Abschrift.
Der Reichs⸗ und Preußische Berlin Ws8 den 7. Sept 1935
Arbeitsminister Unter den Linden 33—388
812 Nr3549/35 I Ang
An
a) die Regierungen der Länder
— Ressorts für Wohnungs- und Siedlungswesen —
b) in Preußen:
die Herren Regierungspräsidenten,
den Herrn Verbandspräsidenten des Siedlungs—
verbandes Ruhrkohlenbezirk, Essen
den Herrn Staatskommissar
der Hauptstadt Berlin, Berlin,
im Saarland:
den Herrn Reichskommissar für die Rück—
gliederung des Saarlandes, Saarbrücken
Betrifft? Planung von Siedlungs⸗ und Wohnungsbauten
Bei der Nachprüfung von Anträgen auf Reichsbeihilfen
und der auf Grund der Durchführ ungsverordnung zum
Gesetz über einstweilige Maßnahmen zur Ordnung des deut⸗
schen Siedlungswesens vom 5Juli 1934 erstaktteten An—
zeigen, sowie bei den Beratungen im Reichsbürgschafts⸗
ausschuß erweist es sich leider immer wieder al⸗ notwendig,
vorgelegte Siedlungs⸗ und Bauentwürfe abzulehnen oder
zur Umarbeitung zurückzugeben; sie genügten zwar den
baupolizeilichen Bedingungen und den in Frage kommenden
allgemeinen Bestimmungen, aber nicht den Anforderungen
in städtebaulicher, architektonischer oder plantechnischer Hin
sicht, die ich zur Erzielung höherer Leistungen stellen miuß
eenn genannte Fehler haben oft zu Beanstandungen
geführt
L Bei den Aufschließungsplänen;
Fehlerhafte Lage der Siedlung
a) ohne organische Beziehung zur bebauten Ortslage
Splittersiedlung“) und ohne Rücksicht auf Wir
schaftsplanung
b) zu den Arbeitsstãtten (u weite Anmarschwege),
c) zu den Verkehrsmittelpunkten GBahnhof 6Ge
schäfte usw)
ch zu den öffentlichen Einrichtungen (Schule, Kirche usw)
Fehlerhafte Geländeauswahl
Schlechter Baugrund ungünstiger Grundwasserstand, un
geeigneter Boden ungeklärte Vorflutverhältnisse n dgel
Fehlerhafte Begrenzung des Siedlungsplanes
Willkürliche Beschränkung auf die zufälligen Eigentums⸗
grenzen ohne Berücksichtigung der Entwicklungsmoöglich
keiten und der von Natur und borhandenen Anlagen
gegebenen Begrenzung
Fehlerhafte Straßenführung und Straßenbemessung
d weitgehende Berücksichtigung zufälliger, aus der
Felderteilung sich ergebender Eigentumsgrenzen (og
Ackerfurchensiedlungen“) Mangelhafte Anpassung
Geländeformation Göhenlinien) Schematische Auf
teilung durch schnurgerade Straßen Zu viele Straßen,
insbesondere Querstraßen nur einseitig bebame Straßen.
Ungenügende Berücksichtigung der Himmelsrichtung bei
geschlossener oder halboffe ner Bauweise Zuviel Straßen⸗
kreüuzungen und Einmundungen
Straßenbreiten und Straßen roflle ngenügende
Unterscheidung von Verkehr⸗⸗ Zubringer Sanmmel
und Wohnstraßen, sowie Verbindungswegen Verkehrs
straßen in der Regel zu schmal Wohnstraßen zu breit
Zu aufwendiger Strahßenausbau, insbesondere durch zu
teure Kanalisation und Straͤßendece
Unzweckmäßige Parzellierung;
Verfehlte Anordnung von Siedlungsgrundstücken Wohn⸗
gebäuden und Grundstückszufahrten an Vertehr—
straßen Ungenügende Anwendung neuzeitlicher Bau
landerschließungs formen doppeli⸗ Bauflucht Stich⸗
straßen Wohnwege Wohnhe iw Zu weigehende
Parzellierung ohne Ausweisung von Flächen für
gegenwärtigen und zukünftigen Gemeindebedarf (Plätze
für öffentliche Veranstaltungen, ruhenden Verkehr,
Sport usw)
Unkünstlerische Gesamtanlage:
Ungenügende Anpassung an die Landschaft, an heimische
Bauweisen oder vorhandene Bebauung. Mangelhafte
Geschlossenheit; Eindruck des Unfertigen und Un—
entschiedenen. Ungünstige und verzettelte Anordnung
der Gemeinschaftsbauten
Bei Gruppensiedlungen:;
Schematismus sowohl in der Gesamtanlage wie in der
Wahl der Typen. Eintönige Aneinanderreihung vieler
Häuser desselben Typs. Mangelhafte Raumwirkung
der Straßen- und Plätze, insbesondere bei offener Bau⸗
weise durch zu weite Hausabstände Schematische An—
lage von Vorgärten mit immer der gleichen Tiefe
(i. d Re5wy) ohne Prüfung der Notwendigkeit und
ohne Rücksicht auf Himmelsrichtung. Häßliche Ein—
friedigung
Sondersiedlungen:
Rur vorstädtische Kleinsiedlungen, nur Volkswohnungen,
oder Siedlungen nur für Kinderreiche, Kriegsbeschädigte,
Asoziale, Werkangehörige, Kurzarbeiter uswp
statt: Mischung und Zusammenfassung der verschiedensten
Siedlungsarten und Schichten der Bevölkerung zu Ge—
meinschaftssiedlungen.
Städtebaulich ungenügende Begründung für eine Er—
höhung der nach der Bauordnung —— Geschoß
zahl. (Angabe Baulücke“ genügt nicht.)
Bei geschlossener Bauweise allseils geschlossene Rand
bebauung mit engem Hofraum ohne genügende Be—
sonnung Belichtung und Belüftung
I. Bei den Grundrißplänen:
Komplizierte Umrißform bei Einzel- und Doppelhäusern,
besonders bei Eigenheimen
Ubermäßige Hausliefe (mehr als 10 Meter) und damit
unzweckmäßige und ungenügend belüftete Wohnräume
Mangelhafte Belichtung und Besonnung der Wohn—
bauten, insbesondere bei reinen Nordwohnungen in
Drei⸗ und Vierspännertypen, sowie bei Eckgrundstücken
Ungenügende Raumverhältnisse: zu geringe Möbelstell—
fläche durch fehlerhafte Anordnung von Fenstern und
Türen
Zu großer Aufwand an Nebenräumen (wie Winter—
gärten, Balkonen, großen Dielen, Kleiderablagen uswp)
Zu weitgehender Ausbau des Daches zu selbständigen
Wohnungen.
Unvollständige Trennung der Wohneinheilten bei Eigen—
heimen mit Einliegerwohnung oder Zweifamilien⸗
Häusern
Ungünstige Lage und mangelhafte Entlüftung der
Abortie, insbesondere bei Anordnung hinter der Speise
kammer oder Kochnische
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II. Bei den Plänen für die Außengestaltung:
Ungenügende Kücksicht bei der aärchitektonischen Ge—
staltung und Wahl der Baustoffe auf vorhandene Be—
bauung linsbesondere bei Eigenheimen)
Störende und städtebaulich unbegründete Verschieden—
arligkeit der Bauformen und Baustoffe linsbesondere
beim Dach)
— Form des Daches, insbesondere des Mansarden
aches
Unorganische Angliederung von An⸗ und Ausbaulen
aller Art (Erker u dgl)
77 Dachaufbauten vor allem bei Ein⸗ und Zwe
amilienhäusern
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