bestimmten Dame bedarf, die der stete Gegenstand seines Denkens,
die ihm Schutz und Schirm v1 der Gef hr i* ur‘ » ist ganz in
diesem Sinne, wenr Amadis seiner geliebter Owian- erklärt, ohne
ihre Gunst könne seir Herz in keiner Gofeh- estehen und selbst
fern von Gefahr vermöge er olme si‘ nicht zu leben (Am. I, 4.
Natürlich kennt der Ritter dio Dame von Angesicht, ihr Anblick
eben hat in seinem Innern die tiefen (“:fühle erzeugt; aber es ist
auch nicht unerhört, dass die heisseste Liche ihn ergreift, ohne dass
er sie überhaupt gesehen hat. Auf den blossen Bericht Elisabats
von der Schönheit der Kaisertochter Leonorina und von ihrem
Wunsche ihn kennen zu lernen wird Esplandian plötzlich in seinem
Herzen so gewaltig getroffen, dass das Blut aus seinen Wangen
weicht und er eine Weile keines Wortes mächtig ist, und dass er
ihr fortan in unwandelbarer Liebe zugewendet bleibt (Espl. 12).
Die Dame, die der Ritter zu seiner Herrin macht, ist natürlich
vornehmen Standes und wohlerfahren in höfischer Sitte; die Eigen:
schaft aber, die sie vor allem auszeichnen muss, ist höchste Schönheit.
Gaben des Herzens, Vorzüge des Charakters bleiben gänzlich ausser
Frage; die Schönheit, kann man sagen, ist der einzige und absolute
Massstab ihres Wertes. Was bei dem Ritter die Tapferkeit, das ist
bei der Frau die Schönheit; wie die höchsten Ehren nur dem
tapfersten Ritter zu teil werden, so fallen sie auch nur der schönsten
Dame zu. In dem Wunderbau der Insola firme war der Eintritt in
das innerste verbotne Gemach nur dem vorbehalten, der an Tapferkeit
Apolidon übertraf, und nur derjenigen Frau, die schöner war als
Grimanesa. Dabei führt weibliche Eitelkeit wohl auch zu Über-
schätzung. KEinst that Briolanja in dem Bewusstsein ihrer ausser-
ordentlichen körperlichen Vorzüge gegen Amadis die Äusserung, dass
sie den Versuch in jenes verbotene Gemach zu dringen wohl einmal
anstellen möchte. Nicht ohne einige Perfidie bestärkt Amadis sie in
diesem Gedanken zum grossen Verdruss der grade anwesenden
Oriana; denn bei den ungewöhnlichen Reizen Briolanjas fürchtet sie
die Möglichkeit des Erfolges, falls der Versuch wirklich gemacht
wird. Aber Amadis teilt diese Besorgnis keineswegs; da er inzwischen
Herr der Insola firme geworden ist, kennt er auch jenen geheimnis-
vollen Raum; er hat die Bilder Apolidons und Grimanesas gesehen
und weiss, dass der Eintritt in das wunderbare Gemach, dieser höchste
Triumph der Schönheit. für Briolania eine Unmöglichkeit ist.