an
Bildung auch sein ungewöhnliches Lehrtalent zu entfalten. Uner-
schütterlich fest in seinen eignen dogmatischen Standpunkte bis zum
(auben an eine Verkörperung des Bösen, war er doch weder ein
Fanatiker noch ein Zelot, sondern liess auch anders geartete Meinungen
gelten und zog gerade dadurch die reiferen Schüler allmählich zu
der Höhe seiner religiösen Überzeugungen heran. Gern trat er mit
ihnen in Erörterung sittlicher Probleme ein und suchte Gewissens-
bedenken oder bescheiden gemachte Einwendungen zu beseitigen.
Mit liebevollem Eingehen auf die persönlichen Interessen sowie auf
die geistige Eigenart jedes einzelnen verband er eine schon in seiner
äusseren Erscheinung sich spiegelnde Hoheit und Würde, welche ihm
die Herzen der Jugend gewann, und es giebt unter seinen ehemaligen
Schülern sicherlich wenige, die nicht sein Andenken im Herzen rein
bewahrt hätten, hoch erhaben über allem unedlen Thun und über
dem Schmutze niedriger Verleumdung.
Er starb im Jahre 1874, nachdem er im Jahre 1868 auch auf
seine Stellung als Mitglied des Conseil academique verzichtet hatte.
Zum Direktor des Gymnasiums an Fourniers Stelle wurde der
älteste Lehrer Kramer, dem in Anerkennung seiner »beifallswerten
Leistungen als Lehrer und Schriftsteller« am 2. September 1839 der
Professortitel verliehen worden war, vom Conseil academique vorge-
schlagen und durch Königliche Ernennung vom 12. Oktober 1842
bestätigt.
Gustav Kramer!) war am 1. April 1806 als Sohn eines Medi-
zinalrats, der schon 2 Jahre später starb, geboren. Seine Mutter,
aus einer französischen Protestantenfamilie stammend, leitete seine
Erziehung bis zum Jahre 1823, wo er nach bestandener Reifeprüfung
die Universität Berlin bezog, um klassische Philologie zu studieren
und in dem Hause seines Schwagers, des Begründers der wissen-
schaftlichen Erdkunde, Prof. Dr. Karl Ritter, Aufnahme fand. Zu
Michaelis 1825 ging er auf ein Jahr nach Bonn, wo er zu Niebuhr
in nähere Beziehungen trat. Der Verkehr mit diesem gab ihm die
Anregung zur Abfassung seiner Erstlings-Schrift: Elogium Perizonii,
mit welcher er einen Preis errang und bald nachher den Doktorgrad
ı) Die Angaben der hier folgenden biographischen Skizze sind grösstenteils
zeschöpft aus einem von P. Kramer verfassten und in dem Biographischen
Jahrbuch für Altertumskunde (Berlin S. Calvary & Co.) 1889 erschienenen Nekrolog.