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Das Vorbild des Don Quijote. Von E. Gessner

Full text: Festschrift zur Feier des 200jährigen Bestehens des Königlichen Französischen Gymnasiums / Grünwald, Eugen (Public Domain)

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Diese Ceremonien, wenn man sie des Lächerlichen entkleidet, 
womit sie der Dichter umhüllen wollte, entsprechen nicht nur genau 
denen, die in den Ritterbüchern sehr häufig erwähnt werden, sondern 
sind überhaupt diejenigen, die nach den gesetzlichen Bestimmungen 
bei der Aufnahme in den Ritterstand überhaupt beobachtet werden 
mussten. Letztere konnte allerdings auch ohne weitere Förmlich- 
keiten stattfinden; besonders geschah dies, wenn ein unmittelbar 
bevorstehender Kampf keine lange Vorbereitung gestattete. Auch im 
Amadis wird Macandon auf der Stelle zum Ritter geschlagen, da 
der ihm diese Würde verleihende Amadis im Begriff steht den Hof 
Lisuartes zu verlassen (Am. II, 14). Für gewöhnlich jedoch war 
die Erteilung des Ritterschlages mit einem umständlicheren Ceremoniell 
verbunden. In den Partidas finden sich darüber folgende Bestimmungen. 
Am Tage vor der Feierlichkeit wird der Aufzunehmende in kostbare 
Gewänder gekleidet und in die Kirche geleitet, um dort die Nacht 
äber zu wachen und Gott um Verzeihung seiner Sünden und um 
Segen in dem neuen Stande zu bitten. Bei Tagesanbruch hört er 
sodann die Messe (daher im Don Quijote das Wirtschaftsbuch des 
Wirtes und das Lichtstümpfchen, dem Gebetbuche und den Altar- 
kerzen entsprechend), und es erscheint nur der, welcher ihm die 
Würde erteilen soll. Nachdem dieser ihn gefragt, ob er die Ritter- 
würde erhalten und in gebührender Weise wahren wolle, legt er ihm 
selber die Sporen an oder beauftragt einen andern damit. Darauf 
zürtet er ihm das Schwert um, zieht dieses aus der Scheide, giebt 
es dem neuen Ritter in die Rechte und heisst ihn schwören, dass er 
nötigenfalls für die Ritterschaft, für seinen Herrn und für sein Land 
den Tod nicht scheuen wolle. Nach diesem Schwur giebt er ihm 
den Schlag auf den Nacken, bittet Gott ihn zu leiten und ihm die 
Kraft zur Erfüllung seines Versprechens zu geben, und küsst ihn 
schliesslich. Diese Bestimmungen sind im wesentlichen immer 
beobachtet worden, indes haben sie in unwichtigen Punkten manchen 
Wandel erfahren. Während z. B. nach der Darstellung der Partidas 
der junge Ritter unbewaffnet ist, da ihm das Schwert über dem 
brial (einem weit herabgehenden Gewande) umgegürtet wird, erwähnen 
sie selbst, dass er in früherer Zeit in voller Rüstung war und nur 
das Haupt unbedeckt hatte, eine Bestimmung, die sich auch in dem 
Doctrinal de Caballeros findet. Was nun die Ritterbücher betrifft, 
30 werden in ihnen die Ceremonien ebenfalls festgehalten, doch so,
	        
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