97 Bangin Brim/Clare Wenham: Pandemic Emergency Financing Facility: struggling to deliver on its innovative promise. British Medical Journal, 2019; 367:l5719, 09.10.2019, https://www.bmj.com/content/367/bmj.l5719 98 Mark Baker: Pandemic bond trigger failure shows flaws of relying on reporting by poorest contries. Euromoney, 14.04.2020. https://www.euromoney.com/article/b1l64mpq0pjnln/pandemic-bond-trigger-failure-shows-flaws-of-relying-on-reporting-by-poorest-countries 99 Tasos Vossos/John Lauerman: Deadly Virus Fails to Trigger World Bank’s Pandemic Bonds. Bloomberg, 10.04.2020. https://www.bloomberg.com/news/articles/2020-04-10/deadly-virus-fails-to-trigger-world-bank-s-pandemic-bonds 100 https://www.worldbank.org/en/topic/pandemics/brief/fact-sheet-pandemic-emergency-financing-facility Kapitalmarktbasierte Versicherungsleistungen | Platz zum Laufen ? 7 Private Finanzierung von Klimamaßnahmen und nachhaltigen Entwicklungszielen Die direkte Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen und nachhaltigen Entwicklungszielen sind ein letztes wichtiges Feld, auf dem Kapitalmärkte Einfluss auf Entwicklung nehmen. Dabei geht es nicht nur um eine moralische Verpflichtung der Wirtschaft, sondern auch um ihr Eigeninteresse. Seit 2015 haben sogar Zentralbanken und Aufsichten Sorgen geäußert, der schnelle Klimawandel könnte zu großen »gestrandeten Anlagewerten« führen – und damit zu einer großen Finanzkrise. Ein Beispiel sind Anlagen in Kohleunternehmen, die schnell wertlos werden könnten. Eine Studie von UNPRI kam 2019 für Unternehmen eines großen Index (MSCI AWMI) auf einen Wertverlust von 3,1 bis 4,5 Prozent bis 2025 durch den Klimawandel.101 Aktuell sind private grenzüberschreitende Kapitalflüsse kaum Regeln unterworfen, die eine Einhaltung von Umwelt- oder Sozialkriterien verlangen. Die Reformen nach der Finanzkrise 2008 haben daran zunächst fast nichts geändert: Im Rahmen der Eigenkapital-Gesetze für die Banken wurden Vorschläge der Zivilgesellschaft ab­ge­schmettert und bei der Reform der Rating-Gesetze schaffte es die Forderung gerade einmal in die wirkungslose Präambel. Es gibt international bisher nur freiwillige Richtwerte für nachhaltige Investitionen wie von der Finanzindustrie (Äquatorprinzipien102) oder von den Vereinten Natio­ nen (UN Principles for Responsible Investment103). Für den Kapitalmarkt bastelt die Finanzindustrie schon länger alle möglichen Finanzprodukte, die nachhaltig oder ökologisch sein sollen. Der Markt für »nachhaltige« oder »grüne« Wertpapiere (Green Bonds) wächst stetig, auch in Schwellen- und Entwicklungsländern. Alleine der Markt für Klimaanleihen hat 2019 global ein Volumen von 255 Milliarden USDollar erreicht, 2018 waren es mit 171 Milliarden US-Dollar noch deutlich weniger104 (für nachhaltige Anleihen in Deutschland siehe Abbildung 4). Anlagevolumen nachhaltiger Investments in Deutschland bis 2019 Angaben in Milliarden Euro Abbildung 4 200 150 100 50 Mandate Investmentfonds Sonstige Finanzprodukte 0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Quelle: Statista/Forum Nachhaltige Geldanlagen Oft erlegen sich nachhaltige Investments selbst Ausschlusskriterien auf (für Deutsch­land siehe Abbildung 5, Seite 22), die aber stark variieren. Typisch ist auch der Ansatz »Klassenbester« (Best in Class), bei dem geprüft wird, welches Unter­ nehmen einer Sparte gegenüber seinen direkten Konkurrenten am besten abschneidet, was Nachhaltigkeit angeht. Nach diesem Ansatz gilt zum Beispiel Toyota als Konzern, in den investiert werden darf, weil dieser Autokonzern mehr Autos mit nach­haltigeren Antrieben produziert als andere Konzerne. 101 102 103 104 https://www.unpri.org/inevitable-policy-response/forecast-policy-scenario-equity-markets-impacts/5191.article https://equator-principles.com https://www.unpri.org https://www.climatebonds.ne 21 Platz zum Laufen ? | Private Finanzierung von Klimamaßnahmen und nachhaltigen Entwicklungszielen 22 Abbildung 5 Ausschlusskriterien für nachhaltige Geldanlagen in Deutschland 2019 Angaben in Milliarden Euro Korruption und Bestechung 154,1 Arbeitsrechtsverletzungen 152,9 Umweltzerstörung 152,1 Menschenrechtsverletzungen 135,2 Kohle 120,5 Waffen und Rüstung 97,2 Kernenergie 74,1 Tabak 73,8 Glücksspiel Pornografie 66,6 55,4 Quelle: Statista/Forum Nachhaltige Geldanlagen Investiert wird viel in Projekte im Bereich Energie und Transport105, aber oft geht es auch um Anleihen oder Aktien von (vergleichsweise) nachhaltigen Unternehmen. Vor allem für Letztere gibt es diverse Indices an den Börsen, wie den Dow Jones Sustainability World Index. Die Deutsche Börse bietet acht Indizes unter dem Label »Nachhaltigkeit« an.106 Die Teilnahme in diesen Indices ist aber freiwillig. Einzig die Londoner Metallbörse hat seit Oktober 2019 verbindliche Vorgaben für die bei ihr gehandelten Unternehmen, was verantwortliche Rohstoffquellen angeht.107 Auch Staaten engagieren sich immer mehr auf diesem Feld. China zum Beispiel hat als erstes Land grüne wertpapierbesicherte Anleihen ausgegeben.108 Auch andere Staaten arbeiten teils an Standards für nachhaltige Investitionen, zum Beispiel was die Klimawirkung angeht (Indonesien, Peru, Bangladesch). Deutschland hat 2019 einen Sustainable-Finance-Beirat eingerichtet, der im März 2020 seinen ersten Zwischenbericht vorgelegt hat.109 Im September 2020 wurde die erste grüne Bundesanleihe emittiert110 , die stark nachgefragt wurde.111 Zentralbanken, Finanzaufsichten und einige Bankenverbände sind Mitglied im Sustainable Banking Network, das von der Weltbank unterstützt wird. Das Netzwerk will erklärtermaßen Kapitalflüsse in nachhaltige Anlagen lenken. Daneben gibt es – ebenfalls vor allem von den Zentralbanken – das Network for Greening the Financial System.112 Allerdings sorgt die Weltbank zugleich dafür, dass Regulierungen im Finanzsektor infrage gestellt werden, so über das Financial Sector Assessment Programme113 oder die Financial System Stability Assessments.114 105 The World Bank: Green Bond Impact Report 2019. November 2019. http://pubdocs.worldbank.org/en/790081576615720375/IBRD-Green-Bond-Impact-Report-FY-2019.pdf, S. 10 106 https://deutsche-boerse.com/dbg-en/sustainability/build-trust/sustainable-products-and-services 107 https://www.lme.com/en-GB/About/Responsibility/Responsible-sourcing 108 Daniela Gabor: Securitization for Sustainability: Does it help achieve the Sustainable Development Goals? Heinrich Böll Stiftung, 2019. https://us.boell.org/sites/default/files/gabor_finalized.pdf, S. 18 109 https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Schlaglichter/Klimaschutz/2020-03-05-nachhaltige-finanzwirtschaftsustainable-finance-strategie-deutschlands.html 110 https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Schlaglichter/Klimaschutz/2020-08-24-gruene-bundeswertpapiere.html 111 Markus Frühauf: Hohe Nachfrage nach erster grüner Bundesanleihe. FAZ 02.09.2020. https://www.faz.net/aktuell/finanzen/finanzmarkt/hohe-nachfrage-nach-erster-gruener-bundesanleihe-16934510.html 112 https://www.ngfs.net/en 113 Siehe IWF, Financial Sector Assessment Program (FSAP). 03.06.2019. https://www.imf.org/external/np/fsap/fsap.aspx 114 IMF: Supporting Documents Country FSAPs. 07.10.2019. https://www.imf.org/external/np/fsap/fsap.aspx Private Finanzierung von Klimamaßnahmen und nachhaltigen Entwicklungszielen | Platz zum Laufen ? 23 Bei den G 20 hat China seit 2015 das Thema »Grünes Finanzwesen« (Green Finance) vorangetrieben. Eine von den G 20 eingesetzte Studiengruppe sah 2018 »Potenzial für eine signifikante Ausweitung der Schaffung und nachfolgenden Ausgabe« von Wertpapieren, die mit nachhaltigen Vermögenswerten besichert sind. Erwähnt wurde das Beispiel Mexikos, wo Kleinkredite für Energieeffizienz gebündelt wurden.115 Der Nutzen »nachhaltiger« Wertpapiere ist oft fraglich. Wird zum Beispiel wirklich eine neue Aktivität gefördert? Ist die konkrete Wirkung einer Investition vor Ort nachhaltig? Zudem sind die Kriterien für Nachhaltigkeit meist weich oder unklar. Durch den »Klassenbester«-Ansatz wird die Frage umgangen, ob ein Produkt – wie das Auto – an sich nachhaltig sein kann, und es wird auch in nur relativ bessere Produkte investiert. Ähnliches gilt für Investitionen in Transport: Eine relative Verbesserung kann nicht ändern, dass lange Transporte immer ressourcenintensiv sind. Da außerdem gerade der Klimawandel flexible Antworten erfordert, ist die langfristige Bindung an bestimmte Projekte und Unternehmen, die zugleich nur relativ besser sind, auf Dauer problematisch und wird dem Ausmaß der Herausforderung kaum gerecht. Empirisch hat die Schwächen 2020 eine Studie offengelegt, die sich die Wirkung der Unterzeichnung der Investoreninitiative UN Principles for Responsible Investment (UNPRI) angesehen hat. Das Ergebnis war, dass nach Unterzeichnung durch einen Fonds diesem zwar mehr Geld zufloss, die Nachhaltigkeit gemessen an den ökologischen, sozialen und Governance-Kriterien aber sogar gesunken ist.116 Um diese Probleme anzugehen, setzte die Europäische Kommission eine Gruppe von Expertinnen und Experten ein, die 2016 einen Bericht erstellte.117 Darauf folgte die Arbeit an diversen Gesetzen118: Eines legt ein Regelwerk (Taxonomy) für nachhaltige Investitionen fest und trat am 12. Juli 2020 in Kraft.119 Es sieht unter anderem die Einhaltung von Mindestsozialstandards wie die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO oder die Leitprinzipien der Vereinten Nationen zu Wirtschaft und Menschenrechten vor. Ein zweites Gesetz, das seit 30. April 2020 in Kraft ist120 , legt Offenlegungspflichten für professionelle Investoren fest, was ökologische, soziale und Governance-Kriterien angeht, mit strengeren Auflagen für Investments, die sich selbst für nachhaltig, klima- oder umweltfreundlich erklären. Ein drittes soll Standards für grüne Anleihen setzen, ist aber noch in der Entstehung. Die Anwendung der Standards dieser Gesetze erfolgt allerdings nur freiwillig, was die praktische Wirkung sehr einschränkt. Insgesamt gehen die Finanzinstitutionen die Probleme schon ernsthafter an, aber es bleibt ein weiter Weg. Bei den potenziellen Vorteilen von nachhaltigen Anlagen gegenüber gar keinen Anlagen darf im Übrigen nicht vergessen werden, dass auch hier Schulden aufgebaut werden. Und selbst wenn diese tragbar bleiben, binden sich ein Staat und seine Bevölkerung mit Finanzprodukten an die Finanzmärkte und ihre Schwächen. Demokratische Einflussnahme und Politikänderungen werden schwieriger, wenn Anlegerinnen und Anleger Anspruch auf ihre Renditen haben. 115 G20 Sustainable Finance Study Group: Synthesis Report. Juli 2018. http://www.g20.utoronto.ca/2018/g20_sustainable_finance_synthesis_report.pdf, S.  17 (Übersetzung: der Verfasser) 116 Tim Büttner: Studie: PRI-Signatur erhöht Fund Flows, aber nicht ESG-Wert. Portfolio Institutionell, 18.05.2020. https://www.portfolio-institutionell.de/studie-pri-signatur-erhoeht-fund-flows-aber-nicht-esg-wert 117 EU High-Level Expert Group on Sustainable Finance (HLEG): Sustainable Financing a European Economy. Final report. 31.01.2018. https://ec.europa.eu/info/files/180131-sustainable-finance-final-report_en 118 https://ec.europa.eu/info/business-economy-euro/banking-and-finance/sustainable-finance_de 119 Verordnung (EU) 2020/852 vom 18. Juni 2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32020R0852 120 Verordnung (EU) 2019/2089 vom 27. November 2019 zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/1011 hinsichtlich EU-Referenzwerten für den klimabedingten Wandel, hinsichtlich auf das Übereinkommen von Paris abgestimmter EU-Referenzwerte sowie hinsichtlich nachhaltigkeitsbezogener Offenlegungen für Referenz­werte. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32019R2089 24 Platz zum Laufen ? | Fazit und Empfehlungen 8 Fazit und Empfehlungen Die nachhaltige Entwicklung der Wirtschaft eines Landes braucht solide private Unternehmen. Aber der Fokus bei der Entwicklungsfinanzierung auf Kapitalmärkte und private, globale Investoren verursacht eine zunehmende Abhängigkeit der Länder und ihrer einzelnen Märkte von den internationalen Finanzmärkten. Staaten, besonders ärmere und kleinere, verlieren so an Kontrolle über ihre Entwicklungsstrategien, Bürgerin­nen und Bürger an Einfluss auf die Politik ihrer Regierungen und Parlamente. Es fehlt an Nachhaltigkeit auf den Finanzmärkten. Deshalb braucht es: –– Verpflichtende Nachhaltigkeitsprüfung aller Projekte, die mit Geld der Ent­wick­ lungs­banken oder des IWF finanziert oder besichert sind, mit angemessener Kontrolle –– Verbindliche Nachhaltigkeitsauflagen für alle privaten Investitionen, in der EU über eine strenge Umsetzung und Nachbesserung der neuen EU-Nachhaltig­ keitsgesetze, aber auch im Rahmen der Finanzregulierung wie bei den Gesetzen zum Eigenkapital von Banken, zu Börsen oder zu Ratingagenturen –– Begrenzung der privaten Finanzaktivität, zum Beispiel über Kapitalverkehrs­ kontrollen, die eine Grenze für ausländische Beteiligungen setzen121, oder über Größengrenzen für einzelne Akteure –– Keine Nutzung öffentlich-privater Partnerschaften für Großinfrastrukturen im Bereich Wasser, Energie, Verkehr, Kommunikation und Bildung –– Bessere Kontrolle der Nachhaltigkeit der Programme von Weltbank und IWF, bei denen sie Staaten Auflagen machen – insbesondere keine pauschale Empfehlung zur Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen oder des Finanz­ systems –– Keine Nutzung oder Förderung von Derivaten und strukturierten Finanz­­produk­ten wie »Room2Run« durch die Entwicklungsbanken –– Prüfung aller Schulden, auch »grüner« und »nachhaltiger«, auf finanzielle Tragbarkeit –– Transparenz aller Schulden über ein öffentliches, globales Schuldenregister, mit der Eintragung als Voraussetzung für juristische Durchsetzung von Ansprüchen –– Regeln für alle Anleihen zur mehrheitlichen Entscheidungsfindung bei Um­schuldungen (Collective Action Clauses) bei allen Wertpapieren (wodurch es Minderheiten nicht mehr möglich ist, eine Umschuldung zu verhindern) –– Ein international verbindliches Entschuldungsverfahren unter dem Dach der Vereinten Nationen –– Vermeidung und Änderung von Regeln in Handels- und Investitionsschutz­ abkommen, die die oben genannten Maßnahmen erschweren oder gar verhindern –– Nutzung öffentlicher und lokaler Ressourcen zur Finanzierung: Steuern, An­leihen in heimischer Währung mit vorrangig heimischen Investoren, maßvolle Schöpfung von Geldern durch die Zentralbank und ein Bankwesen mit Sparkassen oder Genossenschaftsbanken 121 Dazu ausführlich: Kavaljit Singh: Kapitalverkehrskontrollen. WEED/Madhyam, Mai 2019. https://www2.weed-online.org/uploads/singh_kapitalverkehrskontrollen.pdf | Platz zum Laufen ? Abkürzungsverzeichnis AIIB Asian Infrastructure Investment Bank ADB African Development Bank AIR (US-amerikanische Risiko-Analyse-Firma) CC Creative Commons DEG Deutsche Entwicklungsgesellschaft EIB Europäische Investitionsbank EU Europäische Union G 20 Gruppe der 20 (informeller Zusammenschluss von 20 Schwellenund Industrieländern) IBRD International Bank for Reconstruction and Development (Teil der Weltbank-Gruppe) ICMA International Capital Markets Association ICSID International Centre for Settlement of Investment Disputes IDA International Development Association IFC International Finance Corporation (Teil der Weltbank-Gruppe) ILO International Labour Organization IWF Internationaler Währungsfonds KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau Libor London Interbank Offered Rate (Globaler Referenzzinssatz) MFD Maximising Finance for Development (Strategie der Weltbank) MIGA Multilateral Investment Guarantee Agency (Teil der Weltbank-Gruppe) OECD Organisation for Economic Co-operation and Development (Zusammenschluss von 37 Industriestaaten) ÖPP Öffentlich-private Partnerschaft PEF Pandemic Emergency Financing Facility (Einrichtung der Weltbank) SDGs Sustainable Development Goals (Nachhaltige Entwicklungsziele der UN) UN United Nations (Vereinte Nationen) UNPRI UN Principles for Responsible Investment USD US-Dollar 25 WEED Jahresbericht 2019 Absender: __________________________________________________________________ __________________________________________________________________ __________________________________________________________________ WEED e.V. Eldenaer Str. 60 10247 Berlin Bitte senden Sie mir folgende Publikationen zu: Titel Schutzgebühr Investor-Staat-Klagen und Finanzdienstleistungen (Hintergrund-Papier, 2020) kostenlos Hintergrundbroschüre „(B)all around the world“ zur globalen Ballproduktion (2019 kostenlos Infoplakat „(B)all around the world“ zur globalen Ballproduktion (2019) kostenlos Unterrichtsmaterial „(B)all around the world“ zur globalen Ballproduktion (2019) kostenlos Sozial verantwortliche Beschaffung am Beispiel von Natursteinen und IT-Produkten kostenlos Kapitalverkehrskontrollen (Hintergrund-Papier, 2019) kostenlos Anzahl Alle Bestellungen sind kostenfrei (inklusive Porto)—über Spenden freuen wir uns ! Unabhängige politische Arbeit braucht Unterstützung! Ich möchte WEED unterstützen, indem ich einmalig / jährlich / monatlich (Unzutreffendes bitte streichen) ______________ Euro spende. Mitglied bei WEED werde. 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Kapitalmärkte als Entwicklungsfinanzierung Autor: Markus Henn Herausgeber: Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung – WEED e. V. Eldenaer Straße 60 10247 Berlin kontakt@weed-online.org www.weed-online.org Layout: Sabine Klopfleisch, Berlin Druck: Druckerei Arnold, Großbeeren Das verwendete Papier ist mit dem Umweltlabel »Blauer Engel« zertifiziert. Oktober 2020 CC  BY-NC-ND-SA 4.0 Förderhinweis: Dieses Papier ist Teil eines durch »Brot für die Welt« finanzierten Projekts. Die Inhalte liegen in der alleini­gen Verantwortung von WEED und können nicht »Brot für die Welt« zugerechnet werden. Für die Arbeit von WEED sind Spenden und Mitglieds­beiträge sehr wichtig. Wir danken für jede Unter­stützung. Hier können Sie spenden: Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE03 1002 0500 0003 2206 00 BIC: BFSWDE33BER
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