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V. Abschnitt. Die Neugestaltung des Gymnasiums durch Fournier und die Fortführung seines Werks durch Kramer

Full text: Festschrift zur Feier des 200jährigen Bestehens des Königlichen Französischen Gymnasiums / Grünwald, Eugen (Public Domain)

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Gefallen an der gewohnten Lektüre nicht mit einem Schlage aus der 
Welt zu schaffen sein, so steht es doch fest, dass nach dem Erscheinen 
des ersten Teils des Prn Quijote (1605) kein neues Ritterbuch mehr 
verfasst und dass von den vorhandenen mit ganz verschwindenden 
Ausnahmen keins wieder gedruckt wurde. Nach Clemencin ist die 
Historia caballeresca de D. Policisne de Boecia aus dem Jahre 1602 
der letzte in Spanien erschienene Ritterroman. 
Eine volle Würdigung von Cervantes unsterblicher Dichtung ist 
nur dann möglich, wenn man nicht aus den Augen verliert, dass er, 
wie er es am Ende des Werkes mit deutlichen Worten ausspricht, 
den bestimmten Zweck verfolgt »vor den erdichteten und unsinnigen 
Geschichten der Ritterbücher Abscheu einzuflössen«. HEin Verständnis 
aber des Don Quijote und seines fahrenden Rittertums ist nicht 
wohl möglich ohne einige Kenntnis dieses letzteren, wie es in den 
Romanen geschildert wird. Denn so vieles auch in dem wunderbaren 
Buche des spanischen Dichters willkürlich erfunden und lediglich 
einer tollen und übermütigen Phantasie entsprungen erscheint, so be- 
ruht es doch im Grunde immer auf Zügen, die er in jenen Büchern 
wirklich vorfand; nur natürlich treibt er alles auf die äusserste Spitze, 
damit die volle Schale des Lächerlichen sich über den Gegenstand 
seiner Satire um so wirkungsvoller ergiesse. Und so möge denn auf 
den folgenden Seiten ein Bild des fahrenden Ritters hauptsächlich 
nach dem Amadis, dem ersten und zugleich besten Ritterromane, in 
yreifen und durch Stellen über Liebe oder Waffen oder andern darin geschilder- 
ten Unsinn, wenn sie in ähnliche Lagen geraten, weit ausschweifendere Hand- 
jungen begehen, als ohne dieses wohl der Fall gewesen sein würde. Und manch- 
mal ergötzt sich die Tochter, wenn die Mutter sie sicher eingeschlossen hat, 
damit diese Bücher zu lesen, welche ihr mehr Schaden thun als sie gelitten 
haben würde, wenn sie ausserhalb des Hauses gegangen wäre. Alles dieses 
wirkt aber nicht nur zur Unruhe einzelner, sondern zur grossen Gefährdung des 
Gewissens, weil es die Meinungen von heiliger, wahrer und christlicher Lehre 
ableitet und zu solchen schlimmen Eitelkeiten hinführt, durch welche, wie wir 
bereits angedeutet, der Verstand völlig verrückt wird. Diesem nun abzuhelfen 
bitten wir Eure Majestät dringend, dass kein von solchen Dingen handelndes 
Buch hinfüro gelesen werde und dass die gegenwärtig gedruckten gesammelt 
und verbrannt und keine weiter ohne einen eignen Freibrief herausgegeben 
werden. Durch solche Massregeln wird Ew. Majestät sowohl Gott als diesen 
Königreichen einen grossen Dienst erweisen . . .*
	        
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