ist auch an der Humboldt-Akademie nachweislich vorgekommen. Aber
während einer Reihe von Jahren pflegen solche individuellen Störungen sich
auszugleichen, die Kurven. der allgemeinen Strömungen sich wenigstens im
Wesentlichen richtig herauszustellen. Für Fächer, denen die Zeitneigung
sich zuwendet, finden sich in der Regel auch bald die geeigneten, zug-
kräftigen Docenten, und abtretende werden durch nene ersetzt, während
bei unpopulären Fächern meist das Gegentheil erfolgt.
7” Nic Vortragseyklen nach *-— nn4I Richtung,
Der Grupnen-Betrachtung ist noch eine sehr wichtige Thatsache vor-
auszuschicken. di” in den summarischen Cruppenziffern keinen Ausdruck
Äindet: die mit der Zahl in gleichem Schritt wachsende Verschieden-
heit der Cyklen, die zunehmende Differenzierung der Lehr-
fächer. In der That, wenn etwas die Humboldt-Akademie auszeichnet.
30 ist es dieses frisch pulsirende, immer neue Sprossen treibende
Leben, das mit dem mächtig fortschreitenden Wissen Schritt zu halten
strebt und einer freien modernen Akademie jedenfalls besser ent-
spricht, als scholastische Starrheit. Ein paar typische Beispiele werden
liese Eigenthümlichkeit unserer Akademie anschaulich machen. In den beiden
arsten Lehrquartalen gab es nur eine astronomische Vorlesung: „Die
grundlegenden Beobachtungen und Messungen der Astronomie.‘‘ In den
letzten drei Lehrquartalen (einschl. des II, Quartals 1896, für welches das
Programm bereits vorliegt) ist die Astronomie von 3 Docenten in folgen-
den Cyklen behandelt: „Grundzüge der Sternkunde (mit Demonstrationen
am astronomischen Kabinet und Ausflügen); Spektralanalyse des gestirnten
Himmels (mit Demonstr.); Astronomie und Kulturgeschichte (mit Demonstr.);
Astronomie: Mond und Sonne (mit Vorführung von Lichtbildern nach
Originalaufnahmen der Sternwarten); Physik des Himmels (mit Demonstr.):
lie Himmelskunde in ihren Beziehungen zur Philosophie und Dichtung“
— also eine Entfaltung dieser hohen Wissenschaft zum Sechsfachen, in
:iner, die specielle und generelle Erkenntniss gewiss fördernden Weise.
Nehmen wir ein zweites Beispiel aus einem ganz anderen Wissensgebiete.
Litteraturgeschichte wurde in den beiden ersten Lehrquartalen durch
5 Docenten in 6 Cyklen gelehrt: ‚Litteraturgeschichte der Renaissance in
Italien und Deutschland; Lessings Leben und Werke; Letteratura italiana
nel secolo _ VI; Les maitres de la Comedie francaise; Les moralistes
francais; Die Haupterscheinungen der englischen Romanlitteratur im
18. Jahrhundert.‘ Dasselbe Fach war in den letzten zwei Berichtsquar-
kalen wie folgt vertreten: „Geschichte des Dramas und der Schauspiel-
kunst; Geschichte der deutschen Litteratur (älteste Zeiten); Troubadours
und Minnesänger; Goethe; Goethes Faust; Deutsche Litteratur des 19. Jahr-
hunderts; Franz Grillparzer und seine dramatischen Werke; Shakespeares
Dramen; Geschichte der neu-englischen Litteratur; Molieres Leben und
Werke; Führende Geister in der modernen Litteratur des Auslands (Russ-
land. Frankreich, Histoire de la Ilitterature
KandinAavıen)