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I. Geschichte

Full text: Die Königliche Elisabethschule zu Berlin / Bachmann, Friedrich (Public Domain)

der männlichen Jugend vorbehalten blieb. Denn der letztere schien für 
Mädehen überflüssig; ja. es gab Zeiten, wo manche Stimmen selbst. die 
Schreibekunst als etwas für Mädchen Überflüssiges und Gefährliches 
bezeichneten. da sie durch deren Besitz später veranlaßft werden könnten. 
Briefe zu schreiben, „von denen es besser wäre. dafs sie nicht geschrieben 
würden.“ 
Sehon ein Jahr nach der Gründung war der Besuch der Realschule 
derartig gewachsen, daß die bis dahin benutzten Räume nicht mehr aus- 
reichten, und der Ankauf eines zweiten Hauses notwendig wurde, Es 
war dies das Sattler-Gewerkshaus an der Ecke der Koch- und Friedrich- 
straße. das nunmehr den Namen „Schul-Wohnungsgebäude“ empfing und 
später für das Pädagogium verwertet wurde. Hierhin verlegte man da- 
mals nicht nur die Dienstwohnungen der Lehrer und die Räume für die 
ziemlich zahlreichen Pensionäre, sondern zugleich zwei besondere Klassen 
für Miüdehen ausschliefslich, während die kleinsten Mädchen nach wie vor 
mit den kleinsten Knaben gemeinschaftlich unterrichtet wurden. Diese 
neue Gründung erhielt den Namen der „Mädchensehule“*, Sie hatte den 
Zweck. dem Lernbedürfnis der Töchter von königlichen Beamten, Predigern 
und anderen angesehenen Bürgern gerecht zu werden, für die der bis- 
herige rein elementare Unterricht nicht mehr ausreichte. Hier wurde. 
außer in den Elementarfächern, besonders im Stricken, Nähen, Stopfen. 
Sticken und anderen weiblichen Handarbeiten unterrichtet. Der Lektions- 
plan der obersten Klasse weist sogar Französisch und die Anfangsgründe 
der Geschichte und Geographie unter den Lehrfächern auf, jedoch mit 
der ausdrücklichen Bestimmung, dafs diese Gegenstände nur als eine Be- 
lohnung des Fleißses und Wohlverhaltens besonders guter und tüchtiger 
Schülerinnen zu lehren seien. 
Das Jahr 1748 ist mithin das Geburtsjahr der Königlichen öffentlichen 
Mädcehenschule, aus der unsere jetzige Anstalt hervorgegangen ist. 
Die neue Gründung J. J. Heckers hatte zuerst nicht den gewünschten 
Erfolg. und zwar lag dies an einem Vorurteil der Eltern der besseren 
Stände. Das außerordentlich geringe Schulgeld, das wöchentlich nur 
wenige Groschen betrug (2—4 Groschen == 25—50 Pfennige), sowie: die 
vielen Freistellen führten der jungen Anstalt eine grofse Zahl von Kindern 
niederer Stände zu, die zwar dem Stifter der Anstalt, seinen menschen- 
freundlichen Grundsätzen gemäfs, willkommen waren, die aber das bessere 
Publikum abschreckten, Wer zu diesem gezählt zu werden wünschte, 
zog es vor, seine Töchter einer Privatschule zu übergeben, wo sie zwar 
mindestens einen Thaler (3 Mark) monatlich zahlten, dafür aber auch vor 
jeder Berührung mit rohen und unfeinen Elementen bewahrt blieben. 
Auch durften die Eltern hoffen, an einer Privatschule mit ihren persön- 
lichen Wünschen für die Bildung und Erziehung ihrer Töchter durch- 
zudringen, während, wie noch heut, die öffentliche Schule sich von dem 
Hause ihrer Zöglinge nicht beeinflussen ließ.
	        
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