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Full text: Berliner Notstände / Evers, Ernst (Public Domain)

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oder Armen-Kommission helfend zur Seite stehen, aber ich kenne eine 
Reihe Gemeinden — auch sehr große Gemeinden, — in denen diese 
Kommissionen entweder nicht gebildet sind, oder nicht funktionieren. 
In andern Gemeinden bestehen zwar diese Kommissionen, allein ihre 
Thätigkeit ist sehr wenig durchgreifend. In einer dritten Reihe von 
GBemeinden entfalten allerdings diese Kommissionen eine energische und 
segensreiche Thätigkeit. Doch gerade thätige und eifrige Mitglieder 
solcher Kommissionen sollen es vielfach besonders schmerzlich empfinden, 
daß ihre Thätigkeit nicht ausreicht, und daß für die Kräftigung des 
Gemeindelebens besondere Berufsarbeiter für Ausübung der Seelforge 
durchaus nötig sind. 
Aber arbeiten nicht an der Hebung des kirchlichen Lebens in Berlin 
diele von den Organen der Kirche angestellte und vielfach von den 
Geistlichen geleitete Diakonissen? Wer wollte den unermeßlichen 
Segen übersehen, der von den in der Gemeindediakonie beschästigten 
Schwestern ausgeht? Aber weder die Vorsteher der Diakonissenhäuser, 
noch die Pastoren Berlins verkennen es, daß für unsere großstädtischen 
Verhältnisse die männliche Diakonie nicht weniger nötig ist als die 
weibliche. Auf dem Kongreß für innere Mission in Nürnberg im 
Jahre 1890 vereinigten sich die Vertreter von 13 Stadtmissionen, 
6 Brüderhäusern und 5 Diakonissenhäusern zu einer Besprechung über 
das Verhältnis zwischen Stadtmission und weiblicher Diakonie. Die 
damals aufgestellten Leitsätze werden auch für die Zukunft und be— 
sonders für Berlin ihre Geltung behalten müssen. Aus der Reihe 
dieser Sätze will ich die folgenden wieder ins Gedächtnis der Leser 
zurückrufen: 
Die Stadtmission erhält ihr spezifisches Arbeitsfeld in den 
durch unzureichende kirchliche Einrichtungen hervorgerufenen Not⸗ 
sanden großer Städte und Industrie⸗Bezirke, enemeeden, 
nticchlichteit, Sonntagslosigkeit, Gottentfremdung, aster 2c.) 
hne jedoch an Arxmut und Krankheit vorüberzugehen. Die 
weibliche Diakonie sindet ihre spezifische Aufgabe in dem Dienst 
n Armen, Krauken. Verwaisten, Verlassenen ꝛc., ohne jedoch Un⸗ 
kirchlichkeit und Unsittlichkeit zu ignorieren. 
Die Stadtmission wirlt, das Pfarramt entlastend, durch das 
Wort (Hausbesuche, Seelsorge, Bibelstunde, Sonntagsschule); die 
weibliche Diakonie, das Pfarramt ergänzend, durch veriönliche 
Dienstleistungen. 
Der Stadtmissionar soll direkt auf die Bekehrung der Seelen 
hinarbeiten. Die Diatonisse erhofft und erbittet dasselbe, aber als 
iindirekte Wirkung ihrer Arbeit. 
Der Stadtmission verbleibt die helfende Arbeit an solchen 
Volkskreisen, welche der welblichen Diakonie verschlossen sind: 
Sozialdemokratie, Arbeit an Männern und Jünglingen, gewerbs⸗ 
mäßige Prostitution.
	        
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